Das Seminar „Gegenwartsliteratur im Unterricht“ unter der Leitung von Regina Hofmann war in das Modul „Europäischer Realismus im europäischen Kontext“ eingebettet und fand im Wintersemester 2009/2010 statt. Dieses Seminar hatte neben der Erarbeitung verschiedener Gegenwartslektüren einen didaktischen Schwerpunkt. Die einmal wöchentlich stattfindenden Seminarsitzungen dauerten neunzig Minuten und umfassten zwischen dreißig und fünfunddreißig Teilnehmer. Diese setzten sich zusammen aus Bachelor-Studierenden und Lehramtsstudierenden für Gymnasium, Haupt- und Realschule und Förderschule.
Am Anfang des Seminars standen Kriterien zur Beurteilung von Gegenwartsliteratur, später didaktisch-methodische Aspekte zur Gegenwartsliteratur im Fokus der Sitzungen. Diese Einheit, die fünf Sitzungen umfasste, wurde von Frau Hofmann geleitet. Die genannten Thematiken wurden am Beispiel des Erzählbandes „Zweier ohne“ von Dirk Kurbjuweit erarbeitet. Im Anschluss daran fanden Präsentationen der Seminarteilnehmer in Form von Unterrichtsstunden statt. Ziel dieser Präsentation war die Vorstellung und gemeinsame Erarbeitung einer Gegenwartslektüre.
Die allgemeine Beteiligung und Mitarbeit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer war sehr engagiert und motiviert. Durch die Diskussionsfreudigkeit, Kreativität und Spontaneität aller Teilnehmenden waren produktive Gruppenarbeitsphasen sowie erkenntnisreiche und informative Diskussionen möglich. Allein in den Stunden vor den Weihnachtsferien und den Semesterferien war die Mitarbeit der Seminarteilnehmer etwas zäh.
Die Größe des Seminarraums war für eine solch große Anzahl an Studierenden bedeutend zu klein, was Gruppen- und Stationsarbeiten erheblich erschwerte. Dadurch mussten manche Arbeitsphasen auf den Flur verlagert werden. Eine umfangreiche Mediennutzung war in diesem Raum gewährleistet, da ein festinstallierte Beamer, ein Overhead-Projektor und zwei Tafeln vorhanden waren.
Inhaltsverzeichnis
1. Bedingungsanalyse
2. Sachanalyse
3. Methodische Überlegungen
4. Reflexion
5. Literaturangaben
1. Bedingungsanalyse
Das Seminar „Gegenwartsliteratur im Unterricht“ unter der Leitung von Regina Hofmann war in das Modul „Europäischer Realismus im europäischen Kontext“ eingebettet und fand im Wintersemester 2009/2010 statt. Dieses Seminar hatte neben der Erarbeitung verschiedener Gegenwartslektüren einen didaktischen Schwerpunkt. Die einmal wöchentlich stattfindenden Seminarsitzungen [1] dauerten neunzig Minuten und umfassten zwischen dreißig und fünfunddreißig Teilnehmer. Diese setzten sich zusammen aus Bachelor-Studierenden und Lehramtsstudierenden für Gymnasium, Haupt- und Realschule und Förderschule.
Am Anfang des Seminars standen Kriterien zur Beurteilung von Gegenwartsliteratur, später didaktisch-methodische Aspekte zur Gegenwartsliteratur im Fokus der Sitzungen. Diese Einheit, die fünf Sitzungen umfasste, wurde von Frau Hofmann geleitet. Die genannten Thematiken wurden am Beispiel des Erzählbandes „Zweier ohne“ von Dirk Kurbjuweit erarbeitet. Im Anschluss daran fanden Präsentationen der Seminarteilnehmer in Form von Unterrichtsstunden statt. Ziel dieser Präsentation war die Vorstellung und gemeinsame Erarbeitung einer Gegenwartslektüre.
