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Seminararbeit, 2004
11 Seiten, Note: 2
I. Einleitung
1. Gegenstand der Arbeit, Literatur und Methode
2. Reiseführer als literarische Gattung
II. Exkursversuch über die Kategorie des „anderen“
III Detailvergleich „Anders Reisen“ – „Baedeker“
1. Äußerliches: Format, Aufmachung, Layout
2. Antizipierte Reiseformen und Zielgruppen
3. Inhaltliche Gliederung
4. Texte, Informationen und Sprache
5. Fotos, Grafiken und Abbildungen
Gegenstand dieser Arbeit ist die vergleichende und bewertende Betrachtung des Frankreich-Reiseführers von Günther Liehr aus der rororo-Reihe „anders reisen“ mit dem „Allianz-Reiseführer Frankreich“ von Baedeker.( im folgenden mit ANDERS REISEN bzw. BAEDEKER bezeichnet )
Beide Bücher sind zu Beginn der Achtziger Jahre erschienen und repräsentieren jeweils für sich einen komplett anderen, ja sogar gegensätzlichen Background hinsichtlich Zielgruppe, Autoren, Verlag ,Inhalt und das zu vermittelnde Frankreichbild.
Ausgehend von der Bemerkung Gyrs´,dass das, was “ Reiseführer aus der kulturellen Wirklichkeit ausschneiden, reduzieren oder ausklammern, sehr aufschlußreich“(1) ist , kann man sie also genauso gut über die Kultur und Gesellschaft Ihrer Herausgeberländer bzw. die Identität ihrer jeweiligen Leser-Zielgruppen untersuchend befragen.
Neben den beiden originären Quelltexten habe ich Forschungsarbeiten und Aufsätze aus kultur- , literatur- und komunikationswissenschaftlicher Sicht herangezogen, die sich ganz konkret mit Reiseführern und Reiseliteratur beschäftigen.
Der selbstverständliche Gebrauch des attributes „anders“ veranlasste mich zu einigen einleitenden Überlegungen und Betrachtungen , die als Mini-Essay gelesen werden sollten.
Beim Detailvergleich bin ich schrittweise nach bestimmten Indikatoren vorgegangen und habe meine Vergleichsergebnisse, wenn es sich anbot, kapitelweise in einem Fazit formuliert.
Aus diesem Grund verzichte ich auf ein zusammenfassendes Schlussresümee.
Reiseführer , auch travel guides oder travalogues genannt, werden zur Gebrauchsliteratur gezählt und in der Forschung klar abgegrenzt von anderen Formen der Reiseliteratur wie Reiseberichten, Reisetagebüchern oder Reiseromanen.
Christiane Schulzki-Haddouti erwähnt in ihrer Gattungsdiskussion der Reiseliteratur das viergliedrige typologische Modell von Manfred Link (1) , welches eine Hierarchisierung nach zunehmender Fiktionalität bei gleichzeitig abnehmender Objektivität und Aktualität zugrunde legt.
Link ordnete dabei den Reiseführer der ersten Gruppe der apodemischen Reiseliteratur zu, wenn auch unter Vorbehalt.
Für den Kommunikationswissenschaftler Kurt Luger gehören sie als spezifische „Sehnsuchtsliteratur“ (2) zum globalen System von Kommunikationsleistungen der Tourismusindustrie, denn „sie alle produzieren Images und Erwartungen bei den Reisenden, deren Erfüllung oder Nichterfüllung nach der Rückkehr kommunikativ weitervermittelt werden“(ebenda).Weiterhin benennt Luger ein Manko in der Auseinanderstzung mit den medialen Inszenierungen des Tourismus in der Kommunikationswissenschaft und formuliert die Frage, inwieweit
„sich die Bereisten selbst an diesen Bildern orientierten, darüber vermittelte Erwartungshaltungen in ihren Habitus aufnahmen und vielleicht bis heute aufrechterhalten, also ihre ´Hinterbühne´ mit der touristischen Inszenierung synchronisierten“ (a.a.O.).
C.Haas betont die große wirtschaftliche Bedeutung von Reiseführern ( 25 Mio verkaufte Exemplare jährlich in Deutschland ) und weist ihnen eine wichtige „Funktion im Prozeß der interkulturellen Vermittlung“(3) zu.
Eine gattungsmäßige Charakterisierung hält sie für schwierig, denn „die Grenzen zur wissenschaftlichen Länderkunde, dem Atlas, einem Kursbuch oder Hotelführer sind oft fließend“.(ebenda)
Auch Jürgen Raithel zählt den travel guide aus literaturwissenschaftlicher Sicht noch eindeutig zur Gattung Reiseliteratur , auch wenn „er in der Forschung fast immer aufgrund mangelnder Literarizität bzw. seiner Zweckbindung aus diesem Zusammenhang ausgeschlossen wird.“ ( 1)
Ausgehend von den Thesen K.P.Kleins über die Rezeptionsweisen von Reiseführern
als Gebrauchsliteratur begründet Raithel diese Zuordnung u.a. damit, daß Reiseführer „auch eigene ‘sinnbildende' Strategien entwickelt haben, die selbst den Leser, der nur Informationen zur Reisevorbereitung sucht, wesentlich mehr finden lassen“ ( ebenda) .
Der fehlende Ich-Erzähler der Reisebeschreibungen, ein ursprüngliches Gestaltungsprinzip zur Objektivierung der Erfahrungsberichte , kann den Leser animieren, „sich selbst als potentiellen Handelnden des Textes zu sehen“ (ebenda) :
„Der Mangel an ‘Literarischem' (kein Erzähler, keine durchgehende Geschichte, keine Deutung der Reise) wird durch die Aussicht, wie die Autoren der travelogues (also ‘literarisch', oder, wie es z.T. schon auf dem Titelblatt heißt, ‘ anders ' oder gar ‘ richtig ' reisen zu können, kompensiert. Damit aber verweist der Reiseführer nun aber auch auf das eigentlich Faszinierende an der erzählenden Reiseliteratur - auf die (scheinbare) Möglichkeit, in einer Reise die eigene kontingente Erfahrungsrealität in literarisch-sinnnvolles Erleben umzuwandeln.“ (a.a.O.)
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