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Seminararbeit, 2012
24 Seiten, Note: 1,3
1. Einleitung
2. Tier-Bilder in der Literaur - eine Genreeinordnung
3. Rudyard Kiplings „Das Dschungelbuch“
4. Walt Disneys „Das Dschungelbuch“
4.1. Handlung
4.2. Unterschiede zur Buchvorlage
4.3. Anthropomorphisierung im Hinblick auf „Das Dschungelbuch“
4.4. Das Verhältnis von Tier zu Mensch
4.5. Figurenanylse der Tier-Typen
4.5.1 Baghira - die Stimme der Vernunft
4.5.2 Balu - der optimistische Faulpelz
4.5.3 King Louie - der nach mehr strebende König
4.5.4 Schir Khan - der verängstigte Bösewicht
4.5.5 Kaa - die triebgesteuerte Heuchlerin
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
„Das Dschungelbuch“ ist in mehrerer Hinsicht ein Klassiker. Einerseits gelang Rudyard Kipling mit seinem gleichnamigen Erzählband ein viel beachteter, positiv rezipierter Erfolg, andererseits gehört auch die gleichnamige Zeichentrickverfilmung aus dem Hause Walt Disney zu den erfolgreichsten Filmen überhaupt.1 Aber nicht nur aus kommerziellen Gründen ist „Das Dschungelbuch“ interessant. Durch die anthropomorphe Gestaltungsweisen der Tiere, ihren scheinbar fabelartigen2 Charakter und das dargestellte Verhältnis zwischen Mensch und Tier, bieten sowohl das Buch als auch der Film, eine hervorragende Grundlage, um sich mit den verschiedenen, darin enthaltenen Motiven, Symbolen und Figuren zu beschäftigen.
In der vorliegenden Seminararbeit soll es dabei aber weniger um Kiplings „Das Dschungelbuch“ gehen. Abgesehen von einer historischen Einordnung und einer kurzen Zusammenfassung, sowie Differenzierung zur Disney-Verfilmung, soll der Fokus auf eben dieser, 1967 erschienenen, Zeichentrickversion liegen. Während über die Buchvorlage es schon zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten gibt, ist das Genre des Zeichentrickfilms jahrelang aufgrund seiner angeblichen Zugehörigkeit zur Trivialkunst, von wissenschaftlicher Seite kaum beachtet worden.3 Um zu zeigen, dass auch Untersuchungen der in Zeichentrickfilmen dargestellten Themen, sehr ergiebig und aufschlussreich sein können, habe ich mich dazu entschlossen, das Hauptaugenmerk auf die Version von Disney zu legen.
Dabei werde ich, nachdem ich einführend auf Kiplings „Das Dschungelbuch“, sowie eine genredefinierenden Überblick über „Tier-Bilder in der Literatur“ gegeben habe, erst die Handlung des Films skizzieren, um danach, einerseits grundlegend, andererseits im Bezug auf den Film, auf das Stilmittel der Anthropomorphisierung einzugehen. Im Fokus dieser Arbeit steht dann das explizit dargestellte, sowie implizierte Verhältnis zwischen Tier und Mensch in Disneys „Das Dschungelbuch“, das ich zu analysieren versuche werde. Abschließend werde ich ausgewählten tierischen Figuren einer Figurenanalyse unterziehen. Sowohl im Vergleich zu gängigen Tier-Bildern, als auch im Hinblick der Figuren auf ihre Funktion als „fiktives Wesen“ und „Symbol“.4
„Das Dschungelbuch“ wurde in einer Zeit veröffentlicht, in der Erzählungen über Tiere immer populärer wurden.5 Das allgemeine Interesse am Exotischen wuchs im 19. Jahrhundert stark an, was sich nicht zuletzt an den so genannten „Völkerschauen“ von Carl Hagenbeck zeigte. Das Konzept „Zoo“ wurde revolutioniert und auch Charles Darwins „Origin of the species“ sorgte für Aufruhr und führte zu einer verstärken Auseinandersetzung mit Tieren, auch im Hinblick auf die eigene, menschliche Existenz.
