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Hausarbeit, 2009
15 Seiten
1. Einleitung
2. Schule neu denken
2.1. Fünf Grundvorstellungen von Schule
2.2. Die Schule als Lebens- und Erfahrungsraum
2.3. Minima Paedagogica
1. These
2. These
3. These
4. These
5. These
6. These
3. Wie realistisch ist die Neue Schule ?
3.1. Gedanken zur ersten These
3.2. Gedanken zur zweiten These
3.3. Gedanken zur dritten These
3.4. Gedanken zur vierten These
3.5. Gedanken zur fünften These
3.6. Gedanken zur sechsten These
4. Fazit
Literaturverzeichnis
Anlässlich einer sich ständig verändernden Gesellschaft kann die Schule nicht gleich bleiben. Sie muss Stellung nehmen zu aktuellen Verhältnissen, wie steigende Gewalt unter Jugendlichen (Amokläufe, Killerspiele etc.), neue Medien (Fernsehen, Computer, insbesondere das Internet), eine multikulturelle Gesellschaft sowie steigende Arbeitslosigkeit und zunehmendes Altern der Gesellschaft.
Von Hentig zeigte bereits 1993 die bedrohlichen Auswirkungen dieser Trends auf die Schule auf und stellte die These auf, dass man Schule völlig neu denken müsse. Verbessern und verändern der bestehenden Strukturen reiche nicht mehr aus, man müsse eine neue Form von Schule erfinden, in der Schule eine andere Rolle spielt als bisher. Sein Buch erfuhr wohl solch große Resonanz, dass es regelmäßig in neuen Auflagen erscheint.
Doch ist diese Art von Schule, die von Hentig sich wünscht, überhaupt realisierbar? Ist sie in Teilen bereits realisiert? Im Folgenden werde ich seine Idee einer Neuen Schule darstellen und kritisch untersuchen.
Seid Jahrzehnten wird die Schule immer wieder reformiert, zu verbessern und verändern versucht, um sie an veränderte gesellschaftliche Bedingungen anzupassen. Von Hentig stellt nun fest, „dass es mit einer „Veränderung der Schule nicht mehr getan ist“ (v. Hentig, S.178). Eine neu gedachte Schule hat „mehr als die Anpassung der Schule an die Verhältnisse im Sinn“ (v. Hentig, S.182). Wie er sich die neue Schule konkret vorstellt, werden wir in den folgenden Abschnitten betrachten.
Zunächst stellt sich uns die Frage, was Schule überhaupt ist?
„Es gibt keine Schule von Natur, sie ist ein gesellschaftliches Artefakt. Den Zweck setzen die Menschen" (v. Hentig, S.183). Zwar gibt es ein natürliches Bedürfnis des Kindes nach Hilfe beim „Sich-Erfinden und Sich-Einüben in der Welt“ (v. Hentig, S.183), dennoch ist Schule eine gesellschaftliche Institution, „die den Übergang des jungen Gesellschaftsmitglieds in die verantwortliche Erwachsenenphase symbolisiert“ (Hurrelmann, S.198). Als Sozialisationsinstanz (vgl. Hurrelmann, S.198) muss sie bestimmte Funktionen erfüllen: Sie muss sich „gleichzeitig zu den beruflichen Qualifikationsanforderungen des Wirtschaftssystems verhalten, an den Rahmenbedingungen des politischen Systems orientieren und entsprechende Teilhabeformen ermöglichen. Mit ihren äußeren und inneren Differenzierungsformen bezieht sie sich auf die etablierten Mechanismen der sozialen Statusverteilung und mit ihren Bildungsangeboten muss sie die Weitergabe der handlungsleitenden Grundüberzeugungen der Kulturgemeinschaften gewährleisten“ (Veith, S.42).
Von Hentig unterscheidet fünf Schultypen, die in der Wirklichkeit jedoch stets in gemischter Form vorliegen.
1) Die Else Backfisch oder Karl Wursthorn Schule:
Schule ist eine Einrichtung, an der man besondere Kenntnisse und Fertigkeiten erwirbt, die man nicht einfach so auf der Straße lernen kann. Man benötigt dazu einen Lehrer, der es einem beibringt [Else Backfisch war Tanzlehrerin, Karl Wursthorn Fahrlehrer des von Hentig] (vgl. v. Hentig, S.186).
2) Die Rousseau-Schule:
Schule ist ein Schutz- und Schonraum für Kinder und Jugendliche, in dem sie vor den schädlichen Einflüssen der Gesellschaft bewahrt werden und Raum haben, sich natürlich zu entwickeln (vgl. v. Hentig, S.187).
3) Die Platon, Makarenkos, Loyola oder Margot Honeckers-Schule:
Die Schule formt Menschen heran, die entweder im fundamental-konservativen Sinn gegen alles Neue oder im revolutionären Sinn gegen alles Alte gepanzert werden (vgl. v. Hentig, S.187).
