Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung und Validierung eines Fragebogens zur Erfassung von Suchtpotenzial in Bezug auf Alkohol. Somit sind die Kernpunkte, einen Fragebogen zu entwickeln und statistische Überprüfungen der Items durchzuführen.
Sucht ist ein allgegenwärtiges Thema. Es gibt eine Vielzahl legaler und illegaler Drogen, die mehr oder minder häufig konsumiert werden. Die Folgen des Konsums werden oft unterschätzt. Dennoch reichen sie von einer Schwächung des Immunsystems durch gelegentlichen Alkoholkonsum bis hin zu schweren Abhängigkeiten, die auf Dauer chronische Leberschäden nach sich ziehen können. Ebenfalls nicht zu unterschätzen, sind die psychischen Folgen der Sucht, die nicht nur den Abhängigen selbst belasten, sondern jede involvierte Person seines sozialen Umfeldes.
Das Verständnis darüber, wer potenziell suchtgefährdet ist, scheint immer wichtiger zu werden, um so früh wie möglich Präventivangebote machen zu können. Woran liegt es also, dass manche Menschen eine Sucht entwickeln und andere wiederum nicht? Wie lässt sich erfassen, welche Menschen gefährdet sind, an einer Sucht zu erkranken? Welche Faktoren spielen dabei eine Rolle? Genau diese Fragen behandelt diese Studienarbeit.
Inhaltsverzeichnis
1. Theorie
1.1 Einführung und Aufbau der Arbeit
1.2 Allgemeine Beschreibung des Konstrukts Suchtpotenzial
1.3 Stand der Forschung
1.3.1 Forschung zum Kontrollierten Konsum
1.3.2 Einfluss der Persönlichkeit
1.3.3 Genetische Einflüsse
1.3.4 Bestehende Fragebögen zum Thema Suchtpotenzial
1.4 Eingrenzung und Definition des Konstrukts
2. Methoden
2.1 Itemkonstruktion und Skalierung
2.2 Versuchsdesign
2.3 Validierung der selbst entwickelten Skalen anhand von Korrelationsanalysen mit anderen Testskalen
2.4 Stichprobenbeschreibung
2.5 Analysestrategie
3. Ergebnisse
3.1 Deskriptive Ergebnisse
3.2 Reliabilitäts- und Itemanalyse
3.3 Faktorenanalyse aller Items
3.4 Tabelle mit Kennwerten der selbst entwickelten Skalen im Überblick
3.5 Validierung
3.6 Testmaterial und Normierung:
4. Diskussion
4.1 Inhaltliche Diskussion unter Bezugnahme auf die Testhaupt- und Nebengütekriterien.
4.2 Methodenkritische Diskussion
4.3 Ausblick
5. Literaturverzeichnis
6. Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1. Grafik adaptiert nach Gerchow (2000, S. 24). Darstellung des Suchtdreiecks.
Abbildung 2. Histogramm für Skala
Abbildung 3. Histogramm für Skala
Abbildung 4. Histogramm für Skala
Abbildung 5. Screeplot.
Abbildung 6. Fragebogen zur Erfassung von Suchtpotential
Abbildung 7. Auswertungsblatt
Abbildung 8. Profilblatt
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1. Itemanalyse für Skala 1 Setting
Tabelle 2. Itemanalyse für Skala 2 Set
Tabelle 3. Itemanalyse für Skala 3 Drug
Tabelle 4. Voraussetzungen für Faktorenanalyse, Gesamtvarianz
Tabelle 5. Ladungsmatrix der varimaxrotierten Faktorenlösung mit drei Faktoren für alle 26 Items
Tabelle 6. Kennwerte der neu entwickelten Skalen
Tabelle 7. Interkorrelationen der Subskalen von Suchtpotenzial untereinander
Tabelle 8. Zusammenhänge der neu entwickelten Skalen zur Erfassung von Suchtpotenzial mit den Validierungsskalen
Tabelle 9. Geschlechtsvergleich der neu entwickelten Skalen zur Erfassung von Suchtpotenzial
Tabelle 10. Zusammenhänge der neu entwickelten Skalen zur Erfassung von Suchtpotenzial mit den Validierungsskalen
1. Theorie
In diesem Kapitel wird das übergeordnete Konstrukt beschrieben, definiert und in seine Subfacetten eingeteilt. Aktuelle, bereits vorhandene diagnostische Verfahren werden hier behandelt und eine kurze Übersicht über den aktuellen Forschungsstand gegeben.