Die allgemeine Beteiligung und Mitarbeit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer war sehr engagiert und motiviert. Durch die Diskussionsfreudigkeit, Kreativität und Spontaneität aller Teilnehmenden waren produktive Gruppenarbeitsphasen sowie erkenntnisreiche und informative Diskussionen möglich. Allein in den Stunden vor den Weihnachtsferien und den Semesterferien war die Mitarbeit der Seminarteilnehmer etwas zäh.
Die Größe des Seminarraums war für eine solch große Anzahl an Studierenden bedeutend zu klein, was Gruppen- und Stationsarbeiten erheblich erschwerte. Dadurch mussten manche Arbeitsphasen auf den Flur verlagert werden. Eine umfangreiche Mediennutzung war in diesem Raum gewährleistet, da ein festinstallierte Beamer, ein Overhead-Projektor und zwei Tafeln vorhanden waren.
2. Sachanalyse
Im Mai 2004 wurde der Erzählband „Idioten. Fünf Märchen“ von Jakob Arjouni veröffentlicht und stand danach mehrere Monate auf den deutschen Bestsellerlisten. Der Erzählband enthält fünf Erzählungen, die jeweils unabhängig voneinander aneinandergereiht sind. Inhaltlich knüpfen sie weder aneinander an, noch nehmen sie Bezug aufeinander. Allein durch den Auftritt einer Fee ähneln sie sich.
Im Folgenden wird die erste Erzählung des Erzählbandes, „Idioten“, genauer analysiert. Der Schwerpunkt dieser Analyse liegt einerseits auf dem formalen Teil mit der Fragestellung, ob die Erzählung, wie im Nebentitel deklariert, tatsächlich zu der Gattung Epik gehört. Dabei ist der Begriff des Märchens von zentraler Rolle. Andererseits rückt im zweiten Teil der Analyse der Inhalt mit dem Aspekt der Idiotie in den Fokus der Betrachtung.
Anhand des Märchens „Dornröschen“ von den Gebrüdern Grimm kann man einige wichtige und elementare Merkmale eines Märchens herausarbeiten. Gleich am Anfang des Märchens ist der Prosastil des Erzählers unverkennbar. Hervorstechend ist der an der Alltagssprache angelehnte Sprachstil sowohl des Erzählers als auch der Figuren. Exemplarisch ist hier der erste Satz des Märchens „Dornröschen“ zu nennen: „Vor Zeiten war ein König und eine Königin, die sprachen jeden Tag ‚ach, wenn wir doch ein Kind hätten!‛ und kriegten immer keins.“ [2]Außerdem ist das Element der wunderbaren Begebenheit in Form der dreizehn Feen erkennbar. Diese Figuren besitzen besondere Fähigkeiten wie das Verzaubern und treten dementsprechend auch niemals in der Realität auf. An Verzauberungen und Verwandlungen ist auch das phantastische Element ersichtlich. Dieses tritt in Form von dreizehn Wünschen der Feen in Erscheinung. Außerdem wird in dieser Szene deutlich, dass ein grausames Element, die böse Fee, im Gegensatz zu einem guten Element, die zwölf guten Feen, gegenwärtig ist. Diese zwei Elemente trennen sich strikt voneinander ab und existieren auch in anderen Märchen in Form von guten und bösen Figuren. Um bei der Figur der Fee zu bleiben, ist ohne weiteres erkennbar, dass es sich bei dem Märchen, im Unterschied zur Sage, um eine frei erfundene Geschichte handelt. Dies wird nicht zuletzt daran deutlich, dass die Handlungen im Märchen weder zeitlich noch räumlich begrenzt sind. Ein wichtiges Element, das charakteristisch für ein Märchen ist, ist der Held, der im Mittelpunkt der Handlung steht. Er ist den guten und bösen, natürlichen und übernatürlichen Mächten ausgesetzt und muss zwischen ihnen und ihren Auseinandersetzungen bestehen. [3]