John Berger schrieb, dass im Zeitalter der Industrialisierung und des Kapitalismus ein Bruch im Verhältnis von Mensch und Tier vollzogen wurde. Durch das gesteigerte Interesse an Tieren, sei es nun in Form von Zoobesuchen oder der zunehmenden Anzahl an Tiergeschichten, versucht der Mensch diesen Bruch zu kompensieren.6 Während Tiere früher noch als magisch galten und der Mensch sich ratsuchend an das Tier wandte, entfernte der Mensch sich immer weiter vom Tier, umso mehr wissenschaftliche Erkenntnisse über Tiere gesammelt wurden, was gleichbedeutend mit einem Verlust der magischen Eigenschaften der Tiere angesehen werden kann.7
„Das Dschungelbuch“ wird in der Regel als Fabel oder Tierepos bezeichnet. Zwar kann in dieser Arbeit keine umfangreiche Definition oder Abgrenzung der beiden Gattungen untereinander geliefert werden, noch ist eine detaillierte Beschreibung der Entwicklung des Begriffe möglich, allerdings muss, wenn man sich mit Kiplings bzw. Disneys Werk beschäftigt, auch kurz die Genreeinordnung diskutiert werden.
Das Wort „Fabel“ stammt von dem lateinischen Begriff „fabula“ ab, was so viel heißt wie „Erzählung“ oder „Geschichte“. Woher genau die ersten Erzählungen mit Fabelmotiven stammen, ist bis heute umstritten.8 In vielen Völkern finden sich lehrhafte Geschichten über Tiere, sodass die Herkunft nicht eindeutig rekonstruierbar ist. Heutzutage kennen wir die Fabel als „knappe lehrhafte Erzählung in Vers oder Prosa, in der vorwiegend Tiere in einer bestimmten Situation so handeln, dass sofort eine Kongruenz mit menschl. Verhaltensweisen deutl. wird und der dargestellte Einzelfall als sinnenhaft- anschaul. Beispiel für eine daraus ableitbare Regel der Moral oder Lebensklugheit zu verstehen ist“.9 Diese Definition einer literarischen Gattung, die für didaktische Erzählungen mit menschlich handelnden, subjektivierten Tieren oder Pflanzen steht, existiert so erst seit dem 18. Jahrhundert.10
Ein „Tierepos“ weist im Gegensatz zur „Fabel“ das Merkmal der „Langform“ auf11 und ist darüber hinaus eher gesellschaftskritisch und satirisch. Die menschlichen Eigenschaften, die Tiere auch in einem Tierepos besitzen, dienen in der Regel dazu, eben diese menschlichen Eigenschaften bzw. Verhaltensweisen anzugreifen oder zu verspotten.12 Eine Fabel ist also eher von didaktischem, ein Tierepos von satirischem Wert. Des Weiteren behandelt eine Fabel eher generelle, menschliche Probleme bzw. beinhaltet eine allgemeine Moral. Tierepen hingegen beziehen meist auf spezifische, gesellschaftliche Probleme.13 Darüber hinaus grenzen die Begebenheiten in einem Epos immer an der Wahrheit, während sich in der Tierfabel keine Möglichkeit der Wahrheit befindet.14 Dennoch lassen sich in „Das Dschungelbuch“ weitere typische Eigenschaften von Fabeln finden. So sind die einzelnen Geschichten einheitlich in Ort und Zeit, Menschen können mit Tieren interagieren und die jeweiligen Tiere besitzen zwar menschliche Fähigkeiten und Vernunft, ohne aber ihre spezifisch-tierischen Eigenschaften komplett zu verlieren15. Darüber hinaus existiert eben eine didaktische Qualität bzw. wird eine Moral gelehrt. Genauer gesagt: „Das Dschungelbuch“ lehrt „die Gesetzte des Dschungels“. Eine Allegorie, die die Aufmerksamkeit auf die feine Balance des Lebens in einer Gemeinschaft legt. Damit ein friedliches Zusammenleben möglich ist, muss man sich an gewisse Regeln halten und einen guten Mittelweg zwischen dem Verwirklichen des eigenen und des allgemeinen Interessen finden. Da der Begriff „Tierepos“ mitunter allerdings auch synonym für „Tierfabel“ verwendet16 und auch generell keine Einheitlichkeit darüber herrscht, wann welcher Begriff wie entstanden ist17 und eingesetzt werden soll, ist eine exakte Einordnung von Kiplings Werk einerseits extrem schwierig, andererseits aber hier auch nicht von höchster Priorität.