1.1 Einführung und Aufbau der Arbeit
Sucht ist ein allgegenwärtiges Thema. Es gibt eine Vielzahl legaler und illegaler Drogen, die mehr oder minder häufig konsumiert werden. Die Folgen des Konsums werden oft unterschätzt. Dennoch reichen sie von einer Schwächung des Immunsystems durch gelegentlichen Alkoholkonsum bis hin zu schweren Abhängigkeiten, die auf Dauer chronische Leberschäden nach sich ziehen können. Ebenfalls nicht zu unterschätzen, sind die psychischen Folgen der Sucht, die nicht nur den Abhängigen selbst belasten, sondern jede involvierte Person seines sozialen Umfeldes
Das Verständnis darüber, wer potenziell suchtgefährdet ist, scheint immer wichtiger zu werden, um so früh wie möglich Präventivangebote machen zu können. Woran liegt es also, dass manche Menschen eine Sucht entwickeln und andere wiederum nicht? Wie lässt sich erfassen, welche Menschen gefährdet sind, an einer Sucht zu erkranken? Welche Faktoren spielen dabei eine Rolle? Genau diese Fragen behandelt die vorliegende Studienarbeit.
Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung und Validierung eines Fragebogens zur Erfassung von Suchtpotenzial in Bezug auf Alkohol. Somit sind die Kernpunkte einen Fragebogen zu entwickeln und statistische Überprüfungen der Items durchzuführen.
Zunächst wird ein Überblick über das Konstrukt Suchtpotenzial im Allgemeinen dargestellt. Im Anschluss daran wird der aktuelle Forschungsstand aufgeführt. Es folgt die genauere Eingrenzung des Konstrukts und Erläuterungen, wie diese zur Generierung des Fragebogens beigetragen haben. Im weiteren Verlauf folgen die Methoden, die zur Datenerhebung verwendet wurden, sowie die Analysestrategie. Das dritte Kapitel beinhaltet die deskriptive Statistik sowie die inferenzstatistischen Ergebnisse. Es folgen die Testmaterialen und die Normierung. Anschließend werden die Ergebnisse zusammengefasst, inhaltlich und methodisch eingeordnet und evaluiert. Zum Schluss wird der Bezug zur Praxis hergestellt und ein Fazit gezogen.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im folgenden Text die männliche Sprachform gewählt, sie bezieht alle geschlechtlichen Identitäten mit ein.
1.2 Allgemeine Beschreibung des Konstrukts Suchtpotenzial
Das Wort Suchtpotenzial beschreibt die Gefahr, die von einer nicht-stoffgebundenen Tätigkeit oder einer stoffgebundenen Substanz ausgeht. Unter nicht-stoffgebundene Tätigkeiten versteht man Verhaltenssüchte, die ein süchtiges Verhaltensmuster auslösen können, sich aber nicht aus einer stoffgebundenen Substanz herausbilden. Beispiele dafür sind Glücksspiele, Essstörungen, Einkaufssucht, Sportsucht oder Computersucht. Stoffgebundene Substanzen sind psychoaktive Substanzen, die sowohl legale Drogen (Nikotin, Kaffee, Alkohol, Schmerzmittel), als auch illegale Drogen (Kokain, Cannabis, Heroin), beinhalten.
