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Hausarbeit, 2020
19 Seiten, Note: 2,0
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Der Begriff „kundenorientiertes Beschwerdemanagement“ in der öffentlichen Verwaltung
2.1 Definition und Abgrenzung „öffentliche Verwaltung“
2.2 Kundenorientierung
2.3 Beschwerdemanagement
2.3.1 Der direkte Beschwerdemanagementprozess
2.3.2 Der indirekte Beschwerdemanagementprozess
2.4 Zusammenhang zwischen Kundenorientierung und Beschwerdemanagement
3 Möglichkeiten und Grenzen
3.1 Möglichkeiten
3.2 Grenzen
4 Kritische Würdigung und Handlungsempfehlungen
5 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildung 1: Der direkte Beschwerdemanagementprozess
Abbildung 2: Der indirekte Beschwerdemanagementprozess
Seit zwei Jahrzehnten kann ein revolutionärer Veränderungsprozess in den Behörden beobachtet werden (Lerche 2012: 324). Kommunalverwaltungen werden zur „Dienstleistungsunternehmen“, bei denen auch eine neue Adressatenbestimmung vorgenommen wird (Bogumil/Kißler 1997: 155). Dabei werden Bürger1 als Kunden2 und nicht mehr als „Bittsteller“ betrachtet (Lerche 2012: 324) und anstelle von Bürgernähe ist von Kundenorientierung die Rede (Bogumil/Kißler 1997: 155). Als Grund für diesen Umbau wird häufig das von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt) gelieferte „Neue Steuerungsmodell“ (NSM) angeführt (Lorig 2009: 225).
Die vorliegende Arbeit wird sich mit einem zentralen Element des NSM; der Kundenorientierung (ebd.: 226), im speziellen dem kundenorientierten Beschwerdemanagement, beschäftigen. Beschwerdemanagement verfolgt in der Regel das Ziel, die Kundenbeziehung zu stabilisieren und die Kundenzufriedenheit wiederherzustellen (Stauss/Seidel 2013: 59). Diese Absicht wird in der (Verwaltungs-)Praxis allerdings oftmals verfehlt (ebd.), sodass Beschwerdeunzufriedenheit bei den Kunden entsteht und zurückbleibt.
Es stellt sich daher die Frage wie kundenorientiertes Beschwerdemanagement in der öffentlichen Verwaltung so gestaltet werden kann, dass keine unzufriedenen Beschwerdeführer zurückbleiben. Vor diesem Hintergrund sollen nachfolgend die Möglichkeiten und Grenzen eines kundenorientierten Beschwerdemanagements analysiert und daraus Handlungsempfehlungen abgeleitet werden.
Im Anschluss an die Einleitung soll dafür zunächst die Begrifflichkeit „öffentliche Verwaltung“ definiert und abgrenzt werden. Anschließend werden die Begriffe Kundenorientierung und Beschwerdemanagement dargestellt sowie auf deren Zusammenhang eingegangen. Aufbauend auf diese Grundlagen erfolgt die Analyse der Möglichkeiten und Grenzen, die anschließend in einer kritischen Würdigung diskutiert und mit entsprechenden Handlungsempfehlungen versehen werden. Die Arbeit endet mit einem Fazit.
Für das weitere Verständnis dieser Arbeit soll nachfolgend eine Merkmalsabgrenzung3 von öffentlicher Verwaltung4 zu privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen vorgenommen werden, da zwischen diesen beiden Institutionen enorme Unterschiede bestehen (Homann 2009: 9). Aus diesem Grund können nicht alle Empfehlungen für ein kundenorientiertes Beschwerdemanagement, die für private Unternehmen gelten, auch für die öffentliche Verwaltung übernommen werden.
Als besonders hervorzuhebender Unterschied ist das Bestehen von Zielkonflikten (Geser 1998: 1). Die öffentliche Verwaltung unterliegt einerseits strengen rechtlichen und politischen Legitimationsanforderungen und anderseits besteht eine immer höhere Leistungserwartung (ebd.: 2). Es herrschen eine Vielzahl von Interessen und vielfältige Beziehungen mit Kunden (Tauberger 2008: 196). Hinzu kommt, dass die öffentliche Verwaltung als Monopolist agiert und dabei einer fehlenden Insolvenzfähigkeit unterliegt (Buchholz/Lasar 2010: 299). Zudem verfügt der öffentliche Dienst nur über eingeschränkte Möglichkeiten was Belohnungs- oder Sanktionsmöglichkeiten für Mitarbeiter angeht (ebd.: 300). Ähnliche Bedingungen sind im privatwirtschaftlichen Umfeld kaum vorzufinden (ebd.).
Kundenorientierung kann als Fähigkeit eines Unternehmens verstanden werden, Leistungsanforderungen aus Kundensicht stetig zu erfassen und in Leistungen umzusetzen (Bruhn 2009: 37). Als zentrales Ziel kann dabei der Aufbau von profitablen Kundenbeziehungen verstanden werden (ebd.: 38). Das Erreichen dieses Ziels kann nur durch eine Orientierung an individuellen Kundenbedürfnissen und -wünschen sichergestellt werden (ebd.).