Da man mitunter auch die Bezeichnung „Abenteuerliteratur“ im Bezug auf „Das Dschungelbuch“ liest, sei noch erwähnt, dass Mowgli zwar zweifellos Abenteuer18 erlebt, aber die Bezeichnung „Abenteuerliteratur“ schon alleine aufgrund der diffusen, uneinheitlichen Verwendung des Begriffs nicht sinnvoll ist19. Abgesehen davon ist die Figur des „Mowgli“ zwar der Protagonist der Disney-Verfilmung, spielt aber in der literarischen Vorlage nur in drei der vierzehn Geschichten eine Rolle.
Der britische Schriftsteller Rudyard Kipling veröffentlichte „Das Dschungelbuch“ (orig.: „The Jungle Book“) 1894. Das Buch, bestehend aus teilweise zuvor in Magazinen publizierten phantastischen Tiergeschichten, handelt vom indischen Dschungel und den dort lebenden Tieren, die als anthropomorphe Wesen auftreten20. Die nur bedingt miteinander in Verbindung stehenden Geschichten lehren explizit „die Regeln des Dschungels“ und sollen moralische Werte vermitteln, wie bspw. Regeln für den sicheren Umgang mit Individuen, Familien oder Gemeinschaften.21 Kipling selbst sagte, er schrieb die Geschichten unter Berücksichtigung von all dem, was er über den indischen Dschungel gewusst, gehört oder geträumt habe.22
Das Original-Buch besteht aus vierzehn Kapiteln, die, abgesehen von der Geschichte „Die Weiße Robbe“, die in einer Umgebung fernab des indischen Dschungels spielt, dadurch zusammenhängen, dass die Exotik der Umgebung und die „Regeln des Dschungels“ im Vordergrund stehen. Wie bereits erwähnt: Der dank des Disneyfilms zum Star avancierte „Mowgli“ (im Film: Mogli) spielt nur in drei Geschichten eine Rolle, die anderen kommen gänzlich ohne menschliche Protagonisten aus.
Ohne nun die kompletten Geschehnisse in „Das Dschungelbuch“ wiedergeben zu können, scheint es dennoch aufschlussreich zu sein, die Geschehnisse um Mowgli in Kiplings Buch, auch im Hinblick auf die spätere Beschreibung des Filmversion und eine darauffolgende Skizzierung der Unterschiede beider Versionen, kurz wiederzugeben.
Mowglis Geschichte beginnt im ersten Kapitel „Mowglis Brüder“. Es wird erzählt, wie das Menschenkind zu den Wölfen kam. So werden die Eltern des indischen Jungens durch einen Angriff des Tigers Shere Khan (im Film: Schir Khan) getötet. Zufällig trifft Mowgli auf eine Wolfsfamilie, die ihn aufziehen wie ihr eigenes Kind und ihm seinen Namen geben. Mowgli heißt so viel wie „Frosch“, dem er, laut den Wölfen, aufgrund seiner nackten Haut ähneln soll. Von den Wölfen beschützt und unterrichtet, um im Dschungel überleben zu können, bricht der Tag heran, an dem er, wie alle anderen Wolfskinder, vor das Rudel treten muss, um von diesem dauerhaft akzeptiert zu werden. Die Wölfe sprechen sich gegen ihn als einen der Ihren aus, dank der Hilfe des freundlichen Bären Baloos (im Film: Balu) und des weisen schwarzen Panthers Bagheeras (im Film: Baghira), wird er aber schließlich doch im Rudel aufgenommen. Dies hält Shere Khan jedoch nicht davon ab, weiterhin den Kopf des Jungen zu fordern. Ihm gelingt es, immer mehr Wölfe auf seine Seite zu ziehen und das irgendwann führerlose Rudel dazu zu bringen, Mowgli zu verstoßen. Sich der Gefahr durch Shere Khan bewusst, bewaffnet sich Mowgli mit Feuer. Da sich sämtliche Tiere vor dem Feuer fürchten, kann Mowgli schlussendlich zu den Menschen fliehen, ohne das er von den Wölfen oder Shere Khan angegriffen wird.
