Seit jeher ist es das erklärte Ziel einer politischen Linken, auf der guten, das heißt, auf der moralisch richtigen Seite zu stehen. Moralisch richtig heißt: Im Zweifel gegen den Unterdrücker, für die Entrechteten, für Selbstbestimmung, oder, wie der linke Philosoph Jean Amery es einst formulierte: „Wo es Stärkere gibt, immer auf der Seite des Schwächeren.“
In vielen realpolitischen Fragen war und ist deshalb schnell ein
Konsens zu finden. Die moralische Verwerflichkeit etwa des Faschismus wurde unter Linken daher nie in Frage gestellt.
Darüber hinaus gab und gibt es aber auch immer wieder politische Konflikte, die von Linken fundamental unterschiedlich bewertet werden. Eines der wohl brisantesten Themen ist dabei der Nahost-Konflikt und im Besonderen die Rolle Israels. Von der einen Seite wird Israel als Handlanger der US amerikanischen Außenpolitik betrachtet, der gegenüber seinen arabischen Nachbarn vor Allem als Besatzungsmacht auftrat und dessen vordergründiges Ziel der Machtausbau im arabischen Raum sei, koste es, was es wolle. Von nicht wenigen dieser sich selbst als Antiimperialisten bezeichnenden Linken
ist daher auch immer wieder zu hören, dass Israel als Staat keinerlei Existenzrecht besitze, da sein Konzept seit der Staatsgründung auf Terror, Vertreibung und militärischer Aufrüstung basiere und dieses strukturelle Unrecht nur durch die Beseitigung des Staates selbst aufgehoben werden könne.
Die den Antiimperialisten gegenüberstehende Fraktion betont dagegen stets, dass die Staatsgründung Israels 1948 angesichts der Shoa sowie eines strukturellen globalen Antisemitismus unausweichlich und damit richtig gewesen sei. Da der jüdische Staat von seinen Nachbarn jedoch seit Beginn der Staatsgründung aufs Schärfste bekämpft wurde, habe er keine andere Möglichkeit gehabt, als sich zu wehren und seine militärische Schlagkraft entschieden auszubauen.
Die hier vorliegende Arbeit widmet sich daher der Frage, ob man denNneulinken Antizionismus nach dem Holocaust als eine legitime, weil scheinbar für die Unterdrückten parteiergreifende Ausrichtung verstehen kann oder ob sich hinter der Begrifflichkeit seit 1945 eher ein verdeckter, gegebenenfalls auch latenter Antisemitismus verbirgt, der aufgrund der geschichtlichen Vergangenheit insbesondere in Deutschland heute nicht mehr offen artikuliert werden kann.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Begriffsdefinitionen
- Zionismus und Antizionismus - Entstehungsgeschichte und Hintergründe
- Die 'Neue Linke' in Abgrenzung zur traditionellen Linken
- Entwicklung nach 1945
- Deutsch-israelische Annäherung und Philosemitismu
- Antizionistische Wende Ende der 60er Jahre
- Analyse
- Antizionismus als Parteinahme für die Unterdrückten?
- Antizionismus als verdeckte Judenfeindschaft?
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht den Antizionismus der Neuen Linken in Westdeutschland zwischen 1945 und 1970 und analysiert, ob er als legitime Parteinahme für die Unterdrückten oder als verdeckte Judenfeindschaft verstanden werden kann.
- Die Geschichte und Beweggründe des Zionismus und des Antizionismus
- Die Abgrenzung der 'Neuen Linken' von der traditionellen Linken
- Die Entwicklung der deutsch-israelischen Beziehungen nach 1945, inklusive der pro-israelischen und antizionistischen Strömungen innerhalb der Linken
- Die Rolle des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) im Kontext des Antizionismus
- Die Analyse des Antizionismus unter den Fragestellungen: Parteinahme für die Unterdrückten oder versteckte Judenfeindschaft?
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Problematik des Antizionismus im Kontext der linken Ideologie dar und erläutert den Forschungsgegenstand der Arbeit. Die Begriffsdefinitionen beleuchten die Entstehungsgeschichte und Hintergründe von Zionismus und Antizionismus sowie die Abgrenzung der 'Neuen Linken' von der traditionellen Linken. Das dritte Kapitel befasst sich mit der Entwicklung der deutsch-israelischen Beziehungen nach 1945, wobei die pro-israelische Strömung innerhalb der Linken sowie die antizionistische Wende Ende der 60er Jahre beleuchtet werden. Die Analyse untersucht den Antizionismus unter den Fragestellungen: Parteinahme für die Unterdrückten oder versteckte Judenfeindschaft? Das Fazit fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen.
Schlüsselwörter
Antizionismus, Neue Linke, Westdeutschland, 1945-1970, Nahost-Konflikt, Israel, Philosemitismu, Sozialistischer Deutscher Studentenbund (SDS), Judenfeindschaft, Holocaust.
- Arbeit zitieren
- Luca Glenzer (Autor:in), 2015, Antizionismus zwischen Befreiungskampf und neuen Formen der Judenfeindschaft, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/300218
