Der Autor untersucht, ob die Beteiligung von Schweizer Banken an Steuerstraftaten und -ordnungswidrigkeiten als Begründung für die Aufhebung von deren deutscher Bankerlaubnis herangezogen werden kann. Er geht dabei auf die Frage ein, ob zur Begründung dieser Aufhebung Erkenntnisse aus dem Ankauf von "Steuer-CDs" durch die nordrhein-westfälischen Finanzbehörden herangezogen werden können, obgleich die Bundesrepublik Deutschland und die Schweizer Eidgenossenschaft ein - bislang in Deutschland noch nicht ratifiziertes - Abkommen geschlossen haben, das den Erwerb derartiger Steuerdaten verbietet.
Wissenschaftlicher Mitarbeiter Rechtsanwalt Robert Dübbers*
Aufhebung von Bankerlaubnissen Schweizer Banken in Deutschland wegen deren Beteiligung an Steuerstraftaten?
In einer – allerdings nicht repräsentativen – Umfrage des Manager Magazins sprechen sich 70 % der befragten Führungskräfte aus Politik und Wirtschaft dafür aus, dass „Schweizer Banken, die Kundengelder in andere Steueroasen verlagern, ihre Lizenz in Deutschland verlieren“[1] . Eben für diese Verlagerung von Schwarzgeld in andere Steueroasen sollen sich Belege auf der jüngst vom nordrhein-westfälischen Finanzministerium erworbenen „Steuer-CDs“ finden.[2] Grund genug, der Frage nachzugehen, ob Schweizer Banken, die sich weiterhin an derartigen Geschäften beteiligen, die Bankerlaubnis nach § 32 KWG entzogen werden kann. Die Erlaubnispflicht nach § 32 KWG besteht dabei für Schweizer Banken gleichgültig, ob sie in Deutschland eine Zweigstelle oder Tochtergesellschaft begründen oder Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen grenzüberschreitend aus der Schweiz heraus betreiben. Eine Befreiung von der Erlaubnispflicht von aus der Schweiz heraus betriebenen Geschäften ist dabei derzeit nur möglich, wenn die Kundenbeziehung durch ein inländisches Kreditinstitut oder ein Kreditinstitut aus dem Europäischen Wirtschaftsraum, welches über eine entsprechende Erlaubnis verfügt, vermittelt wird.[3]
1. (Noch) kein abkommensrechtlicher Schutz Schweizer Banken gegen die Aufhebung der Erlaubnis
Voraussetzung für eine Aufhebung der Bankerlaubnis ist zunächst, dass ihr völkerrechtliche Verträge mit der Schweiz nicht entgegenstehen. Ein solcher Schutz ergibt sich für Schweizer Banken nicht aus dem Europäischen Recht. Die Schweiz ist nämlich weder Mitglied der Europäischen Union noch des Europäischen Wirtschaftsraums, so dass die aus dem Europarecht bekannten Grundfreiheiten, insbesondere die Niederlassungs- und auch die Dienstleistungsfreiheit, für schweizerische Unternehmen nicht bzw. nur eingeschränkt gelten. Die Schweiz hat allerdings mit der Europäischen Union eine Vielzahl bilateraler Abkommen geschlossen, die dazu führen, dass jedenfalls Teile des unionsrechtlichen Besitzstandes auch in der Schweiz gelten. Zu nennen sind dabei insbesondere die Abkommen von 1999 und 2004 zwischen der Schweiz auf der einen und der EU und ihren Mitgliedstaaten auf der anderen Seite[4] , das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft von 1972[5] und das Versicherungsabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft von 1989[6] . All diesen Abkommen ist aber gemein, dass sie Finanzdienstleistungen gerade nicht erfassen[7] . Sie wirken sich daher auf die Möglichkeit, Tochtergesellschaften Schweizer Banken die Bankerlaubnis nach § 32 KWG zu entziehen, nicht aus.
