Im Rahmen des Seminars Einführung in die christliche und profane Ikonografie wird neben einer Bildbeschreibung, der Darstellung schriftlicher Quellen und einem Überblick über die Entwicklung der Verkündigung ein besonderer Schwerpunkt auf die Gestik Marias gelegt. Im Fokus steht die Untersuchung möglicher Quellen, die Künstler für die Darstellung der Handstellungen Marias herangezogen haben könnten. Bei der Verkündigung von Piero della Francesca reichen beispielsweise die Interpretationen der erhobenen rechten Hand von "Achtung und Aufmerksamkeit gegenüber der Botschaft" bis "ihre rechte Hand zur Begrüssung des Engels erhoben".
"Von der Gestalt der Jungfrau weiss man nicht", schreibt der Kirchenvater Augustinus (354-430). Das Malerhandbuch des Malermönches Dionysios vom Berge Athos beschreibt die jahrhundertealte Tradition der Darstellung der Verkündigung in der Ikonenmalerei, die Anatomie und die Wesenszüge Marias sowie die Darstellung der Verkündigung selbst: „Ein Haus. Die Heiligste steht vor einem Sessel und hält das Haupt ein wenig geneigt, in der einen Hand hält sie Seide […]. Die Rechte hat sie gegen den Engel ausgestreckt. Der Engelfürst Gabriel steht vor ihr, mit der Rechten segnet er sie, mit der Linken hält er einen Speer.“ Bezüglich der Aufgabe der Malerei notiert Leon Battista Alberti (1404-1471): „Sunt namque motus alii animorum, quos docti affectiones nuncupant, ut ira, dolor, gaudium, timor, desiderium et eiusmodi. Sunt et alii corporum, nam dicuntur moveri corpora plerisque modis, siquidem cum crescunt aut minuuntur, cumque valentes in aegritudinem cadunt, cumque a morbo in valetudinem surgunt, cumque locum mutant et huiusmodi causis corpora moveri dicuntur. Nos autem pictores, qui motibus membrorum volumus animos affectos exprimere, caeteris disputationibus omissis, de eo tantum motu referamus, quem tum factum dicunt, cum locus mutatus sit.“ Auch im Falle der Verkündigung besteht die Aufgabe der Maler darin, die Gefühlsregungen Marias zu beschreiben beziehungsweise den genauen Zeitpunkt ihres Auftretens zu bestimmen und Marias jeweiligen Gefühlszustand (conturbatio, cogitatio, interrogatio, humiliatio und meritatio) allgemein verständlich zu visualisieren.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Verkündigung an die Maria von Piero della Francesca
- Angaben zu Werk und Künstler
- Ikonografie
- Schriftliche Quellen der Darstellung
- Bibel: Neues Testament LK 1,26–38
- Apokryphen: Protoevangelium des Jakobus
- Dante, Divinia Commedia, Purgatorio Canto X
- Zur Entwicklung der Verkündigungsdarstellung bis ins 15. Jahrhundert
- Marias Gesten: conturbatio, cogitatio, interrogatio, humiliatio, meritatio
- Signa-Listen als Quelle für die Gestik in der Malerei
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit analysiert Piero della Francescas Fresko „Verkündigung an Maria“ im Kontext der christlichen Ikonografie. Die Arbeit untersucht die ikonografischen Elemente des Bildes, beleuchtet die schriftlichen Quellen, die die Darstellung beeinflusst haben könnten, und verfolgt die Entwicklung der Verkündigungsdarstellung bis ins 15. Jahrhundert. Ein besonderer Fokus liegt auf der Gestik Marias und der Suche nach möglichen künstlerischen Quellen für deren Umsetzung.
- Ikonografische Analyse von Piero della Francescas „Verkündigung“
- Einfluss biblischer und apokrypher Texte auf die Darstellung
- Entwicklung der Verkündigungsikonografie bis zum 15. Jahrhundert
- Analyse der Gestik Marias und deren mögliche Quellen
- Künstlerische und historische Kontextualisierung des Werks
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Darstellung der Verkündigung ein und benennt die Forschungsfrage nach den Quellen der Gestik Marias in Piero della Francescas Fresko. Sie verweist auf die Herausforderungen der Darstellung von Marias Gefühlszuständen (conturbatio, cogitatio, interrogatio, humiliatio, meritatio) und skizziert den Aufbau der Arbeit. Die Zitate von Augustinus, Dionysios vom Berge Athos und Alberti unterstreichen die historische Bedeutung und die künstlerischen Fragestellungen im Umgang mit der Verkündigungsszene.
Verkündigung an die Maria von Piero della Francesca: Dieses Kapitel beschreibt zunächst das Werk selbst: Piero della Francescas Fresko in der Kirche San Francesco in Arezzo, seine Größe und seinen Platz innerhalb des Freskenzyklus „Die Legende des heiligen Kreuzes“. Es wird auf den Auftraggeber, die Familie Bacci, und den künstlerischen Werdegang Piero della Francescas eingegangen, wobei seine mathematischen und theoretischen Kenntnisse hervorgehoben werden, welche die perspektivische Darstellung und die Lichtverhältnisse beeinflussen. Der Abschnitt über die Ikonografie analysiert die Komposition des Bildes, die Aufteilung in Bildfelder, die Figuren Marias und Gabriels, deren Gesten und Kleidung, sowie die architektonischen und räumlichen Elemente des Freskos im Detail.
