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Hausarbeit, 2011
18 Seiten, Note: 2,0
1. Einleitung
2. Theoretische Grundlagen
2.1. Allgemeine Ziele des Politikunterrichts
2.2. Politikdidaktische Konzeptionen
2.3. Basiskonzepte und Fachkonzepte des politischen Unterrichts
2.4. Das Fachkonzept Demokratie
3. Didaktische Perspektiven: Was bedeuten die lebensweltlichen Schülervorstellungen (in Bezug auf „Demokratie“) für die Planung von Unterricht?
4. Das Modell der Didaktischen Rekonstruktion zur Erfassung und Verarbeitung von Schülervorstellungen
5.Anwendungsbeispiel: Wie Schülervorstellungen für den Unterricht erfasst werden und verwendet werden können für das Fachkonzept Demokratie
6. Fazit
7. Literaturverzeichnis
Der aktuelle Politikunterricht zielt auf soziales und politisches Lernen ab. Es gehört zum Prozess der Sozialisation und „[...] der Einführung von Kindern in die kulturellen Selbstverständlichkeiten einer Gesellschaft [...]“[1] Werthaltungen, Einstellungen und Überzeugungen zu betrachten, die für eine politische Sozialisation nötig sind.[2] Die Grundintension ist, dass ein Verständnis von Demokratie entsteht und die Lernenden zu mündigen Bürgern erzogen werden. Es ist entscheidend, dass im Unterricht demokratische Grundlagen geschaffen werden, die die Schüler und Schülerinnen in ihrem gesellschaftlichen Alltag gebrauchen können.
Lernende bringen eine Reihe von Konzepten und Vorstellungen mit in den Unterricht. Die Berücksichtigung der Lebens- und Verständniswelten der Schüler und Schülerinnen können in den Politikunterricht integriert werden und sollen dabei helfen, das Verständnis von Politik und Demokratie zu fördern.
Hauptziel dieser Hausarbeit ist, zu analysieren, wie Schülervorstellungen erfasst werden können und welche Rolle sie für den langfristigen Lernerfolg spielen.
Zunächst werden allgemeine Ziele des Politikunterrichts und politikdidaktische Konzeptionen erläutert, um die Aufgaben und das Verständnis vom politischen Lernen zusammenzufassen. Danach wird es einen Überblick über die Inhalte von Basiskonzepten und Fachkonzepten geben, um danach auf das Fachkonzept Demokratie einzugehen, das im späteren Verlauf der Arbeit auf das Anwendungsbeispiel zur Erfassung von Schülervorstellungen bezogen wird. Im Hauptteil dieser Arbeit wird es zunächst darum gehen, welche Bedeutung Schülervorstellungen (in Bezug auf das Fachkonzept Demokratie) für den Lernerfolg im Unterricht haben und welche Rolle sie für die Planung von Unterricht darstellen. Als Anwendungsbeispiel wird das Modell der Didaktischen Rekonstruktion auszughaft vorgestellt, um eine Möglichkeit aufzuzeigen, wie die Vorstellungen und Konzepte von Lernenden mit den Curricula des Politikunterrichts verknüpft werden können.
Im Politikunterricht wird eine Vielzahl von Lernzielen verfolgt. Dabei gibt es in der Politikwissenschaft einen gewissen Konsens über die Ziele von Unterricht. Es soll ein grundlegendes Verständnis für Politik geschaffen werden, indem die politische Urteilsfähigkeit, politische Handlungsfähigkeit und methodische Fähigkeiten gefördert werden. [3] Es ist daher ein besonderes Ziel des Politikunterrichts, die Mündigkeit der Schüler zu fördern. Die Schüler sollen dazu in der Lage sein, Entscheidungen selbständig zu treffen und aktuelle Geschehnisse der Politik kritisch beurteilen können.
„Es obliegt den Politikdidaktikern / -innen [...], für den Unterricht kompetenzorientierte Lernaufgaben zu entwickeln.“[4] Dabei sollte es sich um einen fachlich gehaltvollen Unterricht handeln, der den Schülern vielseitige Gelegenheiten zu kompetenzbezogenen Tätigkeiten bietet und eine kognitive Aktivierung bei den Schülern fördert.[5] Durch offene Aufgabenstellungen wird selbstständiges Lernen und Arbeiten angeregt. „Unerlässlich sind des Weiteren realitätsbezogene Fragestellungen.“[6] Es ist unerlässlich für den Unterricht, Themen in der aktuellen politischen Realität zu behandeln, „[...] damit keine fiktiven oder hypothetischen Inhalte behandelt werden und so anwendungsorientiert gelernt wird.“[7] Diese Themen müssen sich auf die Wissensstruktur von Basis- und Fachkonzepten, die unabhängig von den gewählten Kontexten sind, beziehen.[8] Guter Politikunterricht kann die Politikkompetenz fördern, aber der Lernprozess muss von den Schülern und Schülerinnen selbst aktiv gestaltet werden.
