Obwohl die Schweiz bereits in ihrer Präambel die „Offenheit gegenüber der Welt“ unterstreicht, zeigt sich die Rolle des Völkerrechts sowohl theoretisch als auch in der Rechtspraxis nicht eindeutig. In mehreren Verfassungsartikeln, welche im Laufe dieser Arbeit genauer zur Bearbeitung hinzugezogen werden, erscheint der Bezug zum Völkerrecht explizit ersichtlich. Dessen Anwendung lässt hingegen zentrale Fragen offen, welche bis heute nicht abschliessend geregelt sind.
Im Kontext dieser Thematik scheint es des Weiteren sinnvoll, das politische System der Schweiz in die Problemanalyse miteinzubeziehen. Verbindliche Volksinitiativen und Referenden, welche gemäss BV Art. 138ff verfassungsmässig garantiert sind, ermöglichen dem Stimmvolk ein sehr hohes Mass an politischer Mitbestimmung. Diese plebiszitären Rechte erschweren den politischen Entscheidungsprozess erheblich, zumal parlamentarische Mehrheiten kein Garant für Gesetzesvorhaben darstellen. Die Abwesenheit eines Verfassungsgerichts, welche bestimmte Gesetzesvorhaben im Vorfeld einer Abstimmung für ungültig erklären kann, verschärft diese Problematik zusätzlich.
Mit ebendieser Diskrepanz möchte sich diese Arbeit beschäftigen. Einige Volksinitiativen, welche vom Volk in unterschiedlichen Zeiträumen angenommen wurden und nun als Teil der Bundesverfassung Gültigkeit haben, sind mit völkerrechtlichen Verpflichtungen, welche zu einem früheren Zeitpunkt ebenfalls angenommen wurden, nicht kompatibel. Die daraus folgende Problematik ergibt sich aus stetigen Widersprüchen von Rechtsnormen innerhalb der Bundesverfassung. Die Umsetzung jener Verfassungsbestimmungen, für welche die Bundesversammlung jeweils Gesetzesentwürfe ausarbeitet, gestaltet sich folglich schwierig.
Anhand einer Analyse des schweizerischen Rechtssystems soll im Verlauf dieser Arbeit ermittelt werden, welche Bedeutung dem Völkerrecht in Gesetzgebungs- und Gerichtsverfahren tatsächlich zukommt. Die Behandlung von zwei Fällen, worin erfolgreiche Volksinitiativen gegen geltendes Völkerrecht verstossen haben, sollen zusätzlich Aufschluss darüber geben, inwiefern völkerrechtliche Bestimmungen Anwendung finden. Weiters soll mithilfe der System- und Fallbesprechung eine Problemanalyse skizziert werden, welche die konkreten Herausforderungen des Schweizer Rechtssystems aufzeigen soll. Lösungsansätze sollen abschliessend aufzeigen, welche Mittel ergriffen werden können, um den skizzierten Herausforderungen begegnen zu können.
Inhaltsverzeichnis
- Quellenverzeichnis
- Abkürzungs- und Begriffsverzeichnis
- Einleitung
- Rechtssystem der Schweiz
- Verfassungsstruktur
- Rolle des Völkerrechts
- Rechtsprechung
- Rechtliche Diskrepanz zwischen Völker- und Verfassungsrecht
- Direktdemokratische Elemente
- Rolle des Parlaments
- Status Quo
- Fallanalysen
- Ausschaffungsinitiative
- Gesetzgebung
- Rechtsprechung
- Masseinwanderungsinitiative
- Gesetzgebung
- Rechtsprechung
- Ausschaffungsinitiative
- Schlussbemerkungen
- Problemanalyse
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Rolle des Völkerrechts in Gesetzgebungs- und Gerichtsverfahren in der Schweiz im Kontext angenommener Volksinitiativen. Dabei werden zwei konkrete Fallbeispiele, die Ausschaffungsinitiative und die Masseneinwanderungsinitiative, analysiert. Die Arbeit beleuchtet die Spannungsfelder zwischen Völkerrecht und Schweizer Verfassungsrecht sowie die besonderen Herausforderungen, die sich durch die direkte Demokratie in der Schweiz ergeben.
- Spannungsfeld zwischen Völkerrecht und Schweizer Verfassungsrecht
- Einfluss von Volksinitiativen auf die Anwendung des Völkerrechts
- Rolle des Schweizerischen Bundesgerichts in der Durchsetzung des Völkerrechts
- Direkte Demokratie in der Schweiz und ihre Auswirkungen auf das Völkerrecht
- Analyse von konkreten Fallbeispielen (Ausschaffungsinitiative und Masseneinwanderungsinitiative)
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel IV: Dieses Kapitel beschreibt das Rechtssystem der Schweiz und geht auf die Verfassungsstruktur, die Rolle des Völkerrechts und die Rechtsprechung ein.
- Kapitel V: Dieses Kapitel beleuchtet die rechtliche Diskrepanz zwischen Völkerrecht und Schweizer Verfassungsrecht, insbesondere im Kontext der direkten Demokratie. Es behandelt die Rolle des Parlaments und den aktuellen Status Quo.
- Kapitel VI: Dieses Kapitel analysiert zwei konkrete Fallbeispiele, die Ausschaffungsinitiative und die Masseinwanderungsinitiative. Es geht auf die jeweiligen Gesetzgebungsprozesse und die dazugehörigen Rechtsprechungen ein.
Schlüsselwörter
Völkerrecht, Schweizer Rechtssystem, Volksinitiativen, direkte Demokratie, Ausschaffungsinitiative, Masseneinwanderungsinitiative, Rechtsprechung, Bundesgericht, Verfassungsrecht, Spannungsfelder, Fallbeispiele, Gesetzgebung.
- Quote paper
- Florian Ramos (Author), 2020, Die Rolle des Völkerrechts in Gesetzgebungs- und Gerichtsverfahren in der Schweiz im Kontext angenommener Volksinitiativen, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1256261