Seit über 30 Jahren wird auf europäischer Ebene über die Einführung
einer Europäischen Aktiengesellschaft (SE) diskutiert. Im Jahre 1970
wurde der erste Kommissionsvorschlag vorgelegt, der für die Europäische
Aktiengesellschaft noch ein Einheitsrecht vorsah. Aufgrund der unterschiedlichen
nationalen Rechtssysteme war dieser Vorschlag jedoch nicht
konsensfähig. Insbesondere über die gesellschafts- und mitbestimmungsrechtlichen
Fragen konnte innerhalb der europäischen Mitgliedstaaten
keine Einigung erzielt werden. Erst das Weißbuch der Kommission von
1985 verpflichtete den Rat der Europäischen Union, ein Statut für eine
Europäische Aktiengesellschaft bis 1992 zu erlassen. Bis Ende 2000
scheiterte das Vorhaben jedoch immer an den unterschiedlichen Auffassungen
zum Grad der Mitbestimmung der Arbeitnehmer. Schließlich
konnte aber auf dem EU-Gipfel in Nizza, am 20.12.2000, ein politischer
Kompromiss gefunden werden. Damit war der Weg frei für eine Europäischen
Aktiengesellschaft.1
Am 8. Oktober 2001 wurde schließlich die Grundlage zur ersten supranationalen
europäischen Organisationsform wirtschaftlichen Handelns in
der Europäischen Union gelegt.2
Die Verordnung zum Statut der Europäischen Aktiengesellschaft (Societas
Europaea – „SE“) sowie die ergänzende Richtlinie über die Arbeitnehmerbeteiligung
wurden vom Rat der Europäischen Union erlassen.
Die Umsetzungsfrist für die Richtlinie über die Arbeitnehmermitbestimmung
beträgt drei Jahre. Erst nach Ablauf der Frist wird die Verordnung
über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft in Kraft treten. Daher
wird diese Rechtsform erst Ende 2004 zur Verfügung stehen.3
Rechtsgrundlage für die Verordnung und die Richtlinie über die Arbeitnehmerbeteiligung
ist Art. 308 EGV. Das Europäische Parlament musste vor Verabschiedung des Statuts durch den Rat nur angehört werden. Eine
Zustimmung war nach Art. 308 EGV nicht erforderlich.
1 Jannott, Die Europäische Aktiengesellschaft - Durchbruch in Nizza.
2 Theisen / Wenz in: Theisen / Wenz (Hrsg.), 2002, S. 42.
3 Jannott, Die Europäische Aktiengesellschaft - Durchbruch in Nizza.
4 Internetpräsenz der Steuerberatungskanzlei Lothar Th. Jasper.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 1.1 Allgemeines
- 1.2 Statut der Societas Europaea
- 1.3 Gründungsformen
- 1.4 Organisationsverfassung
- 1.5 Beteiligung der Arbeitnehmer
- 2 Warum eine Europäische Aktiengesellschaft
- 2.1 Verwirklichung des Binnenmarktes
- 2.2 Konkurrenzfähigkeit europäischer Unternehmen
- 2.3 Zielsystem
- 2.4 Sozialpolitische Ziele
- 3 Die Stellung der Arbeitnehmer in der EU
- 3.1 Einführung
- 3.2 Systeme der unternehmerischen Mitbestimmung
- 3.3 Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Mitgliedstaaten
- 3.3.1 Mitbestimmung in der Bundesrepublik Deutschland
- 3.3.1.1 Montanmitbestimmungsgesetz
- 3.3.1.2 Mitbestimmungsergänzungsgesetz
- 3.3.1.3 Mitbestimmungsgesetz von 1976
- 3.3.1.4 Betriebsverfassungsgesetz von 1952
- 3.3.2 Mitbestimmung in Frankreich
- 3.3.2.1 Grundstrukturen
- 3.3.2.2 Mitbestimmung der Arbeitnehmer
- 3.3.3 Mitbestimmung in den Niederlanden
- 3.3.3.1 Grundstrukturen
- 3.3.3.2 Mitbestimmung der Arbeitnehmer
- 3.3.4 Mitbestimmung in Großbritannien
- 3.3.4.1 Grundstrukturen
- 3.3.4.2 Mitbestimmung der Arbeitnehmer
- 3.3.5 Mitbestimmung in Italien
- 3.3.5.1 Grundstrukturen
- 3.3.5.2 Mitbestimmung der Arbeitnehmer
