Mit zunehmender wissenschaftlicher Erforschung der Thematik "Was ist guter Unterricht?", sowie den didaktischen Möglichkeiten auf psychologischer, sozialer, erzieherischer und pädagogischer Ebene, konnten viele Verhaltensmuster analysiert und auf wiederkehrende Konflikt und Störungssituationen zwischen Schülern und Lehrern zurückgeführt werden. Auch der Fortschritt in Bezug auf mediale Dokumentationsmöglichkeiten ermöglichte es, die komplexen sozialen Interaktionen im Unterricht zu dokumentieren und objektiv zu analysieren. Mit dem sozialen Wandel und den wissenschaftlichen Erkenntnissen entwickelte sich die Wahrnehmung von Unterrichtsstörungen dahin gehend, dass diese nicht mehr dem Fehlverhalten des Lehrers zugeordnet, sondern als Verhaltensstörungen der Schüler interpretiert wurden. Jetzt wurden Unterrichtsstörungen offen angesprochen und zunächst leichtfertig als Verhaltensstörungen und sogar als pathologische Zustände der Schüler abgetan.
Die vorliegende Arbeit stellt zunächst die Definition guten Unterrichts nach heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen dar. Weiterhin werden Störungen des Unterrichts allgemein veranschaulicht sowie einige Methoden zur Begegnung dieser Störungen vorgestellt. In diesem Rahmen wird auch auf den Lehrer als Störfaktor näher eingegangen. Außerdem sollen die Entwicklungsphasen von Kindern und Jugendlichen und deren Auswirkungen auf das Verhalten dargestellt werden, wobei auch die Thematik von Randgruppen und Schulklassen als Peergroups beleuchtet wird. Abschließend soll versucht werden, eine Beschreibung des perfekten Lehrers und seines Verhaltens zu geben.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Was ist guter Unterricht?
3. Was ist eine Störung des Unterrichts?
4. Methoden, um Störungen zu begegnen
5. Störfaktor Lehrer
5.1 Transaktionsanalyse
6. Kinder und Jugendliche in der Adoleszenz
7. Schulklassen als „Peergroups“
8. Jugendliche Randgruppen
9. Der „perfekte Lehrer“
9.1 Charakteristik und Fähigkeiten eines perfekten Lehrers
9.2 Das perfekte Verhalten eines Lehrers
10. Fazit
11. Literaturverzeichnis:
12. Abbildungsverzeichnis
1.Einleitung
Die Thematiken „Was ist guter Unterricht?“ und was die didaktischen Möglichkeiten sind, „guten Unterricht“ zu gestalten, sind mittlerweile wissenschaftlich gut erforscht und analysiert worden. Tatsächlich ist die heutige Schulform vor ca. 5000 Jahren von dem vorderasiatischen Volk der Sumerer entwickelt worden, um hauptsächlich Handwerker wie Bäcker, Metzger, Brauer, Koch etc. zu unterrichten. Die allgemeine Schulpflicht, wie wir sie heute kennen, wurde in Europa erstmals 1592 durch das deutsche Herzogtum Pfalz-Zweibrücken eingeführt.[1] Nach und nach folgten weitere Länder in Europa. 1919 wurde die Schulpflicht erstmals staatlich konstituiert und in der Weimarer Verfassung festgeschrieben.[2]
Das Bewusstsein für den heutigen Lehrerberuf entwickelte sich erst im 18. Jahrhundert in Preußen. In der Antike Griechenlands und Roms gibt es nur wenige Persönlichkeiten in der Geschichte, die wir heute als Lehrer bezeichnen würden (Sokrates, Platon, Aristoteles, Cicero.). Im Mittelalter war es hauptsächlich der Klerus, der durch Auswendiglernen und Aufsagen unter Anwendung von Gewalt als erzieherisches Mittel Unterricht verwirklichte. Das heutige Berufsbild Lehrer ist somit Ergebnis eines Entwicklungsprozesses von mehreren Jahrhunderten. Da der Lehrer in seiner Tätigkeit mitten in dem gesellschaftlichen Gefüge der jeweiligen Zeit verankert war, änderten sich die