Interessen können vielseitig und wandelbar sein; außerdem haftet ihnen immer der Wert des Bedeutungsvollen an. Diese Bedeutsamkeit ist individuell wie auch sozial bestimmt.
Zum Einen ist das Interesse stets an eine Person gebunden. Die Person tritt mit einem Interessengegenstand 'ihrer Wahl' in Beziehung. Sie interagiert über längere Zeit mit ihm in einer (intensiven) Auseinandersetzung, weil er ihr wichtig ist, weil er sie tangiert und in ihr emotionale wie auch kognitive Prozesse freisetzt. Da die interessierte Person durch ihr Interessengebiet eine subjektive Befriedigung und Bereicherung erlebt, schreibt sie diesem eine Bedeutsamkeit zu.
Das Individuum hat jedoch nicht von Geburt an eine natürliche oder angeborene Affinität dem Gegenstand gegenüber. Es kommt vielmehr erst im Laufe seines Lebens mit dem Interessenobjekt in Berührung, weil dieses ihm durch sein soziales Umfeld nahegelegt wird. Je nachdem in welchem sozialen Raum sich eine Person bewegt, kommt sie mit bestimmten – für dieses Milieu bedeutsamen – Gegenständen in Kontakt. Interessengegenstände sind damit nicht zuletzt Ausdruck sozialer Verhältnisse.
Im Folgenden werde ich meine individuelle Interessengenese als „Kontinuität einer Erfahrung“ (Dewey) darstellen und zugleich aufzeigen, wie sich in Abhängigkeit der sozioökonomischen Lage die Bedeutung eines Interessengegenstandes verschieben kann (Bourdieu). Hierfür wird zunächst der Interessenbegriff von John Dewey als Definition herangezogen. Da Dewey sich vor allem mit der Wechselwirkung von Individuum und Interessengegenstand auseinandergesetzt hat, wird seine Perspektive darauffolgend um Pierre Bourdieus Konzepte ergänzt, welcher mit dem Habitus-, Lebensstil, Geschmacks- und Interessenkonzept vor allem die soziale Dimension von Wahrnehmungen, Praktiken und Bedeutungen betont.
Hernach werde ich mich auf die eigene Jugendzeit zurückbesinnen und meine damalige Neigung zur Kunst aufzeigen. Die künstlerische Tätigkeit diente einerseits dem subjektiven Ausdruck eines inneren Selbst, doch wurde sie andererseits auch stark durch die Kunstvorstellungen des sozialen Umfeldes geprägt und fungierte somit als Komponente eines spezifischen Lebensstils. Mit dem Umzug in eine andere Stadt und der Veränderung der sozialen Umgebung wandelte sich der Kunstgeschmack und es bildete sich ein neues, eher wissenschaftlich orientiertes Interesse heraus.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Interesse als persönliche Betroffenheit (Dewey)
- Interesse als Ausdruck sozialer Verhältnisse
- Interessengenese — Biografische Erfahrungen und soziale Einflüsse
- Die Interessengenese durch biografische Erfahrungen
- Der Interessengegenstand als Ausdruck sozialer Verhältnisse
- Die „Kontinuität der Erfahrung" und der Wandel von „ästhetischen Einstellungen"
- Ausblick
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit der Interessengenese eines Individuums vor dem Hintergrund biografischer Erfahrungen und sozialer Einflüsse. Die Arbeit analysiert die Entstehung und Entwicklung von Interessen im Laufe der Zeit und untersucht die Rolle, die das soziale Umfeld und die sozioökonomische Lage dabei spielen.
- Der pragmatistische Interessenbegriff nach John Dewey
- Die soziale Konstruktion von Interessen und Lebensstilen nach Pierre Bourdieu
- Die Rolle von Habitus und Geschmack bei der Bildung von Interessen
- Die „Kontinuität der Erfahrung" und der Wandel von „ästhetischen Einstellungen"
- Die Bedeutung von sozialem Umfeld und sozioökonomischer Lage für die Interessengenese
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema ein und stellt die Bedeutung von Interessen für das Individuum und die Gesellschaft dar. Sie erläutert die beiden zentralen Theorien der Arbeit, die von John Dewey und Pierre Bourdieu, und stellt die Forschungsfrage nach der Entstehung und Entwicklung von Interessen im Laufe der Zeit.
Das zweite Kapitel widmet sich dem Interessenbegriff von John Dewey. Es wird erläutert, dass Interesse nach Dewey eine persönliche Betroffenheit gegenüber einem Objekt darstellt, die durch eine aktive Auseinandersetzung mit diesem entsteht. Dewey betont dabei die Bedeutung von Erfahrungen und die kontinuierliche Entwicklung von Interessen im Laufe des Lebens.
Das dritte Kapitel beleuchtet die soziale Dimension von Interessen nach Pierre Bourdieu. Bourdieu argumentiert, dass Interessen nicht nur persönlich geprägt sind, sondern auch durch die sozioökonomische Lage und die sozialen Verhältnisse bestimmt werden. Er führt die Konzepte von Habitus, Lebensstil und Geschmack ein, um die soziale Konstruktion von Interessen und Präferenzen zu erklären.
Das vierte Kapitel stellt die eigene Interessengenese der Autorin vor. Sie zeichnet die Entwicklung ihrer künstlerischen Interessen von der Kindheit bis zur Jugend nach und zeigt auf, wie diese durch biografische Erfahrungen und soziale Einflüsse geprägt wurden. Sie erläutert die Rolle des Elternhauses, der Schule und des Freundeskreises bei der Bildung ihres Kunstgeschmacks und ihrer künstlerischen Interessen.
Das fünfte Kapitel beleuchtet den Wandel der „ästhetischen Einstellungen" der Autorin im Zusammenhang mit ihrem Umzug in eine andere Stadt und dem Beginn ihres Studiums. Sie zeigt auf, wie sich ihr Kunstgeschmack durch den Kontakt mit einem neuen sozialen Umfeld verändert hat und wie die „Kontinuität der Erfahrung" (Dewey) in ihrer Interessengenese zum Ausdruck kommt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Interessengenese, biografische Erfahrungen, soziale Einflüsse, John Dewey, Pierre Bourdieu, Habitus, Lebensstil, Geschmack, ästhetische Einstellungen, Kontinuität der Erfahrung, soziales Umfeld, sozioökonomische Lage, Kunst, Musik, Graffiti, HipHop, Bildungswissenschaft, Kulturanthropologie.
- Quote paper
- Varinia Lindau (Author), 2013, Eine Interessengenese vor dem Hintergrund biografischer Erfahrungen und sozialer Einflüsse, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/213142