Sowohl die berufliche Ausbildung als auch die betriebliche Weiterbildung leisten einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Deutschlands und sind hierzulande längst zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor geworden. Hohe Qualität und Flexibilität sind die wesentlichen Bedingungen, die sie erfüllen müssen, um den sich stets wandelnden Anforderungen zu genügen.
Aber nicht nur in Deutschland, sondern europaweit ist es essenziell, dass diese Qualität und Flexibilität immer wieder auf den Prüfstand gestellt werden. Daher ist es unumgänglich, dass im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung dieser hohe Standard durch vielversprechende Neuerungen beibehalten bzw. gefördert wird. Die wohl größte Herausforderung in der heutigen Zeit ist nun die Schaffung und Etablierung eines Systems zur Akkumulierung und Übertragung von Leistungspunkten. Ziel ist es, ein europaweit durchlässiges System der Standardisierung internationaler Berufskompetenz zu schaffen.
Nach der Entwicklung des European Credit Transfer System (ECTS), eines Bezugsrahmens für den Hochschulbereich, der Transparenz und europaweite Anrechenbarkeit von Studienleistungen garantieren soll, sind nun vergleichbare Instrumente für die berufliche Bildung entwickelt worden.
In den zwei folgenden Kapiteln dieser Arbeit wird daher ausführlich auf die Instrumente EQF (European Qualifications Framework) und ECVET (European Credit System for Vocational Education and Training) eingegangen. Basierend auf diesen auf europäischer Ebene geschaffenen Instrumenten wurden die jeweiligen deutschen Pendants entwickelt. Zum einen der DQR (Deutscher Qualifikationsrahmen) als Pendant zum EQF und zum anderen der DECVET als Gegenstück zum ECVET. Diese werden ebenfalls Thema dieser Arbeit sein.
Im vierten Kapitel wird schließlich darauf eingegangen, wie diese Instrumente in der Praxis zur Anwendungen kommen. Dies erfolgt anhand eines Beispiels in der dualen Ausbildung bei der AUDI AG im Projekt EDGE.
In Kapitel fünf wird sodann ein Blick auf die aktuellen Entwicklungen in der beruflichen Bildung geworfen. Die Arbeit schließt mit einem Fazit sowie einem Ausblick.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung - Aktualität und Relevanz der Thematik
2. Qualifikationsrahmen
2.1. Europäischer Qualifikationsrahmen (EQR)
2.1.1. Definition
2.1.2. Entstehung und Zielsetzung
2.1.3. Aufbau
2.2. Nationale Qualifikationsrahmen (NQR)
2.3. Deutscher Qualifikationsrahmen (DQR)
2.3.1. Definition
2.3.2. Entstehung und Zielsetzung
2.3.3. Aufbau
2.4. Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen EQR und DQR
3. Leistungspunktesysteme
3.1. ECVET
3.1.1. Definition
3.1.2. Entstehung und Zielsetzung
3.1.3. Aufbau
3.1.4. Abgrenzung zum ECTS-System
3.2. DECVET
3.2.1. Definition
3.2.2. Ausgangssituation und Ziele
4. Das Projekt EDGE
4.1. Definition
4.2. Beispiel der AUDI AG
5. Aktuelle Entwicklungen und Umfrageergebnisse
6. Fazit und Ausblick
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Die Verortung der unterschiedlichen Berechnungselemente
Abbildung 2: Ablauf der ausbildungsbegleitenden Kompetenzfeststellung bezogen auf eine Lerneinheit mit Gewichtung der einzelnen Phasen und Bewertungselemente
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Niveauindikator des Europäischen Qualifikationsrahmens
Tabelle 2: Beschreibungsstruktur für die acht Niveaustufen des DQR
Tabelle 3: ECVET eines Kochs
Tabelle 4: Niveaustufe 3 des EQR
Tabelle 5: ruktur für die Beschreibung von Lerneinheiten im Projekt EDGE
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung - Aktualität und Relevanz der Thematik
Sowohl die berufliche Ausbildung als auch die betriebliche Weiterbildung leisten einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Deutschlands und sind hierzulande längst zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor geworden. Hohe Qualität und Flexibilität sind die wesentlichen Bedingungen, die sie erfüllen müssen, um den sich stets wandelnden Anforderungen zu genügen.1
Aber nicht nur in Deutschland, sondern europaweit ist es essenziell, dass diese Qua- lität und Flexibilität immer wieder auf den Prüfstand gestellt werden. Daher ist es un- umgänglich, dass im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung dieser hohe Standard durch vielversprechende Neuerungen beibehalten bzw. gefördert wird. Die wohl größte Herausforderung in der heutigen Zeit ist nun die Schaffung und Etablie- rung eines Systems zur Akkumulierung und Übertragung von Leistungspunkten. Ziel ist es, ein europaweit durchlässiges System der Standardisierung internationaler Be- rufskompetenz zu schaffen.
