Von Arbeitslosigkeit betroffen sind in der heutigen Gesellschaft alle Schichten und Milieus. Eine Garantie niemals arbeitslos zu werden gibt es in der Gesellschaft nicht mehr. Aus diesem Grund ist eine Auseinandersetzung mit der Thematik von enormer Bedeutung. Arbeitsloigkeit kann massive psychische Auswirkungen auf die Betroffenen haben, welche in dieser Arbeit anschaulich dargestellt werden. Es kann ein Teufelskreis entstehen, aus dem es kein Entkommen mehr gibt. Um diesen Teufelskreis zu vermeiden, ist ein reflexiver Umgang mit der Thematik wichtig. Nur, wer die psychischen Auswirkungen von Arbeitsloigkeit kennt, der hat eine Chance diesen Teufelskreis zu durchbrechen und kann eventuell wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden.
Inhaltsangabe
1. Einleitung
2. Bedeutung von Arbeit
3. Schuldzuschreibungen
4. Psychosoziale Probleme
4.1 psychischen Probleme
4.2 familiäre Probleme
4.3 soziale Probleme
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung:
Durch die kapitalistische Wirtschaftsform gewinnt Arbeitslosigkeit zunehmend an Prekarität. Profit und Ökonomie bestimmen unsere Gesellschaft. Das Individuum, mit seinen Stärken und vor allem Schwächen rückt immer weiter in den Hintergrund. Arbeit wird als Ware gesehen, welche die Produktion und somit den Profit der Unternehmen steigern soll. Von Arbeitnehmern wird verlangt zu funktionieren und man benötigt immer höhere Qualifikationen, um überhaupt eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu bekommen. Die Weltwirtschaftskrise 2009 verstärkt, die Angst vor einem Arbeitsplatzverlust enorm. Mittlerweile sind nicht nur die Geringverdiener betroffen, sondern alle Klassen und Schichten unserer Gesellschaft fürchten sich vor der Arbeitslosigkeit. Arbeitslosigkeit wird in unserer Gesellschaft als eine schlimme Krankheit gesehen, die man niemals bekommen möchte. Genau so werden die Arbeitslosen behandelt. Selbstverschulden, Faulheit und zu wenig Qualifikationen werden ihnen nachgesagt. Man beschuldigt diese Menschen mit Attributen die auf einen selbst nicht zutreffen, um nicht der Wahrheit ins Auge blicken zu müssen, nämlich das Arbeitslosigkeit mittlerweile jeden treffen kann. Da Arbeitslosigkeit so ein gravierendes gesellschaftliches Problem ist, sollte man sich gerade deswegen damit beschäftigen.
Ich analysiere in meiner Hausarbeit, zuerst die Bedeutung von Arbeit. Wieso ist die Arbeit für die Individuen so wichtig? Warum wird Arbeitslosigkeit verachtet? Deutschland ist ein Sozialstaat und man bekommt Unterstützung, welche das Überleben und die Teilhabe an dem gesellschaftlichen Leben sichert. Den Menschen geht es trotz der Abhängigkeit gut, wieso wird der Arbeitsplatzverlust, trotzdem als so dramatisch gesehen?
Des Weiteren beschäftige ich mich mit den Schuldzuschreibungen, um darzustellen, dass nicht das individuelle Verschulden im Vordergrund steht, sondern unsere kapitalistische Wirtschaftsweise. Durch die Thematisierung der Schuldzuschreibungen soll außerdem aufgezeigt werden, dass die abwertende gesellschaftliche Einstellung gegenüber den Arbeitslosen, die psychosozialen Probleme der Betroffenen verstärkt.
Danach werden die psychosozialen Folgen genauer dargestellt, die mit dem Hintergrundwissen der Bedeutung von Arbeit und den Schuldzuschreibungen besser zu verstehen sind. Zuerst sollen dabei die psychischen Probleme erläutert werden, danach folgen die Auswirkungen auf die Paarbeziehungen, die familiären Probleme und zuletzt werden die Auswirkungen auf die soziale Umgebung untersucht.
