Die Autonomen werden in der Berichterstattung der Medien meist nur als vermummt agierende Demonstranten und Gewalttäter wahrgenommen. Eine wichtige Ursache für diese Wahrnehmung liegt in ihrer selbstgewählten Isolierung. Sie bewegen sich als Subkultur ganz bewusst am Rande der Gesellschaft. In Folge dessen gibt es wenig Erkenntnisse über ihre Entstehung und Entwicklung. Die Theorien, Feindbilder und Motive bleiben weitgehend verschwommen. Die umfassendsten Arbeiten zu diesen Themen stammen von ehemaligen Aktiven der autonomen Szene. Die Bewertungen und Erklärungsversuche von Geronimo, Thomas Schultze und Almut Gross sind stark subjektiv gefärbt.
Seit Mitte der 70er Jahre verloren die Ereignisse des Kalten Krieges durch den Zerfall und die Zersplitterung der neuen sozialen Bewegungen (NSB) zunehmend an innenpolitischer Bedeutung. Neben das Phänomen der Massenarbeitslosigkeit tritt das No-Future-Denken. Leistungs- und Konsumzwang führen zum Hedonismus. Der Zentralisierung und Organisation einzelner sozialistischer und kommunistischer Gruppen steht die Anonymisierung und Vereinzelung der städtischen Bevölkerung gegenüber. Dieser Wandel führte langfristig zur Theorie- und Politikfeindlichkeit. Dennoch entwickelten sich in den 80er Jahren aus den Theorien der italienischen "Autonomia operaia" und der bundesdeutschen Sponti-Bewegung die relativ eigenständige politische Subkultur der Autonomen. Der gesellschaftliche Wandel ist an ihnen nicht spurlos vorüber gegangen: Theorien spielen keine allzu große Rolle mehr.
Indem man sich gegen den Staat und das System generell wendet, vermeidet man zugleich eine politische Positionierung im weltpolitischen Blocksystem und bleibt von anderen Gruppen unangreifbar.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Begriff und Einordnung der deutschen Autonomen
- Theorien und Denktradition
- Entstehung einer autonomen Bewegung in der BRD
- Die Feindbilder der Autonomen
- Feindbild: bürgerliche Werte
- Feindbild: Staat und System
- Feindbild: USA und UdSSR
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der deutschen autonomen Bewegung und untersucht ihre Entstehung, Theorien, Feindbilder und Motive im Kontext des Kalten Krieges. Sie analysiert die Wurzeln und Entwicklung der Bewegung, wobei der Fokus auf den Einfluss der New Left, des Operaismus und der Spontibewegung liegt.
- Definition und Einordnung der deutschen Autonomen im Kontext der antiautoritären Bewegung
- Einfluss der New Left und des Operaismus auf die autonomen Theorien
- Entstehung und Entwicklung der autonomen Bewegung in der Bundesrepublik Deutschland
- Analyse der Feindbilder der Autonomen gegenüber bürgerlichen Werten, Staat und System sowie USA und UdSSR
- Die Rolle des Kalten Krieges und der neuen sozialen Bewegungen (NSB) in der Entwicklung der autonomen Bewegung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Autonomen als eine Subkultur vor, die sich am Rande der Gesellschaft bewegt und deren Theorien und Motive nur schwer zu erfassen sind. Die Arbeit untersucht die Entstehung und Entwicklung der Bewegung sowie ihre Feindbilder.
Das Kapitel "Begriff und Einordnung der deutschen Autonomen" definiert den Begriff "Autonomie" und ordnet die deutschen Autonomen in den Kontext der antiautoritären Bewegung seit 1968 ein. Es wird auf die fehlende einheitliche Ideologie und die Vielfältigkeit der Ideen innerhalb der autonomen Gruppen hingewiesen.
Das Kapitel "Theorien und Denktradition" behandelt den Einfluss der New Left und des Operaismus auf die autonomen Theorien. Die Kritische Theorie der Frankfurter Schule und die Ideen von Lefebvre und Gramsci werden als wichtige Einflüsse dargestellt.
Das Kapitel "Entstehung einer autonomen Bewegung in der BRD" untersucht die Entstehung der autonomen Bewegung in der Bundesrepublik Deutschland, wobei die Ideen der "Autonomia operaia" Italiens und die Praxis der bundesdeutschen Spontibewegung als wichtige Faktoren herausgestellt werden.
Das Kapitel "Die Feindbilder der Autonomen" analysiert die Feindbilder der Autonomen, wobei eine Dreiteilung in die Ablehnung bürgerlicher Werte, den Kampf gegen den Staat und das System sowie den Widerstand gegen die imperialistische Politik der USA und der UdSSR vorgenommen wird.
Schlüsselwörter
Autonome Bewegung, Kalter Krieg, Neue Soziale Bewegungen (NSB), Antiautoritarismus, New Left, Operaismus, Spontibewegung, Feindbild, bürgerliche Werte, Staat und System, USA, UdSSR
- Quote paper
- Andrea Friemann (Author), 2002, Theorien und Feindbilder der deutschen Autonomen, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/12560