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Hausarbeit, 2021
25 Seiten
Didaktik für das Fach Englisch - Pädagogik, Sprachwissenschaft
1. Einleitunng
2. Funktionen der Leistungsbewertung im Allgemeinen
2.1. Die gesellschaftliche Funktion
2.2. Die pädagogische Funktion
3. Anforderungen an Leistungsbeurteilungen
4. Das traditionelle Modell der Leistungsbewertung
5. Neue Methoden der Leistungserfassung
5.1. Portfolioarbeit
5.2. Lerntagebuch
6. Neue Methoden der Leistungsbewertung
6.1. Verbalbeurteilungen
6.2. Kompetenz- und Beurteilungsraster
7. Ausblick: Schulische Leistungsdiagnostik in der Lehrer*innenbildung
8. Fazit
9. Literaturverzeichnis
Die Notengebung in der Schule steht immer wieder in der Diskussion, weil Noten nur bedingt etwas über die Stärken und Schwächen der Lernenden aussagen. Noten bilden am Ende einer Lerneinheit die Leistung ab, ohne den gesamten Lernprozess zu beleuchten. Um den Ansprüchen der Lernenden, den Lehrkräften und den Eltern gerechter zu werden gibt es alternative Konzepte der Leistungsbeurteilung, die wiederum neue Konzepte der Leistungserhebung mit sich ziehen. Diese werden in der folgenden Hausarbeit vorgestellt. Sowohl die klassische Leistungsbewertung durch Noten als auch die alternativen Konzepte erfordern seitens der Lehrkräfte eine hohe diagnostische Kompetenz. Um aufzuzeigen, dass in der Leher*innenbildung diagnostische Kompetenzen geschult werden sollten, wird dies sowohl allgemein betrachtet als auch anhand eines Beispiels aufgezeigt. Deshalb wird am Ende ein Blick auf Leher*innenbil- dung an der Universität geworfen, um zu beurteilen, inwiefern pädagogisch-psychologische Diagnostik derzeit dort eine Rolle spielt. Am Ende wird zusammengefasst, wie Leistungsbeurteilung idealerweise sein sollte und was dafür in der Lehrer*innebildung geändert werden müsste.
Receiving grades in school is still a highly discussed topic because a single number is not able to tell a lot about strengths and weaknesses of students. Quite the contrary, grades often summarize the whole performance of students at the end of a learning unit and do not take the whole learning process into account. To fulfill the demands of students, teachers and parents better, there are alternative concepts of performance assessment, which also entail new concepts of performance elevation. These concepts will be introduced in the following term paper. Classic concepts of performance assessment as well as alternative concepts require high diagnostic competences from teachers. These competences should be already taught during the education of teachers to ensure fairer grading in school. Therefore, the education of teachers regarding the diagnostic competences will be investigated in general and on an example. For that reason, the education of teachers at the university of Kassel will be looked at to evaluate, if pedagogical- psychological diagnostic is taught there. After that, it will be summarized how performance assessment should rather be and what needs to be changed in the education of teachers.
In der Forschung wurde bereits in den 1970er Jahren die Effekte von Noten auf die Lern- und Leistungsentwicklung von Lernenden untersucht. Es wurde herausgefunden, dass Noten die Leistung von Lernenden teilweise positiv beeinflussen können, aber eben nur dann, wenn diese auch positiv ausfallen. Aus diagnostischer Sicht kann man nur auf Basis von Noten nämlich keine „Ableitung über geeignete Lernstrategien“ (Marx 2020, S.72) vornehmen. Darüber hinaus ist eine tiefer gehende Lerndiagnostik durch Noten schlicht weg nicht möglich (vgl. Marx 2020, S.72-73). Durch die Einführung der Bildungsstandards durch die KMK und des Kerncurriculums 2011 wurden bestimmte, fächerspezifische Kompetenzen festgelegt, die Lernenden in ihrer jeweiligen Jahrgangsstufe erwerben sollen. Das Kerncurriculum ist nicht nur fächerbedingt ausgelegt, sondern greift ebenfalls soziale Kompetenzen auf, die Lernende erwerben sollen (vgl. Hessisches Kerncurriuculum). Es stellt sich die Frage, wieso wir in Deutschland spätestens ab der dritten Klasse Leistungen in Form von Noten beurteilen. Dies ist kritisch zu sehen, da Noten oft sehr objektiv wirken und nicht