Nach der Entwicklung des European Credit Transfer System (ECTS), eines Bezugsrahmens für den Hochschulbereich, der Transparenz und europaweite Anrechenbarkeit von Studienleistungen garantieren soll, sind nun vergleichbare Instrumente für die berufliche Bildung entwickelt worden.2
In den zwei folgenden Kapiteln dieser Arbeit wird daher ausführlich auf die Instrumente EQF (European Qualifications Framework) und ECVET (European Credit System for Vocational Education and Training) eingegangen. Basierend auf diesen auf europäischer Ebene geschaffenen Instrumenten wurden die jeweiligen deutschen Pendants entwickelt. Zum einen der DQR (Deutscher Qualifikationsrahmen) als Pendant zum EQF und zum anderen der DECVET als Gegenstück zum ECVET. Diese werden ebenfalls Thema dieser Arbeit sein.
Im vierten Kapitel wird schließlich darauf eingegangen, wie diese Instrumente in der Praxis zur Anwendungen kommen. Dies erfolgt anhand eines Beispiels in der dualen Ausbildung bei der AUDI AG im Projekt EDGE.
In Kapitel fünf wird sodann ein Blick auf die aktuellen Entwicklungen in der berufli- chen Bildung geworfen. Die Arbeit schließt mit einem Fazit sowie einem Ausblick.
2. Qualifikationsrahmen
Nach der Europäischen Kommission sind Qualifikationsrahmen „Instrumente zur Klassifizierung von Qualifikationen mit Hilfe eines Kriteriensatzes, welcher das Lernniveau identifiziert. Ein Qualifikationsrahmen kann zur Entwicklung von Qualifikationen genutzt werden. Als Kriterien dienen in der Regel Niveaudeskriptoren. Sie werden mit Hilfe von Kompetenzen strukturiert, ohne dass der Lernweg beschrieben wird. Generell kann ein Qualifikationsrahmen alle Lernergebnisse und Lernwege umfassen oder auf spezifische Bildungs-/ Berufsbereiche (z. B. Erstausbildung, Erwachsenenbildung oder berufliche Fachausbildung) bezogen sein“3
Im Verlauf der vorliegenden Arbeit werden der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) und der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) ausführlich erläutert.
