Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den religiösen Minderheiten innerhalb der kurdischen Gemeinschaft. Zu den größten Minderheiten zählen die Aleviten, Jeziden und die Yāresān. Das Ziel dieser Arbeit ist es, das Leben der verschiedenen religiösen Minderheiten der kurdischen Gesellschaft darzustellen, welche im Laufe ihrer Geschichte einer ständigen Unterdrückung und Repression unterlagen. Es wird besonders auf die Wurzeln der Jeziden, der Yāresān und der Aleviten sowie ihre Rolle in der heutigen Gesellschaft eingegangen.
Die Arbeit gliedert sich nach den verschiedenen religiösen Minderheiten, wobei es bei den kurdischen Shabak, Juden und Christen wenige Informationen existieren.
Inhalt
Einleitung
Jeziden
Yäresän
Dersim-(Aleviten)
Shabak
Zoroastrismus
Christen
Juden
Literaturverzeichnis
Einleitung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den religiösen Minderheiten innerhalb der kurdischen Gemeinschaft. Zu den größten Minderheiten zählen die Aleviten, Jeziden und die Yäresän. Das Ziel dieser Arbeit ist es, das Leben der verschiedenen religiösen Minderheiten der kurdischen Gesellschaft darzustellen, welche im Laufe ihrer Geschichte einer ständigen Unterdrückung und Repression unterlagen. Es wird besonders auf die Wurzeln der Jeziden, der Yäresän und der Aleviten, sowie ihre Rolle in der heutigen Gesellschaft eingegangen.
Als ein Mitglied der jezidischen Religionsgemeinschaft, war es mir ein großes Anliegen, die Situation der Jeziden zu beleuchten, welche ab dem Jahr 2014 einem Genozid ausgesetzt waren, welcher in Deutschland vor wenigen Tagen offiziell anerkannt wurde. Zur Behandlung dieses Themas kam ich durch das Buch „The Cambridge History of The Kurds“ von Hamit Bozarslan, Cengiz Gunes und Veli Yadirgi. In diesem Buch werden sowohl verschiedene Aspekte der kurdischen Geschichte als auch die religiösen Aspekte dieses Volkes erläutert, wodurch ich auch auf die Idee kam, den religiösen Teil genauer unter die Lupe zu nehmen.
Die Arbeit gliedert sich nach den verschiedenen religiösen Minderheiten, wobei es bei den kurdischen Shabak, Juden und Christen wenige Informationen existieren. Wichtige Informationen zu den religiösen Minderheiten unter den Kurden geben auch die Autorin Khanna Omarkhali und die Autoren Philip G. Kreyenbroek, Jan Ilhan Kizilhan und Martin Van Bruinessen. Sie sind angesehene Wissenschaftler, welche sich auf dieses Fachgebiet spezialisiert haben.
Jeziden
Es existieren auf der Welt etwas mehr als eine Million Jeziden. Ihr Hauptsiedlungsgebiet befindet sich in den kurdischen Gebieten des Irak, Syriens und der Türkei, aber auch eine kleine Gruppe in Armenien und Georgien. Der Großteil der Jeziden ca. 800.000 leben im Nordirak.[1] Das Jezidentum ist eine mündlich-überlieferte Religion. Die Jeziden glauben an einen Gott (Xwedë), welcher sieben göttliche Wesen (Engel) schuf. Der Engel Pfau (TawüsiMelek) wird als ihr Anführer und der Herr über die Erde bezeichnet. Die Behauptung, dass die Jeziden den Teufel anbeten sei falsch und die Folge einer Fehlinterpretation der Rolle des Tawüsi Meleks , als der „Herr dieser Erde“. Im Jezidentum glaubt man an die Wiedergeburt. Die jezidische Gemeinde wird in drei Gruppen (auch Kasten genannt) unterteilt. Mitglieder werden in eine der Kasten hineingeboren. Ungefähr 6-7% der Jeziden zählt zur Kaste der religiösen Führer, der Pirs und Sheikhs . Zur dritten Kaste gehören die Laien (Mirid). Die Heirat zwischen Mitgliedern der drei Kasten ist verboten.1 2
