Die Attentate des 11. September 2001, bei dem Verkehrsflugzeuge in noch nicht da gewesener Form als bombengleiche Waffen eingesetzt wurden, haben die Welt für Wochen in einen schockähnlichen Zustand versetzt. Die internationale Gemeinschaft realisierte, dass internationaler Terrorismus nicht auf wenige (politische) Opfer beschränkt sein muss, sondern mit einem Schlag tausende zivile Opfer fordern und verheerende Schäden bewirken kann.
Deutschland, in dem Terrorismus bis dahin hauptsächlich in einem Atemzug mit der "Rote Armee Fraktion" (R.A.F.) genannt wurde, dachte über mögliche Schreckenszenarien auf dem Bundesgebiet nach. Was wäre z.B., wenn ein Verkehrsflugzeug Kurs auf die Bankentürme der Frankfurter Innenstadt nehmen würde? Einhellige Meinung ist, dass das betreffende Flugzeug abgefangen werden müsste, aber auch der Abschuss einer solchen Maschine findet breite Zustimmung.
Offen blieb jedoch, ob ein solcher Abschuss überhaupt eine rechtliche Grundlage hätte, bzw. wie ein solcher Abschuss rechtlich zu beurteilen wäre. Zusätzlich stellt sich die Frage der Zuständigkeit: wem würde ein solcher Abschuss obliegen? Ist der Staat im Sinne der Notstandsregelung in dieser speziellen und schwierigen Situation überhaupt eingriffsbefugt?
Ein weiteres Problem, das sich bei dieser Frage stellt, ist die Frage nach dem Wert und der Abwägbarkeit menschlichen Lebens.
Obige Frage ist in der Vergangenheit immer wieder in der Rechtswissenschaft aus verschiedenen Sichtweisen diskutiert worden und kommt zu unterschiedlichen Ergebnissen.2 Das Problem ist, dass sich zwischen zwei starken Rechtspositionen entschieden werden muss: die eine ist das Leben als höchstes Gute des Einzelnen, dass sich jedem Eingriff widersetzt und dem ein „fundamentaler Achtungsanspruch"3 innewohnt, die andere eine reine Vernunfterwägung, die sich das Tötungsverbot nicht endlos ausweiten lassen will und zu rationalen Entscheidungen tendiert, wenn das in Ausnahmesituationen nötig wird. In wie weit Theorien und Diskussion innerhalb der Lehre für das Thema dieser Arbeit fruchtbar gemacht werden können, soll im Nachfolgenden gezeigt werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Teil
- A. Rechtfertigender Notstand, § 34 StGB
- I. Verfassungsrechtliche Situation
- II. Exemplarische Schulfälle zu rechtfertigendem Notstand
- III. Einschränkung des Tötungsverbotes
- B. Notwehr, § 32 StGB
- C. Entschuldigender Notstand, § 35 StGB
- D. Übergesetzlicher entschuldigender Notstand
- A. Rechtfertigender Notstand, § 34 StGB
- II. Teil
- A. Hoheitliches Handeln des Staates unter strafrechtlichen Gesichtspunkten
- B. Hoheitliches Handeln außerhalb des StGB
- III. Teil
- Schlussfolgerung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die strafrechtlichen Aspekte des Abschusses eines von Terroristen entführten Flugzeugs. Sie analysiert die anwendbaren Rechtsnormen und prüft deren Anwendbarkeit in einer solchen Extremsituation. Die Arbeit konzentriert sich auf die Abwägung widerstreitender Rechtsgüter und die Grenzen des staatlichen Handelns.
- Rechtfertigender Notstand (§ 34 StGB)
- Notwehr (§ 32 StGB)
- Abwägung widerstreitender Rechtsgüter
- Grenzen des staatlichen Handelns
- Die Rolle der Interessenabwägung
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik des strafrechtlichen Abschusses eines von Terroristen entführten Flugzeugs ein und skizziert den methodischen Ansatz der Arbeit. Sie begründet die Relevanz der Fragestellung und stellt die zentralen Forschungsfragen vor. Die Einleitung dient als wichtige Grundlage für das Verständnis der nachfolgenden Kapitel, die sich mit den einzelnen rechtlichen Aspekten des Problems auseinandersetzen.
I. Teil: Dieser Teil der Arbeit analysiert die einschlägigen strafrechtlichen Rechtfertigungsgründe im Kontext des Flugzeugabschusses. Es wird detailliert auf den rechtfertigenden Notstand (§ 34 StGB), die Notwehr (§ 32 StGB) und den entschuldigenden Notstand (§ 35 StGB) eingegangen. Dabei werden anhand von Beispielsfällen die jeweiligen Voraussetzungen und Grenzen dieser Rechtfertigungsgründe geprüft. Ein Schwerpunkt liegt auf der Güter- und Interessenabwägung, insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob der Abschuss des Flugzeugs als das „kleinere Übel“ angesehen werden kann. Die Problematik der Gefahrengemeinschaft und der Chancenanmaßung wird ebenfalls umfassend diskutiert.
