Als Bartolome Estéban Murillo zwischen 1645 und 1646 das Ölgemälde „Der Tod der heiligen Klara“ im Auftrag des Sevillaner Klosters San Francisco malte, befand er sich noch in einer frühen Schaffensphase und war nicht älter als 27 Jahre. Dennoch wurde die für den
Kreuzgang des Klosters bestimmte elfteilige Bilderserie, welche Szenen aus dem Leben
verschiedener franziskanischer Heiliger verbildlicht, wohl zu dem Grundstein für Murillos
von da an stetig wachsender Beliebtheit bei geistigen und weltlichen Auftraggebern sowohl
im In-, als auch Ausland.
„Der Tod der heiligen Klara“ veranschaulicht innerhalb dieser Serie die biblische Erzählung
der heiligen Klara, welcher im Moment des Todes Maria und Jesus erschienen sein soll.
Das mit 446 x 190 cm großformatige Bild, welches heute in der Dresdner Galerie Alte
Meister zu finden ist, zeigt den Übergang Klaras vom Leben zum Tod und gestaltet diesen
mithilfe der bildlich dargestellten Vision als fließenden, nicht klar abgrenzbaren Prozess. Die
Balance zwischen Wirklichkeit und Vision und deren sowohl thematische als auch malerische
Verbindung stehen in ihrer Antithetik beispielhaft für die barocke Kunst des 17. Jahrhunderts.
Murillos Umsetzung jedoch ist aufgrund seiner empathischen Malweise und einer unter
anderem stark vom Hell-Dunkel-Kontrast getragenen, individuellen Ästhetik als Vermittlung
zum Wunderbaren, einzigartig. Es ist zu vermuten, dass gerade diese sinnlich-didaktische
Vermittlung biblischer Themen die schnelle Berühmtheit des jungen Malers begründete, und
bis auf die heutigen Betrachter nachwirkt. [...]
Als Bartolome Estéban Murillo zwischen 1645 und 1646 das Ölgemälde „Der Tod der heiligen Klara“ im Auftrag des Sevillaner Klosters San Francisco malte, befand er sich noch in einer frühen Schaffensphase und war nicht älter als 27 Jahre. Dennoch wurde die für den Kreuzgang des Klosters bestimmte elfteilige Bilderserie, welche Szenen aus dem Leben verschiedener franziskanischer Heiliger verbildlicht, wohl zu dem Grundstein für Murillos von da an stetig wachsender Beliebtheit bei geistigen und weltlichen Auftraggebern sowohl im In-, als auch Ausland.1
„Der Tod der heiligen Klara“ veranschaulicht innerhalb dieser Serie die biblische Erzählung der heiligen Klara, welcher im Moment des Todes Maria und Jesus erschienen sein soll.
Das mit 446 x 190 cm großformatige Bild, welches heute in der Dresdner Galerie Alte Meister zu finden ist, zeigt den Übergang Klaras vom Leben zum Tod und gestaltet diesen mithilfe der bildlich dargestellten Vision als fließenden, nicht klar abgrenzbaren Prozess. Die Balance zwischen Wirklichkeit und Vision und deren sowohl thematische als auch malerische Verbindung stehen in ihrer Antithetik beispielhaft für die barocke Kunst des 17. Jahrhunderts.
Murillos Umsetzung jedoch ist aufgrund seiner empathischen Malweise und einer unter anderem stark vom Hell-Dunkel-Kontrast getragenen, individuellen Ästhetik als Vermittlung zum Wunderbaren, einzigartig. Es ist zu vermuten, dass gerade diese sinnlich-didaktische Vermittlung biblischer Themen die schnelle Berühmtheit des jungen Malers begründete, und bis auf die heutigen Betrachter nachwirkt.
Die Heilige Klara liegt in einem schwarzen Gewand auf ihrem Totenbett, die Hände über der Brust gefaltet. Die linke Hälfte ihres Bettes ist umgeben von Leidtragenden in dunklen, schmucklosen Umhängen, welche nahezu alle Positionen das Trauerns einnehmen, und vermutlich Klosterbrüder und Klosterschwestern darstellen. Klara jedoch betrachtet den düsteren, gedrängten Raum nicht, sondern hat den Blick auf die verbildlichte Erscheinung gerichtet, welche sich ihr von rechts nähert. Für nahezu alle Sterblichen unsichtbar erweitert sich der Bildraum dort in kontrastierender Helligkeit und zeigt einen scheinbar endlosen Zug aus engelsgleichen Frauen, der Legende nach Märtyrerinnen, in deren Zentrum die Gottesmutter Maria und ihr Sohn Jesus schreiten.
