Diese Arbeit beschäftigt sich mit der sängerischen Atmung am Klavier.
Was hat es nun mit der Resonanz und der Inspiration auf sich? Vertieft darüber nachgedacht hatte ich auch einige Jahre später nicht, und dies trotz eines vierjährigen Studiums in Liedgestaltung an der Musikhochschule Karlsruhe und einer ausgedehnten Tätigkeit als Klavierpartner vieler Gesangsstudenten an der Freiburger Hochschule.
Inzwischen hatte ich aber gelernt, dass nicht nur Finger und Hand für den Klavierklang verantwortlich sind, sondern der ganze Arm, und dass eine gewisse Körperspannung und fließende Atmung beim Klavierspiel wichtig sind, um einen runderen, räumlichen Ton zu produzieren.
Ich hatte begonnen, die jeweilige Liedsituation beim Spielen in mir zu erleben, um die Atmosphäre hörbarer mitzuteilen.
Diese von Geist und Körper zur Verfügung gestellten Möglichkeiten beim Musizieren bewusst einzusetzen, faszinierte mich enorm. Erst einige Jahre später, als ich selber mit Gesangsunterricht und Atemarbeit begann, wurde mir vollends bewusst, dass es in der Verbindung zwischen Technik und künstlerischem Ausdruck, zwischen dem körperlich geistigen Tun und dem klanglichen Resultat, noch viel zu entdecken gab. Diese Verbindung liegt im Atem und der sich durch die Atembewegung entfaltenden körperlichen Kräfte.
Der gesungene Klavierton oder die sängerische Atmung am Klavier
Resonanz1
1. Mitschwingen, -tönen eines Körpers in der Schwingung eines anderen Körpers Gebrauch: Physik, Musik
2. Gesamtheit der Diskussionen, Äußerungen, Reaktionen, die durch etwas hervorgerufen worden sind und sich darauf beziehen; Widerhall, Zustimmung Gebrauch: bildungssprachlich
Inspiration
1. schöpferischer Einfall, Gedanke; plötzliche Erkenntnis; erhellende Idee, die jemanden, besonders bei einer geistigen Tätigkeit, weiterführt; Erleuchtung, Eingebung
Gebrauch: bildungssprachlich
2. das Einatmen
Gebrauch: besonders in der Medizin
Die Begriffe Resonanz und Einatmung (bzw. Inspiration) hörte ich, in musikalischem Kontext verwendet, zum ersten Mal im Unterricht. Es war Anfang 2007 und ich, ausgebildeter Pianist und nun Kompositionsstudent im ersten Jahr, hatte parallel zu meinem eigentlichen Hauptfach damit begonnen, Sänger am Klavier zu begleiten. Ich stellte erfreut fest, dass mir die Sache Spaß machte, und verfolgte somit diese Tätigkeit weiter, bis mich eine Sängerin fragte, ob ich sie in ihrer Gesangsstunde am Klavier begleiten könnte.
Ich durfte im Unterricht anderer Gesangspädagogen unzählige Male miterleben, wie ungreifbar und dennoch unabdingbar, in einem Moment verzweifelnd und im nächsten beflügelnd, die Auseinandersetzung sowohl mit der Atmung als auch mit der Resonanz beim Singen ist. Ich bewunderte immer ihre gütige Strenge im unbeirrten Unterbrechen der Studenten schon während der Einatmung: „Nein. So kommst Du nicht an die Resonanz."
Für uns Pianisten dagegen spielen beide Aspekte im Bewusstsein keine so große Rolle. Dass die Atmung und unsere körperliche wie geistige Befindlichkeit beim Spielen in Zusammenhang stehen, haben wir vielleicht bereits erfahren, viel weiter verfolgt haben wir diesen Punkt aber wahrscheinlich nicht, schließlich ist das Instrument vor uns statt in uns. Und was die Resonanz betrifft - sie spielt sowohl in der Imagination als auch in der Beurteilung des entstehenden Klaviertones oft eine untergeordnete Rolle, womöglich weil wir Pianisten uns beim Spielen mit vielen anderen Dingen beschäftigen müssen und auch deswegen in der Ausbildung andere Prioritäten gesetzt werden. Wir merken sehr wohl, dass uns etwas klanglich manchmal runder, schöner und mehr aus einem Guss gelingt als sonst, oder dass ein bestimmtes Klavier bei einem Pianisten besser klingt als bei einem anderen, führen es aber in den meisten Fällen - genau wie das fachkundige Publikum - auf einen raffinierteren Anschlag oder tiefere Musikalität zurück. Beides absolut essentielle Aspekte, aber bei weitem nicht die einzigen.
Was hat es nun mit der Resonanz und der Inspiration auf sich? Vertieft darüber nachgedacht hatte ich auch einige Jahre später nicht, und dies trotz eines vierjährigen Studiums in Liedgestaltung an der Musikhochschule Karlsruhe und einer ausgedehnten Tätigkeit als Klavierpartner vieler Gesangsstudenten an der Freiburger Hochschule. Inzwischen hatte ich aber gelernt, dass nicht nur Finger und Hand für den Klavierklang verantwortlich sind, sondern der ganze Arm, und dass eine gewisse Körperspannung und fließende Atmung beim Klavierspiel wichtig sind, um einen runderen, räumlicheren Ton zu produzieren. Ich hatte begonnen, die jeweilige Liedsituation beim Spielen in mir zu erleben, um die Atmosphäre hörbarer mitzuteilen. Diese und andere Erkenntnisse verdankte ich meinem Lehrer, der wenig später Professor für Liedgestaltung in Freiburg wurde. Sommer 2012, zum Ende des Studiums, schenkte er mir ein unter dem Titel Wort Musik2 soeben erschienenes Buch seines ehemaligen Lehrers Hartmut Höll.
