In dieser Arbeit werden zunächst das Verhältnis von nationalem und europäischem Recht und die Grundsätze des europäischen Haftbefehls erläutert, bevor auf die Problematik an sich eingegangen wird. Hier werden die wichtigsten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs dargestellt und im Hinblick auf einen ungeschriebenen Ordre-public-Vorbehalt bei der Vollstreckung europäischer Haftbefehle analysiert. Am Ende folgt eine persönliche Stellungnahme.
Europa. Ein Raum gleicher Wertvorstellungen. Ein Raum gleicher Zielsetzungen. Ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Aber gibt es diesen Raum wirklich? Gibt es tatsächlich einen Mindeststandard an Grund- und Menschenrechten, der von allen Mitgliedstaaten geschützt wird?
Diese Frage keimte vor gut zwei Jahren erneut auf. Grund war der Fall Puigdemont. Der katalanische Separatistenführer sollte aufgrund eines Europäischer Haftbefehls von Deutschland an Spanien ausgeliefert werden. Ihm wurde Rebellion und Veruntreuung vorgeworfen. Im Herbst 2017 ließ er ein Unabhängigkeitsreferendum durchführen, obwohl dieses zuvor für verfassungswidrig erklärt worden war. Da die deutschen Richter den Betroffenen lediglich einer Veruntreuung schuldig gesprochen hatten, war eine Auslieferung wegen Rebellion aufgrund fehlender beiderseitiger Strafbarkeit unzulässig. Spanien zog den europäischen Haftbefehl zurück, denn richterliche Entscheidungen sind nicht zu bewerten, sondern zu respektieren.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Grundlagen
- I. Verhältnis des Unionsrechts zum nationalen Recht
- 1. Sichtweise des EuGH
- 2. Position des BVerfG
- II. Europäischer Haftbefehl
- 1. Allgemeines
- 2. Grenzen
- C. Ordre-public-Vorbehalt?
- I. Grundeinstellung des EuGH
- 1. Allgemeines
- 2. Rs. Åkerberg-Fransson
- 3. Rs. Melloni
- 4. Gutachten über den Eintritt der EU in die EMRK
- 5. Generalanwältin Sharpston in der Rs. Radu
- 6. Rs. Jeremy F.
- 7. Zusammenfassung
- II. BVerfG Beschluss v. 15.12.2015
- 1. Sachverhalt
- 2. Entscheidung
- a) Möglichkeit einer Identitätskontrolle
- b) Ausnahme von dem Prinzip der gegenseitigen Anerkennung
- c) Übereinstimmung mit Unionsrecht
- 3. Kritik
- 4. Solange 3-Entscheidung?
- a) Befürwortende Ansicht
- b) Gegenansicht
- 5. Zwischenergebnis
- III. EuGH in der Rs. Pál Aranyosi/Căldăraru
- 1. Sachverhalt
- 2. Entscheidung
- a) Ausnahme von der Institution des gegenseitigen Vertrauens
- b) Dreistufige Prüfung für das Vorliegen eines Ablehnungsgrundes
- aa) Risikoprüfung
- aaa) Abstrakte Gefahr
- bbb) Konkrete Gefahr
- bb) Aufklärung und Abhilfe
- cc) Rechtsfolge
- dd) Nachverfahren
- 3. Kritik
- 4. Zusammenfassung
- V. EuGH in der Rs. Taricco I
- 1. Sachverhalt
- 2. Entscheidung
- 3. Kritik
- 4. Zusammenfassung
- VI. EuGH in der Rs. M.A.S. und M.B. / Taricco II
- 1. Sachverhalt
- 2. Entscheidung
- 3. Begründung
- 4. Kritik
- 5. Zusammenfassung
- D. Stellungnahme
- Die Funktionsweise des Europäischen Haftbefehls
- Die Rolle des ordre-public-Vorbehalts im europäischen Strafverfahrensrecht
- Die Spannungen zwischen der gegenseitigen Anerkennung und dem Schutz nationaler Grundrechte
- Die Interpretation des ordre-public-Vorbehalts durch den EuGH und das BVerfG
- Die Auswirkungen der Rechtsprechung auf die praktische Anwendung des Europäischen Haftbefehls
- Einleitung: Die Einleitung stellt das Thema der Seminararbeit vor und erläutert die Relevanz des ordre-public-Vorbehalts im Zusammenhang mit der Vollstreckung Europäischer Haftbefehle.
- Grundlagen: Dieses Kapitel behandelt die rechtlichen Grundlagen, die für die Untersuchung des ordre-public-Vorbehalts relevant sind. Es analysiert das Verhältnis des Unionsrechts zum nationalen Recht und erläutert die Funktionsweise des Europäischen Haftbefehls.
- Ordre-public-Vorbehalt?: Dieses Kapitel analysiert die Rechtsprechung des EuGH zum ordre-public-Vorbehalt im Rahmen der Vollstreckung Europäischer Haftbefehle. Es beleuchtet die unterschiedlichen Ansätze des EuGH in verschiedenen Rechtsstreitigkeiten und stellt den BVerfG-Beschluss vom 15.12.2015 in den Kontext dieser Entwicklung.
- EuGH in der Rs. Pál Aranyosi/Căldăraru: Dieses Kapitel analysiert die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Pál Aranyosi/Căldăraru, in der der EuGH die Anwendung eines dreistufigen Prüfschemas für die Anwendung des ordre-public-Vorbehalts formulierte.
- EuGH in der Rs. Taricco I: Dieses Kapitel untersucht die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Taricco I, in der der EuGH den ordre-public-Vorbehalt im Zusammenhang mit der Frage der Verjährung von Strafen im europäischen Kontext prüfte.
- EuGH in der Rs. M.A.S. und M.B. / Taricco II: Dieses Kapitel analysiert die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Taricco II, in der der EuGH die Anwendung des ordre-public-Vorbehalts in Bezug auf die Gültigkeit von Strafurteilen im europäischen Raum beleuchtet.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit befasst sich mit dem ungeschriebenen ordre-public-Vorbehalt bei der Vollstreckung Europäischer Haftbefehle. Sie analysiert die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in diesem Bereich.
Zusammenfassung der Kapitel
Schlüsselwörter
Die Seminararbeit konzentriert sich auf die folgenden Schlüsselbegriffe: Europäischer Haftbefehl, ordre-public-Vorbehalt, gegenseitige Anerkennung, Rechtshilfe, Rechtsstaatlichkeit, Grundrechte, Verjährung, Strafurteilsvollstreckung, Europäisches Strafverfahrensrecht, Unionsrecht, nationales Recht, EuGH, BVerfG.
- Arbeit zitieren
- Franziska Lechermann (Autor:in), 2019, Ungeschriebener Ordre-Public-Vorbehalt bei der Vollstreckung europäischer Haftbefehle, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1264844