Die Pflicht eines Sheikhs und eines Pirs besteht darin, als spiritueller Führer für ihre Anhänger zu fungieren. Sie nehmen sowohl an religiösen als auch an Geburts-, Hochzeits- und Sterbezeremonien teil. Im Gegenzug zu ihren erbrachten Leistungen erhalten sie von jedem ihrer Anhänger (Mirid) regelmäßig einen finanziellen Beitrag. Das Wort Mirid, wird im Jezidentum als „Nachfolger“ eines Sheikhs oder eines Pirs, sowie als ein allgemeiner Begriff für einen Laien verwendet. Im Sufismus wird das Wort, als der Schüler eines Sheikhs oder als ein mystischer Lehrer bezeichnet.3 Der oberste religiöse Leiter unter den Jeziden trägt den Titel des ,,Mirs“ - „Prinzen“ Diese Person wird als die höchste lebende und spirituelle Autorität angesehen. Die Familie des Mirs verlor seit dem 18ten Jahrhundert deutlich an Macht, genießt aber dennoch bis heute an Autorität und an Ansehen.4
Das wichtigste kulturelle Zentrum der Jeziden befindet sich in Lalisch, in der Autonomen Region Kurdistan. Im Laufe ihrer Geschichte wurden die Jeziden aufgrund ihrer Religion mehrmals verfolgt, wie beispielsweise in den 1830er Jahren, als die Jeziden von kurdischen Herrschern, Bedir Khan Beg von Botan und Mir Muhammad von Rowanduz massakriert wurden. Dies führte zu einer Flüchtlingswelle bei der tausende Jeziden im späten 19. und frühen 20. Jh. aus dem Osmanischen Reich nach Armenien flohen.5
Ab dem Jahr 2014 wurden die Jeziden von Shingal (Sinjar) Opfer des IS-Genozids, bei dem tausende Männer öffentlich hingerichtet wurden, weil sie sich weigerten zum Islam zu konvertieren. Es wurden ungefähr 6000 Frauen und Mädchen verschleppt und als Sklavinnen verkauft. Praktisch alle 300.000 Einwohner flohen aus der Region Shingal. Bei der Gründung des Jezidentums im 12. Jh. nahm Sheikh ‘Adi ibn Musafir Hakkäri eine wichtige Rolle ein, welcher mit ‘Abd al-Qädir al-Jilänl in Bagdad studierte.6 Sheikh ‘Adi, der 1162 im Alter von 90 Jahren starb, war der letzte Reformator der Jeziden.7
Im Zuge der Invasion von Mossul im Jahr 2014 und dem Voranschreiten des IS, entstand ein Sicherheitsvakuum, welchen der IS ausnutzte und eine Welle von Vertreibungen der Jeziden auslöste. Infolge zahlreicher Interviews mit lokalen Vertriebenen, stellte es sich heraus, dass aufgrund der Angriffe des IS die kurdischen Peschmerga-Einheiten, sich aus der Region zurückgezogen und die Jeziden im Stich gelassen hatten. Alleine aus der Stadt Sinjar flohen bis zu 200.000 Jeziden, in Richtung Dohuk und auf den Berg Sinjar. Bei Temperaturen von 50 Grad und ohne Lebensmittel sowie Wasser kam es zu einer humanitären Krise, in der zehntausende Jeziden vom IS umzingelt waren.8
Die Jeziden besitzen keine heilige Schrift, weswegen sie im Islam nicht als (Ahl al-Kitab) „Menschen des Buches“ bezeichnet werden. Sie wurden/werden vom IS als Ungläubige und als Teufelsanbeter angesehen und gaben ihnen die Möglichkeit zum Islam zu konvertieren oder zu sterben. Die Jeziden besitzen eine große Anzahl an mündlich überlieferter Prosa und PoesieTexten. Unter den verschiedenen Textsorten werden religiöse Hymnen (qewls) hoch angesehen. Diese werden bei verschiedenen religiösen Feiern vorgetragen.9