Erwartungshaltungen der Bürger an den Lehrer, die Selbstwahrnehmung des Lehrers, und die Unterrichtsmethoden mit dem jeweiligen sozialen Wandel. In der Interaktion zwischen Lehrern und Schülern gab es wiederkehrende Konfliktsituationen, die sich als Störungen des Unterrichts bzw. des Lernflusses erwiesen. Je nach Zeitalter wurde diesen Störungen unterschiedlich vonseiten der Lehrkräfte begegnet. So wurden diese Problemfelder im 19. Jahrhundert ignoriert und unter den Lehrern verschwiegen, da solche Störungen oft als Schwäche des Lehrers ausgelegt und somit als Fehlverhalten des Lehrers interpretiert wurden.[3]
Mit zunehmender wissenschaftlicher Erforschung auf psychologischer, sozialer, erzieherischer und pädagogischer Ebene konnten viele Verhaltensmuster analysiert und auf wiederkehrende Konflikt und Störungssituationen zwischen Schülern und Lehrern zurückgeführt werden. Auch der Fortschritt in Bezug auf mediale Dokumentationsmöglichkeiten ermöglichte es, die komplexen sozialen Interaktionen im Unterricht zu dokumentieren und objektiv zu analysieren. Mit dem sozialen Wandel und den wissenschaftlichen Erkenntnissen entwickelte sich die Wahrnehmung von Unterrichtsstörungen dahin gehend, dass diese nicht mehr dem Fehlverhalten des Lehrers zugeordnet, sondern als Verhaltensstörungen der Schüler interpretiert wurden. Jetzt wurden Unterrichtsstörungen offen angesprochen und zunächst leichtfertig als Verhaltensstörungen und sogar als pathologische Zustände der Schüler abgetan.
In zweiten Kapitel 2 werde ich darstellen, wie man nach heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen guten Unterricht definiert. In Kapitel 3 werde ich Störungen des Unterrichts allgemein veranschaulichen und in Kapitel 4 einige Methoden zur Begegnung dieser Störungen vorstellen. In Kapitel 5 werde ich den Lehrer als Störfaktor näher analysieren. Im Kapitel 6 möchte ich die Entwicklungsphasen eines Kindes und von Jugendlichen und deren Auswirkungen auf das Verhalten darstellen. In den Kapiteln 7 und 8 werde ich Jugendliche in der Randgruppe und Schulklassen als Peergroup näher betrachten. Im Kapitel 9 versuche ich einen perfekten Lehrer zu beschreiben und wie dessen Verhalten aussehen müsste. In meinem Fazit möchte ich die Frage klären, ob unter Beachtung sämtlicher anerkannter Methoden, ein störungsfreier Unterricht garantiert und überhaupt geplant werden kann.
2. Was ist guter Unterricht?
Es gibt heutzutage viele Definitionen von „gutem Unterricht“, insbesondere da das komplexe System „Unterricht“ durch verschiedene Schwerpunkte definiert werden kann. Nimmt man die Definition von Hilbert Meyer, so hat guter Unterricht zehn Merkmale:
- Methodenvielfalt
- individuelles Fördern
- inhaltliche Klarheit
- transparente Erwartung
- vorbereitete Umgebung
- echte Lernzeit
- lernförderliches Klima
- intelligentes Üben
- sinnstiftende Kommunikation
- fachliche Korrektheit[4]
Diese zehn Merkmale finden sich in verschiedene Unterrichtsprozesse, die eine allgemeine Gesamtkonzeption begründen. Diese beinhaltet:
- Zielstruktur
- Inhaltsstruktur
- Prozessstruktur
- Handlungsstruktur
- Sozialstruktur
- Raumstruktur
Das „Didaktische Sechseck“ – siehe Abb. 1 – zeigt die komplexe Interaktion zwischen den jeweiligen Strukturprozessen und deren Wechselwirkung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Hibert Meyer „Was ist guter Unterricht?“
Fragt man hingegen einen Schüler, was für ihn guter Unterricht ist, so entgegnet dieser unkompliziert, dass der Unterricht Spaß machen und der Lehrer nett sein muss.