Dieses Buch half mir, die im Studium neu entdeckten pianistischen und musikalischen Ansätze besser zu verstehen und eigenständig weiterzuführen. In WortMusik zeichnet Höll seine Gedanken zur Musik, zur Gattung des Liedes und zum Klavierspielen auf und lässt den Leser dabei an viele persönliche Erinnerungen aus seiner Karriere als Liedpianist teilhaben. Im Absatz „Ausflug in die Klaviertechnik" fand ich zum ersten Mal das in Worte gefasst, wonach ich beim Klavierspielen schon als Jugendlicher und später im Studium stets gesucht hatte: Den Zusammenhang zwischen Emotion und Klang. „Als Ideal erschien mir (...), dass Empfindung, Körperspannung und Tonerzeugung gänzlich in eins Zusammengehen sollten. ... ich fühle die Empfindung entstehen, im Atem wachsen, verwandle Empfindung und Atem in Kraft. Aus diesem nun gespannten leichten Körper entsteht (...) der Klang, den das Instrument mir schenkt. (...)"3
Auf einmal begriff ich den immanenten Zusammenhang zwischen Empfindung und Körperspannung: Spüren wir Erleichterung, so disponiert sich unser Körper anders als in der Wut oder in der Verzweiflung. Seligkeit gibt eine andere, gespannt leichtere Körperlichkeit als Sehnsucht. Der ganze Körper befindet sich in einer ganzheitlichen, mit der Musik im Einklang stehenden Spannung, die Arme sind „dabei von der Schulter bis in die Fingerspitze hinein ein stabile, aber bewegliche Einheit."4
Diese von Geist und Körper zur Verfügung gestellten Möglichkeiten beim Musizieren bewusst einzusetzen, faszinierte mich enorm. Erst einige Jahre später, als ich selber mit Gesangsunterricht und Atemarbeit begann, wurde mir vollends bewusst, dass es in der Verbindung zwischen Technik und künstlerischem Ausdruck, zwischen dem körperlichgeistigen Tun und dem klanglichen Resultat, noch viel zu entdecken gab. Diese Verbindung liegt im Atem und der sich durch die Atembewegung entfaltenden körperlichen Kräfte.
Zur Atmung
Die Atmung ist die einzige autonome Grundfunktion unseres Körpers, die wir auch bewusst beeinflussen können. Das Zwerchfell, unser wichtigster Atemmuskel und von uns nicht willkürlich steuerbar, trennt den Brustraum vom Bauchraum und öffnet sich im entspannten Zustand kuppelförmig nach oben in den Brustraum. Im antiken Griechenland wurde es als Sitz der Seele angesehen. Bei der Einatmung kontrahiert es sich und flacht nach unten hin ab, wodurch der Brustraum vergrößert wird und ein Unterdrück in den Lungen entsteht. Dieser wird dadurch ausgeglichen, dass sich die Lungen mit Luft füllen. Gewissermaßen saugt das Zwerchfell die Luft an. Bei der Ausatmung entspannt es sich wieder nach oben hin, der Brustraum wird kleiner und die Lungen ziehen sich zusammen, so dass die Luft herausgepresst wird.
Bei der Einatmung unterstützt die externe Zwischenrippenmuskulatur die Vergrößerung des Brustraumes durch die Öffnung der Rippen, bei der Ausatmung entspannt sie sich, während die innere Zwischenrippenmuskulatur die Verkleinerung des Brustkorbs unterstützt.
Der soeben geschilderte Atemvorgang ist derjenige der Ruheatmung, und zwar einer leibgerechten Ruheatmung, frei von körperlichen oder seelischen Fehlspannungen, so wie wir ihn beispielsweise bei schlafenden Babys beobachten können. Die Kontraktion des Zwerchfells bei der Einatmung führt dazu, dass die oberen Bauchorgane nach unten verdrängt werden und dann nach außen ausweichen, was durch ein Vorwölben der Bauchdecke sichtbar wird. Die Bewegung der Rippen ist vor allem in den unteren Rippen deutlich zu spüren. Bei der Ausatmung sinkt die Bauchdecke wieder ab und der Brustraum sinkt zusammen. Daher wird die Zwerchfellatmung auch Bauch- oder Tiefatmung genannt.
Seelische Belastungen oder beispielsweise durch Fehlhaltungen verursachte Verspannungen können dazu führen, dass das Zwerchfell in zu geringem Maße oder gar nicht an der Atmung beteiligt ist und nur die Zwischenrippenmuskulatur und die sogenannten Atemhilfsmuskeln die Atmung steuern. Die Atemhilfsmuskeln sind vom Körper aber dafür vorgesehen, im Zusammenspiel mit dem Zwerchfell eine verstärkte Atmung zu unterstützen, wie z.B. beim Sport, sollten aber nicht dessen Rolle übernehmen.