Dies änderte sich aber dann, wenn das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt in der Fassung vom 5. April 2012[8] in Kraft treten sollte. Art. 17 Abs. 1 dieses Abkommens bestimmt nämlich, dass Beteiligte an einer Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit, die vor Unterzeichnung dieses Abkommens hinsichtlich der von dem Abkommen erfassten Vermögenswerte begangen wurde, nicht verfolgt werden. Auch wird dann keine Geldbuße gegen juristische
Personen und Personenvereinigungen nach § 30 OWiG wegen der Steuerstraftat, Steuerordnungswidrigkeit oder einer Aufsichtspflichtverletzung nach § 130 OWiG, deren
Anknüpfungstat die Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit ist, festgesetzt. Gemäß Art. 17 Abs. 2 dieses Abkommens entfällt dann auch die Haftung der Schweizer Bank für die hinterzogenen Steuern als Beteiligte an der Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit ihrer Kunden. Zwar findet sich in dem Abkommen keine Bestimmung zu der Frage, ob diese Steuerstraftaten oder -ordnungswidrigkeiten weiterhin Anknüpfungspunkt für Maßnahmen der deutschen Bankenaufsicht wie die Aufhebung der Bankerlaubnis sein können, aber der Ratio des Art. 17 des Abkommens entspricht ein Verzicht auch auf derartige Maßnahmen.
Das Abkommen entfaltet derzeit auch keine Vorwirkungen, die es verbieten würden, aufgrund ihrer Beteiligung an Steuerstraftaten und -ordnungswidrigkeiten die deutschen Bankerlaubnisse Schweizer Banken aufzuheben. Art. 43 Abs. 1 S. 1 des Abkommens bestimmt, dass das Abkommen erst am 1. Januar desjenigen Jahres in Kraft tritt, das auf dasjenige Jahr folgt, in dem der letzte Vertragsstaat dem anderen auf diplomatischem Wege notifiziert, dass die innerstaatlichen gesetzlichen Erfordernisse für das Inkrafttreten des Abkommens erfüllt sind. Stimmt mithin der deutsche Bundesrat nicht zu, kann das Abkommen nicht in Kraft treten. Art. 11 Var. 7 WRÜV bestimmt nämlich, dass die Zustimmung eines Staates, an einen völkerrechtlichen Vertrag gebunden zu sein, auf die in dem Vertrag vereinbarte Art ausgedrückt wird.
Will der deutsche Gesetzgeber die Möglichkeit offen halten, mit Maßnahmen der Bankenaufsicht bis hin zum Erlaubnisaufhebung gegen die Tätigkeit Schweizer Banken in Deutschland vorzugehen, darf er also das Abkommen nicht ratifizieren.
2. Beteiligung an Steuerstraftaten und -ordnungswidrigkeiten als Grund für die Aufhebung von Bankerlaubnissen
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) kann gemäß § 35 Abs. 2 Nr. 3 KWG eine Bankerlaubnis aufheben, wenn ihr Tatsachen bekannt werden, welche die Versagung der Erlaubnis nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 8 oder Abs. 3 Nr. 1 bis 3 KWG rechtfertigen würden. Eine Aufhebung der Bankerlaubnis ist also insbesondere möglich, wenn einer der Erlaubnisversagungsgründe des § 33 Abs. 1 Nr. 3 und 4 KWG vorliegt, also Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Gesellschafter der Bank, die kraft Gesetzes oder Gesellschaftsvertrag zu deren Vertretung befugt sind, die Geschäftsleiter oder die Inhaber einer bedeutenden Beteiligung im Sinne des § 1 Abs. 9 KWG nicht zuverlässig sind oder aus anderen Gründen nicht den im Interesse einer soliden und umsichtigen Führung des Instituts zu stellenden Ansprüchen genügen. Nach der Regierungsbegründung zum 4. KWG-Änderungsgesetz soll sich die Zuverlässigkeitsprüfung auch auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft selbst beziehen.[9] Nachhaltige Verstöße gegen gesetzliche Ordnungsvorschriften für den Betrieb des Unternehmens insbesondere aus dem Bereich des Steuerrechts sprechen dabei typischerweise gegen die Zuverlässigkeit des Betroffenen.[10] Dies gilt umso mehr, wenn die Ermöglichung von Steuerstraftaten und -ordnungswidrigkeiten der Bankkunden wesentliches Geschäftsmodell der Bank bzw. wesentlicher Zweck der Gründung einer deutschen Tochtergesellschaft sind. Bei planmäßiger und gezielter Beteiligung an Steuerstraftaten und -ordnungswidrigkeiten in großem Umfang ist mithin grundsätzlich der Erlaubinisaufhebungsgrund des § 35 Abs. 2 Nr. 3 KWG i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 3 und 4 KWG zu bejahen.
