Computerspiele und virtuelle Welten sind längst nicht mehr nur Mittel zur Unterhaltung. Der Markt für virtuelle Lernumgebungen und Ausbildungssimulatoren wächst. In der medizinischen Ausbildung und dem Gesundheitswesen entwickeln sich immer mehr virtuelle Welten zu Schulungszwecken (Heinrichs, Fellander-Tsai & Davies, 2013, S.221, 234), allein die deutsche Bundeswehr nutzt acht verschiedene Simulatoren zur Ausbildung (Deutsche Bundeswehr, 2013) und auch die bayerische Polizei hat einen Fahrsimulator in ihr Ausbildungskonzept integriert (Bereitschaftspolizei Bayern, 2008). Die allgemeine Akzeptanz gegenüber den ergänzenden Ausbildungsmethoden ist hoch – der Einsatz von Simulationen wird auch von den Auszubildenden begrüßt (Heinrichs, Youngblood, Harter, Kusumoto & Dev, 2010, S. 428-429, Heinrichs et al., 2013, S. 221; Meier, 2001, S. 164; Schumacher & Walter, 2006, S. 396). Die gestiegene Relevanz von virtuellen Welten und Simulationen zeigt sich auch an dem im Jahr 2011 an der TU München eingeführten Studiengang „Informatik: Games Engineering“. Wie die Koordinatorin des Studiengangs und Professorin für Augmented Reality, Gudrun Klinker, betont, lernen die Studenten hier nicht nur das Programmieren von Spielen für die Unterhaltungsbranche, sondern werden auch gezielt für den wachsenden Markt von Simulationen in der Ausbildung vorbereitet. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen widmet sich die vorliegende Arbeit zunächst der Frage, was Simulatoren für die Ausbildung leisten können. Ein kurzer Überblick über die allgemeinen Potentiale soll klären, weshalb diese vermehrt zum Einsatz kommen, bevor vier ausgewählte Simulatoren näher beleuchtet werden. Die ersten drei Beispielsimulatoren verbinden eine Hardwarekomponente mit einer virtuellen Umgebung – durch CliniSpace wird anschließend exemplarisch eine rein virtuelle Ausbildungsumgebung vorgestellt. Im letzten Kapitel sollen abschließend die Unterschiede dieser beiden Simulationsarten angerissen werden. Dabei kann und soll kein vollumfängliches Abbild aller Vor- und Nachteile von rein virtuellen Simulationen und Simulatoren mit Hardwarekomponenten gegeben werden. Es sollen vielmehr Denkanstöße entstehen, welche die Möglichkeiten und Grenzen von Simulatoren verdeutlichen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Allgemeine Potentiale von Simulatoren in der Ausbildung
3. Ausgewählte Simulatoren der deutschen Bundeswehr
3.1. Ausbildungsgerät Schießsimulator Handwaffen/Panzerabwehrhandwaffen
3.2. Hubschraubersimulator NH
4. Fahrsimulator der bayerischen Polizei
5. Simulationen in der medzinischen Ausbildung: Clinispace
6. Diskussion und Ausblick
Quellenverzeichnis
1. Einleitung
Computerspiele und virtuelle Welten sind längst nicht mehr nur Mittel zur Unterhaltung. Der Markt für virtuelle Lernumgebungen und Ausbildungssimulatoren wächst. In der medizinischen Ausbildung und dem Gesundheitswesen entwickeln sich immer mehr virtuelle Welten zu Schulungszwecken (Heinrichs, Fellander-Tsai & Davies, 2013, S.221, 234), allein die deutsche Bundeswehr nutzt acht verschiedene Simulatoren zur Ausbildung (Deutsche Bundeswehr, 2013) und auch die bayerische Polizei hat einen Fahrsimulator in ihr Ausbildungskonzept integriert (Bereitschaftspolizei Bayern, 2008). Die allgemeine Akzeptanz gegenüber den ergänzenden Ausbildungsmethoden ist hoch -der Einsatz von Simulationen wird auch von den Auszubildenden begrüßt (Heinrichs, Youngblood, Harter, Kusumoto & Dev, 2010, S. 428-429, Heinrichs et al., 2013, S. 221; Meier, 2001, S. 164; Schumacher & Walter, 2006, S. 396). Die gestiegene Relevanz von virtuellen Welten und Simulationen zeigt sich auch an dem im Jahr 2011 an der TU München eingeführten Studiengang „Informatik: Games Engineering“. Wie die Koordinatorin des Studiengangs und Professorin für Augmented Reality, Gudrun Klinker, betont, lernen die Studenten hier nicht nur das Programmieren von Spielen für die Unterhaltungsbranche, sondern werden auch gezielt für den wachsenden Markt von Simulationen in der Ausbildung vorbereitet: „Die Studenten lernen, wie aus Spielen Wissen wird, dass Spiele nicht nur zur Berieselung dienen, sondern überall dort zum Einsatz kommen können, wo komplexe Situationen simuliert werden: Beim Katastrophenschutz, um Unglücksszenarien durchzutesten. Im Flugsimulator, um Start und Landung zu üben. Oder bei der Ausbildung von Chirurgen.“ (Klinker, zit. nach Agarwala, 2014, S. 2). Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen widmet sich die vorliegende Arbeit zunächst der Frage, was Simulatoren für die Ausbildung leisten können. Ein kurzer Überblick über die allgemeinen Potentiale soll klären, weshalb diese vermehrt zum Einsatz kommen, bevor vier ausgewählte Simulatoren näher beleuchtet werden. Die ersten drei Beispielsimulatoren verbinden eine Hardwarekomponente mit einer virtuellen Umgebung - durch CliniSpace wird anschließend exemplarisch eine rein virtuelle Ausbildungsumgebung vorgestellt. Im letzten Kapitel sollen abschließend die Unterschiede dieser beiden Simulationsarten angerissen werden. Dabei kann und soll kein vollumfängliches Abbild aller Vor- und Nachteile von rein virtuellen Simulationen und Simulatoren mit Hardwarekomponenten gegeben werden. Es sollen vielmehr Denkanstöße entstehen, welche die Möglichkeiten und Grenzen von Simulatoren verdeutlichen.