Durch die Atemfunktion wird also eine Art Welle oder Bewegung im Körper verursacht, die ohne unser willentliches Zutun geschieht. Körperlich durchlässige und aufgerichtete Menschen können diese Atembewegung bis in die Fußsohlen spüren. Die Einatmung stellt hierbei den aktiveren Teil dar, da sich das Zwerchfell anspannt und der Brustkorb vergrößert, die Ausatmung den passiveren Teil. Wie können wir uns die so entstehenden Kräfte beim Klavierspiel zunutze machen? Hilft uns dabei eher die öffnende Kraft des Einatmens oder die im Ausatmen liegende Entspannung?
Musikalisch-künstlerisch betrachtet lässt sich die zweite Frage leicht beantworten. Wenn wir sprechen, brauchen wir beides, da wir einatmen müssen, um uns in der Ausatmung mitteilen zu können. Technisch betrachtet hilft uns beim Spielen natürlich die Entspannung und das Loslassen, die im Ausatmen stecken, um nicht zu verkrampfen, wieso sollten wir aber auf den durch die Einatmung geöffneten und aufgespannten Körper verzichten? Für Bläser wäre dies fatal, für Sänger noch mehr, da sie ihr Instrument in sich tragen. Beide brauchen einen Atemvorgang, der eine lange und dosierte Ausatmung ermöglicht und den zum Spielen bzw. Singen nötigen Atemdruck bereitstellt. Beim Klavierspielen ist eine solche Atmung nicht notwendig, da der Ton auch so kommt und es zunächst eher um unsere Hände und Arme geht. Helfen kann sie uns aber trotzdem.
Die Atmung beim Singen
Beschäftigen wir uns zuerst mit der sängerischen Atmung. Instrumentalisten haben ein Instrument zur Verfügung, das seine Form nie verändert, Sänger dagegen müssen diese Voraussetzung selber erschaffen. Klassisch ausgebildete Sänger müssen in der Lage sein, ihren Körper auch in der Ausatmung offen zu halten und nicht wieder zusammensacken zu lassen. Dieser Vorgang, in Sängersprache „Stütze" genannt, besteht - vereinfacht ausgedrückt - in einem Zusammenspiel der Ein- und Ausatmungsmuskulatur beim Ausatmen, so dass das Instrument beim Singen nicht kollabiert und die Stimmbänder den für ihre freie Schwingung optimalen Luftdruck bekommen. Die Einatmungsspannung des Zwerchfells wird während der Ausatmung möglichst beibehalten und das Zwerchfell somit in seiner aufsteigenden Entspannungsbewegung verlangsamt, ohne dabei seine Elastizität zu verlieren und den zum Singen notwendigen Atemfluss zu verhindern.
Das Zwerchfell hat seinen Ursprung an der Lendenwirbelsäule, den unteren sechs Rippen und der unteren Brustbeinspitze, sitzt also zur Körperhinterseite hin tiefer als auf der Vorderseite und hat dort auch die meiste Kraft. Zwei weitere Muskeln bzw. Muskelpaare, die die unteren Rippen und die Lendenwirbelsäule miteinander verbinden, sind der sogenannte große Rückenmuskel (Musculus latissimus dorsi), der flächenmäßig größte Skelettmuskel unseres Körpers, der im Darmbein, der Lenden- und Brustwirbelsäule und den unteren Rippen verschiedene Ursprungsstellen hat und bis zum Oberarm reicht, und der zur tiefen Bauchmuskulatur gehörende Musculus quadratus lumborum, der vom Darmbein bis zur untersten Rippe und den ersten vier Lendenwirbeln verläuft.
Musculus latissimus dorsi und quadratus lumborum gehören zusammen mit der Zwischenrippenmuskulatur zu den Muskeln, die in unserer heutigen, an körperliche Schon- und Fehlhaltungen gewohnte Gesellschaft gerne verkürzt oder verspannt sind, ohne dass wir es im Alltag merken. Somit behindern sie aber das Zwerchfell in seiner Bewegung, während dagegen ein flexibler und ausgeglichener Muskeltonus ihrerseits eine tiefe und kraftvolle Bewegung des Zwerchfells und eine ausgeglichenere Beatmung aller Lungenportionen begünstigt. Wie im Absatz zur Ruheatmung erwähnt (s.o.) sind in diesem Fall ein Anheben der Bauchdecke sowie eine Bewegung nach außen-oben der Rippen, vor allem der unteren Rippen, zu beobachten.
