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Referat (Ausarbeitung), 2008
9 Seiten, Note: 1,3
1 Einleitung
2 Zusammenfassung des Aufsatzes
2.1 Geschichtliche Verortung des Underachievement
2.2 Statistische Fakten zum Bildungs(miss)erfolg von Jungen
2.3 Fünf Erklärungsmuster
2.4 Fazit
3 Interpretation anhand des Etikettierungsansatzes
4 Interpretation anhand Bourdieu
7 Literaturverzeichnis
Mit der vorliegenden Ausarbeitung soll die theoretische Grundlage zu dem Referat vom 17. Dezember 2008 nachgeliefert werden. Als Textfundament dient der Aufsatz Underachievement von Jungen: Perspektiven eines internationalen Diskurses, den die schweizerische Professorin Margrit Stamm in diesem Jahr in der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft veröffentlichte. Demgemäß wird der Inhalt des Aufsatzes im folgenden Punkt zusammengefasst dargestellt. Im dritten und vierten Punkt wird jeweils ein Erklärungsmuster für Underachievement von Jungen mithilfe des Etikettierungsansatzes und ferner der Theorie Bourdieus interpretiert.
Im Fokus des Aufsatzes von Margrit Stamm steht die sogenannte Jungenwende, mit der die verstärkte internationale Aufmerksamkeit beschrieben wird, die Jungen aufgrund ihres zunehmenden Fernbleibens aus anspruchsvollen Bildungsgängen, ihres problematischen Sozialverhaltens und ihrer im Vergleich zu den Mädchen schlechteren Schulleistungen zukommt (vgl. Stamm 2008: 106). Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Underachievement von Jungen, worunter nicht die negative Diskrepanz von reellen (Schul-)Leistungen und dem laut Intelligenztests möglichen Leistungsniveau, wie im Konzept der Erwartungswidrigen Schulleistung von Orthmann im Rahmen der Hochbegabtenförderung, verstanden wird (vgl. Rohrmann 2005: 93f).
Laut Stamm (2008: 107) werden als Underachiever diejenigen Schülerinnen bezeichnet, „die von der Schule nicht ihren Möglichkeiten entsprechend gefördert oder als Angehörige einer Risikogruppe an der Entwicklung ihres Potenzials gehindert werden.“ Verkürzt dargestellt wird Underachievement als Mangel an Bildungserfolg und Bildungsfortschritt gesehen (vgl. ebd.: 116).
In den 1950er und 1960er Jahren wurde im angloamerikanischen Raum die Institution Schule als Verursacher von Ungleichheit, jedoch in Bezug auf Mädchen, entdeckt. Im deutschsprachigen Raum wurde dieses Thema erst in den 1970er und 1980er Jahre aufgegriffen. Die damalige Literatur ging davon aus, dass Schulumgebungen und Unterrichtsstrukturen die spezifischen Bedürfnisse von Mädchen nicht berücksichtigen und sie deshalb an der Entwicklung ihres Potentials behindert werden (vgl. ebd.: 108). Mit dem Ende der 1980er Jahre wurde das schlechte Abschneiden bzw. die Benachteiligung von Mädchen im mathematisch-naturwissenschaftlichen Schulsegment als Erklärung dafür angesehen, dass sie diesbezüglich nur wenig Selbstvertrauen entwickeln und weiterführenden Bildungs- und Studiengängen fernbleiben, wodurch ihnen im Endeffekt psychischer Schaden zugefügt wird (vgl. ebd.: 108f). Mit dem Ende des letzten Jahrhunderts kam es schließlich dadurch zur Jungenwende, „dass die Jungen seit Mitte der 1990er-Jahre von den Mädchen in den unteren Testrängen in einigen (Australien, Neuseeland, USA) oder in nahezu allen Leistungsbereichen (England) regelmäßig übertroffen werden“ (ebd.: 109).
Auch im deutschsprachigen Raum nahmen sich die Medien dieses Themas an und thematisieren es auch aktuell noch regelmäßig, wie z.B. die Artikelüberschrift „Die Krise der kleinen Männer“ (Spiewak 2007: 37) zeigt. Stamm (2008: 109) bemängelt diesbezüglich, dass der hiesige wissenschaftliche Diskurs die Jungen trotz zahlreicher vorhandener Daten kaum in den Mittelpunkt gerückt hat. Zwar gelten die Jungen in der Gesellschaft mittlerweile als Verlierer der Bildungsexpansion und die Frage nach ihrer spezifischen Förderung wird immer lauter, trotzdem sind aus dem wissenschaftlichen Diskurs bisher kaum explizite Zusammenhänge von Schulversagen und Underachievement von Jungen hervorgegangen (vgl. ebd.).
Neben anderen statistischen Fakten erwähnt Stamm, dass sich eine Benachteiligung von Jungen im deutschen Schulsystem vor allem dadurch zeigt, dass Jungen am Gymnasium unter-, an Haupt, Förder- und Sprachheilschulen jedoch überrepräsentiert sind und Mädchen im Schnitt häufiger anspruchsvollere Schulformen besuchen.
Zudem erzielen Mädchen höhere Bildungsabschlüsse (Abitur, Fachhochschulreife etc.) und Jungen verlassen sogar die Hauptschule deutlich häufiger ohne Abschluss. Überdies werden Jungen häufiger von der Einschulung zurückgestellt, wiederholen öfter eine Klassenstufe und schwänzen erkennbar häufiger den Schulunterricht als Mädchen. Auf der anderen Seite sind Frauen im späteren Berufsleben bzw. auf dem Arbeitsmarkt generell benachteiligt, z.B. nehmen sie seltener Spitzenpositionen ein und sind öfter von Jugendarbeitslosigkeit betroffen (vgl. ebd.: 110f).
Auch die großangelegte PISA-Studie 2001 / 2003 förderte keine eindeutigen Ergebnisse über das Ausmaß des Underachievements bei Jungen in der Schweiz und in Deutschland zu Tage. So wiesen die Mädchen eine höhere Lesekompetenz aus, wobei geringe Vorsprünge bei den Jungen in der mathematischen Grundbildung zu verzeichnen waren. Schließlich ergaben sich in der naturwissenschaftlichen Bildung keine geschlechtsspezifischen Unterschiede. Jedoch basierte „der Leistungsvorsprung der Jungen [in Mathematik] vor allem auf der Spitzenleistung einer relativ kleinen Gruppe, während die Geschlechterverteilung im mittleren Leistungssegment ausgeglichen und im unteren Segment signifikant stärker zu Ungunsten der Jungen ausfiel“ (ebd.: 110), was lediglich aufzeigt, dass die Leistungen der Jungen wesentlich mehr streuten als die der Mädchen (vgl. ebd.).
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