alle Erfolge, Misserfolge und Kompetenzen widerspiegeln können, die die Lernenden während eines Lernprozesses machen und erwerben. Oftmals sind diese, bei mangelnder Transparenz, nicht einmal nachvollziehbar. Hinzu kommt, dass durch die Einteilung in bestimmte Schulzweige nach der vierten Klasse die erreichten Noten eine noch wichtigere Bedeutung bekommen (vgl. Herrmann 2010, S.23): Sie entscheiden maßgeblich über die zukünftige Schullaufbahn der Lernenden sowie deren voraussichtlichen Abschluss und können schon enormen Einfluss auf die Berufs- und Lebensperspektiven haben. Sie können die Versetzung und damit die Beziehung zu wichtigen sozialen Kontakten gefährden oder in hohem Maße daran beteiligt sein, in eine niedrigere Schulform verwiesen zu werden (vgl. ebd. 2010, S.23). „Je bedeutsamer die Entscheidungen sind, die auf Grund des Urteils gefällt werden, desto unanfälliger muß es gegen subjektive Willkür sein“ (Ingenkamp 1971, S.59). Da die Notengebung sehr bedeutsam für die Betreffenden sind, muss gewährleistet werden, dass Lernprozesse im Gesamten betrachtet werden und, dass eine Leistungsbeurteilung Rückschlüsse auf das zu Stande kommen dieser zu lässt. Die Lernenden sollten aktiv dabei mit eingebunden werden und lernen, dass sie für ihre Leistungen Verantwortung tragen können (vgl.ebd.). Laut Ingenkamp (1971) müsse eine so wichtige Wegweisung, wie die Einteilung in einen bestimmten Schulzweig, einen hohen Grad an Objektivität, Validität und Reliabilität aufweisen. Aufgrund dessen wird in dieser Hausarbeit der Frage nachgegangen, ob Noten trotz der beschriebenen Problematik als Leistungsbewertung beibehalten werden sollten oder ob sie durch alternative Konzepte ersetzt werden könnten. Um dieser Frage nachzugehen, wird zunächst darauf eingegangen, welche Funktionen Noten im Allgemeinen erfüllen. Daran anschließend wird sich mit der schulischen Leistungsbewertung derzeit und mit alternativen Bewertungssystemen konkreter auseinandergesetzt. Zudem wird ein Ausblick gegeben, ob diagnostische Kompetenzen in der Lehrer*innenbildung momentan gelehrt werden und inwieweit Leistungsbeurteilung in der Ausbildung derzeit eine Rolle spielt. Als Beispiel wird die Lehrer*in- nenbildung der Universität Kassel herangezogen, genauer die Modulprüfungsordnung des Kernstudiums für Lehrämter an Gymnasien. Abschließend werden dann die Erkenntnisse in dem Fazit zusammengefasst.
Leistungsbewertungen innerhalb der Schule weisen verschiedene Funktionen auf, die nicht nur für Lehrkräfte ein regulierendes Instrument darstellen, sondern auch eine Konsequenz der Erwartungen von gesellschaftlichen Bereichen an die Schule widerspiegeln (vgl. Vollstädt 2000, S.28). Die Funktion von Leistungsbewertung kann in zwei große Punkte gegliedert werden. Zunächst wird im Folgenden die gesellschaftliche Funktion von Noten sowie die pädagogische Funktion, vorgestellt.
Die gesellschaftliche Funktion gliedert sich in vier Subkategorien. Dazu gehören die Selekti- ons-, die Sozialisations-, die Legitimations- und die Kontrollfunktion (vgl. Vollstädt 2000, S.28).
Im Hinblick auf die Selektionsfunktion wurde bereits beschrieben, dass durch Noten die Bildungslaufbahn in frühen Kindesaltern bestimmt wird. Es wird sehr früh darüber entschieden, ob die Lernenden einen Abschluss absolvieren, der sie dazu befähigt sich an einer Universität zu bewerben oder nicht. Auch die Vergabe der Studienplätze geschieht durch die Evaluierung von Noten. Laut Vollstädt (2000) müsse darüber diskutiert werden, ob und inwiefern gute Noten während der Schullaufbahn zukünftige Erfolge in der Ausbildung oder dem späteren Beruf implizieren. Außerdem sei laut ihm zu erwähnen, dass Leistungen in niedrigen Klassen noch nicht stabil seien und sich auch auf den individuellen Entwicklungsstand des Lernenden zurückführen ließen. Dadurch könne es zu Fehlentscheidungen bezüglich der Schulform kommen, die dann mit einer Stigmatisierung einher gehen würden. Diese Fehler in der Zuordnung der weiterführenden Schulform nach der vierten Klasse zu korrigieren, seien meistens mit sehr hohem Aufwand verbunden. Besonders dann, wenn es in einen Wechsel in eine übergeordnete Schulform ginge (Vollstädt 2000, S.29).
