Die Arbeit untersucht Johann Wolfgang von Goethes Lustspiel "Die Mitschuldigen" im Kontext der literarischen Darstellung von Schuld und ihrer didaktischen Implikationen. Das 1768 konzipierte und später mehrfach überarbeitete Werk thematisiert ein dichtes Netz sozialer und moralischer Schuld, das die Figuren in ihrer typenhaften Konstellation gefangen hält. Goethe, der das Stück zeitlebens schätzte, scheiterte jedoch daran, es zu einem erfolgreichen Theaterstück zu machen, was auf die inhärenten stilistischen und inhaltlichen Konflikte zurückzuführen ist.
Im Fokus der Analyse stehen die Strategien Goethes zur Evokation von Komik und Schuld sowie deren Auswirkungen auf die didaktische und moralisierende Funktion des Textes. Trotz des Potentials zur gesellschaftskritischen Reflexion verpasst Goethe die Chance, durch Figurenempathie eine moralische Katharsis beim Publikum zu induzieren. Dies resultiert aus der Kollision verschiedener literarischer Formen und der Entdidaktisierung des Stücks.
Zentrale Forschungsfragen der Studie sind: Wie wird die Schuld von Goethe psychologisch und interaktionell realisiert? Warum lässt sich Goethes Schreibgestus als entdidaktisierend und unmoralisierend klassifizieren? Wie ermöglicht Goethe dem Leser, sich empathisch in die schuldbehafteten Figuren hineinzuversetzen? Welche Veränderungen wurden in der zweiten Fassung vorgenommen, um die Schuldthematik zu akzentuieren? Wie betreiben die Figuren Schuld- und Vertrauensmanagement?
Die bisherige Forschung hat Goethes Werk vor allem hinsichtlich biographischer Elemente, strukturanalytischer Gesichtspunkte und literarhistorischer Relationen untersucht. Diese Arbeit erweitert den Diskurs, indem sie eine Poetik der Schuld kontextualisiert und deren didaktischen Nutzen prüft. Sie postuliert, dass das Lustspiel aufgrund seiner Opposition zu verschiedenen Komödienkonzepten und seines unmoralisierenden Impetus’ ein Lustspiel mit unausgeschöpftem Potential bleibt.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- Wissenschaftliche Relevanz
- Forschungsfragen, -stand und Zielsetzung
- ANALYSE: POETIK DER SCHULD
- Soziomoralische Grenzgänger und komisches Potential der Schuld
- Kognitions- und Verhaltensrepertoires der Figuren
- Textinterne Strategien zur Komikevokation
- Unausgeschöpftes Potential: Moralisierung und Didaxe
- Gattungsstrukturelle Interferenzen
- Unmoralisierender und entdidaktisierender Impetus
- Verschlimmbesserungen: Die Exposition der zweiten Fassung
- SYNTHESE: KONDENSIERUNG DER ANALYSEERGEBNISSE UND FAZIT
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert das Lustspiel „Die Mitschuldigen“ von Johann Wolfgang Goethe, um die Rolle der Schuld in der Komödie und die Potenziale der Moral und Didaxe im Stück zu beleuchten. Ziel ist es, den soziomoralischen Grenzgängern im Stück, die Schuld als Motivkomplex im literarischen Werk, die gattungsstrukturellen Interferenzen und den unmoralisierenden Impetus zu untersuchen.
- Die Schuld als Motivkomplex in „Die Mitschuldigen“
- Soziomoralische Grenzgänger in der Komödie
- Die gattungsstrukturellen Interferenzen und der unmoralisierende Impetus des Stücks
- Das unausgeschöpfte Potential der Schuld zur Moralisierung und Didaxe
- Die zweite Fassung des Stücks und die darin enthaltenen „Verschlimmbesserungen“
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel widmet sich der wissenschaftlichen Relevanz und dem Forschungsstand der Arbeit. Es beleuchtet die historische Bedeutung des Stücks und stellt die Forschungsfragen und -ziele dar. Das zweite Kapitel analysiert die Poetik der Schuld in „Die Mitschuldigen“ und untersucht die soziomoralischen Grenzgänger, ihre Kognitions- und Verhaltensrepertoires und die textinternen Strategien zur Komikevokation. Es befasst sich außerdem mit dem unausgeschöpften Potential der Schuld zur Moralisierung und Didaxe, den gattungsstrukturellen Interferenzen, dem unmoralisierenden Impetus und den „Verschlimmbesserungen“ der zweiten Fassung.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter der Arbeit sind: Schuld, Moral, Didaxe, Komödie, Lustspiel, Goethes „Die Mitschuldigen“, soziomoralische Grenzgänger, komisches Potential, gattungsstrukturelle Interferenzen, unmoralisierender Impetus, Verschlimmbesserungen, zweite Fassung.
- Arbeit zitieren
- Marco Garbely (Autor:in), 2019, Unausgeschöpftes Potential der Schuld zur Moralisierung und Didaxe in Goethes "Die Mitschuldigen", München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1491496