Nun ist zu untersuchen, ob es sich bei der Erzählung „Idioten“ aus Jakob Arjounis Erzählband „Idioten. Fünf Märchen“ auch um ein Märchen handelt oder ob der Nebentitel irreführend ist. Um dies zu analysieren, werden die charakteristischen Elemente für ein Märchen mit der Form und dem Inhalt der Erzählung „Idioten“ verglichen, um so ein Urteil fällen zu können. Der durchgängige Prosastil sowohl des Erzählers als auch der Figuren spricht für die Gattung Epik. Damit ist jedoch noch nicht die Bezeichnung „Märchen“ legitimiert. Das Auftreten der Fee signalisiert eine wunderbare Begebenheit. In die scheinbar anfangs existierende Realität tritt nun ein phantastisches Wesen. Es ist in der Lage, einer beliebigen Person einen individuellen Wunsch zu erfüllen. Einzige Einschränkung ist, dass sich der Wunsch der Person nicht auf die Bereiche Unsterblichkeit, Gesundheit, Geld und Liebe beziehen darf. Außerdem spricht ihr Erscheinungsbild für etwas Übernatürliches („…, daß die Gestalt vor ihm irgendwie durchsichtig wirkte und ihre nackten Füße den Boden nicht berührten, …“ [4]). Allerdings ist die Fee das einzige phantastische Element in dieser Erzählung. Alle anderen Figuren treten als Menschen mit all ihren Gewohnheiten und Schwächen auf. Die Fee greift mit ihren übernatürlichen Fähigkeiten in die Realität ein und verändert sie. Die Handlungen der anderen Figuren beeinflussen zwar auch das weitere Geschehen der Erzählung, doch sind diese als realistisch anzusehen. Das grausame Element tritt bei Arjounis Erzählung nicht in der Art und Weise wie bei einem Märchen zu Tage. Vielmehr ist hier von Menschen mit negativen Eigenschaften oder unsympathischem Charakter zu sprechen. Es existieren keine klaren Gegenspieler, besonders nicht in Hinsicht auf die gute Fee. Das Merkmal der frei erfundenen Geschichte trifft auf die Erzählung zu. Im Gegensatz zum Märchen findet man eine räumliche Begrenztheit, wenn die Rede von einem „warmen Frühlingsabend in Berlin vor ‚Ricos Sporteck‛“ [5] ist. Zeitlich ist die Erzählung zwar nicht festgelegt, jedoch sorgen die Benennungen wie die einer Werbeagentur und der Organisationen Amnesty International, Brot für die Welt und Greenpeace [6] dafür, dass sich die Handlung im späten zwanzigsten Jahrhundert abspielen muss. Zuletzt ist der Punkt des Helden im Mittelpunkt zu untersuchen. Auch dieses Merkmal wird der Erzählung „Idioten“ von Arjouni nicht gerecht. Nach genauer Analyse kann man nun das Fazit ziehen, dass es sich bei der Erzählung keinesfalls um ein Märchen handelt. Vielmehr stellt sie eine phantastische Erzählung dar. Als einziges phantastisches Element tritt die Fee mit ihrer Wunscherfüllung auf. Der Rest der Handlung ist durchzogen von realistischen Begebenheiten. Somit ist die Bezeichnung im Nebentitel „Fünf Märchen“ für den Leser irreführend.
[...]
[1] Donnerstags von 10.00 – 12.00 Uhr (Philosophikum I, Raum B210)
[2] Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen. München: Engel Verlag.
[3] http://www.uni-due.de/einladung/index.php?option=com_content&view=article&id=235%3Amaerchen& catid=40%3Akapitel-5&Itemid=53 (23.03.2010)
[4] Arjouni, Jakob: Idioten. Fünf Märchen. Zürich: Diogenes Verlag 2003. S. 14.
[5] Arjouni, Jakob: Idioten. Fünf Märchen. Zürich: Diogenes Verlag 2003. S. 7.
[6] Arjouni, Jakob: Idioten. Fünf Märchen. Zürich: Diogenes Verlag 2003. S. 8.