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Hausarbeit, 2020
20 Seiten, Note: 1,3
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Der Begriff „Controlling“ in der öffentlichen Verwaltung
2.1 Definition und Abgrenzung „öffentliche Verwaltung“
2.2 Definition „Controlling“
2.3 Gründe und Ziele
2.4 Bedeutung in Deutschland
3 Theoretischer Rahmen
4 Chancen und Risiken
4.1 Chancen
4.2 Risiken
5 Kritische Würdigung und Handlungsempfehlungen
6 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildung 1: Die Balanced Scorecard
Abbildung 2: Die Balanced Scorecard
Der politische Diskurs wird seit geraumer Zeit von Diskussionen geprägt, wie sich die öffentliche Verwaltung von stark bürokratisch-geprägten Institutionen zu modernen dienstleistungsorientierten Organisationen wandeln kann (Hans 2011: 1). Der Rahmen dieser Reformbemühungen kann unter dem Begriff des „Neuen Steuerungsmodells (NSM)1 “ zusammengefasst werden (ebd.). In der einschlägigen Fachliteratur, die sich mit dem NSM befassen, wird deutlich, dass es für die Umsetzung und Zielerreichung dieser Reformen ein Verwaltungscontrolling benötigt (ebd.).
In der Praxis kann allerdings beobachtet werden, dass Controlling in den öffentlichen Verwaltungen nur unzureichend etabliert ist (Schmid 2013: 701). Da insbesondere die strategische Seite des Controlling bisher nur wenig Anwendung in den öffentlichen Behörden findet (Heike et al. 2010: 207), legt die vorliegende Arbeit ihren Schwerpunkt genau auf diese Perspektive. Die Arbeit soll die Frage beantworten, wie die Einführung von strategischem Controlling, insbesondere der Balanced Scorecard (BSC), gelingen kann.
Im Anschluss an die Einleitung soll daher zunächst der Begriff der öffentlichen Verwaltung definiert und von privatwirtschaftlichen Unternehmungen abgegrenzt werden, denn dieses ist für das weitere Verständnis der Arbeit von zentraler Bedeutung. Nachfolgend soll die Begrifflichkeit Controlling näher definiert werden, dessen Gründe und Ziele benannt werden sowie kurz auf die Bedeutung in Deutschland eingegangen werden. Auf diesen Grundlagen aufbauend, kann anschließend der theoretische Rahmen beschrieben werden. Die Arbeit bedient sich dabei am strategischen Controlling-Instrument der BSC. Anschließend erfolgt eine Analyse der Chancen und Risiken, die sich durch die Einführung der BSC ergeben können. Diese sollen nachfolgend diskutiert und mögliche Handlungsempfehlungen ausgesprochen werden. Die Arbeit endet mit einem Fazit.
Der Begriff der öffentlichen Verwaltung, der in dieser Arbeit Anwendung findet, beinhaltet alle öffentliche Institutionen, die sich der Erfüllung öffentlicher Aufgaben widmen (Homann 2005: 9). Für das weitere Verständnis der Arbeit soll allerdings eine Abgrenzung der Merkmale der öffentlichen Verwaltung zu privatwirtschaftlichen Unternehmen vorgenommen werden, denn diese weisen große Unterschiede auf (ebd.).
Öffentliche Verwaltungen sind durch eine deutlich höhere Komplexität als privatwirtschaftliche Unternehmungen gekennzeichnet (Tauberger 2008: 196). Diese werden durch das Vorherrschen einer Vielzahl von Interessen, das Dominieren von Sach- vor Formalzielen, den komplexen Beziehungen mit Bürgern, die Einbindung in den politischen Rahmen und das hohe Sicherheits- und Stabilitätsstreben der Mitarbeiter deutlich (ebd.). Darüber hinaus ist die öffentliche Verwaltung durch ein Monopolangebot ihrer Leistungen charakterisiert, sie unterliegt einem demokratischen Wettbewerb, sie entscheidet über öffentliches Vermögen und es herrscht eine fehlende Insolvenzfähigkeit vor (Buchholz/Lasar 2010: 299). Weiterhin haben persönliche Entscheidungen der Verwaltungsangehörigen kaum Konsequenzen (ebd.). Zudem orientiert sich die öffentliche Verwaltung am Gemeinwohl, welches wesentlich schwieriger mit monetären Kennzahlen beschrieben werden kann als beispielsweise das Ziel der Gewinnmaximierung in der privaten Wirtschaft (ebd.). Daneben ist die Steuerungsintensität in den kommunalen Behörden in den letzten Jahren immer intensiver geworden, was vor allem durch ein großes und volatiles Aufgabenfeld bedingt ist (Müller et al. 2009: 18). Vergleichbare Bedingungen sind in der privaten Wirtschaft kaum vorzufinden (ebd.).