Beschwerden können als Artikulation einer Unzufriedenheit definiert werden, welche gegenüber einem Unternehmen oder einer Drittinstitution (wie einer öffentlichen Verwaltung) ausgesprochen werden und dabei das Ziel verfolgen, auf das als subjektiv wahrgenommene schädigende Verhalten des Anbieters aufmerksam zu machen, eine Entschädigung zu bewirken und/oder die Veränderung des kritisierten Zustands zu erreichen (Stauss/Seidel 2007: 49).
Auf Grundlage dieser Definition können unter einem Beschwerdemanagement alle pro- und reaktiven Maßnahmen, die im Zusammenhang mit Beschwerden ergriffen werden, verstanden werden (Homburg/Fürst 2006: 3). Dabei regt das Beschwerdemanagement die Artikulation der Kunden an, bearbeitet die Beschwerden und leitet entsprechende Schritte zur Beseitigung der Unzufriedenheitsursache ein (Meffert 2018: 228). Nach Stauss und Seidel kann der Prozess des Beschwerdemanagements in zwei Kategorien unterteilt werden: in den direkten und den indirekten Beschwerdemanagementprozess (Stauss/Seidel 2007: 82).
Der direkte Prozess bezieht sich unmittelbar auf eine einzelne Beschwerde (ebd.: 81). Er verfolgt das Ziel, eine Beschwerdezufriedenheit zu erreichen (ebd.). Der direkte Kontakt mit dem Kunden ist hier also von entscheidender Bedeutung (ebd.).
Abbildung 1: Der direkte Beschwerdemanagementprozess
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Quelle: eigene Darstellung nach Stauss/Seidel 2007: 82)
Wie aus der Abbildung zu entnehmen ist, geht es im ersten Schritt um die Beschwerdestimulierung (ebd.: 82). Bocklage definiert dafür unterschiedliche Beschwerdekanäle (Bocklage 2012: 15), die nachfolgend zusammengefasst dargestellt werden:
Die persönliche mündlich vorgetragene Beschwerde wird durch eine niedrige Barriere für den Kunden charakterisiert (ebd.). Als weitere Form der mündlichen Beschwerdeadressierung kann die telefonische Beschwerde angeführt werden (ebd.). Die Problemlösung ist bei der mündlichen Form der Beschwerde meistens direkt möglich (ebd.).
Daneben gibt es die schriftliche Beschwerdeform, die per Brief, Telefax, E-Mail oder über ein Formular auf der Website adressiert werden kann (ebd.).
Im zweiten Schritt erfolgt die Beschwerdeannahme (Stauss/Seidel 2007: 82) und anschließend wird die Beschwerde bearbeitet (Bocklage 2012: 22).
Die Beschwerdereaktion umfasst alle diejenigen Schritte, die der Kunde während der Beschwerdeabwicklung wahrnimmt also den generellen Erstkontakt, die Übermittlung der Eingangsbestätigung, das Kommunizieren von Lösungsvorschlägen und Zwischenberichten (ebd.: 25).
Beim indirekten Prozess ist der Kundenkontakt nicht notwendig, da hier die Informationen aus den Beschwerden ausgewertet werden, um sie für die Optimierung von Prozessen zu nutzen (ebd.). Es geht hier also nicht mehr um einzelne Beschwerden, sondern um die übergreifende Betrachtung von Beschwerden.
Abbildung 2: Der indirekte Beschwerdemanagementprozess
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Quelle: eigene Darstellung nach Stauss/Seidel 2007: 82)
Die Beschwerdeauswertung5 stellt den ersten Schritt dar, der die Ausschöpfung des Informationspotenzials der Beschwerde zum Ziel hat (Bocklage 2012: 27). Je präziser dies erfolgt, desto mehr entscheidungsunterstützende Informationen können gewonnen werden (ebd.).
Im nächsten Schritt erfolgt das Beschwerdecontrolling (ebd.: 29), welches das Koordinieren, das Planen und Steuern sowie die Überwachung der Beschwerden beinhaltet (ebd.: 29). Innerhalb der Planung sollten konkrete, klare und beschwerdemanagement-bezogene Ziele und Budgets formuliert werden (Homburg/Fürst 2003: 37). Diese Ziele sollten durch „Follow-Ups“ kurz nach der Beschwerdebearbeitung, durch Zufriedenheitsbefragungen oder auch durch die Analyse der Beschwerderate regelmäßig überprüft werden (ebd.: 38). Diese Kennzahlen sollten einem Soll-Ist-Vergleich unterzogen werden, um dadurch Optimierungspotenziale aufdecken zu können (ebd.).
Die Informationen, die das Beschwerdecontrolling ermittelt, werden im nächsten Schritt für das Beschwerdereporting genutzt. Reports können dabei Informationen wie Beschwerdeaufkommen, genutzte Beschwerdekanäle und -gegenstände enthalten (ebd.: 31).
