Daniel Belgrad schreibt in Kapitel 9 von „The Culture of Spontaneity“: „Beat poetry and bebop jazz shared a common cultural project: to oppose the culture of corporate liberalism with a spontaneous prosody embodying the tenets of intersubjectivity and body-mind-holism.” Der möglichen Form des Bebop als sozialer Subkultur, künstlerischer Avantgarde oder Gegenkultur schreibt er damit auch eine ursprüngliche Intention aktiver, intellektueller Opposition zu. Bei der Diskussion um genau diese Zuordnung des modern jazz in eine gesellschaftliche Strömung wird hierbei die Herangehensweise und der persönliche Hintergrund des Musikerkollektivs, welchem historisch der Schöpfungsakt des Bebop zugeschrieben wird (insbesondere Charlie Parker), lediglich oberflächlich und verallgemeinernd betrachtet. Herkunft (ethnisch und sozial), individuelle Historie (bspw. Parkers Heroinabhängigkeit) und musikalisches Genie werden heruntergebrochen auf einen ganz allgemein im Bebop sublimierten Widerstand gegen den corporate liberalism der Nachkriegszeit. Dazu führt u.a. Belgrad ein Parker-Zitat (bezüglich der Findung seines Stils) ein, welches das direkte Gegenteil seiner These darlegt: „I´d been getting bored with the stereotyped changes that were being used at the time […]“
Zielstellung dieser Studienarbeit soll es sein, die genannten Aspekte der Opposition und die musikalische Erneuerung des Bebop darzustellen, kritisch zu hinterfragen und den Zusammenhang dieser zweifelsohne existenten gesellschaftlichen und musikalischen Veränderungen – wenn möglich - kulturhistorisch in eine chronologische Form zu bringen. Nach einem eingänglichen historischen Abriss zur Geschichte der Entstehung des Bebop, werden dazu verschiedene Einflußfaktoren und gesellschaftliche Reibungspunkte der zum Bebop gehörenden Musiker wie musikalischer Anspruch, das Problem der Segregation und Benachteiligung von Schwarzen sowie die Interaktion von Beboppern, Medien und Zuschauern eingehender betrachtet. Auch die von Scott DeVeaux aufgeworfene, ganz ähnliche Frage einer Evolution oder Revolution in der Musik wird Beachtung finden, da genau hier der definitorische Scheidepunkt einer Gegenkultur zu liegen scheint.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zur Entstehung des Bebop
- Bebop „von innen“
- Bebop und der musikalische Anspruch
- Bebop und race
- Charlie Parker
- Bebop „von außen“
- Bebop und Rezeption
- Bebop und Medien
- Evolution oder Revolution - Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Studienarbeit befasst sich mit der Entstehung und Entwicklung des Bebop und setzt sich zum Ziel, die musikalischen und gesellschaftlichen Aspekte dieser musikalischen Revolution zu beleuchten. Dabei stehen die Opposition gegen den "corporate liberalism" der Nachkriegszeit sowie die musikalische Erneuerung im Vordergrund. Besonderes Augenmerk wird auf die Einflüsse der Musiker, ihre individuelle Historie und die Reaktion der Gesellschaft auf die Entstehung des Bebop gelegt.
- Der Bebop als Gegenkultur zum "corporate liberalism" der Nachkriegszeit
- Der musikalische Anspruch und die Innovation des Bebop
- Der Einfluss von race und Segregation auf die Entstehung des Bebop
- Die Interaktion von Bebopmusikern, Medien und Publikum
- Die Frage nach der Evolution oder Revolution des Bebop
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die These von Daniel Belgrad vor, die den Bebop als kulturelles Projekt gegen den "corporate liberalism" der Nachkriegszeit sieht. Sie skizziert die Zielsetzung der Studienarbeit und stellt den historischen Kontext der Entstehung des Bebop dar.
- Zur Entstehung des Bebop: Dieses Kapitel beleuchtet die Entstehung des Bebop in Harlem und zeichnet die Entwicklung von der Swing-Ära bis zum Bebop nach. Es beschreibt den Einfluss des "record ban" und die Rolle des "Minton's Playhouse" als Ort der musikalischen Experimente.
- Bebop "von innen": Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den musikalischen und gesellschaftlichen Aspekten des Bebop aus der Perspektive der Musiker. Es analysiert die musikalischen Innovationen, die Rolle des Rassenkonflikts und die Bedeutung von Charlie Parker als Schlüsselfigur der Bebop-Bewegung.
- Bebop "von außen": Dieses Kapitel betrachtet die Reaktion der Gesellschaft auf den Bebop. Es analysiert die Rezeption des Bebop in der Öffentlichkeit und die Rolle der Medien in der Verbreitung und Vermittlung des neuen Musikstils.
Schlüsselwörter
Bebop, Jazz, Swing, Modern Jazz, Improvisation, "corporate liberalism", Harlem, Charlie Parker, Dizzy Gillespie, Thelonious Monk, Kenny Clarke, "record ban", "Minton's Playhouse", Rasse, Segregation, Musikgeschichte, Kulturgeschichte.
- Arbeit zitieren
- Andreas Schwarz (Autor:in), 2006, Kulturhistorische Betrachtung der Entstehung des Bebop unter besonderer Berücksichtigung möglicher ideologischer Motive, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/187083