Durch die frühe Beurteilung der schulischen Leistung von Kindern werden diese früh an das Prinzip der Leistungsorientierung herangeführt. Diese Sozialisationsfunktion umfasst deshalb die Internalisierung des Leistungsprinzips. Durch das Vergleichen der Noten untereinander werden leistungsschwächere Lernende mit ihrer eigenen Leistungsfähigkeit konfrontiert. Dies führe laut Herrmann (2010) wiederum dazu, dass leistungsschwache Lernende sich als solche wahrnehmen und ihr Selbstkonzept in Frage stellen würden (vgl. Herrmann 2010, S.23).
Die Rechtfertigung von politisch, administrativen und unterrichtlichen Entscheidungen mit Hilfe von Noten, beschreibt die Legitimationsfunktion. Noten eignen sich gemäß Völlstädt (2000) dazu, weil sie durch ihren Zifferncharakter auf den ersten Blick objektiv wirken und für die breite Masse einen leicht zu verstehenden Maßstab verkörpern (vgl. Völlstädt 2000, S.29). Jedoch ließen sich für die Lernenden aus Notenzeugnissen keine Rückschlüsse auf deren individuellen Kompetenzen und Fähigkeiten ziehen (vgl. Retelsdorf & Möller 2018, S.35).
Des Weiteren dienen Noten zur Kontrolle von Lehrkräften, Lehrplänen, Schulen und Schulsystemen. Anhand dessen stehen positive Noten für ein erfolgreiches Lernen und Lehren, während negative Noten auf ein zu hohes Anforderungsniveau zurückzuführen sind. Dadurch kann es nach Retelsdorf und Möller (2018) bei einem überdurchschnittlich guten oder unterdurchschnittlich schlechten Notendurchschnitt zu Untersuchungen der Lehrqualität kommen (vgl. Retelsdorf& Möller 2018, S.35).
Die pädagogische Funktion der Leistungsbewertung sollte, laut Völlstädt (2010), den schulischen Lernprozess optimieren. Denn während bei der gesellschaftlichen Funktion die Selektion eine übergeordnete Rolle spiele, werde hier der Schwerpunkt auf den Informationsaustausch zwischen Lehrkräften, Lernenden und Eltern gelegt. Durch die Information über die schulische Leistung, die eine Note verkörpert, werde dann eine Verbesserung der Lernprozesse erhofft (vgl. Völlstädt 2010, S.29). Er schreibt zudem, dass die Leistungsbeurteilung durch Noten für Lehrkräfte die eigenen Erfolge des Lehrens darstellen, die allerdings kritisch verstanden werden sollten. Durch diese Rückmeldung solle die individuelle Förderung von Lernenden optimiert und Lernprozesse planbarer und organisierter gestaltet werden können.
Er fügt hinzu, dass Noten und Zeugnisse hauptsächlich für Lernende als Rückmeldung dienen sollten: Sie könnten als Eigenkontrolle, Motivationsfunktion, Disziplinierungsfunktion und wie bereits ausführlich beschrieben, als Sozialisationsfunktion dienen (vgl. Völlstädt 2010, S.30). Eine Note oder ein Zeugnis stellt für Lernende jedoch nicht nur einen Bericht dar, sondern dient auch als Richtungsweisung oder Warnung. In der Forschung wurde festgestellt, dass Erfolge, wie zum Beispiel eine gute Note, motivierend wirken können. Dennoch kann Misserfolg in den unteren Jahrgangsstufen entmutigend und demotivierend sein, sodass Resignation oftmals die Folge ist (vgl. Ziegenspeck 2009, S.61).
