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Projektarbeit, 2021
33 Seiten, Note: 1,7
1 Problemdarstellung
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Religion, Religiositat und Glaube
2.2 Religionspadagogischer Kontext: Diskussions- bzw. Forschungsstand
3 Methode
3.1 Studiendesign und Leitfaden
3.2 Stichprobe
3.3 Datenerhebung
3.4 Datenanalyse
3.4.1 Die objektive Hermeneutik
4 Auswertung
4.1 Probandin A
4.2 Probandin B
4.3 Fazit
Literaturverzeichnis
Hilfsmittel
Anhang
„(3) [...] Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Ubereinstimmung mit den Grundsatzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.“1
Mit Antritt des Lehramtes an staatlichen Schulen mussen angehende Religionslehrkrafte die sogenannte „Vokation“ der jeweiligen Landeskirche erteilt bekom- men, wodurch sie in ihr Amt berufen werden. Wie im Grundgesetz verankert ist, sei es folglich Aufgabe der Religionslehrer*innen, den Unterricht in ,,Uberein- stimmung mit den Grundsatzen der Religionsgemeinschaft“ zu erteilen. Angehende Religionslehrkrafte befinden sich somit von Beginn ihrer Ausbildung an in einem Zwist der Identitatsfrage: Fungieren sie in der Rolle der Religionslehrkraft nunmehr als G/aw^ews-Reprasentantin ihrer jeweiligen Religionsgemeinschaft? Wollen sie uberhaupt Teil einer Religionsgemeinschaft sein? Oder haben sie mit- unter andere Beweggrunde fur das Religionslehramt internalisiert, die kein indivi- duelles Glaubensbekenntnis implizieren, wie z.B. das Interesse fur religionswis- senschaftliche, historische Aspekte? Mit Blick auf die angehende Praxis als Religionslehrkraft erscheint es daher von besonderem Interesse, die Motivation der Studierenden fur das Religionsstudium und ihre Vorstellungen einer idealen Religionslehrkraft - zwischen subjektiver Glaubensuberzeugung und wissenschaftli- cher Neutralitat - zu ergrunden. Die subjektive Einstellung von angehenden Reli- gionslehrkraften (Studierenden) zum Thema „Glaube und Religiositat der Lehrkraft im evangelischen Religionsunterricht bildet in der Religionspadagogischen Forschung derzeit ein Desiderat. Untersucht wurden bis dato die „Professionalitat im Verstandnis von Religionslehrerinnen und -lehrern (1997-2014)“, die „Religi- ositat und Lehrerprofessionalitat“ sowie die „Professionalisierung des Religions- lehrerberufs als Aufgabe und Gegenstand religionspadagogischer Forschung“. Nicht fokussiert wurde bisher die Perspektive von jenen Studierenden, die ihre Schullaufbahn erst kurzlich beendeten und das Lehramt fur Religion anstreben. Ins Zentrum rucken sodann ihre Erfahrungen aus dem Religionsunterricht und ihre Wahrnehmungen der ehemaligen Religionslehrkrafte, welche mitunter einen Nachahmungseffekt oder eine abgrenzende Haltung erzeugen. Die folgende Forschung soil daher einen Beitrag dazu leisten, die Perspektive angehender Religionslehrkrafte zu untersuchen. Hinsichtlich des primaren Forschungsinteresses werden Erstsemesterstudierende, die das Fach Theologie studieren, in einem Interview dazu befragt, wie sie als angehende Lehrkrafte das Verhaltnis von Glau- ben, Religiositat und Professionalitat im Religionsunterricht einschatzen und be- werten.
Religion, Religiositat und Glaube: Oftmals finden diese Begriffe im alltaglichen sprachlichen Gebrauch Verwendung und werden in diesem Zusammenhang mit- einander verbunden. So wird mit u.a. dem muslimischen, judischen oder christli- chen Glauben zumeist die jeweilige Religion bezeichnet, obgleich Religion, Religiositat und Glauben zu differenzieren sind.
Da sich die folgende Forschungsarbeit mit dem Verhaltnis von Glauben, Religiositat und Professionalitat im Religionsunterricht beschaftigt, scheint es umso relevanter, ebendiese Begriffe einzeln zu definieren sowie uberdies voneinander zu differenzieren.