Vor allem das Wechselspiel von Licht und Schatten, von Hell und Dunkel wird in diesem vielfigurigen Historienbild einer der ausdrucksvollsten Bedeutungsträger, trennt und vereint es doch das Irdische und Überirdische zugleich. Die gegensätzlich gestalteten Bildbereiche stellen die Vision der Realität gegenüber, arbeiten mit zahlreichen Kontrastmitteln, und vereinen sich dennoch in der betitelnden Figur Klaras.
Das Bildzentrum stellen die beiden Figuren Maria und Jesus dar, sie sind zugleich auch die hellste Stelle im Gemälde. Somit stimmen Bildmitte und Bildzentrum nicht überein: das eigentliche Zentrum befindet sich ein Stück rechterhand der Mitte.
Die Figur Klaras funktioniert ähnlich einem zweiten Zentrum oder Subzentrum: der Blick des Betrachters wird von der göttlichen Erscheinung zum Medium gelenkt, Gesten, Körperhaltung und Blickrichtung der Märtyrerinnen sowie der Lichteinfall unterstützen diesen Prozess zudem.
Insgesamt liegt ein sehr symmetrischer Bildaufbau vor, dessen Spiegelkante dem Bruch zwischen Helligkeit und Dunkelheit, stellvertretend für Vision und Realität entspricht. Selbst die irdischen und überirdischen Personen sind sich in der Weise ähnlich, wie sie sich der Sterbenden zuwenden und sich über ihr Bett beugen, die Symmetrie ist jedoch verschoben, sodass mit den weiteren Figuren, welche auf beiden Bildhälften aus dem Hintergrund nach vorne oder in das Bild hinein drängen zu scheinen, der Eindruck eines (Spiegel-)Ausschnittes entsteht. Etliche der Märtyrerinnen lösen sich im Hintergrund auf oder sind wie die Sterblichen angeschnitten, es bleibt dem Betrachter überlassen, sich die Masse der Figuren im nicht sichtbaren Bereich vorzustellen.
Da der Hintergrund bei der Szene nur illustrierende, aber keine eigenständige Funktion hat, stehen die dargestellten Personen im Vordergrund und sind demnach über die gesamte Bildfläche gestreut. Maria und Josef ist mehr Raum als den übrigen Figuren gegeben, sie besitzen eine Art göttliche Distanz zu allen anderen, eine Ballung der Personen erfolgt jedoch um Klara, das Medium des Geschehens. Der Einsatz von Licht und Schatten untermalt dies: herrscht oberhalb von Klaras Kopf die dichteste Dunkelheit, scheinen Maria und Josef von sich aus zu leuchten.
Eine Vielzahl an Kompositionslinien unterteilen und ordnen den Bildraum, führen den Betrachterblick und konzentrieren das Geschehen. Die bedeutendste Vertikale beginnt ungegenständlich in dem Linienverlauf des am stärksten ausgeprägten Hell-Dunkel-Kontrast, läuft am rechten Arm einer Märtyrerin fort, teilt Klara auf Bauchhöhe, und endet in der zurückgeschlagenen Decke bzw. deren Schatten am Boden. Sie ist die wohl stärkste Versinnbildlichung der Trennung von hell und dunkel, Leben und Tod, Realität und Vision, Himmel und Erde. Ihr Verlauf ist klar und abgegrenzt und wird noch verstärkt durch zwei Parallelen, welche sich in den jeweiligen Säulen rechts und links bzw. der am Boden stehenden, hohen Kerze darstellen. Der Unterschied der beiden Säulen stellt den Unterschied der „Welten“ dar, welche sie repräsentieren, die bildliche Trennung inmitten der Heiligen Klara ist symbolisch: sie befindet sich selbst gerade im Übergang von dem Einen ins Andere, von dem Leben in den Tod. Weitere, jedoch weniger bedeutsame Vertikalen sind in den aufrechten Figuren der Märtyrerinnen zu finden und gliedern die dargestellte Vision in überschaubare, geordnete Bereiche.
[...]
1 Vgl. Blümel, Wolfgang (Dipl.-Geol.): Spanische Kunst und Architektur, Microsoft Encarta Online-Enzyklopädie 2009, Online unter http://de.encarta.msnppe.com/text7215455611/Spanische_Kunst.html, 16.11.2009.
- Arbeit zitieren
- Vivien Lindner (Autor:in), 2010, Bildanalyse des Gemäldes "Der Tod der heiligen Klara" von Bartolomé Esteban Murillo, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/269241