Für Eltern hingegen dienen Noten zur Berichterstattung der schulischen Leistungen ihrer Kinder. Die Hoffnung besteht laut Völlstädt darin, dass Eltern aufgrund von diesen Informationen in den Lernprozess ihrer Kinder eingreifen und darauf Einfluss nehmen (vgl. Völlstädt 2010, S.30). Allerdings stellte sich laut ihm ebenfalls heraus, dass sie wenig informativ für Lernende und deren Eltern sind, da der gesamte Lernprozess auf eine Zahl heruntergebrochen werde und eine Nachverfolgung der Ursache oder eine gezielte Förderung kaum möglich sei (vgl. Brügelmann 2015, S.118).
Obwohl Noten die aufgezeigten Funktionen erfüllen sollen, wird deutlich, dass einer einzigen Zahl sehr viel zugeschrieben wird. Vor allem für Lernende und Eltern erfüllt eine Note nicht die Berichtsfunktion, die sie haben sollte. Denn letztendlich gibt sie wenig Information über Stärken und Schwächen, den gesamten Lernprozess oder Entwicklungsstand des Lernenden betreffend, preis. Deshalb sind immer wieder alternative Konzepte in der Diskussion, die den Lernprozess insgesamt betrachten. Im Folgenden werden jedoch zunächst zusätzlich zu den Funktionen von Noten ebenfalls die Anforderungen an Leistungsbeurteilungen aufgezeigt und kritisch betrachtet, genauso wie der traditionelle Weg der Leistungsbewertung.
Aufgrund von steigender Heterogenität in den Klassen entwickelte sich in den letzten Jahren eine neue Lernkultur die sich durch Merkmale, wie eine höhere Selbstständigkeit und Eigenverantwortung, eine intensivere Fokussierung auf die Lernprozesse und die stärkere Hinwendung zu komplexen und alltagsnahen Aufgaben auszeichnet (vgl. Winter 2016, S.6).
Schulische Leistungsbeurteilungen sollten in der Regel die drei Hauptgütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität erfüllen. Folglich müssen Noten unabhängig vom Bewertenden, in diesem Fall der Lehrkraft, sowie zuverlässig und aussagekräftig im Hinblick auf die Genauigkeit und Sicherheit sein. Außerdem muss gewährleistet sein, dass die Note wirklich das bewertet, was sie bewerten soll. Ein gewisser Grad an Objektivität kann in der schulischen Leistungsbewertung zum Beispiel durch interpersonelle Übereinstimmung eines Fachkollegiums erzielt werden (vgl. Tillmann& Vollstädt 2000, S.32).
Allerdings sei laut Tillmann& Vollstädt durch Objektivitätstests festgestellt worden, dass unterschiedliche Lehrkräfte unterschiedliche Noten auf dieselben Klausuren gäben.
Lehrer*innenurteile unterscheiden sich so im Großen und Ganzen hinsichtlich der registrierten Fehler, der festgesetzten Höchstnoten und Punktzahl, der angewandten Notenschlüssel und der Punktezuteilung von bestimmten Schülerleistungen. Diese Unterschiede kämen zu Stande, weil die Überprüfung und Bewertung von schulischen Leistungen sich auf den Verlauf und die Ergebnisse von individuellen Lernprozessen beziehen und demnach doppelt subjektiv eingebunden seien (vgl. ebd. 2000, S.31). Hinzuzufügen ist, dass auch die Lehrer*innenpersönlichkeit „[...] beim Beobachten und Erfassen schulischer Leistungen, bei deren Reflexion an den Erwartungen und Vorgaben und bei der Formulierung von Einschätzungen [...]“ (Tillmann& Vollstädt 2000, S.32) eine übergeordnete Rolle spielt.
Die Reliabilität von Leistungsbeurteilungen durch Lehrkräfte wird durch wiederholte Beurteilungen untersucht. Laut Ingenkamp (1976) wurde festgestellt, dass dieselben Lehrkräfte auf dieselben Arbeiten zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Noten geben. Somit sei die Reliabilität von Schulnoten nicht erfüllt (vgl. Ingenkamp 1976, S.172).