In der Frage nach einer Definition des Gegenstands der Religion besteht in der Religionssoziologie eine kontroverse Diskussion, sodass bis dato keine universal gultige Definition von Religion existiert.2 Hierfur lassen sich zwei grundlegende Problematiken konstatieren: zum einen das Problem eines zu engen und zu weiten Religionsverstandnisses, zum anderen das Problem der Reichweite einer gultigen Allgemeinbestimmung.3 Das eng gefasste Religionsverstandnis setzt - dem tradi- tionell herrschenden Diskurs von Religion folgend - Religion mit dem Christen- tum sowie dessen Uberzeugungen und rituelle Praxis gleich und inkludiert folg- lich weder die kollektive noch die individuelle Religionspraxis. Daraus folgt, dass andere religiose Traditionen sowie deren kollektive wie individuelle religiose Ausdrucksformen weder wahr- noch ernst genommen werden.4 Dem gegenuber steht ein weit gefasstes Religionsverstandnis, welches wiederrum Religion mit der Sozialitat des Menschen gleichsetzt und folglich als anthropologische Grundkon- stante definiert.5 Obgleich in dieser Definition andere religiose Traditionen inklu- diert werden, wird in diesem Zusammenhang Religion von Nicht-Religion unun- terscheidbar; ferner verliert der Religionsbegriff seinen heuristischen Wert.6
Die Frage nach einer universell geltenden Definition von Religion ist demnach bis heute mit Vorsicht und Unsicherheit verbunden und fallt damit einhergehend un- terschiedlich aus.7 Wahrend einige Religionsforscher zwischen substantiellen und funktionalen Religionsbegriffen alternieren, definieren andere Forscher Religion mitunter als Gefuhl, Erfahrung und/oder Erlebnis.8
Da sich diese Arbeit vorwiegend auf die Unterscheidung von Glauben und Religion bzw. Religiositat fokussiert, wird im Folgenden die Definition des evangeli- schen Marburger Religionspadagogen Bernhard Dressier herangezogen, welcher Religion folgenermaben definiert:
„Wahrend der Glaube eine nicht als Ergebnis eines intentionalen Lemprozesses zu verste- hende Gewissheit ist [...], ist die Religion das lehr- und lembare Medium, das kulturelle Zeichensystem, in dem sich der Glaube historisch und kulturell unterschiedlich artikulieren kann - und das dem Glauben freilich auch forderlich ist, indem er (der Glaube) in ihm (dem Zeichensystem Religion) gleichsam wie in einer Nahrlosung gedeihen kann.“9
Wahrend die Religion demnach als lehr- sowie lernbares Medium und zugleich als klassisches Sinndeutungssystem fungiert, bezeichnet Religiositat die „subjek- tive, sinnkonstituierende Praxis jener Deutung, die den Religionen zugrunde liegt und sie zugleich ermoglicht.“10 Anders formuliert: Religiositat bezeichnet den subjektiven Umgang mit dem Gegenstand der Religion sowie die Auseinanderset- zung mit der religiosen Frage.
