"Individualisierung [...] schafft mehr Freiheiten. Aber dem sind nur die Starken gewachsen. In der komplizierten, sich rasch verändernden Welt mit vielen Arbeitslosen müssen die Jugendlichen sich selbst einrichten und früh entscheiden. Die Schwächeren halten oft dem Druck nicht stand. Sie flüchten in Aggressionen, Kriminalität".
HEITMEYER erwähnt in diesem Statement die Formulierung "die Starken" und "die Schwächeren" und sofort ist dem Rezipienten klar, wovon hier die Rede ist. Kein Zweifel, es gibt sie, die Stärkeren und es gibt eben auch die Schwächeren. Hieraus ergeben sich zwei Fragestellungen mit unterschiedlichem Hintergrund und verschiedenen Zielrichtungen. Ich kann erstens der Frage nachgehen `Warum sind die Schwachen schwach?´, aber auch zweitens `Warum sind die Starken stark?´.
Ersterem widmet sich schon seit längerem die sogenannte Risikoforschung. Sie setzt die Forschung bei denjenigen an, deren Entwicklung auffällig wurde, die sich beispielsweise in Aggressionen oder Kriminalität flüchteten, um herauszufinden, welchen Risiken sie im Laufe ihrer Sozialisation ausgesetzt waren, welche Bedingungen im Umfeld oder der Lebensgeschichte für die dann auffällig gewordenen Personen als Ursache angesehen werden könnten. Dies hat zum Zweck, Risiken oder Ursachen für eine Entwicklungsstörung mit gezielten Maßnahmen, die diese Schwachpunkte kompensieren, zu begegnen, um die Störung zu heilen. Eine logische Schlussfolgerung, die seit langem im Selbstverständnis der pädagogischen Theorie und Praxis verankert ist.
Doch es erscheint mindestens ebenso interessant, der zweiten Frage nachzugehen. Was macht manche Menschen `stark´? Betrachtet man z.B. Mark Twains bekannten Protagonisten Huckleberry Finn. Nach den heutigen Vorstellungen wäre er hochgradig gefährdet. "Der Vater ist ein gewalttätiger Säufer, von der Mutter ist schon gar nicht mehr die Rede" . Er selbst ist "...faul, verwahrlost, ohne festen Wohnsitz" .
Es ist irrelevant, ob er tatsächlich oder nur in der Phantasie des Autors existierte. Wesentlich ist, dass er trotz aller Risiken "...gut über die Runden" kommt, weder wie der Vater zum Alkoholiker, noch depressiv oder aggressiv wird und sich zu einem sympathischen, kreativen Jungen entwickelt, der sich letztlich in die Gesellschaft einfügt. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Problemaufriss
- Aufbau der Arbeit
- Die Schule für Erziehungshilfe
- Grundbegriff Verhaltensstörung
- Definition Verhaltensstörung
- Klassifikation von Verhaltensstörungen
- Kriterien für Verhaltensstörungen
- Beschulung der Kinder und Jugendlichen mit Verhaltensstörungen
- Institutionen, die mit verhaltensgestörten Kindern und Jugendlichen arbeiten
- Die Schule für Erziehungshilfe
- Zielgruppe der Schule für Erziehungshilfe
- Zielsetzung der Schule für Erziehungshilfe
- Formen der schulischen Erziehungshilfe
- Die klassische defizitorientierte Intervention in Hinblick auf verhaltensgestörte Kinder und Jugendliche
- Perspektiven und Kritikpunkte der Schule für Erziehungshilfe
- Prävention
- Integration
- Resilienzforschung
- Forschungsansatz
- Der Begriff ,,Resilienz“
- Bisherige Studiengruppen
- Faktorenansatz
- Risikobedingungen
- Schutzmechanismen
- Individuelle Schutzmechanismen
- Geschlecht
- Erstgeburt
- Temperamentseigenschaften
- Selbstwahrnehmung
- Intelligenz
- Sozialverhalten
- Wahl der eigenen Lebenswelt
- Soziokulturelle Schutzmechanismen innerhalb der Familie
- Stabile emotionale Beziehung zu einer primären Bezugsperson
- Erziehungsstil
- Glaube
- Soziokulturelle Schutzmechanismen außerhalb der Familie
- Soziale Unterstützung von Gleichaltrigen
- Soziale Unterstützung von Erwachsenen außerhalb der Familie
- Vertrauenswürdige Lehrkräfte
- Schulumfeld
- Forschungsprobleme und Kritik
- Neue Perspektiven für die Schule für Erziehungshilfe durch die Resilienzforschung
- Umsetzung der Resilienzbefunde in die pädagogische Praxis
- Verhaltensstörungen aus neuer Perspektive
- Grenzen der pädagogischen Umsetzbarkeit
- Möglichkeiten der pädagogischen Umsetzbarkeit
- Persönliche Bindung
- Grundgefühl Sicherheit
- Autonomiebildung und Selbstwertgefühl
- Integration in die Lebenswelt
- Lebenssinn
- Resilienzfördernde Konzeption von Schule
- Ist diese Perspektive neu ?
- Spezielle Interventionsprogramme
- Das Konzept der Resilienz in der schulischen Praxis
- Fallbeschreibung Dirk
- Familiäre Situation
- Schulische Situation
- Fallanalyse Dirk
- Fallbeschreibung Frank
- Familiäre Situation
- Schulische Situation
- Fallanalyse Frank
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit der Frage, ob die Resilienzforschung neue Perspektiven für die Schule für Erziehungshilfe eröffnen kann. Die Arbeit analysiert die aktuelle Situation der Schule für Erziehungshilfe und beleuchtet die Forschungsansätze und Ergebnisse der Resilienzforschung. Darüber hinaus werden konkrete Umsetzungsstrategien für die pädagogische Praxis diskutiert.
- Verhaltensstörungen und ihre Klassifikation
- Die Schule für Erziehungshilfe: Zielsetzung und Kritikpunkte
- Resilienzforschung: Definition, Faktorenansatz und Schutzmechanismen
- Umsetzung der Resilienzforschung in der pädagogischen Praxis
- Fallbeispiele zur Veranschaulichung des Resilienzkonzepts
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Problematik der Arbeit vor und skizziert den Aufbau. Das zweite Kapitel widmet sich der Schule für Erziehungshilfe und beleuchtet die Definition und Klassifikation von Verhaltensstörungen sowie die Zielsetzung und Kritikpunkte der schulischen Erziehungshilfe. Das dritte Kapitel stellt die Resilienzforschung vor und erläutert den Forschungsansatz, den Begriff ,,Resilienz", bisherige Studiengruppen und die wichtigsten Faktoren. Es werden verschiedene Schutzmechanismen auf individueller und soziokultureller Ebene analysiert und Forschungsprobleme sowie Kritikpunkte der Resilienzforschung diskutiert. Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, wie die Ergebnisse der Resilienzforschung in die pädagogische Praxis umgesetzt werden können und stellt mögliche Interventionsstrategien vor. Das fünfte Kapitel analysiert zwei Fallbeispiele, um das Konzept der Resilienz in der schulischen Praxis zu veranschaulichen.
Schlüsselwörter
Verhaltensstörungen, Schule für Erziehungshilfe, Resilienz, Schutzmechanismen, pädagogische Praxis, Interventionsstrategien, Fallbeispiele, Integration, Prävention.
- Quote paper
- Isabel Stamer (Author), 2002, Neue Perspektiven für die Schule für Erziehungshilfe durch die Resilienzforschung, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/20258