Einer der traditionell gegen den Utilitarismus erhobenen Vorwürfe besagt, Utilitarismus sei mit der Konzeption unveräußerlicher Individualrechte unvereinbar; er könne die Menschenrechte entweder nicht begründen oder schlösse deren Gebotensein schlicht aus.
Der Berechtigung dieser Behauptung wird zuerst bei den Theorie-Modellen der klassischen Utilitaristen Jeremy Bentham und John Stuart Mill nachgegangen.
Der Einwand von Bernhard Williams gegen den Utilitarismus, er würdige den Wert von Integrität der Persönlichkeit nicht, wird anhand seines selbst gebotenen Beispiels erwogen.
Unter den nicht-klassischen Utilitarismen wird die Theorie von Rainer W. Trapp auf ihre Vereinbarkeit mit unveräußerlichen Rechten geprüft.
Das Resümee ist uneindeutig: Nicht alle Utilitarismen schließen die Rechtsinhalte unveräußerlicher Individualrechte aus. Nicht alle der uns heute bekannten und als unveräußerlich postulierten Individualrechte lassen sich in ihrem Inhalt utilitaristisch begründen.
Im Paralipomenon wird das Verhältnis der utilitaristischen Methode zu moralischen Intuitionen überdacht und ein weiterer Einwand von Bernard Williams gegen den Utilitarismus geprüft: Ist der Utilitarismus konformistisch? Auch angesichts dieses Einwandes ist das Ergebnis uneindeutig, wie am Beispiel von Richard Hares kasuistischen Ausführungen zum Schwangerschaftsabbruch gezeigt werden kann. John Stuart Mill hingegen war bezüglich der Sexualmoral eindeutig nonkonformistisch. Den Abschluss bildet ein Plädoyer für einen freiheitlichen Utilitarismus in der Tradition Mills.
Inhaltsverzeichnis
- Klassischer Utilitarismus und unveräußerliche Individualrechte
- Jeremy Bentham (1748-1832): Utilitarismus im Sicherheitsinteresse der Gemeinschaft
- John Stuart Mill (1806-1873): Utilitarismus der Freiheit als Lebenskunst der Individuen
- Zu Bernard Williams' Utilitarismus-Kritik: Integrität oder „Hier steh ich und ich kann nicht anders!“
- Das Jim-Pedro-Beispiel
- Negative Verantwortlichkeit: „Verhindere das größere Übel!“
- Nicht-klassischer Utilitarismus und unveräusserliche Individualrechte
- Rainer W. Trapp: Gerechtigkeitsutilitarismus
- Utilitaristen und deontologische Rigoristen
- Resümee: Utilitarismus und unveräußerliche Individualrechte
- Paralipomenon: Plädoyer für Utilitarismus als Lebenskunst
- Ist der Utilitarismus konformistisch?
- Utilitarismus im Sinne John Stuart Mills als freiheitliche Lebenskunst, als „Art of Life“
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit setzt sich mit der Frage auseinander, ob der Utilitarismus mit der Konzeption unveräußerlicher Individualrechte vereinbar ist. Dabei wird untersucht, ob der Utilitarismus die Menschenrechte begründen kann oder ob er deren Gebotensein ausschließt. Die Arbeit betrachtet sowohl klassische Utilitaristen wie Jeremy Bentham und John Stuart Mill als auch nicht-klassische Ansätze, insbesondere den Gerechtigkeitsutilitarismus von Rainer W. Trapp.
- Die Vereinbarkeit von Utilitarismus und unveräußerlichen Individualrechten
- Kritik am Utilitarismus: Integrität und Negative Verantwortlichkeit
- Nicht-klassische Utilitarismen und ihre Beziehung zu Rechten
- Utilitarismus als Lebenskunst und seine Verbindung zu Freiheit
- Das Verhältnis von Utilitarismus zu moralischen Intuitionen
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel stellt die klassischen Utilitaristen Jeremy Bentham und John Stuart Mill vor und untersucht, wie ihre Ansätze mit der Konzeption unveräußerlicher Individualrechte in Konflikt geraten. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der Kritik von Bernard Williams am Utilitarismus, der argumentiert, dass der Utilitarismus den Wert von Integrität der Persönlichkeit nicht ausreichend berücksichtigt. Das dritte Kapitel analysiert den nicht-klassischen Utilitarismus von Rainer W. Trapp und prüft, ob dieser Ansatz mit unveräußerlichen Rechten vereinbar ist.
Schlüsselwörter
Utilitarismus, Individualrechte, Menschenrechte, Integrität, Gerechtigkeitsutilitarismus, Freiheit, Lebenskunst, Konformismus, Moral, Intuitionen, John Stuart Mill, Jeremy Bentham, Bernard Williams, Rainer W. Trapp.
- Quote paper
- Oliver Kloss (Author), 1997, Utilitarismus und unveräußerliche Individualrechte, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/169663