Auch die Validität von schulischen Leistungsbeurteilungen weise gemäß Kreienbaum (2001) große Mängel auf. So wurden mittels Tests viele sachfremde und fachfremde Aspekte gefunden, die nachgewiesen einen Einfluss auf schulische Leistungsbeurteilung haben. Diese Einflüsse seien die Schichtzugehörigkeit, Verhaltensmerkmale, das äußere Erscheinungsbild, die äußere Form von schriftlichen Arbeiten, Sympathie und Antipathie (vgl. Kreienbaum 2001, S.261 f.). Durch diese hohe Anzahl an subjektiven Einflussfaktoren sei nach Tillmann und Vollstädt (2000) es trotz großen Bemühungen seitens der Lehrkräfte unmöglich, die Hauptgütekriterien im Hinblick auf schulische Leistungsbeurteilung vollkommen zu erfüllen (vgl. Till- mann& Vollstädt 2000, S.32).
Dass Noten nicht nur die Hauptgütekriterien nicht erfüllen, sondern auch Mängel in ihren erwarteten Funktionen und Anforderungen aufweisen lässt sich auf den traditionellen Weg der Leistungsbewertung zurückführen, der von vielen Lehrkräften verfolgt wird. Deshalb wird dieser im Folgenden erläutert und die Probleme des traditionellen Modells der Leistungsbewertung dargestellt.
In den vielen Schulen verläuft die Leistungsbeurteilung immer noch nach dem traditionellen Modell ab und findet am Ende einer Lerneinheit ihren Platz. Dafür werden standardisierte Tests genutzt, die laut Brügelmann (2015) den folgenden Nutzen aufweisen: Sie fokussieren sich auf die Datenerhebung von vorher thematisierten Leistungsaspekten und ermöglichen dadurch einen klassenübergreifend, sogar einen länderübergreifenden Vergleich der angestrebten Maßstäbe (vgl. Brügelmann 2015, S.120).
Innerhalb des traditionellen Unterrichts wird Wissen didaktisch aufbereitet und vorgetragen. Aus diesem Grund läuft der Unterricht in der Regel lehrerzentriert ab. Die Lernenden haben kaum Raum, um sich selbstständig Wissen anzueignen, weil die Lehrkraft die Lernprozesse anstößt und steuert (vgl. Winter 2016, S.72). Der durchgeführte Unterricht soll nach Winter (2016)n die Lernenden auf bevorstehende Klassenarbeiten vorbereiten, welche das Ziel des Lernens der Lernenden darstellen. Auch das richtige Beantworten von im laufenden Unterricht gestellten Fragen der Lehrkraft, stellen den „[...]Prototyp der schulischen Leistung [...]“ (Winter 2016, S.69) dar.
Problematisch ist laut Winter (2016) am traditionellen Weg zudem, dass nur eine Ziffer eine Rückmeldung über einen Leistungstand, der Orientierung für Lernende, der Einschätzung für Unterrichtsqualität und die Entscheidungsgrundlage für Selektion darstellen. Zudem bedienen sich gemäß Winter (2016) ihr immer noch Lehrkräfte als Machtinstrument, um zu sanktionieren oder einen Anreiz zum Lernen zu schaffen (vgl. Winter 2016, S.69). „Dass eine einzige Zahl diese ganzen Funktionen vereinen soll, ist [folglich] höchst naiv gedacht. Dennochs wird es in den meisten Schulen so gehandhabt und tagtäglich praktiziert“ (Ingenkamp 1971, S.40).
Im traditionellen Modell der Leistungsbewertung werde die Leistung der Lernenden laut Winter (2016) lediglich in der Form von Noten mitgeteilt, die im Verlauf des Schuljahres in Notenlisten und Zeugnissen festgehalten werden. Die Beurteilung selbst sei oft sehr formal, damit die Leistungen vergleichbarer seien. Auch eine diagnostische Erklärung der Leistung wird meistens nicht entwickelt, wodurch die „[.] Nützlichkeit der Bewertung für die Anleitung des weiteren Lernens [...]“ (Winter 2016, S.72) so gut wie wegfällt. Tatsächlich unterstützte die Bewertung nicht die individuellen Lernentscheidungen, sondern diene zur Rechtfertigung von institutionellen Entscheidungen, wie dem Sitzenbleiben, der Einteilung in die weiterführende Schulform oder dem Versetzen in die höhere Klasse. Laut Winter (2016) sei das Zustandekommen der Note für die Lernenden oft schwer nachzuvollziehen, da die inhaltliche Kommunikation gering ausfalle. Wenn die Noten erteilt werden, fände nach Winter (2016) Kommunikation statt, diese sei jedoch wieder lehrerzentriert. Zudem sei sie laut Winter (2016) dadurch nicht nur einseitig, sondern leider häufig eher auf die Fehler der Lernenden konzentriert. Meistens diene sie nur dazu, die Beurteilung, beziehungsweise die Note, zu rechtfertigen (vgl. Winter 2016, S.73).