Neben diesen Zielen des politischen Unterrichts sollen die Lernenden im Rahmen des politischen Unterrichts auch Kompetenzen und Fertigkeiten im sozialen Bereich erlernen. Dazu gehören Verhaltensregeln in der Gruppe und die Förderung der Empathiefähigkeit für bestimmte soziale Rollen. Sie sollen dazu befähigt werden, ihre eigenen Vorstellungen und Werte zu konkretisieren, ihre Meinung gegenüber anderen darstellen zu können und ihre Ansichtsweisen eventuell zu ändern. „Der Erwerb von Kompetenzen soll den Einzelnen zur Bewältigung von Handlungsproblemen in eine durch Pluralität und ständigen Wandel geprägten Gesellschaft befähigen.“[9]
Im Politikunterricht sollen die Lebenswelten, beziehungsweise die Vorerfahrungen der Schüler und Schülerinnen, die aus ihrer unmittelbaren Umwelt stammen, genutzt werden, um diese zu erweitern. Eigenschaften wie Toleranz, gewaltfreie Konfliktlösung, Kommunikationsfähigkeit und die Stellungnahme innerhalb von Gruppen sollen durch den sozialen und politischen Unterricht gefördert werden.
Die Vielzahl der Ziele des Politikunterrichts können nicht alle in jeder Unterrichtseinheit umgesetzt werden, aber sie sollten bei jeder Planung von Unterricht eine große Rolle spielen. Dabei sollten die Themen, Methoden und Medien, die für den Unterricht eingesetzt werden, auf die Zielvorgaben hinarbeitend genutzt werden.
Im nächsten Abschnitt sollen die Politikdidaktischen Konzeptionen behandelt werden, um herauszuarbeiten, wie sinnvolle Inhalte im Politikunterricht gestaltet werden können und wonach sie sich richten.
Es gibt viele Kontroversen darüber, was unter Politikdidaktik zu verstehen ist. Die Politikdidaktik verfolgt verschiedene Fragestellungen und Ansichten hinsichtlich der Methoden und Intentionen. Auf der formalen Ebene lässt sich die Übereinstimmung finden, „[...] dass Politikdidaktik eine eigenständige wissenschaftliche Disziplin ist, die sich mit dem politischen Lehren und Lernen in der Schule und im Unterricht beschäftigt.“[10] Dabei gibt es drei entscheidende Ebenen: Die „Ziel- und Inhaltsklärung“ sucht nach dem Lerninhalt und mit welchen Methoden gelehrt und gelernt werden soll. Die Ebene der „Lehr-Lern-Forschung“ fragt nach den Subjekten, die im Lernprozess in Beziehung treten und dem Bedingungsumfeld, in dem Schüler und Lehrer lernen und lehren. Die dritte Ebene der „Organisation des Lernprozesses“ bedient sich der Auswahl von Methoden und Medien, der Arbeits- und Interaktionsformen und deren Konsequenzen für den Unterricht. Dabei stehen die Ebenen mit anderen Wissenschaften wie zum Beispiel der Erziehungswissenschaft in Beziehung.[11] Fragen und Lösungen lassen sich so in einen plausiblen theoretischen Gesamtzusammenhang bringen. Daraus ergeben sich die politikdidaktischen Konzeptionen. „Die meisten Konzeptionen und Ansätze der Politikdidaktik sind empirisch und normativ und versuchen beide Aspekte miteinander zu verbinden.“[12] Als empirischer Bereich verwendet die Politikdidaktik die politische Realität der Demokratie und die Erkenntnisse der Lehr- und Lernforschung. Die vielseitige politische Realität soll vereinfacht, aber wirklichkeitsgetreu abgebildet werden. Neben einem vielschichtigen Politikbegriff wird eine Vorstellung von Funktionsvoraussetzungen und den Funktionsbedingungen des demokratischen Systems benötigt und es ist ein normativer Bezugspunkt von Demokratie erforderlich.[13] „Der normative Bezugspunkt Demokratie enthält [...] drei zentrale Dimensionen.“[14] Die Demokratie als politisches System, das Individuum und seine Fähigkeiten als Bürger und Bürgerin bilden die ersten beiden Dimensionen. Die dritte Ebene, die Zielebene soll erreicht werden durch die Bildung von politischen Konzepten, die als Maßstab für das politische System gelten. Politische Bildung kann so als Instrument genutzt werden, um Schüler und Schülerinnen über die komplexen Zusammenhänge eines demokratischen Systems zu informieren und auf diese Art seine Legitimität erhöhen und somit einen Beitrag zur Stabilisierung bringen.[15]
Im Folgenden sollen Basis- und Fachkonzepte erläutert werden, um später zu prüfen, wie sich das Fachkonzept Demokratie in Verbindung mit den Vorerfahrungen von Schülern im Unterricht erarbeiten lässt.