Wie erreichen wir nun in der Ausatmung den zum Singen nötigen Atemdruck? Der Körper hilft uns hier, da wir uns an Mechanismen anlehnen können, die er uns zur Verfügung stellt, wie beispielsweise das Seufzen, Husten (der latissimus wird auch Hustenmuskel genannt, da er beim Husten die Atembewegung unterstützt), Niesen, Weinen, Lachen und anderen, angeborenen und nicht erlernten Aktivitäten. Dies können wir an uns selber erfahren, wenn wir eine oder mehrere solcher Handlungen ausführen und dabei schauen, was in unserer Körpermitte, auf Zwerchfellhöhe, und im unteren Bereich des Rumpfes geschieht: Das Epigastrium wölbt sich nach außen, die Bauchmuskulatur spannt sich an. Gemeint sind mit der Bauchmuskulatur vor allem der Musculus transversus abdominis, der Musculus obliquus externus abdominis und der Musculus obliquus internus abdominis, deren Aktivität direkt unter dem Brustkorb deutlich erspürbar ist, sowohl in den Flanken als auch im Rücken. Gelingt es uns dann, diese Aktivität in einen kontinuierlichen Ausatemfluss mitzunehmen, so merken wir, dass Unterbauch und Beckenboden die Ausatembewegung von unten durch eine Bewegung nach innen-oben unterstützen. Anders als beim Autofahren beschleunigen und bremsen wir sozusagen gleichzeitig: Ein Teil des bei der Ausatmung aktiven Muskelkorsetts, sichtbar am einziehenden Unterbauch, ist für die eigentliche Luftabgabe zuständig, der andere Teil bietet dieser Bewegung einen Widerstand.
Das sind alles Voraussetzungen, die wir von Geburt an besitzen, im Laufe des Lebens jedoch durch das Einnehmen von Schon- und Fehlhaltungen oftmals bis zu einem gewissen Maße verlernen. Je auf gerichteter und durchlässiger wir sind, je mehr unsere Muskeln auf eine körpergerechte Weise zusammenspielen können, desto freier kann sich das Zwerchfell in der Einatmung senken (s.o.) und desto unmittelbarer aktiviert sich der Teil unserer Atemhilfsmuskulatur, der beim Singen unsere Ausatmung unterstützt. Der Tenor Luciano Pavarotti erzählte bei einem Meisterkurs an der Juilliard School, dass er erst durch die Beobachtung von weinenden Babys die Funktion des Zwerchfells beim Singen verstanden hatte. Wenn Babys schreien, sind ihre Töne perfekt gestützt, ohne dass sie sich Gedanken darüber machen, und das über Stunden hinweg.
Ihre Einatmung erfolgt dabei reflexartig durch das Loslassen des oben beschriebenen Muskelkorsetts zwischen ihren „Tönen". Eine reflexartige Einatmung ist physiologisch gesehen auch beim Singen vorteilhaft, da der Körper von alleine die richtige Luftmenge aufnimmt, die beteiligten Muskeln einfacher regenerieren können und ein optimaler Stimmbandschluss begünstigt wird.
Die sängerische Atmung am Klavier
Welchen Vorteil könnten wir beim Klavierspielen davon haben, uns bewusst mit der Atmung zu beschäftigen und die Prinzipien der sängerischen Atemtechnik einzusetzen? Unsere Arme sind über den Schultergürtel und die Schulterblätter mit dem Brustkorb und der Wirbelsäule verbunden. Je aufgerichteter und leibgerechter wir sitzen, desto mehr kann uns die Bewegung der Einatmung von innen heraus öffnen und umgekehrt - die Atembewegung führt zu einer Ausdehnung und Dekompression von innen heraus und hilft uns, mit der Muskulatur in Verbindung zu kommen, die für unsere Aufrichtung zuständig ist. Wenn wir mit unserer Aufrichtung und Atmung experimentieren und unsere Arme dabei vor uns halten, so merken wir schnell, dass sie sich manchmal leichter anfühlen, als ob sie von alleine in der Position schweben können, und manchmal schwerer, als ob sie sich sozusagen von alleine tragen müssen.
Je besser wir die oben beschriebene Atemfunktion einsetzen, desto mehr bleiben wir in ständigem Kontakt mit unserer Rücken, Bauch- und Beckenbodenmuskulatur und nehmen somit unnötige Last von unseren Händen und Armen, so dass sie feinfühliger und freier agieren können. In der Regel sind wir Pianisten in unseren Händen und Unterarmen durch das viele Üben recht stark, spielen aber oftmals quasi nur vom Unterarm oder manchmal von der Schulter aus. Unser Hebel ist also viel kürzer als eigentlich möglich, was auch daran liegt, dass unser Fokus beim Klavierspielen tendenziell nur nach vorne und nach unten gerichtet ist und weniger nach hinten und innen, wodurch wir die stabilisierenden Kräfte der Rumpfmuskulatur nicht nutzen. Um zu spielen, brauchen wir natürlich eine gewisse Spannung in Hand und Arm, wie überall im Körper. Jegliche muskuläre Anspannung aber, die nicht an der Klangerzeugung beteiligt ist, sondern die dem Rumpf zustehende stabilisierende Rolle übernimmt, führt zu einer Minderung der Resonanz, die das jeweilige Klavier bereitstellt, genauso wie bei einem Sänger jede durch Fehlhaltung oder übermäßigen Luftdruck verursachte Spannung im Hals- und Rachenbereich zu einem Verlust an klanglicher Freiheit führt.
Jede Kraft braucht eine Gegenkraft, um sich frei in die gewünschte Richtung entfalten zu können. Dies wird für uns deutlich erfahrbar, wenn wir uns an eine Wand lehnen und versuchen, einen schweren Gegenstand wegzuschieben oder nach unten zu drücken. Unser Körper wird sich dabei nach hinten oben aufspannen, um den Armen die notwendige Stabilität und Gegenkraft zu geben. Wenn wir das gleiche ohne Wand versuchen, so merken wir, dass unsere Körperspannung nun zusätzlich die Rolle der Wand übernehmen muss, wenn wir unsere Arme und Hände nicht überlasten wollen.
