Ich werde mich in dieser Arbeit mit den Widersprüchen des europäischen Grenzregimes in Anbetracht ihrer gesetzlich betrachtet offenen Asylpolitik beschäftigen, indem ich dazu den migrationspolitischen infrastrukturellen Aufbau untersuchen und welche Konsequenzen dieser nach sich zieht. Hierzu werde ich zunächst drei Säulen der europäischen Migrationspolitik beleuchten, anschließend kurz auf die von ihnen ausgehende Kriminalisierung Fliehender und ihrer Helfer:innen eingehen und abschließend weiterführende Fragen aufwerfen, welche ich mit einer persönlichen Betrachtung des Themas beantworte.
Was wir als Infrastruktur wahrnehmen, ist seit Mitte des 20. Jahrhunderts als ein System aus Einrichtungen definiert, die sich der Ver- und Entsorgung, Kommunikation und Verkehrsregelung zuschreiben. Sie tragen dazu bei, die Gesellschaft auf diversen Ebenen zu vernetzen. Erst etabliert, lassen sich aus ihrer Betrachtung gesellschaftliche Machtverhältnisse ableiten. Wer hat Zugriff auf Infrastrukturen, wem wird dieser Zugriff verwehrt und wer ist es, der über diesen Zugriff bestimmen kann? So sehr Infrastrukturen die Fähigkeit besitzen, Menschen zu vernetzen, so können sie diese auch ausgrenzen, wie im Falle der europäischen Migrationspolitik.
Dinge wie Informationsfreiheit und Mobilität gelten in der westlichen Welt nahezu als Menschenrechte – doch was, wenn diese westliche Welt eine Infrastruktur aufbaut, die Menschen des globalen Südens von eben diesen Rechten ausschließen soll? Ebenso wird infrastruktureller Ausbau damit verknüpft, Frieden und Wohlstand zu begünstigen, limitiert in diesem Szenario aber gerade jenes für Flüchtende des globalen Südens.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Drei infrastrukturelle Säulen europäischer Migrationspolitik
- Die politische Säule: Migrationsmanagement
- Die operative Säule: Frontex
- Die externe Säule: Externalisierter Grenzschutz in Dritt-, Transit- und Herkunftsländern
- Kriminalisierung von Flüchtenden und ihren Helfer:innen
- Irreguläre Flüchtende
- NGOs
- Schlepper:innen
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Widersprüche der europäischen Migrationspolitik im Kontext ihrer deklarierten offenen Asylpolitik. Der Fokus liegt auf der Analyse der migrationspolitischen Infrastruktur und deren Konsequenzen für flüchtende Menschen. Die Arbeit beleuchtet die Rolle verschiedener Akteure und untersucht, wie die europäische Migrationspolitik zur Kriminalisierung von Flüchtenden und ihren Helfer:innen beiträgt.
- Analyse der infrastrukturellen Säulen europäischer Migrationspolitik
- Untersuchung der Kriminalisierung von Flüchtenden und ihren Helfer:innen
- Kritik am Konzept des Migrationsmanagements und dessen Auswirkungen
- Beurteilung der Effektivität externalisierten Grenzschutzes
- Aufzeigen der Widersprüche zwischen der deklarierten Asylpolitik und der Praxis
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung definiert Infrastruktur und stellt die zentrale Forschungsfrage nach den Widersprüchen der europäischen Migrationspolitik im Kontext der offenen Asylpolitik. Sie führt den Begriff des Migrationsmanagements ein und kündigt die Analyse der drei Säulen der europäischen Migrationspolitik an, gefolgt von einer Betrachtung der Kriminalisierung von Flüchtenden und ihren Helfer:innen. Der einleitende Zitat von Star (1999) verdeutlicht die relative und kontextabhängige Natur von Infrastruktur. Die Arbeit kündigt eine kritische Auseinandersetzung mit den Widersprüchen zwischen der rechtlichen Grundlage des freien Reiseverkehrs und der restriktiven Praxis der europäischen Grenzpolitik an.
Drei infrastrukturelle Säulen europäischer Migrationspolitik: Dieses Kapitel beschreibt drei zentrale Säulen der europäischen Migrationspolitik: das Migrationsmanagement als politischen Überbau, Frontex als operative Säule und den externalisierten Grenzschutz in Drittstaaten als externe Säule. Es wird gezeigt, wie diese Säulen zusammenwirken, um eine restriktive Grenzpolitik zu implementieren, die Flüchtenden den Zugang zu Europa erschwert. Das Kapitel analysiert, wie migrationspolitische Ziele hinter entwicklungspolitischen Maßnahmen versteckt werden können und wie die Verschärfung von Grenzkontrollen finanziert wird. Der Fokus liegt auf der menschenfeindlichen Ausrichtung der europäischen Migrationspolitik.
