Schon Cato charakterisierte den idealen Redner als vir bonus dicendi peritus – einen Ehrenmann, der reden kann. Diesem Postulat kommt dabei eine doppelte Bedeutung zu: Einerseits fordert es die tatsächliche Tugendhaftigkeit des Redners als sozialethische Voraussetzung für dessen öffentliches Wirken. Andererseits enthält es die gänzlich praktisch ausgerichtete Handlungsempfehlung, den Anschein der Tugendhaftigkeit beim Zuhörer zu erwecken. Die fundamentale Bedeutung dieses Vorgehens bemerkte bereits Aristoteles: "Den Anständigen glauben wir nämlich eher und schneller, grundsätzlich in allem, ganz besonders aber, wo es eine Gewißheit nicht gibt, sondern Zweifel bestehen bleiben." Dementsprechend verstand er den Anschein des rednerischen Charakters – ungeachtet dessen tatsächlicher Beschaffenheit – als strategisch einsetzbares Überzeugungsmittel: Das ethos.
Selbiges ist der Gegenstand dieser Hausarbeit. Die Leitfrage lautet dabei wie folgt: Welche textuellen Strategien kommen bei der Realisierung des ethos zur Anwendung? Als Fallbeispiel dient dabei die Bewerbungsrede Armin Laschets zum Parteivorsitz der Christlich Demokratischen Union vom 16.01.2021. Sie erscheint thematisch besonders geeignet, da sie die Glaubwürdigkeit des Redners als zentrales Motiv behandelt: "Ich bin vielleicht nicht der Mann, der perfekten Inszenierung, aber ich bin Armin Laschet, und darauf können Sie sich verlassen." Vor dem Hintergrund der Analyse soll anschließend die Hypothese evaluiert werden, ob die Empfehlungen der aristotelischen Rhetorik zum Rednerimage auch in der untersuchten zeitgenössischen Rede zur Anwendung kommen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Theoretische Hintergründe
- 2.1 Ethos
- 2.2 Topik
- 2.3 Affekte
- 2.4 Stilistik
- 3. Kontextualisierung und Problematisierung
- 3.1 Background der Rede
- 3.1.1 Lage der Pandemie
- 3.1.2 Situation der Partei
- 3.1.3 Rückhalt der Mitglieder
- 3.2 Setting der Rede
- 3.3 Textuelle Basisparameter der Rede
- 3.4 Rhetorische Kernstrategie
- 3.1 Background der Rede
- 4. Analyse
- 4.1 Hervorhebung der Ungewissheit
- 4.2 Konstruktion des ethos
- 4.2.1 Topik
- 4.2.2 Affekte
- 4.2.3 Stilistik
- 8. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit analysiert die Bewerbungsrede Armin Laschets zum Parteivorsitz der Christlich Demokratischen Union vom 16.01.2021. Ziel ist es, die textuellen Strategien zur Realisierung des ethos in dieser Rede zu identifizieren und zu analysieren. Im Fokus der Untersuchung steht die Frage, ob die Empfehlungen der aristotelischen Rhetorik zum Rednerimage in der zeitgenössischen Rede Anwendung finden.
- Textuelle Realisierung des aristotelischen Ethoskonzepts in einer zeitgenössischen Rede
- Analyse der rhetorischen Strategien zur Konstruktion von Glaubwürdigkeit
- Anwendung der aristotelischen Rhetoriktheorie im Kontext einer politischen Bewerbungsrede
- Bedeutung der Topik, der Affekte und der Stilistik für die Gestaltung des ethos
- Evaluierung der Wirksamkeit der eingesetzten Strategien im Hinblick auf das Ziel der Überzeugung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und skizziert die Bedeutung des ethos in der antiken Rhetorik. Sie stellt die Leitfrage der Arbeit dar und präsentiert das Fallbeispiel der Bewerbungsrede von Armin Laschet. Kapitel 2 bietet einen theoretischen Hintergrund, indem es die relevanten Aspekte der aristotelischen Rhetoriktheorie beleuchtet, insbesondere das Ethos und die Topik. Kapitel 3 untersucht den Kontext der Rede, indem es den Background, das Setting und die textuellen Basisparameter analysiert. Kapitel 4 befasst sich mit der Analyse der Rede, indem es verschiedene Textstellen untersucht, die auf die Konstruktion des ethos schließen lassen. Der Fokus liegt dabei auf der Hervorhebung der Ungewissheit und den Strategien zur Topik, Affekt- und Stilistik.
Schlüsselwörter
Ethos, Aristoteles, Rhetorik, Rhetoriktheorie, Bewerbungsrede, Parteivorsitz, Christlich Demokratische Union, Armin Laschet, Topik, Affekte, Stilistik, Textanalyse, Textstrategie, Glaubwürdigkeit, Überzeugung
- Arbeit zitieren
- Tommy Flohr (Autor:in), 2021, Textuelle Realisierung des aristotelischen Ethoskonzepts. Bewerbungsrede zum Parteivorsitz der Christlich Demokratischen Union von Armin Laschet am 16.01.2021, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1244597