Mit dieser Arbeit soll auf der einen Seite allgemein auf die psychosozialen Folgen der Arbeitslosigkeit aufmerksam gemacht werden, auf der anderen Seite jedoch auch aufzeigen, dass unsere Gesellschaft durch ihre abwertende Haltung die labile emotionale Lage der Betroffenen noch verstärkt. Des Weiteres soll sie den Lesern einen objektiveren und kritischeren Blick auf das Thema der Arbeitslosigkeit verschaffen.
2. Bedeutung von Arbeit
Das Ausmaß an psychosozialen Belastungen, welche durch die Arbeitslosigkeit hervorgerufen werden, hängt von der Bedeutung ab, die Arbeit in der Gesellschaft einnimmt. Deutschland ist eine Leistungsgesellschaft, wo immer mehr Wissen, immer höhere Qualifikationen verlangt werden, um sich eine berufliche Zukunftsperspektive sichern zu können. Hieran merkt man, dass Arbeit in unserer Gesellschaft einen enorm wichtigen Stellenwert hat und dadurch auch die psychosozialen Belastungen ausgeprägt werden.
Die Arbeitstätigkeit des Menschen gibt es schon seit Beginn der menschlichen Existenz. Die Arbeit ist eines der Merkmale die den Menschen vom Tier unterscheidet. Nur der Mensch ist in der Lage eine Arbeit zu verrichten und er füllt sein Leben mit ihr aus.
„Die Arbeit ist zunächst ein Prozeß zwischen Mensch und Natur, ein Prozeß, worin der Mensch seinen Stoffwechsel mit der Natur durch seine eigene Tat vermittelt, regelt und kontrolliert. Er tritt dem Naturstoff selbst als eine Naturmacht gegenüber. Die seiner Leiblichkeit angehörenden Naturkräfte, Arme und Beine, Kopf und Hand, setzt er in Bewegung, um sich den Naturstoff in einer für ihn brauchbaren Form anzueignen. Indem er durch diese Bewegung auf die Natur außer ihm wirkt und sie verändert, verändert er zugleich seine eigene Natur. Er entwickelt die in ihr schlummernden Potenzen und unterwirft das Spiel ihrer Kräfte seiner eigenen Botmäßigkeit.“1
Hieran erkennt man, dass der Mensch sich durch seine Arbeit selbst verwirklicht. Durch die Arbeit entwickelt sich seine Persönlichkeit und verändert sich auch mit ihr. Doch Arbeit bietet dem Menschen noch viel mehr als seine Charakterbildung und das Herrschen über die Natur, sie stellt auch ein wichtiges soziales Kontaktfeld dar. Dieses Kontaktfeld bildet die Grundlage für die Entwicklung kooperativer Fähigkeiten. Innerhalb seiner Tätigkeit stellt der Mensch Güter her oder bietet Dienstleistungen an, die für die Gesellschaft von Bedeutung sind. Dadurch bekommt die Arbeitskraft ein Gefühl, dass sie gebraucht wird, nützlich für die Gesellschaft ist und etwas bewirkt auf welches sie selbst stolz sein kann. Diese Güter, egal in welcher Form, sichern die soziale Position in der Gesellschaft, durch die man Akzeptanz erlangt. Diese soziale Position gliedert ihn in das gesellschaftliche System ein und beeinflusst dementsprechend auch seine Persönlichkeitsentwicklung. Des Weiteren wird die arbeitsfreie Zeit auch von der Arbeit bestimmt. Das Einkommen, die Arbeitszeiten und der Arbeitsinhalt bestimmen die wesentlichen Faktoren unter denen der Arbeitende seine Freizeit nutzen kann. Nicht nur die Freizeit wird durch die Arbeitstätigkeit bestimmt, sondern fast der gesamte Lebensverlauf. Arbeit ermöglicht die Versorgung, seiner selbst und seiner Familie. Die Stellung der Arbeit in einer Gesellschaft wirkt sich auf den Sozialisationsprozess aus und somit auf die individuelle Persönlichkeitsstruktur.2
Insgesamt nimmt Arbeit in dem menschlichen Leben einen Hauptstellenwert ein. Durch sie wird alles bestimmt und ermöglicht. Deswegen kann man sagen, dass sie uns die individuelle Kontrolle unseres Alltags nimmt. Selbst unsere Freizeit ist in gewisser Art und Weise kein selbst bestimmtes Handeln, sondern wird durch die Arbeitszeiten bestimmt. Die Möglichkeiten, für ein individuelles Leben, werden durch unsere wirtschaftliche Ökonomie, welche mit der Arbeitstätigkeit eng verknüpft ist, vorgegeben. Wir können dadurch nur in einem bestimmten Rahmen agieren und leben. Was passiert, wenn die Kontrolle und die Alltagsregulierung, welche Arbeit auf uns ausübt, verloren gehen? Sind wir Menschen überhaupt in der Lage individuell unseren Alltag zu gestalten? Können wir ohne die Kontrolle leben?