Hierbei ist die Definition des katholischen Religionspadagogen Ulrich Hemel her- anzuziehen, der Religiositat als „potentiell mogliche, individuelle Auspragung eines personlichen Welt- und Selbstverstandnisses unter Verwendung religioser Kategorien“11 definiert. Relevant ist hierbei ebenfalls die gegenwartige Differen- zierung einer institutionellen (kirchlichen) und einer institutionell unabhangigen Religiositat; letztere wird vielfach mit der Entwicklung einer (modernen) Spiritua- litat verbunden.12
Wie zuvor die Bestimmung der Religion, erweist sich ebenfalls die Definition von Glauben als diffizil. Im Gegensatz zur biblischen („Glaube aber ist: Feststehen, in dem, was man erhofft, Uberzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht“ (Hebr. 11,1)) sowie der von Kirchen gelehrten Glaubensdefinition, scheint es wesentlich komplexer, den Glauben Einzelner oder bestimmter Personen- bzw. Bevolke- rungsgruppen zu definieren.13 Glauben als Substantiv und Verb fmdet in der deut- schen Sprache sowohl im religiosen als auch um sakularen Kontext (Bsp.: Glauben an das Schicksal, an die Liebe oder der Glauben an sich selbst) Verwendung; im Bezug zur Semantik lassen sich hierbei Gemeinsamkeiten wie auch Unter- scheide konstatieren.14 Der wesentliche Unterschied zwischen Religiositat und Glauben besteht somit darin, dass Glauben nicht in jedem Fall an einen Gott oder an eine ubergeordnete Macht gebunden ist, sondern ebenfalls Prinzipien, spezifi- sche Ansichten oder Werte reprasentieren kann. Da Glauben jedoch - vor allem im theologischen Kontext - uberwiegend religios konnotiert ist, vermehren sich die Bemuhungen, beide Bedeutungen (religioser sowie sakularer Kontext) in einer gemeinsamen Kategorie zusammenzufassen.15
Fur diese Arbeit hat jedoch vorwiegend der christliche Glaube eine bedeutende Relevanz. Glauben im christlichen Sinne - erstmals durch Paulus Rechtfertigungs- lehre ausgelegt - umfasst zum einen den Glauben an die Existenz Gottes sowie das Vertrauen der Glaubenden auf ebendiesen (fides quae) sowie zum anderen das praktizierende, erlebende Glaubensleben (fides qua)\ letzteres lasst sich bei- spielsweise in der „Antworthaltung des Menschen auf das Heilshandeln Gottes in Jesus Christus“ zusammenfassen.16
Zu der Frage des Zusammenhangs zwischen Glauben, Religiositat und der Profes- sionalitat der Lehrkraft sind bereits einige Studienergebnisse veroffentlicht worden. Dabei ist allerdings auffallig, dass es sich haufig lediglich um die Untersu- chung von Lehrkraften im Allgemeinen handelt, unabhangig von der Fachdiszip- lin Theologie wie u. a. von Sikkink (2010). Zudem beschranken sich viele rele- vante Studien nicht auf den deutschen Raum, sondern ziehen Vergleiche zu anderen Landern wie bspw. in der Studie von Simojoki et al. (2016), die einen klaren Fokus auf England legt; oder sie beschranken sich ganzlich auf den englischen Raum wie mitunter die Studie Everington (2016).
Daruber hinaus existieren jedoch auch Forschungen, die der vorliegenden For- schungsarbeit naherkommen und sich folglich a) ausschlieblich auf den deutschen Raum fokussieren und b) detaillierter auf den Zusammenhang von Glauben und Professionalitat speziell von Religionslehrkraften eingehen. Insbesondere Andreas Feige hat verschiedene Untersuchungen in ebendiesem Bereich unternommen - eine aus dem Jahre 2005 bezieht sich auf das Bundesland Baden-Wurttemberg, eine aus 2000 auf Niedersachsen. Die Aktualitat der Ergebnisse kann folglich nach uber 20 Jahren durchaus infrage gestellt werden. Dennoch sind Feige et al. (2000) anhand von Fallanalysen zu aussagekraftigen Ergebnissen gelangt. Insbesondere hinsichtlich des Zusammenhangs von ,gelebtem‘ und ,gelehrtem‘ Glauben ist dem Gesamtergebnis ein Befund zu entnehmen, der von gesellschaftlich verbreiteten Annahmen zu Religionslehrer*innen abweicht:
„Ublicherweise wird angenommen, dass [Religionslehrer*innen] [...] ihre ‘gelebte‘ Religion habituell als Unterrichtsgegenstand in den Unterricht ein- bringen. Hier notigt uns die Untersuchung zu einer Prazision: Der Zugriff vollzieht sich nicht unvermittelt, sondem [...] uber individuell geleistete Re- flexionsprozesse. Die Prozesse induzieren [...] eine Distanz zwischen gelehr- ter und gelebter Religion.“17
An dieser Stelle wird ein Zusammenhang zwischen Professionalitat und Fahigkeit zur Distanzierung herausgestellt. Erst die distanzierende Perspektive zur eigenen Religion und damit das Reflexionspotential habe einen Mehrwert fur die Lernen- den, die dadurch verschiedene religiose Deutungsangebote in ihr Selbstkonzept aufnehmen konnen.18 Dabei geht es nicht um eine Exklusion individueller glau- bensrelevanter Erfahrungen, sondern vielmehr um eine angemessene didaktische Aufarbeitung ebendieser, um sie anschliebend produktiv im Unterricht einsetzen zu konnen. Der personliche Glauben und die Religiositat spielen nach diesen Be- funden durchaus eine bedeutsame Rolle. Zugunsten der Professionalitat der Reli- gionslehrkrafte werden lediglich eine Auseinandersetzung und vor allem eine Reflexion eingefordert.