Da sowohl in der betriebswirtschaftlichen Praxis als auch in der Literatur sehr unterschiedliche Auffassungen des Begriffes „Controlling“ vorherrschend sind (Homann 2005: 1), soll zunächst eine Definition erfolgen. Weiterhin sind diese Grundlagen wichtig, um folgend den theoretischen Rahmen der BSC einordnen und verstehen zu können.
Controlling kann als eine Führungsservicefunktion verstanden werden, dessen Instrumente und Konzepte als eine auf dem Rechnungswesen basierte Unterstützungsfunktion der Steuerung dienlich sind (Müller et. al 2009: 15). Dabei hängt die Entscheidungsrelevanz der bereitgestellten Informationen wesentlich von der Produkt- und Zielstruktur der Verwaltung oder der Unternehmung ab (Tauberger 2008: 2).
Controlling unterscheidet in der Regel zwei Ebenen: die strategische und die operative Ebene (Schedler 2011: 414). Unter strategischem Controlling werden alle verantwortungs- und entscheidungsgerechten Inhalte verstanden, die mit der Entwicklung und Positionierung der betroffenen Abteilung in Zusammenhang stehen (ebd.). Das operative Controlling befasst sich mit der Umsetzung der Vorgaben, also jenen Inhalten, die mit der Führung und Organisation der Behörde oder Unternehmung in der Phase der Implementation im Zusammenhang stehen (ebd.: 415).
Das Einführen von (strategischem) Controlling in öffentlichen Verwaltungen kann einerseits durch die angespannten Haushaltslagen und andererseits durch die allgemein bekannten Ineffizienzen innerhalb der Verwaltungsarbeit begründet werden, die eine Verbesserung der effektiveren Aufgabenerledigung notwendig machen (Hans 2011: 6). Selbst die Gemeindeordnungen der Länder definieren, dass die öffentliche Aufgabenwahrnehmung „sparsam und wirtschaftlich zu führen“ ist (HGO § 92 Satz 2). Damit diese Vorgaben zielorientiert erfüllt werden können, muss die Verwaltungssteuerung über eine fundierte Informationsgrundlage verfügen, die das (strategische) Controlling bereitstellen kann (Müller et al. 2009: 13).
Als weiterer Grund kann das volatile Umfeld, in dem sich die öffentliche Verwaltung bewegt, benannt werden. Dabei wird die Verwaltung mit erhöhten gesetzlichen und politischen Aufgaben, mit neuen administrativen Instrumenten der Steuerung und mit externem Druck eigene Strategien zu definieren und damit vorhandene Probleme zu beseitigen, konfrontiert (Heike et al. 2010: 210).
Insgesamt wird Controlling in den deutschen Verwaltungen bisher nur im geringen Umfang eingesetzt. In einer Befragung von Bogumil et al. gaben lediglich 10,9% der Befragten an, ein dezentrales Controlling einzusetzen (Bogumil et al. 2006: 8). In einer empirischen Studie aus dem Frühjahr 2008 wurde zudem deutlich, dass operatives Controlling deutlich öfter eingesetzt wird als strategisches und nur 23% der hierzu befragten Finanzdezernenten2 gaben an, dass sie die BSC einsetzen (Müller et al. 2009: 16-17). Auch andere strategisch-orientierte Kennzahlensysteme würden nach den Ergebnissen kaum Anwendung finden (ebd.).
Die BSC ist ein strategisches Controlling-Instrument, das die Unternehmenssteuerung unterstützen soll (Zimmermann/Jöhnk 2004: 89). Hierbei wird die Unternehmensleistung anhand vergangenheits- und zukunftsorientierter Kennzahlen aus verschiedenen Blickwinkeln untersucht (ebd.). Sie enthält eine Reihe von monetären und nicht-monetären Kennzahlen, deren Auswahl ausgewogen („Balanced“) erfolgen soll (Tauberger 2008: 197).
Sie rückt dabei Ziele und Visionen in den Vordergrund und verfolgt damit den Ansatz, dass Manager das Unternehmen ganzheitlich betrachten (Kaplan/Norton 1992: 79) und eine für das Unternehmen übergeordnete Strategieformulierung bereitstellen (Tauberger 2008: 197).
Grafisch lässt sich der Aufbau wie folgt darstellen:
Abbildung 1: Balanced Scorecard
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Quelle: Kaplan/Norton 1997: 9: eigene Darstellung)
Diese vier Perspektiven sind aus der Strategie abgeleitet und stehen in Beziehung zueinander (Tauberger 2008: 198).