Durch ihre chemische Beschaffenheit wirken sich psychoaktive Substanzen auf das zentrale Nervensystem aus und können eine Veränderung in der Sinneswahrnehmung, dem Bewusstsein, der Stimmung oder auch in der Interaktion auslösen (Teschke, 1989). Die Wirkung oder Wirkungsdauer wird hierbei von der Beschaffenheit, der Dosis und in der Art der Einnahme der jeweiligen Droge, bestimmt.
Nicht für jeden Konsumenten hat der Gebrauch von psychoaktiven Substanzen den gleichen Nutzen und auch die Suchtgefährdung eines Konsumenten verläuft immer individuell. Daher wurde der zweckmäßige Konsum von psychoaktiven Substanzen in vier Kategorien unterteilt (Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Abteilung Schulpsychologie – Bildungsberatung, 2012).
Die erste Kategorie ist der experimentelle Gebrauch, wofür Neugierde meist ein Auslöser ist. Die zweite Kategorie ist der unschädliche Gebrauch, hier steht die Gewohnheit oder der Genuss von Drogen im Vordergrund. Die dritte Kategorie beinhaltet den schädlichen, aber nicht-süchtigen Gebrauch, hier ist der Konsum von psychoaktiven Substanzen, aufgrund der zu hohen Dosis, gesundheitsschädlich. Die letzte Kategorie umfasst den süchtigen Gebrauch, hier muss die Abhängigkeit mindestens drei der sechs Kriterien des ICD 10 erfüllen, nach den diagnostischen Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Der ICD 10 (2015) gibt folgende Kriterien vor:
1. Ein starker Wunsch oder eine Art Zwang, psychotrope Substanzen zu konsumieren.
2. Verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge des Konsums.
3. Ein körperliches Entzugssyndrom bei Beendigung oder Reduktion des Konsums, nachgewiesen durch die substanzspezifischen Entzugssyndrome oder durch die Aufnahme der gleichen oder einer nah verwandten Substanz, um Entzugssymptome zu mildern oder zu vermeiden.
4. Nachweis einer Toleranz. Um die ursprünglich durch niedrigere Dosen erreichten Wirkungen der psychotropen Substanz hervorzurufen, sind zunehmend höhere Dosen erforderlich (eindeutige Beispiele hierfür sind die Tagesdosen von Alkoholikern und Opiatabhängigen, die bei Konsumenten ohne Toleranzentwicklung zu einer schweren Beeinträchtigung oder zum Tode führen würden).
5. Fortschreitende Vernachlässigung, anderer Vergnügen oder Interessen zugunsten des Substanzkonsums, erhöhter Zeitaufwand, um die Substanz zu beschaffen, zu konsumieren oder sich von den Folgen zu erholen.
6. Anhaltender Substanzkonsum trotz Nachweises eindeutiger schädlicher Folgen, wie z.B. Leberschädigung durch exzessives Trinken, depressive Verstimmungen infolge starken Substanzkonsums oder drogenbedingte Verschlechterung kognitiver Funktionen. Es sollte dabei festgestellt werden, dass der Konsument sich tatsächlich über Art und Ausmaß der schädlichen Folgen im Klaren war oder dass zumindest davon auszugehen ist. (S. 34)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1. Grafik adaptiert nach Gerchow (2000, S. 24). Darstellung des Suchtdreiecks.
Für die Entstehung einer Sucht sind, nach dem Drug, Set & Setting Model von Zinberg (1984), drei Faktoren verantwortlich, siehe Abbildung 1 (Gerchow, 2000, S.24). Der erste Faktor Drug bestimmt die Gefahr von einer bestimmten Substanz oder Tätigkeit süchtig zu werden. Zu beachten ist hierbei die Wirkung der spezifischen Droge sowie die Häufigkeit und Dauer der Einnahme und wie leicht die Droge für den Konsumenten zu beschaffen ist. Der zweite Faktor Set beschreibt die individuelle Gefährdung dafür, eine Sucht zu entwickeln. Hierzu gehören sowohl die psychischen und genetischen Eigenschaften als auch die Einstellungen und Erwartungen der Personen gegenüber der Droge. Dieser Faktor ist auch als Suchtaffinität bekannt. Der dritte Faktor Setting umfasst die Gefährdung einer Sucht, welche aus dem sozialen und gesellschaftlichen Umfeld, dem Ort, der Kultur, der schulischen oder beruflichen Situation oder aus der Konsumtradition einer bestimmten Person entsteht. Zinberg (1984) betont, dass diese drei Faktoren in wechselseitiger Beziehung zueinanderstehen müssen.