Das gleiche passiert beim pianistischen Anschlag: Steht uns der Rumpf als stabilisierende Gegenkraft nicht zur Verfügung, so wird diese Rolle vom Arm und/oder der Hand selber übernommen. Wenn wir die Aufgabe der Stabilisation dagegen dem Rumpf überlassen, so wie es vom Körper her gedacht ist, und unsere Arme möglichst gut im Rücken verankert sind, liefert uns unsere Körpermitte die Kraft und Stabilität, die zum Spielen notwendig sind, ohne die Gelenke in Arm und Hand unnötig zu fixieren.
Eine gewisse Spannung in den Beinen und Füßen ist auch von Vorteil, da unsere Muskeln über die Faszien miteinander verbunden sind und im Körper verschiedene Muskelketten von unten nach oben laufen. Ein leichter Druck nach unten mit den Füßen bei der Ausatmung und möglichst aufgespreizte Zehen (wie bei den Fingern der Hand wäre das ihre natürliche Position, die aber durch unsere Schonhaltungen und Schuhe oft verloren geht) helfen beim Stehen und Sitzen, unsere Aufrichtung und die Öffnung des Brustkorbs beizubehalten. Auch deswegen benutze ich beim Spielen kein linkes Pedal, da somit besserer Bodenkontakt möglich ist und sich die für die Aufrichtung der Wirbelsäule nötigen Muskeln aktivieren.
Dieser Energiefluss erneuert sich bei jeder Einatmung und wird durch eine geführte, gestützte Ausatmung aufrechterhalten. Im Idealfall geschieht die Einatmung reflektorisch, ohne willentliches Zutun, so dass sich die Einatembewegung im elastisch aufgerichteten Körper möglichst frei ausweiten kann. Reflektorisch heißt aber nicht unbedingt, dass sie blitzschnell sein muss (eine schnelle reflektorische Einatmung kann man z.B. dann erfahren, wenn man sich in den Zustand einer freudigen Überraschung versetzt), sie kann auch je nach Situation länger sein. Letzteres braucht ein großes Vertrauen und eine totale Hingabe an das reine Empfangen-wollen des Atems, vor allem wenn man dabei am Spielen ist und nicht gerade ein paar Schläge Pause hat.
Um in diese sängerische Energie zu finden und in ihr zu bleiben, müssen wir also beim Spielen einen kontinuierlichen Atemstrom abgeben. Beim Üben kann es hilfreich sein, dies zuerst auf einem klingenden Konsonanten wie w zu tun, und dann zu einem feinem s oder f überzugehen. Wichtig ist dabei, dass diese sehr schmal gedacht werden, aber vom Ventil her (beim f die Lippen, beim s die Zungenspitze) einen Widerstand bieten, damit die Luft langsam und kontinuierlich entweichen kann. Beim Ausatmen stelle ich mir vor, dass ich weiter durch die Nase einatme, wodurch es mir einfacher fällt, anschließend reflektorisch einzuatmen - meistens dann über die Nase oder über Nase und Mund.
Die Einatmung können wir in verschiedene Richtungen bzw. Körperregionen erfahren: Nach oben, da sich das Brustbein auf richtet und wir uns beim Einatmen vorstellen können, dass die Luft über Nase und den oberen Nasengang nach hinten-aufwärts strömt (dies können wir auch durch die freudige Überraschung in Erfahrung bringen), nach außen - vor allem im unteren Bereich des Brustkorbs - und nach unten, da sich die Atembewegung bis zum Beckenboden und in die Beine hinein fortsetzt. Beim Singen oder Spielen ist es sehr hilfreich, die Einatembewegung im Rücken, vor allem im unteren Bereich, zuzulassen, da im Vergleich zu unserer Vorderseite und unseren Flanken dort die Muskulatur am stärksten ist und auch der Lendenteil des Zwerchfells kräftiger ist als seine Rippen- und Brustbeinteile. Bei der Ausatmung lassen wir die Körperwände nicht in die umgekehrte Richtung zurückfallen, sondern lehnen bildlich ausgedrückt unsere Ausatmung in die gleiche Richtung an, z.B. von innen an die freien Rippen, so dass diese der Ausatmung einen Widerstand entgegensetzen.
Körperliche Bewegungen können helfen, diese Atembewegungen in gewissen Körperregionen erfahrbar zu machen. Ilse Middendorf, die Pionierin der Atemarbeit, hat in ihrer Lehre des Erfahrbaren Atems u.a. den Zusammenhang zwischen Atem und Bewegung grundlegend erforscht, so wie auch die Middendorf-Schülerin Maria Höller- Zangenfeind in ihrer Methode Atem-Tonus-Ton. Zu den wichtigsten Elementen des Erfahrbaren Atems zählen eine achtsame Hingabe an die eigene Atembewegung und die Entwicklung der Fähigkeit, den Atem einfach kommen zu lassen. Ilse Middendorfs Atemlehre stellt einen wesentlichen Grundstein der sängerischen Atemarbeit dar.