Die Lern- und Entwicklungsperspektive zielt auf zukunftsorientierte Wirkungen hinsichtlich der Indikatoren für den Unternehmenserfolg ab (ebd.: 199). Diese Indikatoren sind beispielsweise die Qualifikation, die Motivation und die Weiterbildung der Mitarbeiter, die Infrastruktur der Informationen und das Wissensmanagement (ebd.).
Die interne Prozessperspektive soll die verantwortlichen Kernprozesse definieren und überwachen, die für den Geschäftserfolg bedeutsam sind (ebd.). Dabei stehen jene Kennzahlen im Vordergrund, die sich auf die internen Prozesse beziehen, welche die höchste Wirkung auf das Erreichen von finanziellen Zielen und Zielen der Kundenzufriedenheit haben (ebd.: 199-200).
Bei der Kunden- und Marktperspektive stehen als zentrale Kennzahlen der Marktanteil, die Kundenrentabilität, die Marken- und Produkttreue sowie die Zufriedenheit im Vordergrund (ebd.: 200). Dabei soll das Einsetzen der Mitarbeiter, der Geschäftsprozesse und der finanziellen Mittel dazu dienen, lösungsorientierte Ansätze für die Probleme der Kunden zu finden (ebd.).
Die Finanzperspektive macht deutlich, ob die Strategieumsetzung insgesamt zu einer Verbesserung des ökonomischen Ergebnisses geführt hat (ebd.). Die relevanten Kennzahlen sind hier der Gewinn, die Wertsteigerungen, die Rentabilitäten und die Veränderlichkeit der Finanzströme (ebd.). Diese Kennzahlen nehmen eine doppelte Rolle ein: zum einen wird die finanzielle Leistung definiert, welche durch die Strategieumsetzung erreicht werden soll und zum anderen werden Ursache-Wirkungszusammenhänge, die für die anderen Bezugsgrößen der BSC bedeutsam sind, deutlich (ebd.).
Durch die Einführung der BSC in der öffentlichen Verwaltung können strategische (politische) Entscheidungen „besser“ getroffen werden, nachhaltiger sein und damit langfristig eine positive Wirkung auf das Budget haben (Schmid 2013: 701). Dabei können im besten Fall Steuerungsdefizite behoben werden (ebd.). Zudem kann die BSC bewirken, dass die Transparenz in den Abläufen des politisch-administrativen Systems für die Öffentlichkeit erhöht wird (Berens et al. 2004: 339) und damit zur Legitimitätssicherung beiträgt (Röbken 2007: 272-273).
Des Weiteren kann die öffentliche Aufgabenwahrnehmung durch das Formulieren von strategischen Zielen und Kennzahlen effektiver und effizienter erledigt werden (Müller et. al 2009: 14). Zusätzlich können sie einen Beitrag leisten, um die Verwaltung zu modernisieren, die finanziellen Handlungsspielräume zu sichern und die längerfristige Wirtschaftlichkeit mit Zielen der Bürgerorientierung und kommunaler Entwicklung zu verbinden (Ferrari/Tausch 2002: 246). Dies kann den Erhalt von Leistungen unterstützen (Müller et al. 2009: 14). Daneben könnte die Führung über strategische Ziele und Kennzahlen die Motivation der Verwaltungsangehörigen insgesamt erhöhen.
Zunächst sind die schwerfälligen Entscheidungsprozesse in der öffentlichen Verwaltung zu nennen (Hans 2011: 39), die die Einführung der BSC deutlich verzögern können. Dabei können Widerstände seitens der politischen Gremien die erfolgreiche Einführung noch weiter erschweren (ebd.: 38).
In diesem Kontext muss auch der Widerstand, den die Verwaltungsakteure möglicherweise im Prozess der Einführung leisten, thematisiert werden. Sie sind häufig misstrauisch gegenüber Managementmethoden aus der Privatwirtschaft (Tauberger 2008: 207). Außerdem findet strategische Verwaltungsführung bisher häufig nicht statt (Brede 2005: 76). Das Risiko des Widerstands wird noch zusätzlich verstärkt, wenn die Führungskräfte und Mitarbeiter zu wenig in die Einführung einbezogen werden (Hans 2011: 37).
Darüber hinaus sollte beachtet werden, dass die Politiker, die Bürger und aber auch die Verwaltungsangehörigen jeweils die Maximierung ihres eigenen Nutzens anstreben, da sie individuelle Bedürfnisse und Interessen verfolgen (Buchholz/Lasar 2010: 299).
[...]
1 Auf das NSM soll in dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden (vgl. hierfür u.a. die KGSt-Berichte Nr. 8/1995 und 10/1995).
2 In dieser Arbeit wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit stets das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.