Basiskonzepte bezeichnen grundlegende Prinzipien der Politikwissenschaft. Es handelt sich dabei um die Grundvorstellungen des jeweiligen Fachbereiches. Für die Basiskonzepte sind die Bedeutung des Allgemeinwohls und die Dimension der politischen Ordnung von großer Bedeutung.[16] „Politikdidaktisch formuliert bedeutet dies, dass sich das Politische nicht verstehen lässt, wenn man keine Vorstellung von Gemeinwohl, politischer Ordnung und Entscheidung hat.“[17] Grundlegende Konzepte bilden die Basis für einen systematischen Wissensaufbau und dienen der horizontalen und vertikalen Erweiterung des Wissens. Basiskonzepte bilden die Grundlage für das kumulative Lernen, indem die Konzepte in verschiedenen Themenbereichen situativ angewendet werden.Dadurch wird den Schülern geholfen, das fachliche Wissen systematisch zu erlernen und anzuwenden, damit ihr Wissen weiterhin anschlussfähig ist.[18] Basiskonzepte lassen sich weiter aufteilen in Fachkonzepte der Domäne, die zuzuordnendes Grundlagenwissen beinhalten. „Welche Fachkonzepte ein Basiskonzept konstituieren, ist nicht beliebig, sondern eine Auswahl, die auf der Grundlage politikwissenschaftlicher Theorien und mit Blick auf die politische Bildung hin erfolgt.“[19] Die Anzahl der Fachkonzepte ist eine fachdidaktische Auswahl, die sich auf die grundlegenden Elemente der politischen Bildung konzentriert und schulisches Grundlagenwissen definiert. Es entsteht also insgesamt ein Geflecht von strukturierten Konzepten, die dazu genutzt werden, politische Ereignisse und Prozesse zu beschreiben, zu analysieren und zu bewerten. Im Verlauf der Unterrichtseinheiten sollen die Konzepte für die Schüler differenzierter und vernetzter werden.[20] Dabei ist die Bedeutung des inhaltlichen Kerns des Fachkonzeptes entscheidend. „Erst diese Klärung ermöglicht es, sich im weiteren Bildungsverlauf über variierende Erweiterungen des Fachkonzeptes zu verständigen.“[21] Zu den vielen Fachkonzepten kommen die vorunterrichtlichen Vorstellungen (Präkonzepte) der Schüler und Schülerinnen. Diese können richtig oder falsch, differenziert sein oder ein Halbwissen beinhalten.[22] Für ein erfolgreiches Lernen müssen diese Präkonzepte aufgegriffen werden und mit den Konzepten, die zu erlernen sind, verknüpft werden, damit sie für die Lernenden eine Alltagsrelevanz haben. Genauso wichtig ist es, dass sich die Vorerfahrungen unkompliziert in ein Konzept überführen lassen, indem es zum Beispiel weiter differenziert wird.[23] Das Lernen mit Hilfe von Basis- und Fachkonzepten kann gefördert werden, wenn die Erarbeitung politischer Themen an den Präkonzepten der Schüler ansetzt. Die erarbeiteten Fachkonzepte wiederholen sich in den verschiedenen Lernbereichen und Themen, wodurch eine Vertiefung, Strukturierung und Vernetzung in den verschiedenen Kontexten erfolgen kann.[24] Für Schüler bieten Basis- und Fachkonzepte Hilfestellungen, um die Struktur des Wissens zu erfassen.
Im nächsten Abschnitt wird das Fachkonzept Demokratie vorgestellt, um im Anschluss eine Möglichkeit für den politischen Unterricht vorzustellen, die das Fachkonzept Demokratie mit Schülervorstellungen verbindet.