II. Teil: Dieser Abschnitt befasst sich mit dem hoheitlichen Handeln des Staates im Kontext des Strafrechts. Es wird untersucht, inwieweit staatliches Handeln von den strafrechtlichen Normen ausgenommen ist und ob und unter welchen Voraussetzungen § 34 StGB auf staatliches Handeln anwendbar ist. Der Teil analysiert die rechtlichen Grenzen staatlichen Eingreifens in Extremsituationen und unterscheidet zwischen Situationen, in denen staatliches Handeln uneingeschränkt gilt, und solchen, in denen öffentlich-rechtliche Sonderregelungen fehlen. Die Zusammenfassung der Ergebnisse dieses Teils bietet einen wichtigen Überblick über die rechtliche Position des Staates.
Schlüsselwörter
Rechtfertigender Notstand, Notwehr, § 34 StGB, § 32 StGB, Interessenabwägung, Güterabwägung, Tötungsverbot, Gefahrengemeinschaft, staatliches Handeln, Extremsituation, Terrorismus, Flugzeugentführung.
Häufig gestellte Fragen zum Dokument: Strafrechtliche Aspekte des Abschusses eines von Terroristen entführten Flugzeugs
Was ist der Gegenstand des Dokuments?
Das Dokument analysiert die strafrechtlichen Aspekte des Abschusses eines von Terroristen entführten Flugzeugs. Es untersucht die anwendbaren Rechtsnormen, insbesondere den rechtfertigenden Notstand (§ 34 StGB), die Notwehr (§ 32 StGB) und den entschuldigenden Notstand (§ 35 StGB), und prüft deren Anwendbarkeit in einer solchen Extremsituation. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Abwägung widerstreitender Rechtsgüter und den Grenzen des staatlichen Handelns.
Welche Rechtsnormen werden im Dokument behandelt?
Im Mittelpunkt stehen die Paragraphen 32 (Notwehr) und 34 (rechtfertigender Notstand) des Strafgesetzbuches (StGB). Darüber hinaus wird der entschuldigende Notstand (§ 35 StGB) und die Frage der Anwendbarkeit dieser Normen auf hoheitliches Handeln des Staates behandelt.
Welche Themenschwerpunkte werden im Dokument behandelt?
Die zentralen Themen sind die Abwägung widerstreitender Rechtsgüter (z.B. Leben der Passagiere vs. Leben der Bevölkerung am Boden), die Grenzen des staatlichen Handelns in Extremsituationen, die Rolle der Interessenabwägung und die Frage, ob der Abschuss des Flugzeugs als "kleineres Übel" angesehen werden kann. Die Problematik der Gefahrengemeinschaft und der Chancenanmaßung wird ebenfalls diskutiert.
Wie ist das Dokument strukturiert?
Das Dokument ist in drei Teile gegliedert: Teil I analysiert die relevanten strafrechtlichen Rechtfertigungsgründe. Teil II befasst sich mit dem hoheitlichen Handeln des Staates unter strafrechtlichen Gesichtspunkten. Teil III (Schlussfolgerung) fasst die Ergebnisse zusammen. Zusätzlich enthält das Dokument eine Einleitung, ein Inhaltsverzeichnis, eine Zusammenfassung der Kapitel und Schlüsselwörter.
Welche Schlussfolgerungen werden gezogen?
Das Dokument selbst enthält keine expliziten Schlussfolgerungen im Sinne einer abschließenden Bewertung der Rechtslage. Es präsentiert jedoch eine detaillierte Analyse der relevanten Rechtsnormen und deren Anwendung auf die Problemstellung, um dem Leser ein umfassendes Verständnis der rechtlichen Komplexität des Themas zu ermöglichen.
Für wen ist dieses Dokument relevant?
Dieses Dokument ist relevant für Juristen, Rechtswissenschaftler, Studierende des Rechts und alle, die sich für die strafrechtlichen Aspekte von Extremsituationen und die Abwägung widerstreitender Rechtsgüter interessieren. Aufgrund der wissenschaftlichen Herangehensweise ist es besonders für akademische Zwecke geeignet.
Welche Schlüsselbegriffe sind im Dokument wichtig?
Wichtige Schlüsselbegriffe sind: Rechtfertigender Notstand, Notwehr, § 34 StGB, § 32 StGB, Interessenabwägung, Güterabwägung, Tötungsverbot, Gefahrengemeinschaft, staatliches Handeln, Extremsituation, Terrorismus, Flugzeugentführung.
- Quote paper
- Sascha Barby (Author), 2003, Strafrechtliche Überlegungen zum Abschuss eines von Terroristen entführten Flugzeugs, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/18913