In dieser Arbeit widme ich mich der Frage, welche klassen- und geschlechtsspezifischen Reproduktionsmechanismen zur Ungleichheit an deutschen Hochschulen beitragen und versuche herauszufinden, an welchen Stellen Überschneidungen der Kategorien auftauchen. Die Untersuchung und Analyse sozialer Zusammenhänge und miteinander verknüpfter Strukturen, welche zu sozialer Ungleichheit beitragen, birgt das Potenzial, spezifische und bisher vernachlässigte Wirkweisen zu erkennen und damit die Möglichkeit, das Bildungssystem fairer zu gestalten.
Im Jahr 2024, in dem die deutschen Hochschulen rein rechtlich jedem Geschlecht und jeder Klasse offenstehen und Frauen mehr als die Hälfte der Studienanfänger ausmachen, mag mancher zu der Annahme verleitet werden, dass Bildungsgerechtigkeit im Sinne der Geschlechter bereits hergestellt sei. Dagegen ist jedoch einzuwenden, dass dies nichts über hochschulinterne Strukturen, welche geschlechtsbezogene Ungleichheiten aufrechterhalten, aussagt. Zudem zeigt ein Blick in die Geschichte, dass der gleichberechtigte Zugang zur Hochschule für Frauen wie Arbeiterkinder lange Zeit unerreichbar war. Es liegt nur nahe, dass gewisse Mechanismen auf diesen alten Strukturen aufbauen und bis heute nachwirken. Denn es ist bekannt, dass das Bildungssystem in Deutschland als besonders ungerecht gilt: "Sozialer Aufstieg ist in Deutschland schwerer als in anderen europäischen Ländern".
Soziale Ungleichheit im Sinne der Bildungsgerechtigkeit (auch wenn beide Begriffe sich nicht ohne weiteres universal definieren lassen), spielt nicht nur in der Erziehungswissenschaft eine wesentliche Rolle, sondern ist, so behaupte ich, gesamtgesellschaftlich relevant. Auf politischer Ebene ist es zudem notwendig, die Mechanismen, welche ggf. zu sozialer Ungleichheit führen, erkennen, benennen und nachvollziehen zu können, um mit geeigneten Maßnahmen zu einem Wandel dieser Verhältnisse beizutragen. Ein Vergleich von Forschungsergebnissen Bourdieus mit Befunden aktueller Bildungsforschung zeige, dass trotz eines allgemeinen Bildungsaufstiegs immer noch ein enger Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg existiert, welcher bereits von Bourdieu konstatiert wurde. Bourdieu nimmt neben der Perspektive des Feldes auch die Perspektive der sozialen Akteure in seiner Untersuchung der sozialen Welt in den Blick. Sein Konzept eignet sich in besonderer Weise dazu, die Relationen zwischen Akteuren, Institutionen und Mechanismen auszumachen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretische Grundlagen
- Klärung der Kernbegriffe
- Kernkonzepte Bourdieus
- Klasse und Geschlecht gemeinsam denken
- Forschungsstand
- Klasse und Geschlecht
- Hochschul-Bildungs-Report
- Gender-Report
- Zusammenfassung
- Reproduktion sozialer Ungleichheit im Hochschulsystem
- Klassenspezifische Reproduktionsmechanismen
- Geschlechtsspezifische Reproduktionsmechanismen
- Die Hochschule als Ort der Reproduktion
- Zusammenfassung
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Reproduktion sozialer Ungleichheit im deutschen Hochschulsystem unter Einbezug Bourdieuscher Theorie. Sie befasst sich mit den klassen- und geschlechtsspezifischen Reproduktionsmechanismen, die zu Ungleichheiten im Hochschulsystem beitragen, sowie mit der Frage, an welchen Stellen sich diese Kategorien überschneiden.
- Klassen- und geschlechtsspezifische Reproduktionsmechanismen im deutschen Hochschulsystem
- Die Rolle des Habitus und der Doxa in der Reproduktion sozialer Ungleichheit
- Die Relevanz von Bourdieus Kapitalformen (ökonomisches, kulturelles, soziales Kapital) für die Bildungsbeteiligung
- Die Bedeutung von Bildungsgerechtigkeit im Kontext sozialer Ungleichheit
- Die Bedeutung des Bildungssystems für den sozialen Aufstieg in Deutschland
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der sozialen Ungleichheit im deutschen Hochschulsystem ein und stellt die Forschungsfrage sowie die Zielsetzung der Arbeit dar.
Das Kapitel „Theoretische Grundlagen“ erläutert die Kernbegriffe „Klasse“ und „Geschlecht“ aus Bourdieuscher Perspektive und beleuchtet seine Konzepte von Kapital, Habitus und Doxa im Hinblick auf die Reproduktion sozialer Ungleichheit.
Das Kapitel „Forschungsstand“ gibt einen Überblick über die Forschungslage zu Klasse, Geschlecht und Bildung im deutschen Hochschulsystem und präsentiert die Ergebnisse relevanter Studien.
Das Kapitel „Reproduktion sozialer Ungleichheit im Hochschulsystem“ analysiert die klassen- und geschlechtsspezifischen Reproduktionsmechanismen im deutschen Hochschulsystem und untersucht die Rolle der Hochschule als Ort der Reproduktion sozialer Ungleichheit.
Schlüsselwörter
Soziale Ungleichheit, Hochschulsystem, Bildungsgerechtigkeit, Bourdieu, Habitus, Kapital, Klasse, Geschlecht, Reproduktionsmechanismen, Bildungserfolg, soziale Herkunft, Studienwahl, Bildungsbeteiligung, Doxa.
- Arbeit zitieren
- Marie Charlotte Gerlach (Autor:in), 2024, Geschlecht, Klasse, Habitus. Die Reproduktion sozialer Ungleichheit im deutschen Hochschulsystem aus einer Bourdieu'schen Perspektive, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1467423