Die literarische Strömung der Décadence im Fin de siécle war geprägt von Endzeitstimmung und Untergangsbewusstsein. Bürgerliche Werte hatten ihre Bedeutung verloren, neue Werte wie die Emanzipationsbestrebungen der Frau führten bei Künstlern zu Unsicherheiten und Minderwertigkeitsgefühlen. In der Literatur äußerte sich dieses Unbehagen unter Anderem in der Faszination für verhängnisvolle Frauenfiguren. Mythologische und biblische Frauenmotive wie Helena, Eva, Herodias und vor allem Salome wurden in der Décadence von vielen Künstlern neu bearbeitet und zu fatalen Schönheiten stilisiert, die durch ihre Anziehungskraft Männern zum Verhängnis wurden.
In der vorliegenden Hausarbeit geht es um eben dieses Frauenbild, der Femme fatale in der Décadence, sowie um seine Ursachen und Funktionen. Dabei wird aufgezeigt, dass dieses Frauenmotiv sich nicht nur bei typischen Dekadenzdichtern wie Joris-Karl Huysmans findet, sondern auch bei einem deutschen und scheinbar bürgerlichen Autor wie Thomas Mann. Dazu wird nach den theoretischen Grundlagen zunächst die Salome-Darstellung in Huysmans Roman „Gegen den Strich“ erläutert und aufgezeigt, inwiefern diese prototypisch für das Frauenbild der Femme fatale ist. Ausgehend davon wird untersucht, ob die Figur Gerda von Rinnlingen in Manns Novelle „Der kleine Herr Friedemann“ diesem Frauenbild entspricht. Abschließend wird in einem Vergleich auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Frauenfiguren eingegangen und geklärt, welche Funktionen die Femme fatale jeweils bei Huysmans und bei Mann erfüllt.
Ziel dieser Arbeit ist es, aufzuzeigen, inwiefern das Frauenbild der Femme fatale in der Dekadenzliteratur eine Reaktion der Künstler auf die gesellschaftlichen Verhältnisse um die Jahrhundertwende war.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Décadence
- Eine Literaturströmung des Fin de siécle
- Kennzeichen und Motive
- Das Frauenbild der Femme fatale
- Femme fatale als Reaktion auf die Emanzipation
- Femme fatale als mächtiges Naturwesen
- Verbindung von Eros und Gewalt
- „Gegen den Strich" als Bibel der Décadence
- Salome-Gemälde von Gustave Moreau
- Huysmans Salome als Femme fatale
- Thomas Mann — ein Décadent?
- „Der kleine Herr Friedemann"
- Gerda von Rinnlingen als Femme fatale
- Vergleich Gerda von Rinnlingens und Huysmans Salome
- „Der kleine Herr Friedemann"
- Fazit
- Literaturverzeichnis
- Anhang
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit untersucht das Frauenbild der Femme fatale in der Décadence-Literatur. Sie beleuchtet die Ursachen und Funktionen dieses Frauenmotivs, das sich sowohl bei typischen Dekadenzdichtern wie Joris-Karl Huysmans als auch bei scheinbar bürgerlichen Autoren wie Thomas Mann findet. Die Arbeit zeigt auf, dass die Femme fatale eine Reaktion der Künstler auf die gesellschaftlichen Veränderungen um die Jahrhundertwende ist und die Unsicherheiten des Mannes in Bezug auf seine Rolle widerspiegelt.
- Das Frauenbild der Femme fatale in der Décadence
- Die Ursachen für die Entstehung der Femme fatale
- Die Funktionen der Femme fatale in der Literatur
- Die Darstellung der Femme fatale bei Joris-Karl Huysmans und Thomas Mann
- Der Vergleich der Femme fatale-Darstellungen in „Gegen den Strich" und „Der kleine Herr Friedemann"
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Femme fatale in der Décadence-Literatur ein und stellt die Zielsetzung der Arbeit dar. Das zweite Kapitel widmet sich der Décadence als Literaturströmung des Fin de siécle. Es werden die Kennzeichen und Motive dieser Strömung erläutert, wobei ein besonderer Fokus auf das Frauenbild der Femme fatale gelegt wird. Dabei werden die Ursachen für die Entstehung dieses Frauenmotivs, wie die Emanzipationsbestrebungen der Frauen und die damit verbundenen Ängste der Männer, sowie die Funktionen der Femme fatale als Projektionsfläche für männliche Ängste und Phantasien beleuchtet. Das dritte Kapitel analysiert den Roman „Gegen den Strich" von Joris-Karl Huysmans, der als die „Bibel" der Décadence gilt. Der Fokus liegt dabei auf der Darstellung der Femme fatale Salome, die Huysmans anhand der Salome-Gemälde von Gustave Moreau konstruiert. Es wird gezeigt, wie Des Esseintes, der Protagonist des Romans, die Figur der Salome als Projektionsfläche für seine eigenen sexuellen Konflikte und seine Misogynie nutzt. Das vierte Kapitel befasst sich mit der Frage, ob Thomas Mann als Décadent betrachtet werden kann. Es wird die Novelle „Der kleine Herr Friedemann" analysiert, in der die Figur der Gerda von Rinnlingen als Femme fatale dargestellt wird. Die Arbeit zeigt, dass auch bei Mann die Femme fatale eine Projektionsfläche für die Ängste und Phantasien des Protagonisten ist, die durch die gesellschaftlichen Veränderungen um die Jahrhundertwende ausgelöst werden. Abschließend wird ein Vergleich der Femme fatale-Darstellungen in „Gegen den Strich" und „Der kleine Herr Friedemann" gezogen. Dabei wird deutlich, dass beide Figuren eine ähnliche Funktion erfüllen, jedoch in unterschiedlichen Kontexten. Die Femme fatale ist in beiden Fällen eine Projektion der männlichen Ängste und Phantasien, die durch die gesellschaftlichen Verhältnisse dieser Zeit ausgelöst werden.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Décadence, Femme fatale, Fin de siécle, Joris-Karl Huysmans, Thomas Mann, „Gegen den Strich", „Der kleine Herr Friedemann", Salome, Gerda von Rinnlingen, Emanzipation, Misogynie, Eros, Gewalt, Projektion, gesellschaftliche Veränderungen, Jahrhundertwende, Kunst, Literatur, Psychologie, Sexualität, Männerrolle, Frauenbild.
- Quote paper
- Elena Schefner (Author), 2010, Das Frauenbild der Femme fatale in der Décadence, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/271606