2.1. Europäischer Qualifikationsrahmen (EQR)
2.1.1. Definition
Der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) (engl. EQF = European Qualifications Framework) ist eine Initiative der Europäischen Union (EU) zur besseren Vergleich- barkeit nationaler Bildungsabschlüsse, beruflicher Qualifikationen und Kompetenzen in Europa. Er dient als Meta-Rahmen für den länderübergreifenden Vergleich von Bildungsergebnissen4 und ist somit eines der Instrumente, mit denen die EU die Schaffung eines europäischen Bildungsraums verwirklichen möchte, in dem sich alle Bürger frei bewegen, weiterbilden und arbeiten können. Voraussetzung hierfür ist, dass die verschiedenen nationalen Abschlüsse und Qualifikationen transparenter und damit besser vergleichbar werden.5
Der EQR erfüllt im Wesentlichen die folgenden Funktionen:
- Metarahmen zur Verknüpfung mit Nationalen Qualifikationsrahmen (NQF), Bewertung der Bildungsabschnitte der beruflichen und allgemeinen Bildung,
- Vergleichbarkeit von Qualifikationen,
- Erhöhung grenzüberschreitender Mobilität,
- Einbeziehung von nicht formal und informell erworbenen Kompetenzen und Gleichgewicht von beruflicher und allgemeiner Bildung.6
2.1.2. Entstehung und Zielsetzung
Der EQR wurde am 23. April 2008 vom Europäischen Parlament und vom EU- Ministerrat in Kraft gesetzt.7 Die Entwicklung und Einführung des EQR ist eng mit der Verwirklichung der Lissabon-Ziele der EU (vom März 2000) verbunden. Bei diesen geht es im Wesentlichen darum, Europa als gemeinsamen politischen und wirtschaft- lichen Raum zu stärken und damit wettbewerbsfähiger zu machen. Dem Bildungsbe- reich kommt dabei eine zentrale Rolle zu. „Die Verbesserung der Transparenz von Qualifikationen und das lebenslange Lernen gelten als zwei wesentliche Bestandteile in den Bemühungen, die Aus- und Weiterbildungssysteme in der EU sowohl auf den Bedarf der Wissensgesellschaft als auch die Notwendigkeit von mehr und besserer Beschäftigung abzustimmen.“8 Im „Kopenhagen-Prozess“ vom 30. November 2002 genehmigen die Bildungsminister/innen von 31 europäischen Ländern und die Euro- päische Kommission die Erklärung einer verstärkten europäischen Zusammenarbeit in der beruflichen Bildung. In diesem Prozess werden die folgenden Prioritäten fest- gehalten: Zum einen möchte man eine Stärkung der europäischen Dimension in der Berufsbildung erreichen, zum anderen eine Erhöhung von Transparenz, Information und Beratung.
Außerdem soll die Anerkennung von Kompetenzen und Qualifikationen, inklusive non-formales und informelles Lernen vereinfacht bzw. ermöglicht werden und es soll eine Kooperation im Bereich der Qualitätssicherung zwischen den Ländern entste- hen. Zur Umsetzung dieser Ziele werden neben einem steuernden Koordinierungs- gremium drei Arbeitsgruppen zu den Themen „Transparenz“, „Qualitätssicherung“ und „Leistungspunktesystem“ eingerichtet. Diese entwickeln in den beiden darauf folgenden Jahren den EUROPASS9, sowie gemeinsame europäische Prinzipien zur
Identifizierung und Validierung non-formaler und informeller Kompetenzen. Darüber hinaus sollen ein gemeinsamer europäischer Bezugsrahmen zur Qualitätssicherung und Prinzipien eines Grundmodells für ein europäisches Leistungspunktesystem für die berufliche Bildung (ECVET) entstehen.10 Im Jahr 2004 wurde in Maastricht das sog. „Maastricht-Kommuniqué“ beschlossen. Dieses bezeichnet die Stärkung der Berufsbildung sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene als „einen we- sentlichen Faktor für die Vollendung eines echten europäischen Arbeitsmarktes und eine wettbewerbsfähige Wirtschaft“, die den Lissabon-Zielen entsprechen. Image, Stellenwert und Attraktivität der Berufsbildung sollen sukzessiv gesteigert werden. Aufgrund des demografischen Wandels sollen Arbeitsmarktnachfrage und Berufsbil- dung mehr und mehr verknüpft werden und die Kompetenzen älterer Beschäftigter aktualisiert und weiterentwickelt werden. Auch die Bedürfnisse der gering qualifizier- ten und benachteiligten Menschen sollen stärkere Berücksichtigung finden, um Ar- beitsmarktbeteiligung und sozialen Zusammenhalt zu fördern. Das vorrangige Ziel besteht nun darin, die vereinbarten Instrumente bis 2010 zur Verfügung zu stellen.11 Der Vorschlag für einen Europäischen Qualifikationsrahmen wurde den Mitgliedslän- dern als Beschluss des „Maastricht-Kommuniqué“ am 8. Juli 2005 vorgelegt. Dieser Vorschlag erhielt seine Zustimmung durch das Europäische Parlament am 25. Okto- ber 2007.12 Die zweite Folgekonferenz zum Kopenhagen-Prozess fand im Dezember 2006 in Helsinki statt. Im Kommuniqué von Helsinki wird der Berufsbildung erneut die zentrale Aufgabe zugewiesen, einen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit und zum so- zialen Zusammenhalt zu leisten. Der wichtigste Aspekt der Übereinkunft ist die weite- re Entwicklung, Erprobung und Nutzung gemeinsamer europäischer Instrumente für die berufliche Bildung (EQF, ECVET, EUROPASS).13
Bis 2012 sollen alle individuellen Qualifikationsbescheinigungen in den angeschlossenen Ländern einen Hinweis auf das entsprechende EQR-Niveau erhalten.