Fragt man die Eltern, was guter Unterricht für sie bedeutet, werden diese entgegnen: „Das Kind muss Spaß am Unterricht haben und gute Noten schreiben.“
Betrachtet man nun die wissenschaftliche Erwartungshaltung und die Erwartungshaltungen von Eltern und Kind an den Lehrer, so wird klar, dass er sich mit vielen Faktoren konfrontiert sieht, die „guten Unterricht“ ermöglichen, welche er manchmal nur bedingt beeinflussen kann.
Die Faktoren stehen im unmittelbaren Wechselspiel zueinander und ermöglichen, dass ein Faktor den anderen kompensiert oder nivelliert.
Versucht ein Lehrer zum Beispiel seinen Schülern echte Lernzeit zu ermöglichen, muss er Zeit im Unterricht investieren, die er an anderer Stelle nicht mehr hat. Eventuell kommt dadurch die individuelle Förderung im Unterricht zu kurz.
Eine vorbereitete Umgebung kann der Lehrer auch nur schaffen, wenn er jeweils auf die Umgebung unmittelbaren Einfluss hat. Haben die Klassen zugewiesene Klassenzimmer, sodass die Lehrer gezwungen sind, von Zimmer zu Zimmer zu wechseln, muss sich der Lehrer eventuell mit den Gegebenheiten abfinden, die er vorfindet.
Je nach Baujahr und lokaler Umgebung der Schule sowie Zustand der Klassenzimmer ist das förderliche Klima nur bedingt zu beeinflussen. Befindet sich die Klasse noch dazu in einem Bereich mit hohem Verkehrslärm, ist diese ständige Lärmbeeinflussung per se störend.[5]
Darüber hinaus ist es nicht immer möglich, eine sinnstiftende Kommunikation zu führen, da diese maßgeblich von den jeweiligen intellektuellen Fähigkeiten in Verbindung mit der Bereitschaft zur Beteiligung der Schüler abhängig ist. Es ist darüber hinaus für den Lehrer unmöglich, Einfluss auf das soziale Gefüge und die damit verbundenen psychologischen Auswirkungen innerhalb der Familie der Schüler zu nehmen. Denn das Verhältnis in der Familie beeinflusst maßgeblich die Verhaltensweise der Schüler innerhalb der Klassen.[6]
3. Was ist eine Störung des Unterrichts?
Die Frage danach, was „guter Unterricht“ ist, und was Störungen des Unterrichts sind, ist trotz objektivster Analyse oft ein subjektives Empfinden von Lehrer und Schüler in dem jeweiligen Gefüge.
So wird ein Gymnasiallehrer in einem kirchlichen Internat mit strengen Verhaltensregeln es als erhebliche Störung empfinden, wenn ein Schüler während des Unterrichts die Füße auf den Tisch legt.
Dagegen wird ein Hauptschullehrer, der an einer Schule an einem sozialen, städtischen Brennpunkt unterrichtet, dies nicht als Störung empfinden und gar ignorieren.
Doch selbst der Hauptschullehrer begegnet in seinem Unterricht Störungen, die er weder ignorieren noch ungestraft lassen kann.
[...]
[1] Vgl. Karl Adolf Schmid, Christian David Friedrich Palmer, Albert Friedrich von Hauber, Johann David Wildermuth, Wilhelm Schrader (Herausgeber):Encyklopädie des gesamten Erziehungs- und Unterrichtswesen, Gotha 1870, Seite 794
[2] Vgl. Herman Mosler: Die Verfassung der Weimarer Republik. Ditzingen 2009, Artikel 145ff
[3] Vgl. Rainer Winkel: Der gestörte Unterricht. Diagnostische und therapeutische Möglichkeiten. Baltmannsweiler 2009, Seite 1–5
[4] Vgl. Hilbert Meyer: Was ist guter Unterricht. Köln 2004 Seite 23–125
[5] Vgl. Rainer Winkel: Der gestörte Unterricht. Diagnostische und therapeutische Möglichkeiten. Baltmannsweiler 2009, Seite 101–104
[6] Vgl. Rainer Winkel: Der gestörte Unterricht. Diagnostische und therapeutische Möglichkeiten. Baltmannsweiler 2009, Seite 79–81