LENZ beträgt sich mehr bilderstürmerisch gegen die Herkömmlichkeit des Theaters, und will
denn all und überall nach Shakespearscher Weise gehandelt haben. […] Aus unerschöpflicher
Produktivität ging sein Talent hervor, in welchem Zartheit, Beweglichkeit und Spitzfindigkeit
mit einander wetteiferten […]. Man konnte in seinen Arbeiten große Züge nicht
verkennen[…].1
GOETHE in Dichtung und Wahrheit, 1814
Jakob Michael Reinhold LENZ stand zu seiner Zeit sehr im Schatten seines vorübergehenden
Freundes GOETHE, der das Talent seines Kollegen durchaus anerkannte
(siehe Zitat oben). LENZ schuf Werke, die kurzweilig für Furore sorgten, aber schnell
vergessen waren oder für Arbeiten eines unruhigen Geistes gehalten wurden2. Ihre
Bedeutung gerät auch heute erst allmählich in den Blickpunkt der Literaturforschung.
Oftmals wurden seine Stücke für Arbeiten von GOETHE gehalten. Zum Teil profitierte er
von dieser Verwechslung, er wurde dadurch aber als Nachahmer beschimpft3.
Auch sein erstes und wohl erfolgreichstes Stück Der Hofmeister oder Vorteile der Privaterziehung
– ein ironisch gemeinter Untertitel – wurde zunächst, da es anonym
herausgegeben worden war, GOETHE zugeschrieben4. Tatsächlich hatten LENZ und
GOETHE Kontakt zueinander und hegten etwas ähnliches wie eine schriftstellerische
Freundschaft bis GOETHE die Zusammenarbeit abbrach5.
Wie das Verhältnis der beiden Literaten zueinander war und wie es sein konnte, dass
man LENZENs Werke (besonders den Hofmeister) für GOETHEstücke hielt, soll in der
vorliegenden Arbeit ermittelt werden. Hierzu wird zunächst der Stil des Hofmeisters
analysiert, sowie der des Götz von Berlichingen von GOETHE, dem die
Hofmeisterkomödie nachempfunden sein soll6. Außerdem wird dargestellt, wie LENZ
selbst sich im Hinblick auf seinen „Mitbruder“7 GOETHE sah und wie die
zeitgenössische Öffentlichkeit und damalige Schriftstellerkollegen den Dichter LENZ
wahrgenommen haben.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Analysen des Hofmeisters oder Vorteile der Privaterziehung und des Götz von Berlichingen
- Versuch einer Stilanalyse des Hofmeisters
- Versuch einer Stilanalyse des Götz von Berlichingen
- Abschließender Vergleich der beiden Stücke
- Geschichtlicher Hintergrund
- Skizzierung des Verhältnisses GOETHE – LENZ, aus zeitgenössischer und heutiger Perspektive
- Skizzierung des Verhältnisses GOETHE – LENZ aus LENZENS Perspektive
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, inwiefern Jakob Michael Reinhold LENZ's "Der Hofmeister oder Vorteile der Privaterziehung" als ein "Goethestück" verstanden werden kann. Der Fokus liegt dabei auf der Wahrnehmung von LENZ's Werk in der zeitgenössischen literarischen Öffentlichkeit und dem Vergleich des "Hofmeisters" mit GOETHE's "Götz von Berlichingen".
- Analyse des Schreibstils und der Struktur von "Der Hofmeister" im Vergleich zu "Götz von Berlichingen"
- Bedeutung von LENZ's Bezug auf SHAKESPEARE und seine Verwendung von Karikatur in der Figurenzeichnung
- Untersuchung des Verhältnisses zwischen LENZ und GOETHE aus verschiedenen Perspektiven
- Rezeption von LENZ's Werk in der zeitgenössischen Literaturkritik
- Die Rolle der Anonymität bei der Zuschreibung von "Der Hofmeister" zu GOETHE
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Bedeutung von LENZ's Werk im Kontext der Sturm und Drang-Bewegung und stellt die Frage nach der Rezeption seiner Werke im Vergleich zu denen von GOETHE. Kapitel 2 vertieft die Analyse von LENZ's "Der Hofmeister" und GOETHE's "Götz von Berlichingen" anhand einer Stil- und Strukturuntersuchung. Es wird dabei auf LENZ's Bezug auf SHAKESPEARE, die Verwendung von Karikatur in der Figurenzeichnung und den Einfluss von realen Personen eingegangen. Kapitel 3 beleuchtet das Verhältnis zwischen LENZ und GOETHE aus verschiedenen Perspektiven, darunter die Sichtweise der zeitgenössischen Öffentlichkeit, die Sichtweise von LENZ selbst und die aktuelle wissenschaftliche Perspektive. Die Schlussbetrachtung soll die Ergebnisse der Analyse zusammenfassen und die Frage nach der Zuordnung von "Der Hofmeister" zu GOETHE's Werk beantworten.
Schlüsselwörter
Jakob Michael Reinhold LENZ, Johann Wolfgang von GOETHE, "Der Hofmeister", "Götz von Berlichingen", Sturm und Drang, Shakespeare, Karikatur, Figurenzeichnung, Literaturkritik, Rezeption, Verhältnis zwischen Autoren, zeitgenössische Wahrnehmung, Anonymität, Zuschreibung.
- Quote paper
- Bachelor of Arts Miriam Marie Hirschauer (Author), 2009, J.M.R. Lenz "Der Hofmeister" im Vergleich zu Goethes Werken, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/212225