Der österreichische Autor und Dramatiker Arthur Schnitzler war ursprünglich Mediziner. Nach einer kurzen Phase als behandelnder Arzt wandte er sich von der Medizin ab und wurde Schriftsteller. Auch in dieser Funktion interessierte er sich für das Seelenleben der Menschen und beschäftigte sich mit den Forschungsergebnissen Freuds. So spielt die psychologische Dimension in den Werken Arthur Schnitzlers eine große Rolle. Ähnlich einer ärztlichen Diagnose, zeichnete Schnitzler ein sehr genaues psychologisches Bild seiner Protagonisten. Kurz vor dem Verfassen des „Leutnant Gustls“ befasste sich Schnitzler intensiv mit der „Traumdeutung“ Freuds. Daraufhin wollte Schnitzler von seinem „Leutnant Gustl“ ein Bewusstseinsprotokoll anfertigen. Deshalb verwendet er eine Erzählform, die als literarisches Psychogramm bezeichnet werden kann.
Diese Verknüpfung aus Literatur und den Anfängen der Psychoanalyse um 1900 ist sehr interessant. Die Novelle ist ein Meisterwerk der Erzählkunst, mit bemerkenswerten wissenschaftlichen Elementen. Deshalb soll es Ziel dieser Arbeit sein, Schnitzlers Leutnant Gustl aus dem Blickwinkel der freudschen Psychoanalyse genauer zu betrachten. Mit Hilfe der psychoanalytischen Technik der freien Assoziation soll ein kurzes Psychogramm Gustels erstellt werden.
Dazu wird im ersten Teil das biografische Verhältnis von Freud und Schnitzler beleuchtet, um die Entwicklung von Hypnoseexperimenten, über Freuds Technik der freien Einfälle, bis hin zu Schnitzlers inneren Monolog nachvollziehen zu können. In diesem Zusammenhang soll auch geklärt werden, ob der Leser durch den freien Assoziationsverkehr auf Gustls Seelenleben schließen kann.
Anschließend sollen die Aspekte des Unbewussten im Leutnant Gustl genauer untersucht werden. Dazu werden Gustls freie Assoziationen nach psychologischen Abwehrmechanismen untersucht, um auf das Innerste des Leutnants schließen zu können. Als besonders interessant erscheint die Frage, ob Gustels unausgeglichenes Seelenleben ihn zum Hysteriker macht. Deshalb wird im letzten Kapitel untersucht, inwieweit Gustl als Hysteriker verstanden werden kann. Zum Schluss wird ein Fazit vollzogen, in dem alle wesentlichen Ergebnisse der Hausarbeit zusammengefasst werden und ein Ausblick erfolgt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Von Hypnoseexperimenten zur Monolognovelle
- 1.1 Freud und Schnitzler
- 1.2 Gescheiterte Hypnoseexperimente
- 1.2.1 Freud und die freien Einfälle
- 1.2.2 Schnitzler und der innere Monolog
- 1.3 Der innere Monolog – Sprache des Unbewussten?
- 2. Aspekte des Unbewussten im Leutnant Gustl
- 2.1 Die Entlarvung der Ich-Schwäche
- 2.2 Die Identifikation mit dem Militär
- 2.3 Die Kompensation der Ich-Schwäche
- 3. Gustl - Ein Hysteriker?
- 3.1 Mögliche Ursprünge der Hysterie
- 3.2 Der Zusammenhang zwischen Ich-Schwäche und Hysterie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit Arthur Schnitzlers „Leutnant Gustl“ und analysiert die Novelle aus der Perspektive der freudschen Psychoanalyse. Das zentrale Ziel ist es, anhand der psychoanalytischen Technik der freien Assoziation ein Psychogramm des Protagonisten Gustl zu erstellen.
- Die biografischen Verbindungen zwischen Freud und Schnitzler und deren Einfluss auf die Entwicklung der freien Assoziation und des inneren Monologs.
- Die Darstellung des Unbewussten in Gustls Gedanken und Verhaltensweisen anhand der psychoanalytischen Abwehrmechanismen.
- Die Analyse der Frage, ob Gustls seelische Verfassung ihn als Hysteriker charakterisiert.
- Die Bedeutung des inneren Monologs als literarisches Mittel, um das Unbewusste eines Protagonisten zu erforschen.
- Die Verknüpfung von Literatur und Psychoanalyse im frühen 20. Jahrhundert.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema ein und erläutert die Verbindung von Literatur und Psychoanalyse am Beispiel des „Leutnant Gustl“. Sie beschreibt die Motivation der Arbeit und stellt die zentralen Forschungsfragen vor.
Kapitel 1 befasst sich mit der historischen Entwicklung der freien Assoziation und des inneren Monologs. Es wird die Beziehung zwischen Freud und Schnitzler beleuchtet und deren gemeinsame Forschungsinteressen in Bezug auf die menschliche Psyche analysiert. Die gescheiterten Hypnoseexperimente sowohl Freuds als auch Schnitzlers dienen als Ausgangspunkt für die Entwicklung der freien Assoziation und des inneren Monologs.
Kapitel 2 untersucht die Aspekte des Unbewussten im „Leutnant Gustl“. Die Arbeit analysiert Gustls freie Assoziationen und identifiziert darin psychologische Abwehrmechanismen. Der Fokus liegt auf der Entlarvung seiner Ich-Schwäche, seiner Identifikation mit dem Militär und seiner Kompensation seiner Schwächen.
Kapitel 3 widmet sich der Frage, ob Gustl ein Hysteriker ist. Es werden mögliche Ursprünge der Hysterie und deren Zusammenhang mit Gustls Ich-Schwäche erörtert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit der psychoanalytischen Interpretation der Novelle „Leutnant Gustl“, basierend auf Freuds Theorien und der Technik der freien Assoziation. Zentrale Themen und Begriffe sind: freie Assoziation, innerer Monolog, Unbewusstes, Abwehrmechanismen, Ich-Schwäche, Hysterie, Literatur und Psychoanalyse.
- Arbeit zitieren
- Johann Weselmann (Autor:in), 2012, Untersuchung Schnitzlers „Leutnant Gustl“ aus der psychoanalytischen Sicht Freuds, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/211745