1.3 Stand der Forschung
Im Folgenden wird der aktuelle Forschungsstand dargelegt. Es geht um die Forschung zum kontrollierten Konsum, den Einfluss der Persönlichkeit und genetischer Dispositionen auf das Suchtpotenzial. Zu guter Letzt werden Fragebögen vorgestellt.
1.3.1 Forschung zum Kontrollierten Konsum
Im Jahre 1973 beobachteten Zinberg und Harding in Follow-Up Interviews mit Drogenkonsumenten, dass nicht alle Konsumenten ein unkontrolliertes Konsummuster aufwiesen. Ein Teil ihrer Testpersonen waren in der Lage ihren Drogenkonsum so zu kontrollieren, dass sie nicht den potenziellen Gefahren des Drogenkonsums ausgeliefert waren, das heißt, sie pflegten einen kontrollierten Konsum (Harding, 1982). Das Ziel ihrer Forschung war die Identifizierung der Faktoren, die zu einem kontrollierten Konsum führen. Es zeigte sich, dass sich diese zwei unterschiedlichen Konsumenten weniger in den Dispositionen voneinander unterschieden, sondern vor allem im soziokulturellen Bereich (Harding & Zinberg, 1977). Harding und Zinberg führten diesen unterschiedlichen Konsumgebrauch auf die erlernten Riten und Normen der Konsumenten zurück, welche sie zu einem gemäßigten Konsum der Droge befähigte. Beispiele für solche Riten und Normen könnten sein, dass eine Person nur in einem bestimmten Personenkreis, in einem bestimmten Umfeld oder in der Freizeit konsumiert.
Basierend auf dieser Studie entstand eine Forschungsrichtung, die sich mit den möglichen Faktoren von Suchtpotenzial auseinandersetzten. Einige jüngere Studien werden im Folgenden genannt. Sie liefern aus verschiedenen Perspektiven mögliche Erklärungsversuche und untersuchen, welche Faktoren das Risiko fördern, an einer Sucht zu erkranken.
1.3.2 Einfluss der Persönlichkeit
Mittlerweile gibt es Belege, dass auch Dispositionen eine große Rolle bei der Entstehung von Sucht spielen und ebenso wie der soziokulturelle Bereich, einen potenziellen Faktor des Suchtpotenzials darstellt. Dies weisen unter anderem Längsschnittstudien, nach welchen Neurotizismus, Extraversion und Impulsivität als risikosteigernde Faktoren für eine stärkere Neigung zum Drogenkonsum verantwortlich machen (Caspi et al., 1997). Hier erschloss sich zum Teil ein Zusammenhang mit dem Merkmal sensation seeking. Zuckerman (1994) beschreibt den Begriff sensation seek ing, „als ein Persönlichkeitsmerkmal, welches die aktive Suche nach abwechslungsreichen, neuen, intensiven und komplexen Sinneserfahrungen beschreibt und die Bereitschaft miteinschließt, dafür Risiken in Kauf zu nehmen“ (S.2).
Es gibt eine Vielzahl von Befunden, welche darauf hinweisen, dass ein Zusammenhang zwischen der Disposition sensation seeking und der Neigung zu Suchtverhalten besteht. Sowohl in Zusammenhang von stoffgebundenen Substanzen wie Alkoholmissbrauch (Johnson & Cropsey, 2000), Nikotinabhängigkeit (Martin et al., 2004) und Drogenkonsum (Huba, Newcomb & Bentler, 1981), als auch von nicht-stoffgebundenen Tätigkeiten wie etwa dem Glücksspiel (Gupta, Derevensky & Ellenbogen, 2006).