- 3.3.1 Mitbestimmung in der Bundesrepublik Deutschland
- 4 Erörterung der Mitbestimmungsproblematik
- 4.1 Einleitung
- 4.2 Der Vorschlag zur Societas Europaea von 1970
- 4.2.1 Konzeption des Vorschlags
- 4.2.2 Unternehmerische Mitbestimmung der Arbeitnehmer
- 4.2.3 Stellungnahmen zur unternehmerischen Mitbestimmung
- 4.2.4 Fazit
- 4.3 Der Vorschlag zur Societas Europaea von 1975
- 4.3.1 Konzeption des Vorschlags
- 4.3.2 Unternehmerische Mitbestimmung der Arbeitnehmer
- 4.3.3 Stellungnahmen zur unternehmerischen Mitbestimmung
- 4.3.4 Fazit
- 4.4 Andere europäische Vorhaben mit Mitbestimmungsbezug
- 4.5 Der Vorschlag zur Societas Europaea von 1989
- 4.5.1 Konzeption des Vorschlags
- 4.5.2 Rechtsgrundlage
- 4.5.3 Organisationsverfassung
- 4.5.4 Unternehmerische Mitbestimmung der Arbeitnehmer
- 4.5.4.1 Konzeption des Richtlinienvorschlags
- 4.5.4.2 Die Mitbestimmungsmodelle und ihre Ausgestaltung
- 4.5.4.3 Rechtsstellung der Arbeitnehmervertreter
- 4.5.5 Stellungnahmen der Mitgliedstaaten und Sozialpartner
- 4.5.5.1 Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses
- 4.5.5.2 Stellungnahme des Europäischen Parlaments
- 4.5.5.3 Stellungnahmen im Inland
- 4.5.5.4 Stellungnahmen auf europäischer Ebene
- 4.5.6 Fazit
- 4.6 Der Vorschlag zur Societas Europaea von 1991
- 4.6.1 Konzeption des Vorschlags
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit befasst sich mit der Mitbestimmung der Arbeitnehmer auf Unternehmensebene in der Europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea). Sie analysiert die Entwicklung der Mitbestimmungsregelungen in den verschiedenen Phasen der SE-Gesetzgebung und untersucht die verschiedenen Modelle der Arbeitnehmermitbestimmung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
- Entwicklung der Mitbestimmung in der SE-Gesetzgebung
- Vergleichende Analyse der Arbeitnehmermitbestimmung in den Mitgliedstaaten
- Relevanz der SE für den europäischen Binnenmarkt
- Herausforderungen und Chancen der Arbeitnehmermitbestimmung in der SE
- Rechtliche Rahmenbedingungen und politische Diskussionen
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 gibt einen Überblick über die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Europäischen Aktiengesellschaft (SE). Es werden das Statut der SE, die verschiedenen Gründungsformen, die Organisationsverfassung und die Bedeutung der Arbeitnehmerbeteiligung erläutert.
Kapitel 2 untersucht die Gründe für die Einführung der SE, insbesondere die Verwirklichung des Binnenmarktes und die Steigerung der Konkurrenzfähigkeit europäischer Unternehmen. Es werden die zentralen Ziele der SE-Gesetzgebung und ihre sozialpolitische Dimension beleuchtet.
Kapitel 3 bietet einen Überblick über die verschiedenen Systeme der Arbeitnehmermitbestimmung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Es werden die unterschiedlichen rechtlichen Regelungen und Praxisbeispiele in den einzelnen Ländern vorgestellt.
Schlüsselwörter
Europäische Aktiengesellschaft, Societas Europaea, Arbeitnehmermitbestimmung, Unternehmensverfassung, Binnenmarkt, Konkurrenzfähigkeit, Sozialpolitik, Rechtvergleich, Mitgliedstaaten, Rechtsgrundlagen, Rechtsprechung, Politik, Europäische Union.
- Arbeit zitieren
- Christoph Stapp (Autor:in), 2003, Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der Europäischen Aktiengesellschaft (SE), München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/20982