Die Bedeutsamkeit der eigenen Religion bestatigt sich ebenfalls anhand der Iden- tifikation der befragten Lehrer*innen mit ihrem Unterrichtsfach. Demnach spricht die Mehrheit von einer hohen Identifikation und kann sich sogar eine Stundener- hohung vorstellen.19
Die Ergebnisse dieser und vergleichbarer Studien geben einen Einblick in den Zusammenhang von individueller, personlicher Religion und Professionalitat im schulischen Religionsunterricht. Dabei handelt es sich stets um ausgebildete Lehr- krafte, die ein abgeschlossenes Studium mit fachwissenschaftlichen Inhalten und padagogischen Anteilen durchlaufen und anschliebend ihr Referendariat abgelegt haben. In der Forschung dieser Arbeit stehen dementgegen Studierende unterer Semester im Fokus der Betrachtung, die sich fur den Beruf als Religionslehrer*in entschieden haben, diesen jedoch noch nicht ausuben. Die eigene Schulzeit liegt fur die meisten Bachelorstudierenden nicht weit zuruck, die eigene Praxis als Lehrkraft ist jedoch schon ,greifbar‘, sodass sich die Studierenden somit in einem Zwischenstadium befinden. Die eigenen Erfahrungen aus der Schulzeit, Erwar- tungen an das Studium o. A. konnten somit die Ansicht zum Zusammenhang von Glauben und Professionalitat beeinflussen. Ihre Meinung wird also i. d. R. nicht auf eigenen Erfahrungen des Unterrichtens basieren, zudem sind sie kaum durch das Studium beeinflusst, da sie sich noch zu Beginn desselben befinden. Welche Einstellungen die Studierenden haben und inwiefern diese mit den Ergebnissen der Fallanalysen aktiver Religionslehrkrafte nach Feige et al. (2000) ubereinstim- men, soil im Folgenden untersucht werden.
Das Studiendesign wird durch die Forschungsfrage und den Kontext bestimmt. Quantitative Forschungsstrategien basieren in der Regel auf einem hypothetisch- deduktiven Ansatz, bei dem das Verhaltnis von Theorie und Forschung durch nu- merische und statistische Analyse von Daten uberpruft wird.20 Qualitative Forschungsstrategien hingegen basieren in der Regel auf einem hypothetisch- induktiven Verfahren. Dabei werden Theorien auf der Grundlage der erhobenen Daten gebildet.21
[...]
1 Bundeszentrale fur politische Bildung (Hg.), Grundgesetz, 8.
2 Vgl. Konemann, Religion, 2.
3 Vgl. ebd.
4 Vgl. ebd.
5 Vgl. ebd.
6 Vgl. ebd.
7 Vgl. Pollack, Religion, 8.
8 Vgl. ebd.
9 Dressier, Bildung, 58.
10 Konemann, Religion, 2.
11 Hemel, Religiositat, 9.
12 Vgl. Konemann, Religion, 5.
13 Vgl. Schimmel, Glaube, 1.
14 Vgl. ebd.
15 Vgl. ebd.
16 Vgl. ebd., 3f.
17 Feige, Religion, 201.
18 Vgl. ebd.
19 Vgl. ebd.
20 Vgl. Gebhardt, Einstellungen und Selbstwirksamkeit, 215
21 Vgl. Byram/Bell, Research, 26f.
Hausarbeit, 42 Seiten
Pädagogik - Wissenschaft, Theorie, Anthropologie
Seminararbeit, 18 Seiten
Hausarbeit, 34 Seiten
Hausarbeit, 42 Seiten
Pädagogik - Wissenschaft, Theorie, Anthropologie
Seminararbeit, 18 Seiten
Hausarbeit, 34 Seiten
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