Zusammenfassend ist zu sagen, dass der Ablauf des traditionellen Modells wie folgt aussieht: Zuerst findet ein Unterrichtsabschnitt statt, daraufhin wird der Lernstand der Lernenden überprüft, die Prüfung wird durch eine Note beurteilt und am Ende des Schuljahres wird dieses Resultat der Leistungsüberprüfung in einem Notenzeugnis dargestellt (vgl. ebd. S.73).
Zum Durchbrechen des traditionellen Ansatzes, kann die Lehrkraft verschiedene Instrumente nutzen, die der Leistungserhebung sowie der -erfassung dienen. In der Literatur finden sich verschiedene Möglichkeiten, wie die Portfolioarbeit und das Führen von Lerntagebüchern. Diese werden im Folgenden exemplarisch betrachtet.
Damit die Ansprüche an die Leistungsbeurteilung erfüllt werden können, müssen neben Klausuren eine Vielfalt von Alternativen angeboten werden, die der Leistungserhebung, beziehungsweise der Bewertung dienen (vgl. Winter 2016, S.193). Hierzu werden das Führen von Lerntagebüchern und die Portfolioarbeit herangezogen. welche aufgrund ihrer vielen Vorteile genauere beschrieben werden.
Das Konzept der Portfolioarbeit ist aus dem Bereich der Kunst bekannt, in der eine Mappe mit ausgewählten Arbeiten zu Bewerbungszwecken angelegt wird. Diese soll einen Überblick über die bisherigen Projekte geben, denn allein auf Zeugnisse und Noten wird sich in künstlerischen Instituten oder Ausbildungen nicht verlassen. Auf Grundlage dieser Vorgehensweise im künstlerischen Bereich hat sich das Konzept der Portfolioarbeit entwickelt, „[...] um Leistungen sowie Lern- und Arbeitsprozesse [...]“ (Winter 2016, S.195) von Lernenden zu dokumentieren. Dadurch wird ein wichtiger Bestandteil zur Reform des Unterrichts sowie der Leistungsbewertung und der Prüfung erreicht (vgl. Winter 2016, S.195). Durch den Einsatz von Portfolios in der Schule wird zum Beispiel die Selbstreflexion der Lernenden und die Fähigkeit der Selbstevaluation geschult. Außerdem fördert die Arbeit mit Portfolios die Selbstkompetenz und ermöglicht eine Rückmeldung seitens der Lehrkräfte, die, anders als bei Klausuren, auf einer „multimodalen, längsschnittlichen Leistungserfassung“ (Marx 2020, S.62) beruht (vgl. Marx 2020, S.62). Portfolios werden deshalb oftmals als formative Leistungsbeurteilungen beschrieben, da der Fokus der Rückmeldung die Beurteilung des gesamten Lernprozesses ist. Gegensätzlich dazu stellt die Benotung einer Klausur eine summative Leistungsbeurteilung dar, weil der Fokus zur Rückmeldung auf der Beurteilung der Lernergebnisse liegt (vgl. ebd. 2020, S.60).
In der Schule werden unter dem Begriff Portfolio auch klassische Mappen gefasst, die alle „Kursprodukte“ (Winter 2016, S.197) umfassen, die während des Lernprozesses angesammelt worden sind. Laut Winter sollte dies in keinem Fall mit der Portfolioarbeit in Verbindung stehen, weil keine reflexive Praxis damit verbunden sei und auch keine Auswahl von bestimmten Produkten hinsichtlich der Dokumentation des Leistungsprozess stattfinde (vgl. Winter 2015, S.197). Ein Portfolio in der Schule stellt keine Ansammlung von Arbeitsblättern in einer Mappe dar (vgl. Jürgens& Lissmann 2015, S.115). Wenn allerdings aus einer Mappe bestimmte Produkte ausgewählt werden, um sie zu einem Portfolio zusammenzufassen, dann kann durch die Auswahl und das Zusammenfügen von Anfangsarbeiten und Endprodukten eine Entwicklung seitens des Lernenden sichtbar gemacht werden (vgl. Winter 2016, S.197).
[...]