Die Talaq-Scheidung stellt den gängigsten Weg in den islamrechtlich geprägten Ländern dar. Sie enthält Elemente einer Privatscheidung und ist stark religiös geprägt. Insoweit steht sie in krassem Widerspruch zu den Grundsätzen der modernen säkularen Rechtsordnungen, weil das Recht zum Ausspruch des Talaq in ihrer praktizierten Form nur dem Ehemann zusteht. Angesichts der wachsenden Zahl der Immigranten islamischen Glaubens in Deutschland liefert die Talaq-Scheidung Stoff zur Diskussion, wenn ein deutsches Gericht gem. Art. 17 I, 14, 4 III EGBGB islamisch-religiöses Recht als Scheidungsstatut anzuwenden hat.
Mit der Annahme des Talaq-Scheidungsverfahrens durch deutsche Gerichte sind jedoch die Spannungen zwischen dem deutschen und islamisch- religiösen Recht noch nicht beendet. Denn die Anwendung des islamisch- religiösen Rechts wird in Zusammenhang mit der Talaq-Scheidung meistens zu einem Ergebnis führen, das gegen den deutschen ordre public verstößt, weil eine Talaq-Scheidung durch den Ehemann vielmals einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung (Art.3 II GG), des Rechts auf rechtliches Gehör (Art.103 I GG), darstellt. Denkbar sind Ausnahmen nur, wenn die Ehefrau mit der Talaq-Scheidung durch den Ehemann einverstanden ist oder der Ehemann auch bei Anwendung deutschen Rechts die Scheidung herbeiführen könnte. Durch die Nichtanwendung ordre public-widriger ausländischen Norm entsteht eine Lücke. Wie den aktuellen Gerichtsentscheidungen zu entnehmen ist, wird die Lückenfüllung in erster Linie im ausländischen Recht zu suchen sein. Erst wenn keine ordre public-gemäße Lösung zu finden ist, kommt deutsches Recht als Ersatzrecht zur Anwendung. Um die Entstehung einer hinkenden Ehe zu vermeiden, müssen deutsche Gerichte auf der Grundlage des ausländischen materiellen Rechts deutsches Verfahrensrecht anwenden, so dass der Ehemann den Talaq ausspricht, aber die Ehe erst durch das Gestaltungsurteil geschieden wird.
INHALTSVERZEiHNiS
LITERATURVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
EINLEITUNG
A. TALAQ-SCHEIDUNG VOR DEUTSCHEN GERICHTEN NACH DEM GEMEINSAMEN HEIMATRECHT DER EHELEUTE
B. ZIEL UND GANG DER UNTERSUCHUNG
ERSTES KAPITEL
A. DIE EHEAUFLÖSUNG IM ISLAMISCHEN RECHT
I. Allgemeines
II. Das islamische Recht (Scharia) und seine Quellen
III. Die Eheauflösung
1. Die Talaq- Scheidung
2. Die einverständliche Scheidung
3. Die richterliche Eheauflösung
B. DIE KOLLISION VON WELTLICHEM UND RELIGIÖSEM RECHT
I. Allgemeines
II. Islamisches Recht als religiöses Recht
ZWEITES KAPITEL
A. DIE TALAQ-SCHEIDUNG VOR DEUTSCHEN GERICHTEN
I. Allgemeines
II. Scheidung im IPR nach Art.17 EGBGB
1. Regelanknüpfung
2. Anwendungsbereich
III. Das Scheidungsmonopol der deutschen Gerichte Art. 17 Abs. 2 EGBGB
1. Grundsatz
2. Abgrenzung von Inlands- und Auslandsscheidungen
3. Qualifikation der Zuständigkeit religiöser Gerichte
V. Talaq-Scheidung und ordre public Art.6 EGBGB
1. Gegenstand und Begriff
2. Funktionen des Art.6 EGBGB (positive/negative)
3. Anwendungsbereich
4. Voraussetzungen der Vorbehaltsklausel
a. Allgemeines
b. Verstoß gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts (S.1)
aa. Gegenstand der Kontrolle (Ergebnis)
bb. Maßstab der Kontrolle
cc. Offensichtliche Unvereinbarkeit
dd. Inlandsbezug
c. Verletzung von Grundrechten (S.2)
aa. Gleichberechtigung Art.3 II GG
bb. Das Recht auf rechtliches Gehör Art. 103 I GG
cc. Eheschließungsfreiheit Art. 6 I GG
d. Rechtsfolgen
B. ANERKENNUNG AUSLÄNDISCHER SCHEIDUNGEN
I. Scheidung unter Mitwirkung einer Behörde
II. Scheidung ohne behördliche Mitwirkung
III. Prüfungsmaßstab
FAZIT