1.3.3 Genetische Einflüsse
Auch im Bereich der Genforschung gibt es Hinweise darauf, dass das Potenzial zur Entstehung einer Sucht erblich ist. So entdeckte man in Zwillingsstudien, dass suchtbedingte Störungen häufig bei beiden Zwillingen oder keinem der beiden auftreten. Damit sind suchtbedingte Störungen die am stärksten genetisch veranlagte Erkrankungen im Bereich der psychischen Störungen (Goldman, Oroszi & Ducci, 2005). Daher liegt es nahe, dass suchtbedingte Störungen auf die neurobiologischen Grundlagen der Sucht zurückzuführen sind. Diese beinhalten unter anderem die Signalwege der Belohnung sowie die Stressantwort und Verhaltenskontrolle (Goldman, Oroszi & Ducci, 2005).
Es gibt Hinweise auf sogenannte Suchtgene. Beispiele für diese sind die Aldehyd Dehydrogenase (ALDH) und die Alkoholdehydrogenase (ADH). Die ADH wandelt Ethanol in Azetaldehyd um. Azetaldehyd ist ein toxisches Abfallprodukt des Alkoholstoffwechsels. Die ALDH wandelt wiederum Azetaldehyd in ein ungiftiges Azetat um. Relevante Genvarianten innerhalb einer Population, auch Polymorphismen genannt, können nun zu einer Aktivitätserhöhung der ADH führen oder zu einer Aktivitätsminderung der ALDH. Abhängig hiervon kommt es zu einer starken oder schwachen Anhäufung von toxischem Azetaldehyd. Diese Polymorphismen kommen in einem erhöhten Aufkommen in asiatischen Ländern vor und scheinen eine schützende Wirkung gegenüber der Neigung von Alkoholsucht zu sein (Thomasson, 1993).
1.3.4 Bestehende Fragebögen zum Thema Suchtpotenzial
Bezogen auf das Forschungsthema Suchtpotenzial, wurde während den Nachforschungen kein bestehendes diagnostisches Verfahren gefunden, welches unserem neu entwickelten Fragebogen ähnelt. Die bis dato gefundenen diagnostischen Verfahren konzentrieren sich auf eine schon bestehende spezifische Sucht und die Stärke ihrer Ausprägung. Auch wurden in den anderen diagnostischen Verfahren andere Einflussfaktoren im Zusammenhang mit einer Sucht untersucht.
1.4 Eingrenzung und Definition des Konstrukts
Wie Teschke 1989 formulierte, ist das Konstrukt Suchtpotenzial, die Gefahr, von einer Substanz oder Tätigkeit abhängig zu werden. Dieser Begriff ist abzugrenzen von der Sucht an sich. Diese definiert sich als, „das unwiderstehliche und unersättliche Bedürfnis, die Grenzen, die dem menschlichen Leben und Erleben gesetzt sind, zu überwinden“ (Battegay, 1992, S.12). Der Unterschied besteht also darin, dass man bei dem Suchtpotenzial lediglich von der möglichen Gefährdung der Erkrankung und einer Sucht spricht. Bei der Sucht ist ein Mensch bereits psychisch und/oder psychisch von etwas abhängig.
Dass Abhängigkeiten vielerlei Gestalt annehmen können, erkannte Von Gebsattel (1954) und formulierte dementsprechend, dass „jede menschliche Leidenschaft süchtig entarten könne.“ (S. 8). In dieser Studienarbeit liegt der Fokus auf dem Thema Suchtpotenzial bezüglich des Alkoholkonsums.
Wie bereits eingangs erwähnt, können die drei Facetten Set, Setting, und Drug Aufschluss über Risikofaktoren bei der Suchentstehung geben (Zinberg, 1984).Diese dienen als Grundlage für diese Studienarbeit. Sie werden als Subfacetten für das Konstrukt Suchtpotenzial herangezogen und entsprechende Items entwickelt, die jeweils entweder die Person an sich, ihr Umfeld oder die Droge, in diesem Fall Alkohol, als Gegenstand hatten. Ziel war es, einen Überblick über diese Aspekte einer Person zu erhalten und dadurch Aussagen über ihre Neigung zu Alkohol und ihre Gefährdung, davon abhängig zu werden, treffen zu können.