2. Allgemeine Potentiale von Simulatoren in der Ausbildung
Bevor in den folgenden Kapiteln jeweils etwas genauer auf die spezifischen Vorteile der einzelnen Simulatoren eingegangen wird, soll in diesem Kapitel aufgezeigt werden, welche Potentiale übergreifend gelten, um nachzuvollziehen, weshalb sich in vielen Berufszweigen zunehmend der Einsatz von Simulatoren zur Ausbildung etabliert (Heinrichs et al. 2013, S. 221; Meier, 2001, S. 161; Schumacher & Walter, 2006, S. 1). Zum einen wirken Simulatoren zwei Hauptproblemen entgegen, die sich in nahezu allen Ausbildungsbereichen zeigen: knappe Budgets und knappe Ausbildungszeiten. Die geringen, finanziellen Mittel zwingen zum Einsparen von Ressourcen und Betriebskosten; gleichzeitig steht nur wenig Ausbildungszeit zur Verfügung (Heinrichs et al., 2013, S. 236; Meier, 2001, S. 159-160). Es muss wirtschaftlich, effizient und rasch gelehrt werden. Simulatoren erfüllen diese Anforderungen, da sie sowohl finanziellen als auch zeitlichen Defiziten in der Ausbildung entgegenwirken:
Zum einen ermöglichen Simulatoren eine erhebliche Kostensenkung gegenüber der Ausbildung mit realen Geräten oder Umgebungen. Dadurch, dass bestimmte Bestandteile der Ausbildungsumgebung wie Munition oder die Bewegung von Fahrzeugen simuliert werden, kommt es zu einer Reduktion des Ressourcenverbrauchs beziehungsweise einer geringeren Abnutzung der Geräte (Meier, 2001, S. 166). Zudem sinken die Kosten beim Einsatz von Simulatoren durch eine Reduktion der Ausbilderanzahl. Der Personalaufwand kann deutlich verringert werden, da die Nutzung von partiell oder ganz simulierten Umgebungen mit einem geringeren Organisationsaufwand einhergeht.
Dieser wirkt ebenso dem Problem der kurzen Ausbildungszeit entgegen: Organisationszeiten verringern sich beim Einsatz von Simulatoren beispielsweise durch den Wegfall von Genehmigungen, wie sie in der Realität bei einem Hubschrauberflug nötig wären. Durch die raschere Organisation bleibt mehr Zeit für die eigentliche Ausbildung, das Üben und Wiederholen. Da Simulatoren üblicherweise eine detaillierte Erfolgskontrolle und somit das rasche Erkennen von Defiziten unterstützen, kann die eigentliche Ausbildungszeit zudem effektiver genutzt werden (Meier, 2001, S. 163-164). Auch die zeitlich flexible Gestaltung der Ausbildung kann durch Simulatoren gefördert werden, da diese meist nahezu zu jeder Tageszeit verfügbar sind (Meier, 2001, S. 162- 163; Steffan, 2013). Ein weiterer Nutzen beim Einsatz von Simulatoren ergibt sich daraus, dass die Darstellung hochkomplexer Situationen und Umgebungen möglich wird, die sich in der Realität nur schwer oder gar nicht umsetzen lassen. So können durch Simulatoren risikoreiche Situationen mit hohem Gefahrenpotential sowie spezifische Krisen- und Notfälle in sicherer Umgebung simuliert werden (Heinrichs et al., 2013, S. 222). Durch teilweise oder komplett virtuelle Welten können „safe ‚play- workspaces“ (Heinrichs et al., 2013, S. 236) entstehen, in denen das Experimentieren und Fehler möglich sind, ohne dass die Auszubildenden oder andere Personen gefährdet werden. Simulationen machen somit die risikofreie Konfrontation mit gefährlichen Situationen möglich.