Die Ziele des EQR sind:
- Die Erleichterung der Mobilität für jeden Bürger innerhalb des europäischen Bil- dungs- und Arbeitsmarkts: Der EQR soll einerseits den Bürgern dabei helfen, ih- re Qualifikationen bei Bewerbungen innerhalb der EU adäquat darzustellen und andererseits, Arbeitgebern die zielgerichtete Auszuwahl der passende Bewerber erleichtern.
- Förderung lebenslangen Lernens: Durch seine Einführung wird die Entwicklung nationaler Qualifikationsrahmen angeregt. Diese sollen dazu beitragen, dass in- dividuelle Bildungskarrieren flexibel gestaltet werden können. Somit unterstützt der EQR nicht nur die Mobilität innerhalb Europas, sondern auch die Durchläs- sigkeit innerhalb der nationalen Bildungssysteme.14
2.1.3. Aufbau
Anhand des EQR lassen sich in einem abstrakten Raster komplexe Qualifikationen so beschreiben, dass eine europaweite Vergleichbarkeit hergestellt werden kann. Die Beschreibungsstruktur des EQR enthält acht Bildungsniveaus, die das gesamte mög- liche Spektrum von Bildung abdecken sollen. Die dabei verwendeten Deskriptoren beziehen sich auf die drei wesentlichen Säulen: Kenntnisse (Wissen), Fertigkeiten und Kompetenzen - KFK (englisch: Knowledge, Skills, Competences - KSC).15 Ei- nen Überblick über den Niveauindikator des EQR liefert die nachfolgende Tabelle 1:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 1: Niveauindikator des Europäischen Qualifikationsrahmens16
Unter Kenntnissen verstehen wir in diesem Kontext Theorie- und/oder Faktenwissen.
Fertigkeiten lassen sich in kognitive (Problemlösefähigkeit, kreatives Denken etc.) und praktische Fertigkeiten (Umgang mit Instrumenten und Materialien) einteilen. Kompetenz beinhaltet in diesem Zusammenhang die beiden Aspekte „Verantwortung“ und „Selbstständigkeit“. Die Niveau-Beschreibung der geforderten KFK wird mit jedem Niveau anspruchsvoller.17
2.2. Nationale Qualifikationsrahmen (NQR)
Mit Einführung des EQR wurde lediglich ein gemeinsamer europäischer Referenzrahmen geschaffen, der einen genauen Vergleich von Inhalt und Profil der Qualifikation aus verschiedenen Ländern und Sektoren ermöglicht.
