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Quellenexegese, 2005
25 Seiten, Note: 1,5
1. Abgrenzung des Abschnittes
2. Wortlaut von Genesis 32,23-33
3. Übersetzungsvergleich
4. Stellung der Erzählung im Buch Genesis
5. Aufbau des Abschnitts
5.1. Grobgliederung
5.2. Feingliederung
6. Literarkritik
7. Formgeschichte
8. Datierung des Textes
9. Einzelexegese
10. Ziel der Erzählung
11. Systematisch-theologische Reflektion
12. Unterrichtsentwurf
13. Literaturverzeichnis
„Jakobs Kampf am Jabbok“ (Gen 32,23-33) stellt im Gesamtzusammenhang des Jakob-Esau Zyklusses ein in sich abgeschlossenes Ereignis dar. Dass diese Erzählung auch kontextfrei verstanden werden könnte, weist darauf hin, dass dieser Abschnitt vom vorangehenden und darauffolgenden abzugrenzen ist. Doch auch die Stellung im Kontext gibt Hinweise darauf, dass es sich bei Gen 32,23-33 um eine Einheit handelt. So hat Jakob die Vorbereitungen abgeschlossen, die er für das Treffen mit seinem Bruder, den er um den Segen des Vaters gebracht hatte (Gen 27,27-29), getroffen hat. Ihn trennt nur noch ein Fluß von Esau, von welchem er nicht weiß, ob er ihm wohlgesonnen ist oder nicht. Mit dem Überqueren des Flusses beginnt ein neuer Abschnitt. Unterstrichen wird dies auch durch den Wechsel der Tageszeit. Während Gen 32,23-33 sich nachts ereignet, sind sowohl die vorangehende als auch die darauffolgende Erzählung am Tag. Dass mit Gen 33 ebenfalls ein neuer Abschnitt beginnt, lässt sich außerdem daraus schlussfolgern, dass hier eine neue Person in den Kreis der Handelnden tritt (Esau).
Für die vorliegende Exegese wird die revidierte Elberfelder Übersetzung als Textgrundlage dienen. Verglichen wird diese Übersetzung mit der Bibelübersetzung „Hoffnung für Alle“. Eine detailliertere Kontrastierung der wichtigsten Unterschiede soll in Kapitel 3 folgen.
Text aus der revidierten Elberfelder Übersetzung von Gen 32,23-33 :
23 Und er stand in jener Nacht auf[1], nahm seine beiden Frauen, seine beiden Mägde und seine elf Söhne[2] und zog über die Furt des Jabbok;
24 und er nahm sie und führte sie über den Fluß[3] und führte hinüber, was er hatte.
25 Und Jakob blieb allein zurück. Da rang ein Mann mit ihm[4], bis die Morgenröte heraufkam.
26 Und als er[5] sah, daß er ihn[6] nicht überwältigen konnte , berührte[7] er sein Hüftgelenk; und das Hüftgelenk Jakobs wurde verrenkt, während er mit ihm rang[8].
27 Da sagte er: Laß mich los, denn die Morgenröte ist aufgegangen! Er aber sagte: Ich lasse dich nicht los, es sei denn, du hast mich vorher gesegnet.
28 Da sprach er zu ihm: Was ist dein Name? Er sagte: Jakob.[9]
29 Da sprach er: Nicht mehr Jakob soll dein Name heißen, sondern Israel ; denn du hast mit Gott und mit Menschen gekämpft und hast überwältigt.[10]
30 Und Jakob fragte und sagte: Teile mir doch deinen Namen mit! Er aber sagte: Warum fragst du denn nach meinem Namen? Und er segnete ihn dort.
31 Und Jakob gab der Stätte den Namen Pnuel : denn ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen, und meine Seele ist gerettet worden![11]
32 Und die Sonne ging ihm auf, als er an Pnuel vorüberkam[12] ; und er hinkte an seiner Hüfte.
33 Darum essen die Söhne Israel bis zum heutigen Tag nicht den
Hüftmuskel, der über dem Hüftgelenk ist, weil er das Hüftgelenk Jakobs, den Hüftmuskel, berührt[13] hat.
Als signifikantester Unterschied sticht V 26b ins Auge. Während die Elberfelder von einem Berühren des Hüftgelenks spricht, übersetzt Hoffnung für Alle „[…] gab er ihm einen so harten Schlag auf das Hüftgelenk, daß es ausgerenkt wurde.“ Das Wort „naga“, welches sowohl in V 26 als auch in V 33 auftritt, hat mehrere Übersetzungsmöglichkeiten. Sie reichen von berühren und antasten bis hin zu schlagen und stoßen.[14] Diese Vielzahl an Übersetzungsmöglichkeiten wirft für die Einzelexegese konträre Interpretationsmöglichkeiten für den „Mann“ auf. Spricht man von einem Schlag auf die Hüfte, so ist dies eine physische Handlung und an der daraus resultierenden Verrenkung des Hüftgelenkes ist nichts Wunder- oder Sonderbares. Übersetzt man jedoch mit berühren, wie es in der Elberfelder der Fall ist, so bekommt die gesamte Handlung eine andere Gewichtung, denn es muss sich bei dem „Mann“ um ein mächtiges Wesen handeln, wenn es durch eine bloße Berührung Jakobs Hüftgelenk so schwerwiegend verletzen kann.
Das Buch Genesis, das erste der fünf Bücher des Pentateuchs, wird in drei Themenbereiche geteilt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Letzterer Bereich lässt sich wiederum in den Abraham-Kreis (12-25), den Jakob-Kreis (26-36), bestehend aus den Isaak-Jakob / Esau und der Jakob / Laban Erzählungen, und in die Josephsgeschichte (37-50) aufteilen.[15]
Die Erzählung Gen 32,23-33 lässt sich in 5 Teile gliedern:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
[...]
[1] In der Bibel Hoffnung für Alle (HfA)wird eine vage Zeitangabe gemacht: „Mitten in der Nacht“
[2] HfA spricht hier von „Kindern“
[3] „und er nahm sie und führte sie über den Fluß“ fehlt in HfA
[4] HfA ergänzt „Plötzlich stellte sich ihm ein Mann entgegen“
[5] „Er“ wird in HfA mit „der Mann“ übersetzt
[6] „Ihn“ wird mit „Jakob“ identifiziert
[7] Der entscheidenste Unterschied! HfA übersetzt „[…] gab er ihm einen so harten Schlag“. Im Folgenden soll dies
näher diskutiert werden
[8] „während er mit ihm rang“ fehlt in HfA
[9] Wird in HfA übersetzt mit „Als Jakob seinen Namen nannte,“
[10] In HfA ergänzt durch „immer überwältigt“
[11] HfA übersetzt hier komplett aktivisch „Ich habe Gott gesehen, und trotzdem lebe ich noch!“
[12] Dieser Teil wird in HfA gekürzt „Die Sonne ging gerade auf, als Jakob weiterzog.“
[13] Hier wird in HfA wieder mit „geschlagen“ übersetzt
[14] vgl. Karl-Horst Matthes: Abraham, Isaak und Jakob geraten in die Geschichten der Väter, S. 295
[15] vgl. Riwar „Einführung in wissenschaftliches Arbeiten und Bibelkunde“, S. 69