Nicht zuletzt können Simulatoren dazu beitragen, die Lernmotivation zu erhöhen. Gegenüber einer rein theoretischen Ausbildung bieten sie den Vorteil, dass Lerninhalte visualisiert und interaktiv präsentiert werden, wodurch diese für den Lernenden attraktiver werden. Durch das aktive Bewältigen und Wiederholen der gelernten Verfahren und Inhalte in der Simulation können die neuen Fähigkeiten gefestigt und entwickelt werden (Heinrichs et al., 2013, S. 222; Deutsche Bundeswehr, 2013).
Kurz zusammengefasst werden Simulatoren somit vor allem eingesetzt, weil sie durch ihre Praxisnähe zur Motivationssteigerung beitragen, Ressourcen sparen sowie eine zeiteffiziente und risikoarme Ausbildung ermöglichen.
3. Ausgewählte Simulatoren der deutschen Bundeswehr
3.1. Ausbildungsgerät Schießsimulator Handwaffen/Panzerabwehrhandwaffen
Die deutsche Bundeswehr macht sich diese Vorteile beim Einsatz von momentan acht verschiedenen Simulatoren zunutze. Einer der Schießsimulatoren soll im Folgenden näher vorgestellt werden. Im Rahmen der vorbereitenden Schießausbildung, der Aufbau- und Grundausbildung sowie zur allgemeinen Verbesserung der Schießfertigkeit in der kleinen Kampfgemeinschaft kommt bei der deutschen Bundeswehr das „Ausbildungsgerät „Schießsimulator Handwaffen / Panzerabwehr- handwaffen“ - abgekürzt AGSHP - zum Einsatz (Jung, 2013). Die Anlage macht die zeitgleiche Ausbildung von bis zu vier Soldaten möglich und besteht aus einem Rechner und vier Bahnrechnern, an die vier Projektoren angeschlossen sind. Diese werfen ihr Bild so auf einen Spiegel, dass ein dreidimensionales Bild entsteht. So ergibt sich gegenüber den darstellbaren Zielscheiben, Landschaften, Gebäuden, Anlagen und Fahrzeugen ein realistisches Entfernungsgefühl. Um die Realitätsnähe der Simulation zu verstärken, werden außerdem unterschiedliche Umwelt- und Lichtbedingungen sowie realistische Ballistik, Rückstoß und Schießgeräusche simuliert: Der Rückstoß wird dabei nach jeder Schussabgabe über ein Druckluftsystem und einen Kompressor in der Waffe ausgelöst; Schießgeräusche und weiterer Gefechtslärm werden über ein Stereosoundsystem eingespielt. Die Leistungsmessung und Erfassung der Trefferquote erfolgt durch Infrarotlaser in den Waffen (Jung, 2013; Stappen, 2006, S. 1-2). So können Schnelligkeit, Zielerkennung, Zielerfassung, Schießrhythmus und Trefferbild objektiv und kontinuierlich gemessen werden. Die Auswertung der Leistung erfolgt über ein schießtechnisches Protokoll, welches mit Hilfe der Steuerbox nach dem Schießen aufgerufen werden kann und eine detaillierte Erfolgskontrolle ermöglicht. Es gibt Auskunft über Schulterandruck, Verkantungswinkel sowie Abzugshebelposition und zeigt, ob der Haltepunkt vor, während und nach dem Schießen korrekt war. Ferner werden Informationen zum Ladezustand der Waffe und der Atemtechnik erfasst. (Jung, 2013; Meier, 2001, S. 163).
Vor- und Nachteile des AGSHP
Wirft man nun einen Blick auf die Vorteile des Simulators, zeigt sich zunächst in zeitlicher Hinsicht ein großer Mehrwert durch die nahezu uneingeschränkte Nutzbarkeit der Anlage, die eine flexible Durchführung der Ausbildung ermöglicht. Durch den geringeren Organisationsaufwand im Vergleich zu Schießübungen ohne Simulator kann zudem die Zeit zum eigentlichen Schießen um etwa 15 Prozent gesteigert werden. Gleichzeitig erhöht sich der Anteil überprüfbarer Zielvorgänge gegenüber der herkömmlichen Ausbildung um etwa 55 Prozent. Somit kann der Schießsimulator auch in qualitativer Hinsicht der Ausbildung einen Mehrwert stiften (Meier, 2001, S. 162- 163). Die Einzelleistungen lassen sich durch die Vielzahl gemessener Parameter selbstständig und detailliert von jedem Schützen nachvollziehen. Das schießtechnische Protokoll lässt sich über die Steuerbox direkt nach dem Schießen aufrufen und ermöglicht eine detaillierte Selbstkontrolle zum raschen Erkennen individueller Fehler. Dadurch kann sowohl Personal eingespart werden als auch die Effizienz und Intensität der Ausbildung optimiert werden.
Es zeigt sich also deutlich, dass sich die Problematik der knappen Ausbildungszeit mit dem Einsatz des Simulators mildern lässt: Das drillmäßige Üben und Wiederholen kann durch die gestiegene Schießzeit und verbesserte Erfolgskontrolle wesentlich tiefgründiger und wirkungsvoller erfolgen (Meier, 2001, S. 164).
Darüber hinaus sinkt durch die Ausbildung am Simulator das Risiko für Personal und Material.
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