Aus der Einleitung: Es steht zur Wahl. / Wer spricht hier und zu wem? / Ein Geschichtenerzähler. […] / Was steht hier zur Wahl? […] / Es liegen „Demokratische Gedanken“ in der Luft. […] / Wer sprach hier zu wem? […] / Jemand der in Berlin wohnt, nicht wählen darf, aber um jeden Preis mitreden wird. […] / Das alles steht zur Wahl. (Grass, G. 1968. S. 7-21)
Das vorliegende Eingangszitat besteht aus Versatzstücken einer Rede, die der Romancier, Lyriker und bildende Künstler Günther Grass im Sommer 1956 auf einer Wahlreise gehalten hat. In dieser Form (nicht linear) zu einer Art lyrischen Komposition zusammengefügt bzw. als Bastelstück des Verfassers dieser Betrachtung soll es deren konzeptionellen Rahmen versinnbildlichen sowie auf die zentrale These der Arbeit hindeuten. Wer spricht denn da, zu wem, worüber und v.a. wie und warum. Einiges ist bereits klar. Es ist Günther Grass, der Schriftsteller, und er spricht zur Wahl, zu den Wählern. Nicht ohne ein wenig Verwunderung muss dieses festgehalten werden. Erhebt doch hier ein Literat das Wort und will politisch werden in einer Zeit, in der aus den eigenen Reihen Konstatierungen über die gesellschaftliche Folgenlosigkeit künstlerischen Wirkens laut werden. Grass, so scheint es, ist hier der Nonkonformist unter den Nonkonformisten. Die sechziger Jahre stehen für Grass ganz im Zeichen des Wahlkampfes für Willy Brandt und die SPD. Zwei mal begibt er sich auf Reisen, hält Reden, debattiert, gründet ein Wahlkontor, erfindet Slogans und – nicht zuletzt – sorgt für einen bis dahin einmaligen Medienrummel um seine Person und seine Einmischung in das Feld der Politik. Polarisiert hat er dabei immer. Wo Grass in Erscheinung trat, wurden die Stimmen laut und zahlreich. Was treibt nun also den Schriftsteller in diese Gefilde? Wie vereint Günther Grass Poesie und Politik, und/oder tut er dies überhaupt? Wer spricht da aus den besagten Reden und den politischen Gedichten, wie man sie in seinem Lyrik-Band „Ausgefragt“ vorfindet. Ist es der engagierte, demokratieliebende Staatsbürger? Ist es der Intellektuelle, der um keinen Preis in den Chor der Passivität einstimmen möchte oder gar der ruhmsüchtige Künstler, dessen Publikum nicht groß genug sein kann? Im Folgenden soll hierzu ein wenig Licht auf die politische Figur Günter Grass anhand ausgewählter Reden und Gedichte sowie einer kurzen Zusammenfassung der zentralen Ereignisse diesbezüglich in den sechziger Jahren geworfen werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Wahlhelfer - Günter Grass zur Wahl gestellt
- Anfang der 60er: der Intellektuelle probt den Aufstand
- 1961: Konkretisierung des Engagements – Grass, DDR und SPD
- 1964-1969: Pinscherjahre – Günter Grass auf Wahlreise
- Der Geschichtenerzähler singt Loblieder auf Willy
- Nach der Wahl ist vor der Wahl
- Der politische Dichter – Zu den politischen Gedichten in Ausgefragt
- Die strebsame Schnecke - der aktive Künstler Günter Grass
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das politische Engagement des Schriftstellers Günter Grass in den 1960er Jahren. Dabei liegt der Fokus auf seinen Aktivitäten im Wahlkampf für Willy Brandt und die SPD, sowie auf seinen politischen Gedichten in der Sammlung „Ausgefragt“.
- Günter Grass' Rolle als Wahlhelfer für Willy Brandt und die SPD
- Die Verbindung zwischen Grass' literarischem Werk und seinem politischen Engagement
- Die Darstellung von Grass' politischer Haltung und Ideologie
- Die Analyse von Grass' politischen Reden und Gedichten
- Die öffentliche Wahrnehmung und Rezeption von Grass' politischem Engagement
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Thematik des politischen Engagements von Günter Grass ein und skizziert die zentralen Fragen, die in der Arbeit behandelt werden. Das zweite Kapitel beleuchtet Grass' Rolle als Wahlhelfer für die SPD in den 1960er Jahren, angefangen von seinen frühen politischen Aktivitäten bis hin zu seinem aktiven Engagement im Wahlkampf für Willy Brandt. Im dritten Kapitel wird die politische Lyrik von Günter Grass im Kontext der Sammlung „Ausgefragt“ analysiert. Das vierte Kapitel befasst sich mit Grass' künstlerischer Persönlichkeit und der Frage, inwiefern er seine künstlerische Arbeit für seine politischen Ziele nutzte.
Schlüsselwörter
Günter Grass, Willy Brandt, SPD, Wahlkampf, politische Lyrik, Ausgefragt, 1960er Jahre, Literatur und Politik, öffentliches Engagement, deutsche Nachkriegsliteratur, Kunst und Gesellschaft.
- Arbeit zitieren
- Robert Bachmann (Autor:in), 2008, Günther Grass - Schriftsteller, Staatsbürger, Wahlhelfer, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/172715