Im letzten Schritt erfolgt die Beschwerdeinformationsnutzung, die einen erheblichen Beitrag für das Qualitätsmanagement leisten kann (Bocklage 2012: 33).
Kundenorientierung und Beschwerdemanagement weisen einen direkten Zusammenhang auf, denn die Verbesserung der Kundenorientierung stellt eines der Hauptziele des Beschwerdemanagements dar (Schönemann 2006: 798). Beschwerdemanagement unterstützt das Unternehmen dabei, Anforderungen von Kunden zu erfassen und in Leistungen umzusetzen und entspricht daher der Definition von Kundenorientierung nach Bruhn (Bruhn 2009: 37). Daneben unterstützt das Beschwerdemanagement den Aufbau von Kundenbeziehungen (ebd.: 38). Es kann daher konstatiert werden, dass Kundenorientierung und Beschwerdemanagement Aspekte sind, die einerseits nicht allein betrachtet werden können und sich andererseits wechselseitig beeinflussen.
Die Möglichkeiten, die durch ein kundenorientiertes Beschwerdemanagement generiert werden können, sind in verwaltungsinterne und -externe Ausstrahlungseffekte aufzuteilen (Homburg/Fürst 2003: 4). Die internen Effekte zielen dabei auf die Verwaltungsakteure ab, denen die hohe Bedeutung der Kundenorientierung vor Augen geführt wird und damit auch die Verwaltungskultur der Kundenorientierung geschärft wird (ebd.).
Daneben sind die Informationen, die aus dem Beschwerdemanagement generiert werden, kostengünstiger (Schönemann 2006: 797), regelmäßiger und besser verfügbar als Informationen aus beispielsweise aufwendigen Kundenbefragungen (Homburg/Fürst 2003: 4). Diese Informationen können die Verwaltung dann dabei unterstützen, interne Schwächen aufzudecken, die aus Mängeln innerhalb des Mitarbeiterverhaltens und aus Mängeln bei der Erstellung von Dienstleistungen und Prozessen resultieren (ebd.: 3). Wenn diese Informationen dann als Chance wahrgenommen werden, können Trends (wie z.B. zusätzliche Leistungsangebote) frühzeitig erkannt werden, Leistungen und Service verbessert werden (Brennan/Douglas 2002: 222) sowie Effektivität und Effizienz (Homburg/Fürst 2003: 28) gesteigert werden. Insgesamt gesehen kann Beschwerdemanagement die Kundenorientierung deutlich erhöhen und dabei die Kundenbeziehungen verbessern, was zu einer insgesamt besseren Zusammenarbeit führen kann.
Die externen Ausstrahlungseffekte und Möglichkeiten richten sich auf die Kunden der Verwaltung (ebd.: 4). Durch die Existenz des Beschwerdemanagements steigt bei diesen das Vertrauen in die Verwaltung (ebd.), negative Kundenreaktionen werden vermieden und es wird gleichzeitig die Kundenbindung und -zufriedenheit gestärkt (ebd.: 1). Ein systematischer Umgang mit Beschwerden führt außerdem dazu, dass Konfliktsituationen entschärft werden können und die Kunden sich ernst genommen fühlen (Schönemann 2006: 797). Hierdurch wird ein positives und kundenorientiertes Verwaltungsimage aufgebaut (Homburg/Fürst 2003: 4, Schönemann 2006: 796), wodurch sich die betreffende Verwaltung im Vergleich zu anderen Verwaltungen abheben kann. Im besten Falle betreiben zufriedengestellte Beschwerdeführer sogar eine positive Kommunikation nach außen (Hohn 2008: 239).
Die internen Grenzen für die Einführung und Umsetzung eines kundenorientierten Beschwerdemanagements resultieren einerseits aus den Zielkonflikten (Geser 1998: 1), denen öffentliche Verwaltungen unterliegen und die Thematik zu einer sehr anspruchsvollen Managementaufgabe machen (Bocklage 2012: 55). Hierfür werden hoch qualifizierte Verwaltungsführungskräfte benötigt, die nicht in jeder Verwaltung vorzufinden sind.
[...]
1 In dieser Arbeit wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit stets das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.
2 Der Begriff „Kunde“ soll in dieser Arbeit stellvertretend für die Begriffe „Bürger“, „Lieferanten“, „Unternehmen“ und „Organisationen“ stehen.
3 Die in dieser Arbeit vorgenommene Merkmalsabgrenzung wurde auf die wichtigsten Aspekte zusammengefasst und stellt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
4 Der Begriff „öffentliche Verwaltung“ beinhaltet nachfolgend alle Institutionen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen (Homann 2005: 9).
5 Die Beschwerdeauswertung kann in quantitative und qualitative Methoden unterteilt werden. Auf diese kann im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden (vgl. hierfür Homburg/Fürst 2003: 29-35).