Über den nationalen Qualifikationsrahmen, National Qualifications Framework (NQF), sollen die Länder der EU ihre Bildungs- und Qualifikationssysteme mit dem EQR kompatibel gestalten. Ziel ist es, dass jeder Mitgliedsstaat seine Qualifikationsni- veaus mit denjenigen des EQR verknüpft, sodass jede Qualifikation, die im NQR auf einem bestimmten Niveau angesiedelt ist, einem EQR-Niveau zugeordnet werden kann. Die Bundesregierung hat daraufhin das BIBB (Bundesinstitut für Berufsbildung) mit der Aufgabe betraut, einen deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) zu erarbei- ten.18
2.3. Deutscher Qualifikationsrahmen (DQR)
2.3.1. Definition
Nach dem Gabler Wirtschaftslexikon soll der Deutsche Qualifikationsrahmen die Besonderheiten des deutschen Bildungssystems „als nationale Umsetzung des Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen“ berücksichtigen. „Diese bestehen in einer durch das duale Ausbildungssystem (duale Berufsausbildung) erworbenen breiten19 Berufsqualifikation.“20
Der DQR soll dabei ermöglichen, dass Kompetenzen, die sowohl auf schulischen, beruflichen, hochschulischen, betrieblichen als auch auf non-formalen und informel- len Lernwegen erworben worden sind, zu bewerten und innerhalb Europas ver- gleichbar zu machen.21
Der DQR erfüllt dabei im Wesentlichen die folgenden Funktionen:
Er bildet die Voraussetzungen zur Umsetzung des Europäischen Qualifikations- rahmens in Deutschland. Außerdem dient er dem Zweck, die im deutschen Bildungs- system erworbenen und angebotenen Qualifikationen in Relation zu den acht Ni- veaustufen des Europäischen Qualifikationsrahmens zu setzen. Darüber hinaus kann er auch innerhalb Deutschlands einen wichtigen Beitrag zu mehr Transparenz und Vergleichbarkeit von unterschiedlichen Bildungsabschlüssen leisten. Die Anerken- nung von Qualifikationen und Lernergebnissen können ferner über die Grenzen der eigenen Bildungsbereiche hinweg gewährleistet werden (dadurch die Chance auf mehr Durchlässigkeit u. a. zwischen beruflicher Bildung und Hochschulbildung).
Der DQR hat jedoch keine Gesetzeskraft. Die Zuordnung von Kompetenzen und Qualifikationen zu den acht Niveaus des DQR heben nicht das bestehende System der Zugangsberechtigungen auf, d. h. das Erreichen eines bestimmten Niveaus des Deutschen Qualifikationsrahmens berechtigt nicht automatisch zum Zugang in Bildungsgänge, die Qualifikationen im nächst höheren Niveau vermitteln.22
2.3.2. Entstehung und Zielsetzung
In Deutschland haben sich das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Kultusministerkonferenz (KMK) im Oktober 2006 gemeinsam dazu entschlossen, einen Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR) zu entwickeln.23
Ausgangspunkt hierfür war die Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates der EU zur Einrichtung des EQR, die am 23. April 2008 in Kraft trat. Danach sollten alle nationalen Qualifikationssysteme bis 2010 an den EQR gekoppelt werden und einen Verweis auf das zutreffende Niveau des EQR enthalten.
Im Februar 2009 wurde hierzu vom „Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen“ ein erster DQR-Diskussionsvorschlag vorgelegt, in dem konkrete Fragestellungen zur Sprache kamen. Ab Mai 2009 wurde der Diskussionsvorschlag für den DQR in einer einjährigen Testphase auf seine Funktionsfähigkeit geprüft. Die Zuordnung von Qua- lifikationen erfolgte exemplarisch in vier Berufs- und Tätigkeitsfeldern (Metall/ Elektro, IT, Handel und Gesundheit) über alle Niveaustufen hinweg, um bildungsübergreifend eine höhere Aussagekraft zu gewinnen. Die 15 bis 20 Mitglieder der Arbeitsgruppen, die die nötige Expertise in den verschiedenen Bildungsbereichen haben, kamen letztendlich zu dem Ergebnis, dass der Entwurf des Qualifikationsrahmens („Matrix“) grundsätzlich für die Einordnung von Abschlüssen über die ganze Breite des Spekt- rums der jeweils untersuchten Fachbereiche geeignet ist. Die Zuordnung nach Lern- ergebnissen war nur dort schwierig, wo die verwandten Ordnungsmittel, die die Qua- lifikation beschreiben, noch nicht auf solche Lernergebnisse ausgerichtet waren. In den Gremien Bund-Länder-Koordinierungsgruppe DQR (B-L-KG DQR) und Arbeits- kreis DQR (AK DQR) wurde beraten, ob und ggf. welche Änderungen an der Matrix vorzunehmen sind. Der DQR-Entwurf von 2009 wurde anschließend bildungsüber- greifend überarbeitet.