Bei der Einatmung suche ich die Weite auf drei Ebenen: Im Becken, in den freien Rippen und auf Höhe der Schulterblätter, damit diese möglichst optimal an den Brustkorb angebunden sind. Dies bedeutet, dass sie sich je nach Armbewegung beim Spielen nach außen um die Rippen bewegen können, aber bei hängenden Oberarmen flach auf dem Brustkorb aufliegen und sogar leicht nach unten angesaugt werden. Letztere Vorstellung kann helfen, um abstehende Schulterblätter - die sogenannten Engelsflügel - zu vermeiden.
Der Arm wird somit vom Rumpf getragen. Der Hebel, der die Klaviertasten betätigt, entspringt in der Körpermitte oder, wenn wir tiefer denken, im Beckenboden bzw. im Kreuzbein, statt in der Hand oder im Arm. Unsere Klänge erhalten durch den längeren Hebel mehr Obertöne und können auf eine ganz andere Weise ineinander verschmelzen - der Klang ist nicht mehr auf den Moment des Anschlags fixiert und wird räumlicher, schwebender, sozusagen lebendiger da kontinuierlicher, dem Gesang näher.
Atem und Musik
Atmen braucht Zeit, schenkt aber den Klängen eine andere Zeit und einen Verlauf, der nicht nur einem musikalischen Phrasierungswunsch entspringt, sondern auch unserer Empfindung und unserer Atembewegung. Wir müssen in der musikalischen Arbeit jedes Mal neu ausloten, wie weit wir dabei gehen können, ohne den für uns notwendigen Fokus auf die musikalischen Ereignisse zu verlieren. Geben wir uns der Atembewegung hin und erlauben wir dieser, uns nicht nur körperlich, sondern auch seelisch-musikalisch zu beeinflussen, so spüren wir, wie sich auch dort andere klangliche und musikalische Möglichkeiten auftun. Eine Eingebung, eine Empfindung, ein innerer Zustand bedingen die Atembewegung für die musikalische Mitteilung, die durch diese Empfindung notwendig geworden ist und sich in der kontinuierlichen Ausatmung klanglich entfaltet.
Ob der Ursprung der künstlerisch-musikalischen Inspiration in der Einatmung (so legt es das Wort nahe) oder der Ausatmung liegt, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich und hängt von der Situation und der Musik ab - das Ziel ist, einen sich stets erneuernden Atemzyklus zu finden, der organisch mit den musikalischen Phrasen verbunden ist. Das bewusste innere Weiterentwickeln eines seelischen Zustandes hilft dem Körper, in der Ausatmung die notwendige Balance bis zum nächsten Atemzyklus aufrechtzuerhalten, und verleiht der Musik eine andere Natürlichkeit und Spannung, da wir durch die Hingabe an unsere inneren Prozesse in eine andere klangliche und musikalische Kontinuität kommen. Dabei sollte man sich vorrangig derer Emotionen bedienen, die zur Öffnung und nicht zur Schließung des Körpers beitragen - oder ihnen eine öffnende, den Atemfluss unterstützende Qualität verleihen. Möchten wir z.B. eine Stelle aus einer extremen Verzweiflung oder Abscheu heraus erklingen lassen, ist es für uns Musiker und für das klangliche Resultat eher von Vorteil, wenn wir diese Gefühle in eine sehnsuchtsvolle oder staunende innere Entwicklung hineinbetten.
Gute Nacht, das erste Lied aus Franz Schuberts Winterreise, habe ich unzählige Male auf den verschiedensten Instrumenten gespielt, da es sich durch seinen gleichmäßigen musikalischen Verlauf sehr gut dazu eignet, die oben beschriebenen Abläufe zu üben, ohne sich mit vielen verschiedenen musikalischen und emotionalen Richtungswechseln beschäftigen zu müssen.
Der Wanderer, das lyrische Ich der Winterreise, zieht nach einer enttäuschten Liebe allein in die Wintemacht hinaus. „Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh' ich wieder aus" lauten seine ersten Worte. Müllers Gedicht kann zwar auf vielerlei Weise gedeutet werden, bietet sich aber für einen verbitterten, schmerzvoll entschlossenen Zugang an - der Wanderer wandert erst mal los. Schuberts Musik auf ersten Blick auch: Wie in vielen anderen Liedern beschreibt Schubert in seiner Musik ein Bild aus der Natur oder eine konkrete Tätigkeit, in diesem Fall das Wandern, ohne dabei aber je lautmalerisch zu wirken oder an Tiefe einzubüßen. Seine Vertonung stellt seine Interpretation von Müllers Gedicht dar, verleiht letzterem aber eine ganz andere Dimension und Vielschichtigkeit. Die Entschlossenheit und Unsicherheit zugleich des Wanderers, sein Schmerz, seine Verbitterung dem „Liebchen" gegenüber und gleichzeitig seine Sehnsucht nach ihr, all das ist in Schuberts Musik enthalten, schon im Vorspiel.
