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Hausarbeit, 2018
16 Seiten, Note: 1,3
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Schriftspracherwerb: Stunde Null?
2 Phonologische Bewusstheit: Definition und Diagnose
2.1 Definition
2.2 Individuelle Lernstandsanalyse
2.2.1 Prinzipien
2.2.2 Aufbau: Aufgabenbereiche und Inhalte
3 Durchführung der Diagnose
3.1 Kind-Umfeld-Analyse
3.2 Durchführung: Ablauf, Beschreibung und Interpretation
4 Förderung
4.1 Kompetenzen und Defizite
4.2 Förderplan
Literaturverzeichnis
Abbildung 1: Entwicklungsstufen nach Koch & Euker 2009
Abbildung 2: Die phonologische Informationsverarbeitung
Abbildung 3: Phonologische Bewusstheit
Abbildung 4: Stufenmodell
Tabelle 1: Gruppeneinteilung
Als Basis der Wortschatzentwicklung überprüfen, vergleichen und korrigieren Kinder bereits im Alter von 1,5 bis 2 Jahren eigene und fremde sprachliche Äußerungen. Nach Schründer-Lenzen (2013, S. 88) spricht man deshalb von „keiner Stunde Null“ im Schriftspracherwerb.
Viel mehr bringen Kinder beim Schuleintritt schon zahlreiche Vorläuferfähigkeiten mit. Sie schreiben ihren eigenen Namen, Mama und Papa sowie einige weitere bekannte Wörter ohne bewusst die Lautstruktur zu analysieren, indem sie das bekannte Wortbild wiedergeben (vgl. Abbildung 4, S. 5). Mithilfe dieser Strategie können manche Kinder sogar bekannte Markenlogos „erlesen“ und verstehen damit bereits die Symbolfunktion der Schrift. Doch nicht jedes Kind hat sich vorher schon mit schriftlichen Strukturen beschäftigt und befindet sich somit auf der gleichen Entwicklungsstufe wie seine Altersgenossen (vgl. Abbildung 1) (vgl. Bredel etal. 2017, S. 90).
Aus urheberrechtlichen Gründen wurde die Abb. entfernt. (Anm. d. Red.)
Abbildung 1: Entwicklungsstufen nach Koch & Euker2009
Quelle: Von Stechow, Foliennummer 6
Doch welche Faktoren beeinflussen die Entwicklung von Schriftsprache bei Kindern? Und wie lassen sich ihre Vorläuferkompetenzen und Risikofaktoren identifizieren?
Laut Bredel et al. (2017, S. 91) ist die wichtigste Voraussetzung für einen erfolgreichen Einstieg in das Lesen und Schreiben die Präsenz einer „phonologischen Bewusstheit“. Neben dem Gedächtnis, der Aufmerksamkeit und den sprachlichen Kompetenzen (Wortschatz, Grammatik) eines Kindes gilt die vorschulische phonologische Bewusstheit, welche außerdem als Teil der phonologischen Informationsverarbeitung betrachtet wird (vgl. Abbildung 2), als der stärkste Prädiktor früher Schriftsprachkompetenzen (vgl. Goldammer 2010, S. 7):
„Phonologische Bewusstheit bezeichnet die Fähigkeit, bei der Wahrnehmung, der Verarbeitung, dem Abruf und der Speicherung von sprachlichen Informationen ein Wissen über die Laustruktur der Sprache heranzuziehen.“ (Goldammer 201Q, S. 14)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Beim ersten Erlesen eines Wortes wird es oft noch falsch betont, z.B. [Ho:se:J. Das Kind sucht daraufhin in seinem „inneren Lexikon“ nach einer klangähnlichen Wortgestalt. Hat es diese gefunden, wird das Wort richtig betont gesprochen, sein Sinn erfasst, z. B. [Hose!]. Ein guter Leser kann jedoch direkt vom visuellen Wortmuster auf die Bedeutung schließen, muss also keinen „Umweg“ über das phonetische Rekodieren nehmen.
Abbildung 2: Die phonologische Informationsverarbeitung
Quelle: Martschinke & Forster 2009:7
Mit der Erkenntnis, dass Sätze aus Wörtern und Wörter aus Silben bestehen und der Fähigkeit, Reime zu erkennen, Wörter in einzelne Laute zu zerlegen sowie mehrere Laute zu einem Wort zusammenzufügen kann man also von einer „phonologischen Bewusstheit“ sprechen (vgl. Goldammer 2010, S. 14). Nach Forster & Martschinke (2012, S. 7) ist damit außerdem die Fähigkeit, die eigene Aufmerksamkeit unabhängig von bedeutungstragenden Elementen auf den formalen, lautlichen Aspekt der Sprache richten zu können, verbunden, weshalb Abstraktionsfähigkeit, die Fähigkeit zur Selbstbeobachtung sowie eine überlegte, 2 explizite Kontrolle als Grundvoraussetzungen für den Aufbau der phonologischen Bewusstheit gelten (vgl. Schründer-Lenzen 2013, S. 86).