Im März 2011 verabschiedete der AK DQR - nach Aufnahme weiterführender Formu- lierungsvorschläge des Hochschulbereichs - den DQR für lebenslanges Lernen.24
Mit Einführung des DQR verfolgt man das Ziel, Transparenz und Mobilität im europä- ischen Raum zu fördern sowie Durchlässigkeit und Chancengleichheit im deutschen Bildungs- und Beschäftigungssystem zu verbessern.25 Auf diese Weise sollen Gleichwertigkeiten und Unterschiede von Qualifikationen transparenter gestaltet werden. Durch Qualitätssicherung und -entwicklung soll die Verlässlichkeit erhöht werden und die Orientierung der Qualifizierungsprozesse an Lernergebnissen (lear- ning outcomes)26 gefördert werden. Qualifikationen sollen künftig nach den tatsäch- lich vermittelten Kompetenzen beschrieben werden. Es soll also nicht darum gehen, wo oder wie lange jemand lernt, sondern was er am Ende eines Bildungs- bzw. Aus- bildungsprogramms kann.27 Der DQR leistet somit einen Beitrag zur Förderung der Mobilität von Lernenden und Beschäftigten zwischen Deutschland und anderen eu-
ropäischen Ländern. Zugang und Teilnahme am lebenslangen Lernen sollen damit für alle - auch für von Arbeitslosigkeit und unsicheren Arbeitsverhältnissen betroffene Menschen - gefördert und verbessert werden.28
2.3.3. Aufbau
Beim DQR wird - genauso wie beim EQR - von acht Niveaustufen (vgl. Anhang II) ausgegangen. Anders als im EQR hat man (statt drei) nun vier Deskriptoren ausge- wählt. Diese lauten: „Wissen“ und „Fertigkeiten“ (zusammengefasst als „Fachkompe- tenz“), sowie „Sozialkompetenz“ und „Selbstkompetenz“ (zusammengefasst als „Per- sonale Kompetenz“). Anders als im EQR (s. Tab. 1) steht der Kompetenzbegriff nicht neben Kenntnissen und Fähigkeiten, sondern bildet die Klammer für alle betrachte- ten Lernergebnisse. Dem Kompetenzbegriff kommt somit mehr Bedeutung zu.29
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 2: Beschreibungsstruktur für die acht Niveaustufen des DQR30
Mit diesem Entwurf werden weniger qualifizierte Personen nicht direkt ausgeschlos- sen und alle Niveaustufen können auf verschiedenen Bildungswegen erreicht wer- den.31
[...]
1 Vgl. Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) gGmbH, http://www.f-bb.de/fileadmin/Bilderpool/ Publikationen/Kompetenzbroschueren/f-bb-Broschuere.pdf, S. 2; letzter Zugriff am 16.03.2014.
2 Vgl. Schreier (2010), S. 7.
3 Europäische Kommission (2005) hier zitiert nach Blings (2012), S. 9.
4 Vgl. Reglin (2010), S. 21.
5 Vgl. Nationale Agentur Bildung für Europa beim Bundesinstitut für Berufsbildung (11/2009), http://www.na-bibb.de/uploads/tx_ttproducts/datasheet/na_eqr_0911_03_web_01.pdf,S. 2 f.; letzter Zugriff am 19.03.2014.
6 Auflistung entnommen aus BBJ (2007), S. 24, hier zitiert nach Schreier (2010), S. 31.
7 Vgl. Gew.de (1), Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, http://www.gew.de/Europaeischer_ Qualifikationsrahmen_-_EQR_2.html; letzter Zugriff am 19.03.2014.
8 Markowitsch, J.; Luomi-Messerer, K. (2007): Entstehung und Interpretation der Deskriptoren des Europäischen Qualifikationsrahmens, Europäische Zeitschrift für Berufsbildung, Nr. 42/43 - 2007/3 • 2008/1 unter: http://www.cedefop.europa.eu/etv/Upload/Information_resources/Bookshop/491/ 42_de_markowitsch.pdf, S. 41; letzter Zugriff am 19.03.2014.