Die zweite Geschichte, „Kaas Jagd“, liegt inmitten der Ereignisse der ersten Geschichte. Sie handelt davon, wie Mowgli von Baloo und Bagheera unterrichtet wird, wie er sich im Dschungel bei Gefahr zu verhalten hat und wie es ihm möglich ist, andere Tiere zur Hilfe zu rufen. Als er von den Affen entführt wird, die von allen anderen Tieren des Dschungels aufgrund ihrer Gesetzlosigkeit verachtet werden, wendet er sein gelerntes Wissen an und ruft seine zwei tierischen Freunde. Denen gelingt es nur durch Hilfe der Python Kaa, Mowgli zu befreien.
„Tiger! Tiger!“ ist die letzte Geschichte rund um Mowgli und erklärt, was mit ihm, nach seiner Flucht aus dem Dschungel, passiert ist. Nachdem er den Umgang mit Menschen erlernt hat, wird er zum Büffelhirten. Eines Tages berichten ihm seine (ehemaligen) Wolfbrüder, dass der Tiger Shere Khan erneut hinter ihm her sei. Gut vorbereitet und mit Hilfe seiner Büffel, kann Mowgli den Tiger in die Enge treiben, sodass dieser zertrampelt wird. Die Freude über diesen Triumph ist allerdings nur von kurzer Dauer, denn die Dorfbewohner beschuldigen ihn daraufhin der Hexerei. Mowgli muss erneut flüchten und kehrt in den Dschungel zurück, um wieder mit den Wölfen zu leben.
[...]
1 Rechnet man alle Neu- bzw. Wiederveröffentlichungen des Films mit ein, dann hat kein anderer Film in Deutschland ein höheres Einspielergebnis erzielt als „Das Dschungelbuch“. (Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_erfolgreichsten_Filme#cite_note-6; Stand: 07.04.2012)
2 Inwiefern es sich tatsächlich um eine reine Fabel handelt, wird in Kapitel 2 behandelt.
3 Vgl. Stephany, Martina: Fische sind Freunde, 2008, S.95
4 Eder, Jens: Die Figur im Film, 2008, S.710
5 Vgl. Brantz, D.: Tierische Geschichte, 2010
6 Vgl. Berger, J.: Warum sehen wir Tiere an?, 1989, S.13ff.
7 Vgl. Ebd., S.27
8 Vgl. Dithmar, R.: Die Fabel, 1988, S.157
9 Schweikle, G.: Metzler Literatur Lexikon, 1990, S.147
10 Vgl. Leibfried, E.: Fabel, 1976. S.1
11 Vgl. Coenen, H.: Die Gattung Fabel, 2000
12 Vgl. Silcher, G.: Tierfabeln, Tiermärchen und Tierepos, 1906
13 Vgl. Reuter, S.: Die Fabel, ihre Entstehung und (Weiter-)Entwicklung im Wandel der Zeit, 2006, S.6
14 Vgl. Grimm, J.: Wesen der Fabel, 1983, S.23ff.
15 Vgl. Ebd.
16 Vgl. Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, 1911, S.839.
17 Vgl. Plessow, M.: Geschichte der Fabeldichtung in England bis zu John Gay
18 „Der Begriff Abenteuer ist aus dem vulgärlat. Wort adventura (mhd. adventiure, franz. aventure) hervorgegangen, das so viel wie unerwartetes oder stets ungewöhnliches, seltsames Ereignis mit unsicherem Ausgang (Wagnis) bedeutet. A.er sind durch Handlungsreichtum, Ereignis-(Abenteuer)-Reihung und durch die spannende Darstellung von Gefahrensituationen und ihre Überwindung gekennzeichnet“ (Doderer, K.: Lexikon der Kinder- und Jugendliteratur, 1984.)
19 Graf, A.: Abenteuer und Geheimnis, 1993, S.16
20 Jede Tierart hat ihre eigene Sprache, kann aber sämtliche anderen Sprachen erlernen, darunter auch die menschliche.
21 Vgl. Gilmour, D.: The Long Recessional, 2003
22 Vgl. Ebd.
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