Nach Skowronek & Marx (1989) kann sie im weiteren und im engeren Sinn betrachtet werden. Unter der phonologischen Bewusstheit im weiteren Sinn versteht man die „Wahrnehmung der gröberen sprachlichen Einheiten wie Wörter im Satz und Silben in Wörtern [...]“ (Valtin 2010, S. 2) sowie die Fähigkeit, Reime zu erkennen und Silben zu segmentieren/zusammenzusetzen. Unter der phonologischen Bewusstheit im engeren Sinn versteht man die „Fähigkeit, Laute in Wörtern und Silben zu erkennen und zu unterscheiden“ (Valtin 2010, S. 2) sowie die Fähigkeit, nicht nur Anfangs- und Endlaute in einem gesprochenen Wort identifizieren zu können, sondern das gesamte Wort auf seine lautlichen Bestandteile hin abhören zu können (vgl. Abbildung 3) (vgl. Schründer-Lenzen 2013, S. 88).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Phonologische Bewusstheit
Quelle: Martschinke & Forster 2009:8
Laut Goldammer (2010, S. 15) hat die phonologische Bewusstheit außerdem große Bedeutung für die Lesekompetenz und den Erwerb der Dekodierfähigkeit. Zur Diskussion steht jedoch, ob und inwiefern die phonologische Bewusstheit eine alleinige Voraussetzung für den Schriftspracherwerb darstellt, oderauch als Folge betrachtet werden kann. Nach Bredel et al. (2017, S. 91) können der Prozess des Schriftspracherwerbs und die phonologische Bewusstheit als sich gegenseitig beeinflussende Faktoren bezeichnet werden, die in einer Wechselwirkung stehen. Daraus ergibt sich die Erkenntnis, dass die phonologische Bewusstheit als Vorhersage späterer Lese- und Rechtschreibleistungen dienen kann (vgl. Forster &Martschinke 2012, S. 9).
Im Zuge des Seminars „SSE/P Diagnose und Förderung im Schriftspracherwerb“ soll ein Diagnoseinstrument ausgewählt, eine Diagnose durchgeführt und die Ergebnisse ausgewertet werden, auf deren Grundlage ein individueller Förderplan erstellt werden kann. Im Vordergrund soll dabei die Diagnose und Förderung der phonologischen Bewusstheit des Kindes stehen. Als Diagnoseinstrument wurde die Individuelle Lernstandsanalyse 1 ausgewählt, welche als Erhebungsverfahren der phonologischen Bewusstheit im weiteren und im engeren Sinn abprüft.
Die Individuelle Lernstandsanalyse (ILeA 1) ist ein „in der Praxis erprobtes, wissenschaftlich überprüftes und mehrfach weiterentwickeltes Verfahren für eine pädagogische Analyse der Lernausgangslage eines Kindes“ (Lehrerheft, S. 9), deren Ergebnisse als Basis für die Erstellung individueller Lernpläne dienen können.
Prinzip 1: Anerkennung
„Jedes Kind soll im Unterricht immer wieder erleben, dass es kompetent und liebenswert ist und gedachtet wird.“ (Lehrerheft, S.11)
ILeA will demnach die Kompetenzen des Kindes feststellen und auf ihnen aufbauen. Weil emotionales Wohlbefinden als Grundvoraussetzung für effektives kognitives Lernen gilt, soll das Kind die alltägliche Erfahrung von Zugehörigkeit und Achtung machen (vgl. Lehrerheft, S. 11)
Prinzip 2: Didaktische Diagnostik
„Lernstände von Kindern werden analysiert, um den Unterricht zu verbessern.“ (Lehrerheft, S. 11)
Die pädagogische Diagnostik ist demnach als Teil der Didaktik zu betrachten. Die Ergebnisse fließen wieder in Lernpläne und didaktische Entwürfe ein (vgl. Lehrerheft, S. 11).