2. Methoden
In diesem Kapitel werden die verwendeten Methoden der Studienarbeit präsentiert. Hierbei wird zunächst auf die Itemkonstruktion und Skalierung eingegangen. Anschließend wird das verwendete Untersuchungsdesign beschrieben. Zuletzt erfolgt eine kurze Beschreibung der Validierungsskalen für die Korrelationsanalyse sowie die Stichprobenbeschreibung und Erläuterung der Auswertungsstrategie.
2.1 Itemkonstruktion und Skalierung
Die Items zum Thema Suchtpotenzial bezüglich Alkohols werden anhand der drei Subfacetten Setting, Set und Drug generiert (Zinberg, 1984). Bei der Facette Setting geht es um die Umweltgegebenheiten einer Person. Ein Beispiel-Item hierfür ist Item 25 Meine Eltern trinken regelmäßig Alkohol (Skala Set ). Es bezieht sich also auf Person des sozialen Umfelds. Auch Item 6 eruiert potenziell vorhandene soziale Unterstützung: Wenn ich ein Problem habe, weiß ich genau, auf wen ich mich verlassen kann (Skala Set ). Die Subfacette Drug bezieht sich auf die Droge an sich. Ein Beispiel für Items dieser Subfacette ist Item 9: Alkohol gibt mir das Gefühl von innerer Stärke und einem besseren Selbstwertgefühl “ (Skala Drug ). Die Subfacetten enthalten etwa die gleiche Anzahl von Items. So ergeben sich für die Facette Setting 7 Items, für Set 10 Items und für die Facette Drug 9 Items . Insgesamt enthält der Fragebogen 26 Items.
Zur Beantwortung der Items wird eine fünf-stufige Likert-Skala verwendet, von trifft voll zu (0) bis trifft überhaupt nicht zu (5).
In der Testinstruktion wird zunächst darauf hingewiesen, dass die Teilnahme freiwillig und anonym erfolgt. Es wird erläutert, dass der Probandencode dazu dient, den vorliegenden Fragebogen mit bereits etablierten Fragebögen in Verbindung setzen zu können. Hierbei wird die Anonymität weiterhin sichergestellt. Die Probanden werden angeleitet, einen nicht auf sie rückführbaren Code zu erstellen. Um dazu zu animieren, alle Items gewissenhaft und ehrlich zu beantworten, wurde zudem darauf hingewiesen, dass die erhobenen Daten der Erstellung einer Studienarbeit dienen.
2.2 Versuchsdesign
Bei dem Versuchsdesign handelt es sich um ein korrelatives Querschnittdesign. Es wird von jeder Versuchsperson zu einem Zeitpunkt ein Datensatz erhoben. Dies findet in dem 14-tägigen Zeitraum vom 13.11.2018 bis zum 26.11.2018 statt. Die Erhebung der Daten erfolgte über die Online-Plattform Sosci Survey.
2.3 Validierung der selbst entwickelten Skalen anhand von Korrelationsanalysen mit anderen Testskalen
Im Rahmen des Seminars „Grundlagen der psychologischen Diagnostik / Testtheorie & Testkonstruktion“ im Wintersemester 2018/19 wird zeitgleich zu den Datenerhebungen, für die selbst entwickelten Fragebögen in den Kleingruppen im November 2018 ein zentrales Validierungsmodul erstellt und den Probanden über SoSci Survey zugänglich gemacht.
