Gebärdensprachen sind keineswegs nur Ansammlungen von pantomimischen Zeichen, wovon die Gehörlosengemeinschaft lange selbst ausgegangen ist. Etliche Studien haben bewiesen, dass Gebärdensprachen komplexe Grammatiken besitzen und es sich um strukturierte Kommunikationssysteme handelt. Auch die Annahme, die deutsche Gebärdensprache sei eine manuelle Version des Deutschen, ist falsch. Sie besitzt ihre eigene Grammatik, in der beispielsweise das Verb am Ende eines Satzes steht. Jedes Land hat seine eigene Gebärdensprache, in der verschiedene Dialekte, wie auch in Lautsprachen auftauchen. So gibt es beispielsweise regionale Variationen für die Ausdrücke von ein und dergleichen Farbe, so wie es in der deutschen Lautsprache mehrere Begriffe für das Wort „Brot“ gibt. Werden andere Gebärdensprachen erlernt, so gebärdet man diese in den meisten Fällen mit Akzent.
Sprachwissenschaftler und Hirnforscher interessierten sich schon immer dafür, wie Sprache im Gehirn produziert und verarbeitet wird. Frühere Studien beschränkten sich auf Lautsprachen wie Deutsch, Englisch und Französisch, bis große Fortschritte bei der Lokalisierung von Hirnzentren stattfanden. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts, wurden dann auch jene Zentren entdeckt, die für Sprachentstehung und Verarbeitung zuständig sind. Zu nennen sind die beiden Hauptkomponenten in der linken Gehirnhälfte (Broca-Areal und Wernicke-Areal), auf die ich später noch genauer eingehen werde. Bei Schädigungen innerhalb der rechten Hirnhälfte, erkennt man eher eine Beeinträchtigung der visuell-räumlichen Wahrnehmung. Forscher erklären sich den Aspekt, dass die Sprachfunktion in der linken Hirnhälfte lokalisiert wird und sich das räumliche Denken in der rechten Hemisphäre etabliert hat folgendermaßen: Das Wernicke-Areal, das unter anderem für das menschliche Sprachverständnis verantwortlich ist, befindet sich dicht an der Hörrinde im Hirn, wobei sich das Broca-Areal an der Rinde für Motorik lokalisieren lässt. Doch wie lässt sich das anhand von Gebärdensprachen erklären? In dieser Arbeit erläutere ich kurz die beiden Hauptkomponenten der Sprachzentren und beschreibe danach ihre Benutzung und Funktion. Danach gehe ich auf die gestörte Verarbeitung von Gebärdensprachen anhand von Läsionen innerhalb der linken oder der rechten Hemisphäre ein. In einigen Fällen können auch beide Hirnhälften betroffen sein. [...]
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- Bettina Dobor (Author), 2022, Aphasien und Apraxien in Gebärdensprachen, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1584185