Die Entschlossenheit und Aufrichtung des Wanderers nehme ich in meine Körperhaltung mit. Die Empfindung, die ihn dazu führen wird, sich sogleich durch diese Musik mitzuteilen, verlängere ich bei jedem Atemzyklus zusammen mit der Ausatmung, die Einatmung wird dabei immer mehr zu einem aus der Ausatmung entstehenden Reflex, in dem sich Empfindung und körperliche Offenheit erneuern. Auf diese Art und Weise finde ich von der Ruheatmung zur Sängeratmung. Wenn ich das Gefühl habe, dass die zwei Komponenten des Atemzyklus in Balance sind und ich die Einatmung, ob kurz oder lang, einfach geschehen lassen kann, so beginne ich nach einer letzten Einatmung auf einer Ausatembewegung zu spielen. Diese führe ich weiter bis zur Geste, die der letzte Akkord in Takt 4 und der erste in Takt 5 bilden. Nach den zwei schmerzhaften Akzenten in Takt 2 und Takt 3 stelle ich mir beim Spielen dieser Wendung vor, dass ich zuerst stumm vor Verzweiflung aufschreie - der g-moll Akkord5 am Ende von Takt 4 - und direkt danach realisiere, dass alles aus ist und ich tatsächlich einfach Weggehen werde. Diese Realisation geht mit der ersten Einatmung bislang einher, die entweder mit oder nach dem d-moll Quartsextakkord zu Beginn von Takt 5 erfolgt. In diesem Zustand laufe ich weiter und lasse die nächste Einatmung in Takt 7 geschehen, für den nun einsetzenden Gesang.
Der soeben beschriebene innere Ablauf stellt nur eine von unzähligen Möglichkeiten dar, dieses Vorspiel erlebend und atmend zu gestalten. Jedes Mal erfindet sich dieser Weg von neuem. Wichtig für mich ist, im Körper und in der Empfindung durchgehend am Ball zu bleiben, um der Musik die Möglichkeit zu geben, eine Atmosphäre und einen möglichst mehrdimensionalen Klangraum zu schaffen, der nicht auf den Moment fixiert ist, sondern schwingen und sich kontinuierlich entwickeln kann.
Unabhängig davon, was für einen Charakter man dem Klavierton in jedem Moment eines jeden Werkes aus interpretatorischen Gründen geben möchte, ist es aus meiner Sicht wichtig, ihm stets den bestmöglichen Raum, die größtmögliche Resonanz zu geben, damit sich aus ihm der nächste Ton oder Akkord möglichst zwingend entwickeln kann. Wir Menschen sind trotz unseres aktuell sehr digitalisierten Lebens analoge Wesen und erleben alles in einer Kontinuität, nicht in abgetrennten Informationspaketen. Atmung, Klang und Empfindung sind etwas Durchgehendes, sie sind, unabhängig von der Artikulation der Musik, im weitesten Sinne des Wortes immer legato. Der Gesang ist die ursprünglichste und Zegfltoreichste Form des Musizierens - die Sängerinnen und Sänger, die uns am meisten berühren, sind oft diejenigen, die sich in einer durchgehend frei resonierenden Stimme ehrlich mitteilen und ihren Körper in der von der Musik erforderten Empfindung offen zu halten wissen. Dieser Ansatz ist beim Klavier zwar nicht notwendig, ist aber ein Versuch wert, wenn man auf der Suche nach einem gesanglicheren Spiel ist.
Die beiden, je nach Gebrauch sich unterscheidenden Definitionen von Inspiration (s.o.) sind also unmittelbar miteinander verwoben und beide unerlässlich, um beim Musizieren in eine Resonanz zu kommen. Resonanz sowohl im Sinne eines obertonreichen, frei schwingenden Tons, aber auch im Sinne eines Klangstroms, der mit unserem Körper und unserem Innenleben in Resonanz steht.
Bibliographie
Blandine Calais-Germain
Anatomie der Stimme
Helbling Verlag, 2020
Janice Chapman
Singing and Teaching Singing, Third Edition
Plural Publishing, 2017
Hartmut Höll
WortMusik
Staccato-Verlag, 2012
Ilse Middendorf
Der Erfahbare Atem - eine Atemlehre
Junfermann Verlag, 1984
Margreet Honig, Gordana Cmkovic
Der freie Ton
Shaker Media, 2011
Maria Höller-Zangenfeind
Stimme von Fuß bis Kopf
Studienverlag Innsbruck, 2004
[...]
1 Die hier angeführten Definitionen von Resonanz und Inspiration stammen aus dem Duden Wörterbuch
2 Hartmut Höll, WortMusik, Staccato-Verlag, 2012
3 Hartmut Höll, WortMusik, S. 101,106
4 Ebd., S. 101
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in dem Text "Der gesungene Klavierton oder die sängerische Atmung am Klavier"?
Der Text untersucht die Verbindung zwischen Atmung, Resonanz und Klavierspiel, inspiriert von Beobachtungen im Gesangsunterricht und der Auseinandersetzung mit Hartmut Hölls "WortMusik". Er argumentiert, dass Pianisten von den Prinzipien der sängerischen Atemtechnik profitieren können, um einen resonanzreicheren und ausdrucksstärkeren Klang zu erzeugen.
Was bedeutet "Resonanz" im Kontext des Textes?
