Bereits früh wurde erkannt, dass rezente periglaziale Erscheinungen auch außerhalb der
(sub)polaren Zonen anzutreffen sind, und zwar oberhalb einer gewissen Höhengrenze in den
Hochgebirgen. Die Alpen sind ein solches Gebiet, in dem kaltes Klima geomorphologisch
wirksam wird und dabei einen diesem Raum eigenen periglazialen Formenschatz schafft.
Auf den folgenden Seiten soll nun - nach einer begrifflichen Einführung - zunächst ganz
allgemein auf die periglazialen Prozesse und Formen und die wichtige Erscheinung des
Permafrosts eingegangen werden, so weit sie für die Alpen relevant sind. Mit der Verbreitung
dieser Phänomene im Raum sowie ihrer Varianzfaktoren befasst sich ein weiterer Abschnitt
meiner Arbeit. Zum Abschluss komme ich auf vergangene und noch zu erwartende
Veränderungen hinsichtlich des Auftretens periglazialer Erscheinungen zu sprechen. „Periglazial“ bedeutet wörtlich übersetzt „das Eis umgebend, im Umkreis der Gletscher“
(griech. peri = um herum, lat. glacies = Eis). In diesem engeren Sinne wurde der Begriff 1905
von dem Polen Walery von Lozinski in die Wissenschaft und Literatur eingeführt: er wandte ihn
speziell auf Klima und Morphologie in der Umgebung der pleistozänen Inland svereisung an.
Der Terminus ist vom Wortursprung her jedoch unglücklich gewählt und führt mitunter zu
falschen Vorstellungen. Periglaziale Prozesse erfordern keinerlei Beziehung zu Gletschern1,
bleiben also nicht auf deren nahe Umgebung beschränkt, sondern können unter bestimmten
Voraussetzungen auch in weit von Gletschern entfernten, eisfreien Gebieten wirken. So wurde
der Begriff in der Folge inhaltlich erweitert und bezeichnet im heute gebräuchlichen Sinn
Prozesse, die unter kaltklimatischen Bedingungen ablaufen. Der Frost, vor allem die
Bodengefrornis, steuert die Morphodynamik und schafft einen typischen Formenschatz. In
manche Definitionen werden zusätzlich frostklimabeeinflusste Aspekte äolischer und fluvialer
Vorgänge miteinbezogen.
Weiter gefasst wurde der Begriff zudem in der Hinsicht, dass er sinngemäß auf die heutigen
Kaltklimate übertragen wurde und nun sowohl fossile, vorzeitliche als auch rezente,
gegenwärtige Phänomene und Gebiete umfasst. [...]
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- DER PERIGLAZIALBEGRIFF
- PERMAFROST
- ALLGEMEINES
- PERMAFROST IN DEN ALPEN
- PERIGLAZIALE PROZESSE
- PERIGLAZIALE VERWITTERUNGSVORGÄNGE
- Physikalische Frostverwitterung
- Chemische Verwitterung
- WEITERE FROSTDYNAMISCHE PROZESSE
- Frosthub und Frostschub
- Kammeisbildung
- Kyroturbation
- MASSENBEWEGUNGEN
- Solifluktion
- Frostkriechen und Kammeis-Solifluktion
- Lawinen und Rutschungen
- WEITERE PROZESSE DER EROSION, DENUDATION UND AKKUMULATION
- Nivation
- Fluviale Prozesse
- Äolische Prozesse
- PERIGLAZIALE VERWITTERUNGSVORGÄNGE
- PERIGLAZIALE FORMEN
- SOLIFLUKTIONSFORMEN
- BLOCKGLETSCHER ALS BODENFROSTFORM
- FROSTMUSTERSTRUKTUREN
- Strukturböden
- Texturböden
- RASENSCHÄLEN ALS WEITERE FORM
- VERBREITUNG DER PERIGLAZIALGEBIETE
- REGIONALE ABGRENZUNG
- REGIONALE DIFFERENZIERUNG
- DIE PERIGLAZIALE HÖHENSTUFE
- VERTIKALE GLIEDERUNG UND PERIGL AZIALE HÖHENGRENZEN
- DIFFERENZIERUNG IN DEN ALPEN
- AKLIMATISCHE ENTSTEHUNGS- UND VARIANZFAKTOREN
- Relief
- Gestein
- Vegetation
- Anthropogene und zoogene Aktivitäten
- VERÄNDERUNG
- ENTWICKLUNG SEIT DEM PLEISTOZÄN
- AKTUELLE ENTWICKLUNG
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit dem Themenbereich periglazialer Prozesse und Formen in den Alpen. Ziel ist es, die grundlegenden Konzepte und Definitionen des Periglazialbegriffs darzustellen, die wichtigsten Prozesse und Formen zu erläutern und die Verbreitung dieser Phänomene in den Alpen zu untersuchen.
- Der Periglazialbegriff und seine Bedeutung für die alpine Geomorphologie
- Permafrost als wesentliche Grundlage für periglaziale Prozesse
- Die verschiedenen periglazialen Prozesse, ihre Funktionsweise und Auswirkungen
- Typische periglaziale Formen und ihre Entstehung in den Alpen
- Die räumliche und vertikale Verbreitung periglazialer Gebiete in den Alpen
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel liefert eine Einleitung, die den Schwerpunkt der Arbeit und die Relevanz periglazialer Erscheinungen in den Alpen beleuchtet.
Im zweiten Kapitel wird der Periglazialbegriff genauer untersucht und in seinen unterschiedlichen Bedeutungsfacetten erläutert.
Das dritte Kapitel widmet sich dem Permafrost, einem essentiellen Element des Periglazialraums. Es werden die verschiedenen Arten von Permafrost sowie dessen Verbreitung in den Alpen beschrieben.
Kapitel vier beschäftigt sich mit den wichtigen periglazialen Prozessen, die die alpine Landschaft prägen. Hierbei werden sowohl Verwitterungsvorgänge, wie auch die Dynamik von Massenbewegungen und weitere Prozesse der Erosion, Denudation und Akkumulation behandelt.
Kapitel fünf analysiert die typischen periglazialen Formen, die durch die verschiedenen Prozesse entstehen.
Kapitel sechs untersucht die Verbreitung und regionale Differenzierung der periglazialen Gebiete, einschließlich der vertikalen Gliederung und der Einflussfaktoren auf die Entwicklung dieser Gebiete.
Kapitel sieben befasst sich mit den Veränderungen im Periglazialraum, sowohl seit dem Pleistozän als auch in der aktuellen Entwicklung.
Schlüsselwörter
Periglazial, Alpen, Permafrost, Prozesse, Formen, Verwitterung, Solifluktion, Blockgletscher, Frostmuster, Verbreitung, Höhengrenzen, Klimawandel, Geomorphologie.
- Quote paper
- Antonia Koch (Author), 2003, Periglaziale Formen und Prozesse in den Alpen, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/21826