Prinzip 3: Fachspezifische Stufenmodelle
„Der Analyse der Lernstände von Kindern dienen spezifische Stufenmodelle des Schriftspracherwerbs [...]. Sie werden um nicht chronologische Bausteine ergänzt, die innerhalb einzelner Stufen angesiedelt sind.“ (Lehrerheft, S. 12)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Stufenmodell
Quelle: Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg 2010:15
Ein derartiges Stufenmodell (vgl. Abbildung 4) kann offensichtlich die Komplexität kindlicher Lernprozesse nicht exakt abbilden, sondern dient als Hilfsmittel, um sicherzustellen, dass alle Kinder elementare und unverzichtbare Kompetenzen aufbauen können. Es soll in der Praxis helfen, die Komplexität der beobachtbaren Entwicklungen und Lernstände zu strukturieren und die Analysen der Lernstände zu qualifizieren (vgl. Lehrerheft, S. 12)
Prinzip 4: Berücksichtigung der psychosozialen Gesamtsituation „Die Analyse des Lernstandes erfasst Wechselwirkungen zwischen Kind und Umfeld.“ (Lehrerheft, S. 12)
ILeA beruht auf der Einsicht, dass körperliches und emotionales Wohlbefinden sowie soziale Eingebundenheit wichtige Voraussetzungen für kognitive Lernprozesse darstellen, weshalb das Verhalten, die Entwicklung, die Interessen und Themen des einzelnen Kindes reflektiert werden sollen (vgl. Lehrerheft, S. 12)
Prinzip 5: Arbeitshypothesen
„Ergebnisse von Lernstandsanalysen sind Bilder, die wir uns von Kindern machen, sie können nicht unmittelbar Realität abbilden und beziehen sich nur auf Teilbereiche kindlichen Lernens.“(Lehrerheft, S. 13)
Auf Grundlage dessen können nie konkrete Fakten festgestellt werden, sondern nur Vermutungen angestellt werden, die immer nur Aspekte dieser komplexen Entwicklung erfassen können (vgl. Lehrerheft, S. 13).
Prinzip 6: Förderung der Selbstevaluation
„Um Schulanfängerinnen und Schulanfänger bei der Reflexion ihrer Lernprozesse zu unterstützen, sollen diese zunehmend in die Lage versetzt werden, ihr eigenes Lernen zu evaluieren und dafür geeignete Instrumente, wie zum Beispiel Lernpässe und das Portfolio zu nutzen.“ (Lehrerheft, S. 13)
Kindern soll also die Gelegenheit zur Selbstevaluation geboten werden (vgl. Lehrerheft, S. 13)
Auf Grundlage dieser Prinzipien soll mithilfe der Lernstandsanalyse die Lernausgangslage des Kindes erfasst werden, um gezielt fördern zu können.
Die Individuelle Lernstandsanalyse 1 umfasst vier Aufgabenbereiche:
a) Bereich 1: Grobanalyse der spontan erworbenen Schriftsprachstrategien
Dem Kind wird ein leeres Blatt vorgelegt, auf dem es alles aufschreibt, was es bereits schreiben kann. Anhand der Ergebnisse kann auf bereits erlernte Strategien des Schriftspracherwerbs des Kindes geschlossen werden.
Hierfür wird das bereits aufgeführte Stufenmodell verwendet (vgl. Abbildung 4, S. 5) (Lehrerheft, S. 16f).
b) Bereich 2: Feinanalyse der spontan erworbenen Schriftsprachstrategien
Das Kind kann auf Grundlage des Bereichs 1 einer Gruppe zugeordnet werden. In jeder Gruppe erfolgt eine weiterführende Beobachtung zur Bestimmung der Lernausgangslage (Lehrerheft, S. 18)
Tabelle 1: Gruppeneinteilung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
c) Bereich 3: Überprüfung der phonologischen Bewusstheit
Es soll festgestellt werden, inwiefern das Kind auf den Klang sprachlicher Elemente achtet und dabei zeitweilig die inhaltliche Bedeutung der Wörter vernachlässigen kann. Hierfür wird überprüft, wie gut das Kind Reimwörter erkennen, vorgesprochene Wörter in Silben gliedern, den gleichen Anlaut heraushören und drei verschiedene Inlaute heraushören kann (vgl. Lehrerheft, S. 24)
d) Bereich 4: Analyse des mündlichen Sprachhandelns
Dieser Bereich wird nur bei Kindern angewendet, bei denen „bekannt ist oder vermutet werden kann, dass sie einen verstärkten Förderbedarf im mündlichen Sprachhandelns aufweisen.“ (Lehrerheft, S. 34)
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