9 Der EUROPASS ist ein seit 2005 europaweit zur Anwendung kommendes Dokumentenportfolio, das als einheitliches Rahmenkonzept zur Förderung der Transparenz von Qualifikationen und Kompeten- zen beitragen soll; vgl. Hölbling (2012), S. 203. Der EUROPASS umfasst die folgenden fünf standar- disierten und europaweit einheitlichen Europass-Dokumente: Europass Lebenslauf, Europass Spra- chenpass, Europass Zeugniserläuterungen, Europass Mobilität und Europass Diploma Supplement; vgl. Europass-info.de, https://www.europass-info.de/index.php?id=28&no_cache=1; letzter Zugriff am 19.03.2014.
10 Vgl. Deqa-vet.de, http://www.deqa-vet.de/de/2196.php; letzter Zugriff am 19.03.2014.
11 Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), http://www.refernet.de/html/de/110.php; letzter Zugriff am 19.03.2014.
12 Vgl. Reglin (2010), S. 21 .
13 Vgl. Deqa-vet.de, http://www.deqa-vet.de/de/2196.php; letzter Zugriff am 19.03.2014.
14 Vgl. Nationale Agentur Bildung für Europa beim Bundesinstitut für Berufsbildung (11/2009), http://www.na-bibb.de/uploads/tx_ttproducts/datasheet/na_eqr_0911_03_web_01.pdf, S. 2 f.; letzter Zugriff am 19.03.2014.
15 Vgl. Hölbling (2012), S. 200.
16 Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Blings/ Ruth (2012), S. 10.
17 Vgl. Hölbling (2012), S. 200. Zur detaillierten Ansicht der Deskriptoren zur Beschreibung der Niveaus des EQR vgl. auch Anhang I.
18 Vgl. Schreier (2010), S. 32 f.
19 „Breite bezieht sich auf die Anzahl von Bereichen des allgemeinen, beruflichen oder wissenschaftli- chen Wissens, die mit einer Qualifikation verbunden sind“; Büchter/ Dehnbostel/ Hanf (2012), S. 406.
20 Vgl. Gabler, http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/deutscher-qualifikationsrahmen-dqr.html; letzter Zugriff am 20.03.2014.
21 Vgl. Büchter/ Dehnbostel/ Hanf (2012), S. 7.
22 Vgl. Deutscherqualifikationsrahmen.de, http://www.deutscherqualifikationsrahmen.de/ de/ der_dqr/ funktion/; letzter Zugriff am 21.03.2014. Vgl. Nationale Agentur Bildung für Europa beim Bundesinstitut für Berufsbildung (11/2009), http://www.na-bibb.de/uploads/tx_ttproducts/datasheet/na_eqr_0911_03_web_01.pdf, S. 11; letzter Zugriff am 21.03.2014.
24 Vgl. Büchter/ Dehnbostel/ Hanf (2012), S. 18 ff.
25 Vgl. ebd., S. 7.
26 Lernergebnisse (learning outcomes) bezeichnet das Ergebnis dessen, was Lernende wissen, verstehen und in der Lage sind zu tun, nachdem sie einen Lernprozess abgeschlossen haben. Im DQR sind die Lernergebnisse gebündelt in den Kompetenzen beschrieben; vgl. ebd., S. 407.
27 Vgl. ebd., S. 17.
28 Vgl. Deutscher Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen - verabschiedet vom Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen (AK DQR) am 22. März 2011, unter: http://www.deutscherqualifikationsrahmen.de/de?&t=%2FdocumentManager%2Fsfdoc.file.forward&pa thID=1382361831832&fileID=1382436343763, S. 3; letzter Zugriff am 21.03.2014.
29 Vgl. Reglin (2009), S. 28, hier zitiert nach Schreier (2010), S. 33.
30 Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Hölbling (2012), S. 200.
31 Vgl. Dehnbostel/ Neß/ Overwien (2009), S. 24, hier zitiert nach Schreier (2010), S. 34.