Die Zusammenführung der Datensätze erfolgt über einen pseudonymisierten Probanden-Code, der zu Befragungsbeginn auf freiwilliger Basis selbst erstellt wird. Damit bleibt zum einen die Anonymität der Probanden gewahrt und zum anderen können die beiden Befragungsteile einander zugeordnet werden, sofern ein Proband beide Teile der Umfrage ausfüllt. So können die neu entwickelten Skalen mit etablierten Testverfahren zur Ermittlung der konvergenten Konstruktvalidität korrelieren, ohne dass die Validierungsskalen von den zahlreichen Kleingruppen im Seminar wiederholt werden müssen. Insgesamt beteiligen sich N =161 Probanden im November 2018 an der Erhebung zum Validierungsmodul LQP-2018 mit SoSci Survey.
Das Validierungsmodul enthält neben allgemeinen soziodemografischen Angaben insgesamt 36 zu Forschungszwecken lizenzfrei verfügbare Fragebogenskalen. Die Kurzbeschreibung der Verfahren befinden sich im Anhang A1, die Stichprobenbeschreibung der soziodemografischen Merkmale in Anhang A2 sowie die Kennwerte der Skalen für die Validierungsstichprobe 2018 im Anhang A3 (vgl. Steffanowski, 2018).
Für eine Teilstichprobe von n = 49 Probanden (30.43 % von N =161) können die selbst erhobenen Daten mit den 36 Skalen des Validierungsmoduls anhand des Probandencodes gematcht werden, diese bilden die Basis für die entsprechenden Korrelationsanalysen in Abschnitt 3.5.
2.4 Stichprobenbeschreibung
Die Gesamtstichprobe der Studie besteht aus insgesamt N =161 Versuchspersonen. Unter diesen befanden sich 27 Männer ( n =27) und 134 Frauen ( n =134), was jeweils 17 % und 83 % der gesamten Stichprobe entspricht. Bei den Versuchspersonen handelt es sich um Studierende der SRH Hochschule Heidelberg. Die Population entspricht allen Studenten der oben genannten Hochschule. Durch ihre freiwillige Teilnahme können Studierende 0,25 Versuchspersonenstunden erhalten, sofern sie diese für den Abschluss ihres Studiengangs benötigen. Der an die Studenten versendete Link zur Onlinebefragung wird insgesamt 259-mal angeklickt ( n =259). Davon bearbeiten 163 Personen den Fragebogen ( n =163). Hiervon füllen zwei Personen den Fragebogen doppelt aus. Also ergibt sich ein vollständiger Datensatz von 161 gültigen, ausgefüllten Fragebögen ( N =161). Zusätzlich rufen einige Personen den Link auf, die den Fragebogen nicht ( n =80) oder nur unvollständig ( n =16) ausfüllen.
2.5 Analysestrategie
Die statistischen Datenanalysen wurden mit der Statistiksoftware IBM SPSS Statistics, Version 22 durchgeführt. Die Testkonstruktion im Rahmen der vorliegenden Arbeit mit den Reliabilitäts-, Item- und Faktorenanalysen erfolgt in Anlehnung an die Empfehlungen von Bühner (2011), Lienert und Raatz (1998) sowie Moosbrugger und Kelava (2012). Alle im Ergebnisteil enthaltenen Item-Trennschärfen, Faktorladungen sowie Produkt-Moment-Korrelationen werden nach Cohen (1992) einheitlich bei Beträgen ab |.10| als klein, ab |.30| als mittel und ab |.50| als groß klassifiziert.
Vor Beginn der Analysen wird ein Item umgepolt. Zur Analyse der Reliabilität wird das Cronbachs Alpha für jede Skala einzeln berechnet. Anschließend folgt die Itemanalyse. Im Rahmen derer werden die Schwierigkeiten ( pi ) und korrigierten Trennschärfen ( rit-t ) der einzelnen Items mithilfe von Excel bestimmt. Anhand der errechneten Werte kann entschieden werden, welche Items aus dem Fragebogen entfernt werden müssen. Demnach werden alle Items entfernt, deren Schwierigkeit außerhalb des Wertebereichs von pi =.10-.90 liegen sowie alle, deren korrigierte Trennschärfe unter rit-t =.20 lag. Nach der Herausnahme besagter Items wird erneut die Reliabilität geprüft, indem das Cronbachs Alpha berechnet wird. Die Items werden nicht neu gruppiert, sondern in ihren ursprünglichen Skalen belassen.