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* Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet 07 Öffentliches Recht mit Schwerpunkt Polizeirecht einschließlich des internationalen Rechts und des Europarechts an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster-Hiltrup und Rechtsanwalt in Bielefeld. Der Beitrag gibt seine persönliche Auffassung wieder.
[1] Steuerfahnder marsch! MM-Panel, Entscheider fordern Sanktionen gegen Schwarzgeldsünder, Manager Magazin 9/2012, S. 26.
[2] Jahn, AnwBl. 2012, M 282.
[3] Vgl. Botschaft 12.050 des Schweizerischen Bundesrates zur Genehmigung der Abkommen mit Deutschland über die Zusammenarbeit im Steuer- und Finanzmarktbereich und mit dem Vereinigten Königreich über die Zusammenarbeit im Steuerbereich sowie zum Bundesgesetz über die internationale Quellenbesteuerung vom 18. 4. 2012, S. 4993, Ziff. 2.7.1, im Internet abrufbar unter http://www.admin.ch/ch/d/ff/2012/4943.pdf (zuletzt abgerufen am 29. 8. 2012).
[4] Vom 21. 6. 1999 und vom 26. 10. 2004, sämtlich im Internet abrufbar in der Rechtssammlung zu den Bilateralen Abkommen der Schweizer Eidgenossenschaft unter http://www.admin.ch/ch/d/eur/013.html (zuletzt abgerufen am 29. 8. 2012). Vgl. dazu Thürer/Weber/Portmann/Kellerhals, Bilaterale Verträge I & II Schweiz – EU, Handbuch, 2007; Vahl/Grolimund, Integration ohne Mitgliedschaft, Die bilateralen Verträge der Schweiz mit der Europäischen Gemeinschaft, 2007; Europäisches Parlament, Directorate-General for Internal Policies/Policy Department A: Economic and Scientific Policy/Internal Market and Consumer Protection: Internal Market beyond the EU: EEA and Switzerland, IP/A/IMCO/NT/2009-13, PE 429.993, Januar 2010.
[5] Vom 22. 7. 1972, im Internet abrufbar unter http://www.europa.admin.ch/themen/00500/ (zuletzt abgerufen am 29. 8. 2012).
[6] Vom 10. 10. 1989, im Internet abrufbar unter http://www.europa.admin.ch/themen/00500/ (zuletzt abgerufen am 29. 8. 2012).
[7] Epiney, Zur rechtlichen Tragweite eines Einbezugs der Schweiz in den unionsrechtlichen Besitzstand im Bereich des Dienstleistungsverkehrs, 2011, S. 77 ff.
[8] BT-Drucks. 17/10059, S. 11 ff.
[9] v. Goldbeck, in: Luz/Neus/Schaber/Schapf/Schneider/Weber, KWG, 2. Aufl. 2011, § 33 Rn. 16.
[10] v. Goldbeck, in: Luz/Neus/Schaber/Schapf/Schneider/Weber, KWG, 2. Aufl. 2011, § 33 Rn. 22; Schmitz, in: Luz/Neue/Schaber/Schapf/Schneider/Weber, KWG, 2. Aufl. 2011, § 35 Rn. 32; Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG, 6. Aufl. 1997, § 35 Rn. 22.
- Quote paper
- Robert Dübbers (Author), 2012, Aufhebung von Bankerlaubnissen Schweizer Banken in Deutschland wegen deren Beteiligung an Steuerstraftaten?, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/202195