Die politische Säule: Migrationsmanagement: Dieses Kapitel analysiert das Konzept des Migrationsmanagements, seine neoliberalen Implikationen und seine Auswirkungen auf die Kriminalisierung von Flüchtenden. Es wird gezeigt, wie Migrationsmanagement dazu dient, Migrationsströme zu steuern und die Machtverhältnisse zwischen Industrienationen und Ländern des globalen Südens aufrechtzuerhalten. Das Kapitel kritisiert die selektive Anwendung des Rechts auf Bewegungsfreiheit und die Abwertung von Flüchtenden als „Wirtschaftsflüchtlinge“. Die Ineffektivität von Entwicklungshilfemaßnahmen im Kontext des Migrationsmanagements wird anhand des Beispiels des EU Emergency Trust Fund for Africa und dessen Auswirkung auf Niger illustriert. Die kritische Auseinandersetzung mit der Profitabilität des Migrationsmanagements für "alle" im Sinne Bimal Ghoshs wird hervorgehoben.
Schlüsselwörter
Migrationspolitik, Migrationsmanagement, Frontex, Externalisierter Grenzschutz, Kriminalisierung, Flüchtlinge, Menschenrechte, EU, Globaler Süden, Entwicklungshilfe, Neoliberalismus, Grenzregime.
Häufig gestellte Fragen zum Dokument: Europäische Migrationspolitik
Was ist der Gegenstand dieses Dokuments?
Das Dokument analysiert die Widersprüche der europäischen Migrationspolitik, insbesondere im Hinblick auf die deklarierte offene Asylpolitik. Es konzentriert sich auf die Analyse der migrationspolitischen Infrastruktur und deren Folgen für Flüchtlinge, beleuchtet die Rolle verschiedener Akteure und untersucht die Kriminalisierung von Flüchtlingen und ihren Helfer:innen.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit untersucht die drei infrastrukturellen Säulen europäischer Migrationspolitik (Migrationsmanagement, Frontex, externalisierter Grenzschutz), die Kriminalisierung von Flüchtenden und ihren Helfer:innen (einschließlich NGOs und Schlepper:innen), die Kritik am Migrationsmanagement und dessen Auswirkungen, die Effektivität des externalisierten Grenzschutzes und die Widersprüche zwischen der deklarierten Asylpolitik und der Praxis. Ein besonderer Fokus liegt auf den neoliberalen Implikationen des Migrationsmanagements und der menschenfeindlichen Ausrichtung der europäischen Migrationspolitik.
Welche Struktur hat das Dokument?
Das Dokument umfasst eine Einleitung, ein Kapitel zu den drei infrastrukturellen Säulen der europäischen Migrationspolitik (mit Unterkapiteln zu Migrationsmanagement, Frontex und externalisiertem Grenzschutz), ein Kapitel zur Kriminalisierung von Flüchtenden und ihren Helfer:innen und ein Fazit. Es beinhaltet zudem eine Zusammenfassung der Kapitel, eine Zielsetzung mit Themenschwerpunkten und Schlüsselwörter.
Wie wird die Kriminalisierung von Flüchtlingen und ihren Helfer:innen dargestellt?
Das Dokument analysiert, wie die europäische Migrationspolitik zur Kriminalisierung von Flüchtlingen und ihren Helfer:innen beiträgt. Es betrachtet dabei verschiedene Akteure, darunter irreguläre Flüchtlinge, NGOs und Schlepper:innen. Die Analyse untersucht die Mechanismen und Konsequenzen dieser Kriminalisierung.
Welche Rolle spielt Frontex in der europäischen Migrationspolitik?
Frontex wird als die operative Säule der europäischen Migrationspolitik dargestellt. Das Dokument analysiert die Rolle von Frontex bei der Implementierung einer restriktiven Grenzpolitik, die Flüchtlingen den Zugang zu Europa erschwert.
Was ist mit "externalisiertem Grenzschutz" gemeint?
Der externalisierte Grenzschutz beschreibt die Verlagerung von Grenzkontrollen in Dritt-, Transit- und Herkunftsländer. Das Dokument untersucht die Konsequenzen dieser Praxis und wie sie zur Kriminalisierung von Flüchtlingen beiträgt und die Machtverhältnisse zwischen Industrienationen und Ländern des globalen Südens aufrecht erhält.
Welche Kritikpunkte werden an der europäischen Migrationspolitik geübt?
Das Dokument kritisiert die Widersprüche zwischen der deklarierten offenen Asylpolitik und der restriktiven Praxis, die selektive Anwendung des Rechts auf Bewegungsfreiheit, die Abwertung von Flüchtenden als "Wirtschaftsflüchtlinge", die Ineffektivität von Entwicklungshilfemaßnahmen im Kontext des Migrationsmanagements und die neoliberalen Implikationen des Migrationsmanagements. Die menschenfeindliche Ausrichtung der Politik wird deutlich kritisiert.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren den Inhalt des Dokuments?
Schlüsselwörter sind: Migrationspolitik, Migrationsmanagement, Frontex, Externalisierter Grenzschutz, Kriminalisierung, Flüchtlinge, Menschenrechte, EU, Globaler Süden, Entwicklungshilfe, Neoliberalismus, Grenzregime.
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- Kristine Ringe (Author), 2022, Der Effekt europäischer Migrations-Infrastruktur auf die Kriminalisierung Flüchtender, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1282616