Vor Beginn der Faktorenanalyse wird das Kaiser-Meyer-Olkin-Maß bestimmt, um zu überprüfen, ob der Datensatz für eine Faktorenanalyse verwendet werden kann. Zur Untersuchung, ob die Item-Korrelationen sich signifikant von null unterscheiden, wird der Bartlett- Test durchgeführt. Nachdem diese Tests die Eignung des Datensatzes bestätigen, wird die Faktorenanalyse durchgeführt. Anschließend wird die Validierung der neuen Skalen vorgenommen. Hierfür werden die Interkorrelationen der neu entwickelten Skalen zur Erfassung von Stress berechnet. Im Anschluss daran wird die Korrelation der neu entwickelten Skalen zum Thema Suchtpotenzial mit den Vailidierungsskalen zur Stresserfassung bestimmt. Um einen Gruppenvergleich zwischen männlichen und weiblichen Versuchspersonen tätigen zu können, wird ein t-Test für zwei unabhängige Stichproben verwendet. Um die Ergebnisse vergleichbar zu machen, wird abschließend die Normierung durchgeführt.
3. Ergebnisse
Im Folgenden werden zunächst die deskriptiven Ergebnisse vorgestellt. Sowie die Reliabilitäts- und Itemanalysen und die Faktorenanalyse aller Items. Darauf folgt die Tabelle mit den Kennwerten der selbst entwickelten Skalen, danach die Korrelationen der Subskalen untereinander, gefolgt von den Testmaterialien und Normierungen.
3.1 Deskriptive Ergebnisse
Mithilfe eines Onlinefragebogens zum Thema Suchtpotenzial werden auf der Internetplattform SoSci Survey insgesamt N =161 Teilnehmer erhoben. Bestehend aus n =134 (83 %) weiblichen Probanden und n =27 (17 %) männlichen Probanden. Der Gesamtmittelwert des Konstrukts Suchtpotenzial beträgt hierbei M gesamt=85.34 und die Gesamtstandartabweichung beträgt SD ges=10.49. Der Mittelwert der Subfacetten Settings beträgt M =23.62 und die Standardabweichung SD =4.36, bei Set betrug der Mittelwert M =25.99 und die Standardabweichung SD =5.81, bei Drug beträgt der Mittelwert M =35.73 und die Standardabweichung SD =5.86.
3.2 Reliabilitäts- und Itemanalyse
In Tabelle 1 sind die Ergebnisse der Itemanalyse für Skala 1 Setting ersichtlich. Die Item-Schwierigkeiten ( pi =.24-.90) liegen überwiegend im mittleren Bereich, mit Ausnahme des Items 8 ( Ich habe eine gute Beziehung zu meinen Eltern.), das eine niedrige Schwierigkeit aufweist. Die zweite Ausnahme ist Item, 18 ( Meine Angehörigen/Freunde haben Besorgnis über meinen Alkoholkonsum geäußert.), welches eine hohe Schwierigkeit zeigt. Die korrigierten Item-Trennschärfen liegen überwiegend im niedrigen Bereich ( rit-i <.30). Item 24 ( rit-i =.40) und 25 ( rit-i =.30) liegen jedoch im mittleren Bereich. Werden die Items 8, 15 und 16 aus der Skala entfernt, so liegen die Trennschärfen der verbleibenden Items 2 und 18 im niedrigen Bereich ( rit-i* <.20), Item 24 und 25 hingegen liegen im mittleren Bereich ( rit-i*=. 30-.50 ). Das Cronbachs Alpha steigt von α =.39 auf α =.52. Die Berechnung der Skala wird daher mit den Items 2, 18, 24 und 25 durchgeführt. Die Items 8, 15 und 16 werden nicht beachtet.
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