Schriftliche Quellen der Darstellung: Dieses Kapitel untersucht die schriftlichen Quellen, die Piero della Francesca für seine Darstellung der Verkündigung genutzt haben könnte. Es analysiert die entsprechenden Stellen im Lukas Evangelium, im Protoevangelium des Jakobus und in Dantes Göttlicher Komödie. Der Vergleich dieser Texte ermöglicht es, die ikonografischen Elemente des Freskos in einen breiteren Kontext zu stellen und mögliche Einflüsse auf die Gestaltung der Szene zu identifizieren.
Zur Entwicklung der Verkündigungsdarstellung bis ins 15. Jahrhundert: Dieses Kapitel behandelt die historische Entwicklung der Ikonografie der Verkündigung bis ins 15. Jahrhundert. Es wird der Wandel in der Darstellung und die Entwicklung der verschiedenen ikonografischen Elemente über die Jahrhunderte hinweg dargestellt, um den Platz von Piero della Francescas Werk in dieser Tradition zu verstehen. Die Entwicklung verschiedener Ikonografischer Elemente wie die Haltung der Figuren und die Architektur des Raumes werden beleuchtet.
Marias Gesten: conturbatio, cogitatio, interrogatio, humiliatio, meritatio: Dieser Abschnitt konzentriert sich auf die detaillierte Analyse der Gesten Marias im Fresko und deren Bedeutung im Kontext der beschriebenen Gefühlszustände. Jede Geste wird einzeln untersucht und in Verbindung mit den schriftlichen Quellen und der Gesamtkomposition des Werkes interpretiert. Die Interpretation der einzelnen Gesten bietet somit eine tiefere Einsicht in die theologische und emotionale Dimension der Szene.
Signa-Listen als Quelle für die Gestik in der Malerei: Das Kapitel untersucht, ob und inwieweit Signa-Listen (Listen von Gesten und deren Bedeutung) als Quelle für die Darstellung der Gesten in der Malerei gedient haben könnten. Es analysiert, ob und wie diese Listen die ikonografischen Entscheidungen von Piero della Francesca beeinflusst haben könnten, und setzt dies in Bezug zu der Gestik Marias im Fresko.
Schlüsselwörter
Verkündigung an Maria, Piero della Francesca, Ikonografie, Fresko, Gestik, Maria, Gabriel, Lukas Evangelium, Protoevangelium des Jakobus, Dante, Zentralperspektive, Renaissancemalerei, Bildanalyse, Kunstgeschichte.
Häufig gestellte Fragen
Was ist der Fokus dieser Textanalyse?
Diese Textanalyse konzentriert sich auf eine umfassende Sprachvorschau, die Titel, Inhaltsverzeichnis, Ziele, Themenschwerpunkte, Kapitelzusammenfassungen und Schlüsselwörter umfasst.
Welches Kunstwerk wird hauptsächlich analysiert?
Das Hauptaugenmerk liegt auf Piero della Francescas Fresko "Verkündigung an Maria". Die Analyse untersucht die Ikonografie, schriftliche Quellen und die historische Entwicklung der Verkündigungsdarstellung.
Welche schriftlichen Quellen werden untersucht?
Die Analyse betrachtet biblische (Neues Testament LK 1,26–38), apokryphe (Protoevangelium des Jakobus) und literarische (Dante, Divinia Commedia, Purgatorio Canto X) Quellen, die die Darstellung beeinflusst haben könnten.
Was ist die Bedeutung der Gesten Marias in der Darstellung?
Ein wichtiger Aspekt der Analyse ist die Gestik Marias (conturbatio, cogitatio, interrogatio, humiliatio, meritatio) und die Suche nach möglichen künstlerischen Quellen für deren Umsetzung.
Was sind die wichtigsten Kapitelzusammenfassungen?
Die Analyse umfasst eine Einleitung, eine detaillierte Beschreibung und ikonografische Analyse von Piero della Francescas Fresko, eine Untersuchung der schriftlichen Quellen, eine historische Entwicklung der Verkündigungsdarstellung bis ins 15. Jahrhundert, eine Analyse der Gesten Marias und eine Untersuchung von Signa-Listen als mögliche Quellen für die Gestik in der Malerei.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für diese Analyse?
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Was ist das Ziel der Seminararbeit?
Das Ziel der Seminararbeit ist die Analyse von Piero della Francescas Fresko "Verkündigung an Maria" im Kontext der christlichen Ikonografie, die Untersuchung der ikonografischen Elemente des Bildes, die Beleuchtung der schriftlichen Quellen und die Verfolgung der Entwicklung der Verkündigungsdarstellung bis ins 15. Jahrhundert. Ein besonderer Fokus liegt auf der Gestik Marias und der Suche nach möglichen künstlerischen Quellen für deren Umsetzung.
Welche Themen werden in der Analyse behandelt?
Die Analyse behandelt die ikonografische Analyse von Piero della Francescas „Verkündigung“, den Einfluss biblischer und apokrypher Texte auf die Darstellung, die Entwicklung der Verkündigungsikonografie bis zum 15. Jahrhundert, die Analyse der Gestik Marias und deren mögliche Quellen, sowie die künstlerische und historische Kontextualisierung des Werks.
- Arbeit zitieren
- Markus Stricker (Autor:in), 2017, Verkündigung an die Maria. Pierro della Francesca (1420 - 1492), München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1582490