Als die vietnamesische Armee am 7. Januar 1979 in Phnom Penh einmarschierte und damit der seit drei Jahren, acht Monaten und zwanzig Tagen andauernden Schreckensherrschaft der Roten Khmer ein Ende setzte, fanden die Soldaten eine Geisterstadt vor, deren desolater Zustand beispielhaft für den Zustand des gesamten Landes war. Die Städte, allen voran die Hauptstadt Phnom Penh, waren unter den Roten Khmer entvölkert worden, die in dem Versuch die Bevölkerung gleich zu schalten die Bewohner zur Internierung in Zwangsarbeitslagern auf das Land getrieben hatten. Es gab weder fließendes Wasser noch Strom und die nahezu überhaupt nicht funktionierende Infrastruktur stellte die Besatzer bei der Versorgung der hungernden Bevölkerung vor eine schwierige Aufgabe. Erschwerend hinzu kam, dass das Regime Bildungseinrichtungen geschlossen und vor allem die Bildungselite des Landes, von Studenten über Lehrer bis zum Universitätslehrkörper aber auch gut ausgebildete Fachleute wie Apotheker, Techniker, Journalisten oder Ingenieure, gejagt und vernichtet oder aber zumindest ins Exil getrieben hatte. Wen sollten die Vietnamesen nun einsetzen, um drängende Verwaltungsaufgaben zu erledigen und das Land wieder aufzubauen? Zumal der Krieg eigentlich noch gar nicht zu Ende war.
1983 veröffentlichte eben jene Regierung das erste Mal Zahlen über die Opfer der Herrschaft der Roten Khmer. Demnach hatte das Land in den drei Jahren unter Pol Pots Regierung mit 2,7 Mio. Menschen etwa ein Drittel seiner Bevölkerung verloren. Die Schätzungen verschiedener Historiker und Humanitärer Organisationen reichen immerhin von 740.000 bis zu 3,3 Mio. Opfern. Die neuste demografisch berechnete Zahl bewegt sich mit 1,8 Mio. Opfern in der Mitte der Schätzungen.
Fast die Hälfte der Opfer geht mit ca. 40% auf das Konto von Exekutionen und Massakern an Bevölkerungsteilen, die das Regime vernichten wollte. Fast noch einmal so viele Menschenleben, nämlich etwa 36% der Opfer, wurden auf den „Killing Fields“ ausgelöscht.
Obwohl man meinen sollte, dass dies alles schon Grund und Anlass genug sei, die verantwortlichen für derartige Gräueltaten so schnell wie möglich zur Rechenschaft zu ziehen, werden noch fast 30 Jahre vergehen, bis im August 2007 der erste Angeklagte vor einem Gericht Rede und Antwort stehen wird. In dieser Arbeit soll zusammenfassend Kambodschas fast 30 Jährige Odyssee durch die machtpolitischen Wirren der internationalen Staatengemeinschaft geschildert werden.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- 1979-1989: BESETZTES LAND
- Die Volkstribunale und ihre Rezeption im Ausland
- Die Zeit der Vietnamesischen Besatzung
- Die Aufnahme des kambodschanischen Umsturzes in der Welt
- Prinz Sihanouks Exilregierung
- Friedenspläne
- Erstes Umdenken
- Die Pariser Friedenskonferenz und der Durchbruch
- 1990-1998: UNTAC UND DER BÜRGERKRIEG
- UNTAC
- Der Wille zur Gerechtigkeit
- 1998 BIS HEUTE: DIE UNABHÄNGIGKEIT
- Der Weg zu den Prozessen
- RESÜMEE
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit beleuchtet die Geschichte Kambodschas nach dem Ende der Schreckensherrschaft der Roten Khmer und analysiert die politischen und rechtlichen Herausforderungen, die der Weg zur Gerechtigkeit für die Opfer darstellte.
- Die internationale Reaktion auf die Verbrechen der Roten Khmer und die Rolle der Vereinten Nationen.
- Die politische Einflussnahme der Großmächte im Kontext des Kalten Krieges.
- Die Bedeutung von Friedensplänen und dem Aufbau eines neuen Staatswesens.
- Die Herausforderungen der internationalen Strafverfolgung und des Kampfes gegen Straflosigkeit.
- Die Bedeutung des Kampfes um Gerechtigkeit und die Erinnerung an die Opfer.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den historischen Kontext dar und skizziert die Situation Kambodschas nach dem Einmarsch der vietnamesischen Armee im Jahre 1979. Das erste Kapitel widmet sich der Zeit der vietnamesischen Besatzung, insbesondere der Durchführung von Volkstribunalen gegen die Verantwortlichen der Roten Khmer.
Schlüsselwörter
Kambodscha, Rote Khmer, Völkermord, Internationale Strafverfolgung, UNTAC, Gerechtigkeit, politische Interessen, Kalter Krieg, Straflosigkeit, Friedensprozess, Erinnerungskultur.
- Arbeit zitieren
- Marc Drozella (Autor:in), 2007, Kambodscha. Der lange Weg zur Gerechtigkeit, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/142345