Rhizome sind ein Modell von Mannigfaltigkeiten der Kommunikation und sozialer Prozesse, das vor über 20 Jahren zuerst von Gilles Deleuze und Félix Guattari aufgeworfen wurde und in den Bereich der Systemtheorien hineinspielt. Ursprünglich stammt der Begriff des Rhizoms aus der Biologie, wo er eine Form von Wurzelgeflecht beschreibt, das an der Spitze unbegrenzt weiter wächst, während ältere Teile allmählich absterben. Die wesentliche Eigenschaft, die uns hier interessieren wird, ist neben der Strukturform die Fähigkeit, auch dann weiter zu wachsen, wenn das Rhizom an irgendeiner Stelle abgetrennt wird. In baumartigen Strukturen bilden sich aus dem Hauptstamm vielfache Verzweigungen, die letztlich Strukturkopien der übergeordneten Vorlage sind. Ein Rhizom dagegen formt keine identischen Verzweigungskopien aus, sondern Verdichtungen aus Vielheiten.
Dies hat auch zur Folge, dass sich keine übergeordneten und in ihrer Bedeutung festgelegten Strukturen finden lassen, während jede Verzweigung eines Baumes sich eindeutig innerhalb der Einheit auf seinen Ursprung zurückverfolgen lässt, wobei verschiedene Hierarchieebenen mit unterschiedlichen, fest zugeordneten Bedeutungen und Funktionen durchlaufen werden. Es zeigt sich somit, dass Rhizome nicht-hierarchisch ausgeformt sind und in ihrem Wesen nicht der sonst üblichen und bis in elementarste Ebenen der Logik zurückverfolgbaren, traditionell verwendeten Baumhierarchie gehorchen (müssen).
Aus diesem Gedanken heraus haben Gilles Deleuze und Félix Guattari [5] seit dem Ende der Siebzigerjahre ein analoges Modell von Mannigfaltigkeiten der Kommunikation und sozialer Prozesse entwickelt. Dabei spielen Kernelemente der Systemtheorie insofern eine Rolle, als an diesem Modell Denkweise, Kommunikationsprozesse und soziale Ausformungen nicht anhand von Identitäten, Gleichheiten oder Entitäten betrachtet werden, sondern als Ausdruck von Verschiedenheit und Differenzen sowie temporären Funktionalitäten, die nicht einem Zustand, sondern einer Dynamik unterliegen. Es stellte sich die Frage, wie man aus bestehenden Systemen heraus, die durch Hierarchien, Abhängigkeiten, Machtstrukturen und Zentralismus geprägt sind, wirklich Neues schaffen kann, das in der Lage ist, diese Vorausprägungen zu durchbrechen.
Rhizome im Internet sollen hier am konkreten Beispiel auf Konnektivität, Heterogenität, Vielheit, Subversivität, Orientierungsmuster und asignifikante Brüche hin untersucht und näher beschrieben werden.
Inhaltsverzeichnis
- 0. Einleitung: Rhizome in der Biologie
- 1. Basisdefinitionen
- 1.1. Grundgedanken zur Rhizommetapher
- 1.2. Rhizome als Sozial- und Kommunikationsprozesse
- 2. Motivation
- 3. Rhizome im Internet – New Aeon City
- 3.1. Überblick über die virtuelle Stadt / Community
- 3.1.1. Äußere Form und Grundsatz-Reglementierung
- 3.1.2. Navigation und Handlungsmöglichkeiten
- 3.1.2.1. Usernutzung
- 3.1.2.2. Administrative Zugriffe und Einstellungen
- 3.2. Betrachtung von NAC unter Hinblick auf 1.2.
- 3.1. Überblick über die virtuelle Stadt / Community
- 4. Problembetrachtung
- 4.1. Technische Beschränkungen und Störanfälligkeiten
- 4.2. Menschliche Faktoren
- 5. Vorteile rhizomorpher Entwicklungen in (sozialen) Netzen und Kom-munikationsformen und Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit untersucht rhizomorphe Prozesse im Internet und beleuchtet diese am Beispiel der virtuellen Stadt „New Aeon City“ (NAC). Ziel der Arbeit ist es, die Rhizommetapher aus der Biologie auf soziale und kommunikative Prozesse im Internet zu übertragen und anhand des Beispiels von NAC die Möglichkeiten und Herausforderungen rhizomorpher Entwicklungen in virtuellen Gemeinschaften zu erforschen.
- Rhizomorphe Prozesse im Internet
- Die Rhizommetapher und ihre Anwendung auf soziale und kommunikative Prozesse
- Die virtuelle Stadt „New Aeon City“ als Beispiel für rhizomorphe Strukturen im Internet
- Vorteile und Herausforderungen rhizomorpher Entwicklungen in virtuellen Gemeinschaften
- Problembetrachtung hinsichtlich technischer Beschränkungen und menschlicher Faktoren
Zusammenfassung der Kapitel
- 0. Einleitung: Rhizome in der Biologie: Die Einleitung stellt den Ursprung des Rhizom-Begriffs in der Biologie vor und erklärt, wie diese biologische Struktur als Metapher für soziale und kommunikative Prozesse im Internet dienen kann.
- 1. Basisdefinitionen: Dieses Kapitel definiert den Begriff des Rhizoms im Kontext der Biologie und erläutert die Grundgedanken der Rhizommetapher. Die Rolle des Rhizoms als Modell für soziale und kommunikative Prozesse wird hier genauer beleuchtet.
- 2. Motivation: Dieses Kapitel erläutert die Motivation hinter der Analyse rhizomorpher Prozesse im Internet und die Relevanz der Thematik für die Informatik und Gesellschaft.
- 3. Rhizome im Internet – New Aeon City: Dieses Kapitel beschreibt die virtuelle Stadt "New Aeon City" als Beispiel für eine rhizomorphe Struktur im Internet. Es beleuchtet die Struktur, Navigation und Handlungsmöglichkeiten in NAC und analysiert, inwieweit diese Aspekte den in Kapitel 1 dargestellten Merkmalen von Rhizomen entsprechen.
- 4. Problembetrachtung: Dieses Kapitel analysiert die Herausforderungen und Probleme rhizomorpher Entwicklungen in virtuellen Gemeinschaften, indem es technische Beschränkungen und menschliche Faktoren beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themenbereichen Rhizommetapher, soziale und kommunikative Prozesse im Internet, virtuelle Städte, "New Aeon City", Vorteile und Herausforderungen rhizomorpher Entwicklungen in virtuellen Gemeinschaften, technische Beschränkungen, menschliche Faktoren.
- Arbeit zitieren
- Andreas Jur (Autor:in), 2003, Rhizomorphe Prozesse im Internet - New Aeon City, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/15211