Das heilige Buch der Jeziden „Meshafa Resh“, „das schw^ze Buch“, in der es über die Geschichte der Schöpfung, sowie über das Gute und das Böse geht, wurde aus dem heiligen Tempel gestohlen und auf dem Markt verkauft. Es existieren wenige Kopien des Buches, bei welchen der Verdacht besteht, dass es sich um Fälschungen handelt. Das „Buch der Offenbarung[4] (Kiteba Jitve) sei ebenfalls unauffindbar. Der Großteil der Geschichten sowie Regeln der Jeziden werden mündlich weitergegeben.[10]
Yäresän
Die Yäresän - Gemeinschaft wurde im 15/16 Jh. von Soltän Sahäk gegründet, welcher verschiedene Gruppen unter seiner Herrschaft vereinte. Ihren Ursprung findet diese Religionsgemeinschaft in Hawramän, wo sich auch das Heiligtum von Soltän Sahäk befindet. Es existieren Beweise wonach es um 1500 einen Umzug aus der Region Hawaramän nach Zarde in der Region Gurän gab. Zu Beginn dieser neuen „Lebensphase“ gab es einen Konflikt zwischen zwei Gemeindefuhrem, wobei Yäresän-Gruppen sich in Richtung des Irak verbreiteten, aber auch in Richtung Azerbaijan und Hamadan.10 11
Sie werden als „Menschen der Wahrheit“ bezeichnet. Im Iran werden sie als Yäresän und im Irak als Käkä’i bezeichnet. Das Hauptsiedlungsgebiet befindet sich in der Gurän und Bahdinan Region im Irak, sowie in Hawramn und am Stadtrand von Kermanschah im Iran. Die religiösen Texte der Yäresän im Iran und der Käkä’i im Irak wurden großteils auf Guräni verfasst. Sie besitzen eine große Anzahl an mündlich überlieferten religiösen Texten (fäläm). Während sich die Lage der Jeziden sich im letzten Jahrhundert in der Autonomen Region Kurdistan verbesserte, war dies bei den Kâkä’i nicht der Fall. Im Iran stehen die Ahl-e Haqq unter starkem Druck.12
In dieser Religion wird es zwischen zwei Bereichen unterschieden. Der „äußeren“(zäher) Realität, welche wir die erleben und der „inneren“(bäten) Realität, welche nur von der spirituellen Elite verstanden werden kann und eine Art Idealzustand darstellt. Laut den Yäresän erschuf Gott die Welt zuerst in Form einer Perle, welche Elemente irdischen Lebens beinhaltete. Nach einer Opfergabe bei der die Perle explodierte, wurde die Welt erschaffen. Den Jeziden und den Yäresän nach, besteht die Geschichte der Welt aus mehreren sich wiederholenden Zyklen. Es wird angenommen, dass die Seele sich nach dem Tod durch eine Reihe von tausend Wiedergeburten bewegt.13
[...]
1 Vgl. Kizilhan: Wer sind die Eziden, S.17.
2 Vgl. Kreyenbroek: Minorities, S. 538.
3 Vgl. Kreyenbroek und Rashow: Sheikh Adi, S. 6-7.
4 Vgl. Kreyenbroek und Rashow: Sheikh Adi, S. 9.
5 Vgl. Kreyenbroek: Minorities, S. 536.
6 Vgl. Kreyenbroek: Minorities, S. 537.
7 Vgl. Kizilhan: Wer sind die Èziden. S.18.
8 Vgl. Dulz: The displacement, S. 139.
9 Vgl. Kreyenbroek: Minorities, S. 539-540.
10 Vgl. : Wer sind die Éziden, S.18-19.
11 Vgl. Kreyenbroek: Minorities, S. 540-541.
12 Vgl. Omarkhali: Kurdistan, S. XXI-XXII.
13 Vgl. Kreyenbroek: Minorities, S. 542.
- Quote paper
- Anonymous,, 2023, Religiöse Vielfalt innerhalb der kurdischen Gemeinschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1334330