4) Die Humbold/Pestalozzi/Dewey-Schule:
Schule ist eine Einrichtung, die Erziehungs- und Bildungsaufgaben übernimmt, um den Kindern beim Hineinwachsen in die Gesellschaft zu helfen. Diese Idee von Schule verbinden heute die meisten Menschen mit der öffentlichen Schule (vgl. v. Hentig, S.187).
5) Die KMK-Schule:
Diese Schule verwaltet; sie beschäftigt Lehrer und sie beschäftigt vor allem die Bildungspolitiker. Hier wird Unterricht in den Dienst anderer politisch relevanter Aufgaben gestellt. So kann man die Kinder nebenbei nach Leistung sortieren oder „für die Volksgesundheit, für Verkehrstüchtigkeit, für AIDS-Prävention sorgen“ (v. Hentig, S.188).
Die Schultypen in reiner Form schließen sich gegenseitig aus und existieren somit in der Realität jeweils in gemischter Form, die ein Spannungsfeld eröffnet.
Von Hentig stellt nun diesen fünf Schultypen einen sechsten Typus gegenüber, den er „Die Schule als Lebens- und Erfahrungsraum oder auch: Die Schule als polis“ (v. Hentig, S.189) nennt. Von Hentig stellt die These auf, dass das Leben stets in die Schule hineinwirkt und dass in der heutigen öffentlichen Schule die Lebensinteressen der Familie und die Interessen der Schule zu weit auseinander geraten sind (vgl. v. Hentig, S.189). Er nennt drei Gründe, warum ein sechster Typus nötig ist:
Als erstes muss Schule es mit den Lebens problemen der Schüler aufnehmen, bevor die Lern probleme gelöst werden können (vgl. v. Hentig, S.190). Jeder Pädagoge wird aus eigener Erfahrung bestätigen können, dass die persönlichen Probleme der Schüler sich auf ihr Lernverhalten auswirken. Dazu muss die Schule mehr Erziehungsaufgaben übernehmen als es bisher der Fall ist.
Zweitens sollte die Schule, wenn sie schon als hauptsächlicher Aufenthaltsort der Schüler dient, auch zum Lebensort werden, an dem die wichtigsten Lebenserfahrungen gemacht werden können.
Als dritten Grund nennt von Hentig die Notwendigkeit zur Erziehung zur Politik. Im Rahmen einer Schulpolis, einer kleinen überschaubaren Gemeinschaft, können wichtige Grundregeln der Gesellschaft (wie Demokratie, Rechenschaftspflicht, Aufklärung, Vertrauen, Verlässlichkeit unter den Bürgern, sowie Solidarität und Freundlichkeit) eingeübt werden (vgl. v. Hentig, S.191).
Da die Familie als weitere Sozialisationsinstanz einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Kinder hat, muss die neue Schule einen großen Wert auf Elternarbeit legen, sie muss „die Eltern für ihre pädagogische Vernunft zu gewinnen suchen“ (v. Hentig, S.197). Auch die öffentlichen Medien sollte die Schule kritisch betrachten und pädagogisch wertvoll aufbereitet in den Unterricht miteinbeziehen. Die neue Schule soll ein Ort sein, an dem jedes Kind erfährt, dass es gebraucht wird; dass es mit seinen individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten zu einem nützlichen Teil der Gesellschaft heranwächst (vgl. v. Hentig, S.195).
In seiner Minima Paedagogica stellt von Hentig nun „die Merkmale der neuen Schule zusammen, die gleichsam ihre Mindestausstattung ausmachen und die an allen Schulen wenigstens zu einem Teil erfüllt werden können“ (v. Hentig, S.214). Diese sechs Thesen bilden sozusagen die Grundregeln seiner neuen Schule und sollen im Folgenden vorgestellt werden:
1.These: „ Die Schule ist ein Lebensraum - neben den Lebensr ä umen Familie -und -Wohnung und Stra ß e- und- Nachbarschaft und Natur “ (S.215).
Er argumentiert dazu: „Weil die Schule schon jetzt für die Mehrzahl der Kinder für den größeren Teil des Tages der wichtigste, jedenfalls der einzig erträgliche (und für viele der einzig mögliche) Aufenthaltsort und das Schullernen die herrschende Lebensform sind, kann man die Schule auch zum Lebensort machen, an dem dann die lebensnotwendigen Erfahrungen möglich werden“ (v. Hentig, S.215).
Wie dieses Leben in der Schule aussehen kann, beschreibt er anhand von Beobachtungen in der Eingangsstufe seiner Bielefelder Laborschule:
- zuhören, mithören, träumen
- sich bewegen, in Szene setzen
- sich gegenseitig etwas zeigen, miteinander besprechen
- sich aus der Gemeinschaft zurückziehen
- miteinander kochen, essen und abwaschen
- ruhen, still sein
- spielen, neugierig sein
- zärtlich miteinander sein
- Feste feiern, gemeinsam singen
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