„Out of area” oder „out of business”. So lautete Ende der 90er Jahre die ebenso einfache wie einprägsame Warnung, die darauf hinwies, dass die NATO nach dem Ende des Kalten Krieges und dem damit verbundenen Wegfall der gemeinsamen kommunistischen Bedrohung neue Aufgaben suchen und finden müsse, um sich nicht selbst ins Abseits zu befördern und obsolet zu werden. Diese neuen Aufgaben sollten neben der Verteidigung des Bündnisgebietes, also der Erfüllung der Kernfunktion, die seit nunmehr über 60 Jahren Bestandteil des Bündnisvertrages ist, vor allem militärische Einsätze in Krisenregionen, die außerhalb des Bündnisgebietes liegen, einschließen, sofern von Konflikten in den jeweiligen Regionen eine direkte oder indirekte Bedrohung für ein oder mehrere Mitglieder der NATO ausgeht. Obwohl der NATO nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes häufig ihr Ende als bedeutende Sicherheitsinstitution vorausgesagt worden war, hat sie in diesem Zusammenhang eine erstaunliche Anpassungsfähigkeit bewiesen, die sich politisch hauptsächlich im Aufbau partnerschaftlicher Beziehungen zu den ehemaligen Gegnern Mittel- und Osteuropas äußerte und sich militärisch insbesondere in ihren Peacekeeping-Operationen auf dem westlichen Balkan manifestierte.
Insgesamt setzte die NATO in den 90er Jahren (nach dem Beschluss des neuen Strategischen Konzeptes von 1991) in vier Bereichen neue Akzente, die zuvor keine oder nur eine untergeordnete Rolle im Denken der transatlantischen Partner gespielt hatten. Neben der Ausweitung und Erweiterung nach Mittel- und Osteuropa, der „Europäisierung“ der NATO und der Bereitschaft international als Mandatsnehmer der Vereinten Nationen bzw. der OSZE aufzutreten, spielte schließlich besonders im Kosovokrieg die Bereitschaft der NATO auch ohne VN-Mandat zu intervenieren eine wichtige Rolle.
Nur zwei Jahre nach dem zu Beginn des Kosovokrieges einsetzenden Dialogs über das künftige Rollenverständnis der NATO (aus dem das neue Strategische Konzept von 1999 hervorgegangen ist), führten die Terroranschläge vom 11. September 2001 zu einem Paradigmenwechsel, sowohl in der internationalen Politik als auch in der Wahrnehmung der Nordatlantischen Allianz, da sie verdeutlicht haben, dass die größten Bedrohungen transatlantischer Sicherheit nicht mehr wie im Kalten Krieg und seiner unmittelbaren Folgezeit aus Europa kommen würden, sondern von jenseits des Kontinents [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Sicherheitsstrategien der EU und der USA im Vergleich
- Bedrohungsperzeptionen
- Interessen, Prioritäten und Instrumente
- Die Zukunft der NATO unter Berücksichtigung der NSS und der ESS
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Zukunft der NATO im Kontext der transatlantischen Sicherheitsbeziehungen unter Berücksichtigung der Nationalen Sicherheitsstrategie (NSS) der USA aus dem Jahr 2002 und der Europäischen Sicherheitsstrategie (ESS) aus dem Jahr 2003. Sie analysiert die sich verändernden Sicherheitsbedrohungen nach dem Ende des Kalten Krieges und den Terroranschlägen vom 11. September 2001.
- Analyse der Sicherheitsstrategien der USA und der EU im Vergleich, insbesondere hinsichtlich Bedrohungsperzeptionen, Interessen und Instrumenten
- Untersuchung der Herausforderungen und Chancen für die NATO angesichts der sich entwickelnden Sicherheitslandschaft
- Bewertung der Auswirkungen der NSS und der ESS auf die Rolle und die Zukunft der NATO
- Diskussion der möglichen Entwicklungen der transatlantischen Sicherheitsbeziehungen und der Rolle der NATO in dieser Entwicklung
- Prüfung von Zukunftsmodellen für die NATO, einschließlich möglicher Zerfallsmodelle
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Das Kapitel führt in die Thematik ein und beschreibt die Herausforderungen, vor denen die NATO im Kontext des Wandels der Sicherheitslandschaft nach dem Ende des Kalten Krieges steht. Es wird hervorgehoben, dass die NATO neue Aufgaben finden muss, um relevant zu bleiben. Außerdem wird der Paradigmenwechsel nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 beleuchtet, der die NATO in einen neuen Kontext stellt.
- Die Sicherheitsstrategien der EU und der USA im Vergleich: Dieses Kapitel vergleicht die Nationale Sicherheitsstrategie der USA von 2002 und die Europäische Sicherheitsstrategie von 2003. Es untersucht die jeweiligen Bedrohungsperzeptionen, Interessen, Prioritäten und Instrumente beider Akteure. Der Vergleich zeigt die unterschiedlichen Perspektiven und Ansätze der beiden Seiten in der Sicherheitspolitik.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die transatlantischen Sicherheitsbeziehungen, die NATO, die Nationale Sicherheitsstrategie (NSS) der USA, die Europäische Sicherheitsstrategie (ESS), Bedrohungsperzeptionen, Interessen, Prioritäten, Instrumente, Zukunftsmodelle und mögliche Zerfallsmodelle. Sie analysiert die Auswirkungen des Wandels der Sicherheitslandschaft nach dem Ende des Kalten Krieges und den Terroranschlägen vom 11. September 2001 auf die Rolle und die Zukunft der NATO.
- Arbeit zitieren
- M. A. Alexander Gajewski (Autor:in), 2012, Die Zukunft der NATO in den transatlantischen Sicherheitsbeziehungen. National Security Strategy (NSS 2002) und European Security Strategy (ESS 2003), München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/292941