"Resonanz" wird in zwei Bedeutungen verwendet: erstens als physikalisches Mitschwingen eines Körpers mit einem anderen, und zweitens als die Gesamtheit der Reaktionen und Diskussionen, die durch etwas ausgelöst werden. Im musikalischen Kontext bezieht es sich auf den Klangkörper des Klaviers, aber auch auf die Resonanz im Körper des Pianisten.
Was ist mit "Inspiration" gemeint?
Hier wird "Inspiration" sowohl als schöpferischer Einfall oder plötzliche Erkenntnis als auch als der Akt des Einatmens verstanden. Beide Aspekte sind für das Musizieren relevant, da die Empfindung (Inspiration) die Atembewegung beeinflusst, die wiederum den Klang formt.
Welche Rolle spielt die Atmung beim Klavierspiel?
Obwohl Pianisten ihr Instrument nicht "in sich tragen" wie Sänger, kann die bewusste Auseinandersetzung mit der Atmung helfen, eine bessere Körperhaltung zu erreichen, unnötige Spannungen in Händen und Armen zu vermeiden und die stabilisierenden Kräfte der Rumpfmuskulatur zu nutzen. Dies führt zu einem freieren und resonanzreicheren Spiel.
Wie unterscheidet sich die sängerische Atmung von der normalen Atmung?
Die sängerische Atmung erfordert, dass der Körper auch in der Ausatmung offen gehalten wird ("Stütze"), um den für die Stimmbänder optimalen Luftdruck zu gewährleisten. Dies geschieht durch ein Zusammenspiel der Ein- und Ausatmungsmuskulatur. Im Text wird beschrieben wie der große Rückenmuskel (Musculus latissimus dorsi) und der Musculus quadratus lumborum, die unteren Rippen und die Lendenwirbelsäule miteinander verbinden, mit der Zwischenrippenmuskulatur verspannt sein können. Diese Verspannungen behindern das Zwerchfell in seiner Bewegung. Es wird erläutert wie man die Muskeln unterstützen kann um eine tiefe und kraftvolle Bewegung des Zwerchfells zu erreichen.
Was sind Atemhilfsmuskeln?
Atemhilfsmuskeln unterstützen das Zwerchfell bei verstärkter Atmung. Seelische Belastungen oder Fehlhaltungen können dazu führen, dass nur noch die Zwischenrippenmuskulatur und die Atemhilfsmuskeln die Atmung steuern. Die Atemhilfsmuskeln sollten aber nicht die Rolle des Zwerchfells übernehmen.
Wie kann die sängerische Atmung auf das Klavierspiel übertragen werden?
Durch die bewusste Anwendung der sängerischen Atemtechnik können Pianisten die Bewegung der Einatmung nutzen, um sich von innen heraus zu öffnen und die Rumpfmuskulatur zu aktivieren. Die Ausatmung hilft dabei, unnötige Spannungen loszulassen. Ein kontinuierlicher Atemstrom und eine reflektorische Einatmung tragen zu einem lebendigeren und gesanglicheren Spiel bei.
Welche Rolle spielt die Körperhaltung beim Klavierspiel im Hinblick auf die Atmung?
Eine aufrechte und leibgerechte Sitzposition ist entscheidend, da sie die Bewegung der Einatmung unterstützt und die Verbindung zur Rumpfmuskulatur stärkt. Die Arme sollten vom Rumpf getragen werden, nicht umgekehrt. Eine gewisse Spannung in Beinen und Füßen hilft ebenfalls, die Aufrichtung und die Öffnung des Brustkorbs beizubehalten.
Was bedeutet "legato" im Zusammenhang mit Atmung, Klang und Empfindung?
Im weitesten Sinne sind Atmung, Klang und Empfindung etwas Durchgehendes, sie sind, unabhängig von der Artikulation der Musik, immer legato. Das bedeutet, dass sie in einer Kontinuität erlebt werden, nicht in abgetrennten Einheiten.
Welchen Rat gibt der Text bezüglich der Emotionen, die man beim Spielen nutzen sollte?
Es ist ratsam, vorrangig Emotionen zu nutzen, die zur Öffnung und nicht zur Schließung des Körpers beitragen, oder ihnen eine öffnende, den Atemfluss unterstützende Qualität zu verleihen. Negative Gefühle sollten in eine sehnsuchtsvolle oder staunende innere Entwicklung eingebettet werden.
Wie kann man die beschriebenen Prinzipien üben?
Der Text schlägt vor, zunächst die kontinuierliche Ausatmung auf einem klingenden Konsonanten wie "w" zu üben, dann zu einem feinen "s" oder "f" überzugehen. Wichtig ist, dass diese schmal gedacht werden und vom Ventil her einen Widerstand bieten. Die Einatmung sollte reflektorisch geschehen, kann aber je nach Situation länger sein.
Welche Werke werden als Beispiel für die Anwendung der Prinzipien genannt?
Franz Schuberts "Gute Nacht" aus der Winterreise wird als Beispiel genannt, da sein gleichmäßiger musikalischer Verlauf sich gut eignet, die beschriebenen Abläufe zu üben, ohne sich mit vielen verschiedenen musikalischen und emotionalen Richtungswechseln beschäftigen zu müssen.
- Arbeit zitieren
- Alessandro Limentani (Autor:in), Die sängerische Atmung am Klavier. Resonanz und Inspiration, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1243172