Das Fachkonzept Demokratie gehört zu dem übergeordneten Basiskonzept Ordnung und ist ein „[...] Oberbegriff für eine Vielzahl politischer Ordnungsvorstellungen.“[25]
Für den Begriff der Demokratie gibt es keine allgemein anerkannte Demokratietheorie.[26] Jedoch ist ein Konsens zu finden, der die Definitionen beschreibt. Die Bezeichnung Demokratie ist im antiken Griechenland entstanden und bedeutet „direkte Volksherrschaft“. Durch den Begriff werden die Zustimmung der Mehrheit der Bürger und die Beteiligung an den Wahlen der Regierung verstanden, durch den eine legitimierte Regierungsform entsteht. Die demokratische Herrschaftsausübung soll dem Wohle und dem Nutzen des Volkes dienen.[27] Sie ist durch die Merkmale rechtliche Gleichheit der Bürger/ -innen, allgemeines und freies Wahlrecht, Geltung des Mehrheitsprinzips, gewaltenteilende Organisation der Staatsgewalt, Mehrheitsparteiensystem, politische Opposition und Schutz der Grundrechte geprägt.
„Die Schul- und Lernkultur selbst sollen Demokratie-Lernen ermöglichen, indem Schüler [...] durch eigene Erfahrungen und eigenes Handeln [...] Demokratie praktizieren [...], um dann [...] Demokratiekompetenzen entwickeln zu können.“[28] Das Lernen von Demokratieprinzipien kann nicht allein durch den Unterricht erreicht werden. Die Schüler und Schülerinnen müssen Erfahrungen sammeln an modellhaften Personen, Sachgebieten, Objekten und Beziehungen. Hier stehen die Fragen im Zentrum: Wie Menschen und Gruppen ihr Zusammenleben durch die Herstellung von allgemeiner Verbindlichkeit demokratisch gestalten und welche politischen Konflikte sie dabei klären müssen? Demokratische Motivationen der Bürger können sich nur aufgrund von Erfahrungen von Partizipation und öffentlicher Meinungsbildung entwickeln. Eine Sozialisation von mündigen Bürgern und Bürgerinnen kann lerntheoretisch nicht nur durch die Aneignung von politischen Fachkenntnissen geschehen, sondern Demokratiefähigkeiten benötigen subjektive Erfahrungen.[29]
[...]
[1] Sander, Wolfgang (Hrsg.) 2005: Handbuch politische Bildung. Schwalbach. S. 13.
[2] Vgl.: Ebd.: S. 13.
[3] Vgl.: Weißeno, Georg (Hrsg.) 2008: Politikkompetenz. Was Unterricht zu leisten hat. Bonn. S. 13.
[4] Vgl.: Ebd.: S. 18.
[5] Vgl.: Ebd.: S. 18f.
[6] Vgl.: Ebd.: S. 19.
[7] Ebd.: S. 19.
[8] Vgl.: Ebd.: S. 19.
[9] Weißeno, Georg/ Detjen, Joachim/ Juchler, Ingo/ Massing, Peter/ Richter, Dagmar 2010: Konzepte der Politik - ein Kompetenzmodell. Bonn. S. 9.
[10] Ebd.: S. 36.
[11] Vgl.: Weißeno/ Detjen / Juchler/ Massing/ Richter 2010: S. 36f.
[12] Ebd.: S. 37.
[13] Vgl.: S. 37.
[14] Ebd.: S. 37.
[15] Ebd.: S. 37.
[16] Vgl.: Ebd.: S. 48.
[17] Weißeno/ Detjen / Juchler/ Massing/ Richter 2010: S. 48.
[18] Vgl.: Ebd.: S. 48.
[19] Ebd.: S. 48.
[20] Vgl.: Ebd.: S. 49.
[21] Ebd.: S. 49.
[22] Vgl.: Ebd.: S. 50.
[23] Vgl.: Ebd.: S. 50.
[24] Vgl.: Weißeno/ Detjen / Juchler/ Massing/ Richter 2010: S. 51.
[25] Ebd.: S. 61.
[26] Vgl.: Heidemeyer, Sven/ Lange, Dirk (Hrsg.) 2006: Schülervorstellungen und Politikwissenschaftliche Vorstellungen über Demokratie. Ein Beitrag zur Politikdidaktischen Rekonstruktion. Oldenburg: S. 53.
[27] Weißeno/ Detjen / Juchler/ Massing/ Richter 2010: S. 62.
[28] Henkenborg, Peter 2005: Politische Bildung als Schulprinzip: Demokratie-Lernen im Schulalltag. In: Sander, Wolfgang (Hrsg.): Handbuch der politischen Bildung. Schwalbach. S. 265.
[29] Vgl.: Henkenborg 2005: S. 266.