3. Schuldzuschreibung
In unserer Gesellschaft kursiert die Behauptung, dass Arbeitslose selbst für ihre Arbeitslosigkeit verantwortlich sind. Diese Behauptung wird von den Medien unterstützt, indem aufgezeigt wird, dass auch beide hoher Arbeitslosigkeit ständig eine gewisse Anzahl freier Stellen zur Verfügung stehen. Dadurch, dass die Tatsache freier Stellen im öffentlichen Bewusstsein ist, kann potentiell jeder Arbeitslose angesehen werden, als jemand der gar nicht arbeiten will.
Das Arbeitsamt versucht die Arbeitslosen zu vermitteln und ihnen einen Wiedereinstieg in den Beruf zu ermöglichen. Wenn man diese Stelle nicht annimmt, weil sie aus persönlichen Gründen unzumutbar ist, könnte man von selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit sprechen, doch wie viel kann man überhaupt einem Menschen zumuten? Die Konzessionsbereitschaft ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen, d.h. immer mehr Beeinträchtigungen werden als zumutbar angesehen. Mit Beeinträchtigungen sind die Flexibilität, Verdiensteinbußen, Arbeitsinhalt und Umschulungen gemeint. Dadurch, dass immer mehr Beeinträchtigungen als zumutbar angesehen werden, ist auch die Wahrscheinlichkeit individueller Schuldzuschreibung gestiegen. Die Konzessionsbereitschaft wird mittlerweile als selbstverständlich angesehen, dennoch ist es wichtig sie zu betonen, um aufzuzeigen, dass Arbeitslose sehr viele Beeinträchtigungen akzeptieren würden, nur um sich einen Arbeitsplatz sichern zu können.
Ein Argument, welches das eigene Verschulden vieler Arbeitsloser an ihrer Arbeitslosigkeit belegen will, besagt, dass es den Arbeitslosen aufgrund der Arbeitslosenbezüge so gut geht, dass gar kein Anlass besteht eine Arbeit aufzunehmen, die einen nur geringfügig höheres Gehalt bietet. Es soll nicht bestritten werden, dass es solche Fälle gibt, dennoch gibt es an diesem Argument Unstimmigkeiten. Arbeitslosigkeit kann zu enormen psychosozialen Belastungen führen, welche im Folgenden noch geschildert werden. Die Bereitschaft einen wesentlich geringen Verdienst in Kauf zu nehmen, kann als Versuch gesehen werden, das Selbstwertgefühl aufrecht zu erhalten. Des Weiteren belegt eine Statistik, welche die Konzessionsbereitschaft bei der Arbeitssuche in Abhängigkeit von der Dauer der Arbeitslosigkeit untersucht, dass die Konzessionsbereitschaft bezüglich des
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1 Marx, Karl, 1983 : Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Band 1. Berlin: Dietz Verlag, S 129.
2 Kieselbach, Thomas/ Offe, Heinz, 1976: Arbeitslosigkeit. Individuelle Verarbeitung. Gesellschaftlicher Hintergrund. Band 7. Darmstadt: DR. Dietrich Steinkopf Verlag. S.23 ff.