Die Arbeit thematisiert die Legitimität von symbolischer Politik. Ganz grundsätzlich gibt es symbolische Politik schon so lange, wie Politik betrieben wird. Offensichtlich haben Politiker zu allen Zeiten versucht, ihre Absichten oder Leistungen durch Inszenierungen für ein Publikum in ein gewünschtes Licht zu rücken. Demnach verschleiert die Symbolpolitik die tatsächlichen Ziele und Handlungsmotivationen der politischen Akteure, wobei Nebensächliches in großen Gesten sprichwörtlich aufgebauscht wird. Wird Politikern Symbolpolitik unterstellt bzw. bescheinigt, ist damit oftmals der Vorwurf verknüpft, dass sie von unzureichender Kompetenz bei der Erfüllung alltäglicher Pflichten ablenken wollen.
Zunächst wird eine Definition von symbolischer Politik vorgenommen. Daran anknüpfend werden die Akteure sowie der politische Ort, in dem symbolische Politik zum Ausdruck kommt, aufgezeigt. Zudem werden die Rolle der Medien und die Erscheinungsformen symbolischer Politik aufgezeigt. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird dann die Legitimität von symbolischer Politik untersucht. In diesem Kontext wird zunächst auf die Ansätze zur symbolischen Politik von Murray Edelman und Thomas Meyer eingegangen, die eine sehr kritische Haltung zur symbolischen Politik einnehmen und ihr somit auch eine Legitimität im politischen Entscheidungsprozess absprechen. Dem gegenübergestellt werden die Ansätze von Ulrich Sarcinelli, der der symbolischen Politik vier Funktionen zuschreibt, die einen legitimen, demokratiefördernden Effekt haben.
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Merkmale symbolischer Politik
2.1 Definition von symbolischer Politik
2.2 Akteure symbolischer Politik
2.3 Politischer Ort der symbolischen Politik
2.4 Rolle der Medien in Bezug auf symbolische Politik
2.5 Erscheinungsformen symbolischer Politik
2.5.1 Symbolische Innenpolitik
2.5.2 Symbolische Außenpolitik
2.5.3 Symbolische Politik in Wahlkämpfen
3. Legitimität von symbolischer Politik
3.1 Legitimität absprechende Ansätze
3.1.1 Theoretischer Ansatz von Edelman
3.1.2 Theoretischer Ansatz von Meyer
3.2 Legitimität zusprechende Ansätze
3.2.1 Theoretischer Ansatz von Sarcinelli
3.2.2 Symbolische Politik zur Initiierung von Aufmerksamkeit
3.2.3 Symbolische Politik zur Bewältigung von Informationsmengen
3.2.4 Symbolische Politik zur Sinnvermittlung und Durchsetzung bestimmter Sichtweisen
3.2.5 Symbolische Politik zur Weckung von Emotionen
4. Resümee
Literaturverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Kriterien für symbolische Politik
Tabelle 2: Orte des Politikmanagements
1. Einleitung
Die vorliegende Arbeit thematisiert die Legitimität von symbolischer Politik. Ganz grundsätzlich gibt es symbolische Politik schon so lange wie Politik betrieben wird. Offensichtlich haben Politiker zu allen Zeiten versucht, ihre Absichten oder Leistungen durch Inszenierungen für ein Publikum in ein gewünschtes Licht zu rücken. Demnach verschleiert die Symbolpolitik die tatsächlichen Ziele und Handlungsmotivationen der politischen Akteure, wobei Nebensächliches in großen Gesten sprichwörtlich aufgebauscht wird. Wird Politikern Symbolpolitik unterstellt bzw. bescheinigt, ist damit oftmals der Vorwurf verknüpft, dass sie von unzureichender Kompetenz bei der Erfüllung alltäglicher Pflichten ablenken wollen.1
Als Beispiel für symbolische Politik in der politischen Vorzeit wird in der politikwissenschaftlichen Literatur verschiedentlich auf Pontius Pilatus verwiesen, der sich nach dem Urteilsspruch über Jesus Christus demonstrativ die Hände wusch, um seine Unschuld symbolisch zu unterstreichen. So hat die Bedeutung von symbolischer Politik in den letzten Jahrzehnten stetig zugenommen, was vor allem auf die Massenmedien zurückzuführen ist. So müssen Politiker heutzutage, um massenmedial präsent zu sein, nicht nur Sachpolitik, sondern auch eine öffentlichkeitswirksame Darstellungspolitik betreiben.2 Augenscheinlich wird eine symbolische, ikonische Politik häufig dazu eingesetzt, um Legitimität von den Regierten zu erhalten. Aus demokratietheoretischer Perspektive stellt sich dabei die Frage, inwiefern eine Darstellungspolitik bzw. das Betreiben von symbolischer Politik als legitim angesehen werden können.3
Im Folgenden wird zunächst eine Definition von symbolischer Politik vorgenommen. Daran anknüpfend werden die Akteure sowie der politische Ort, in dem symbolische Politik zum Ausdruck kommt, aufgezeigt. Zudem werden die Rolle der Medien und die Erscheinungsformen symbolischer Politik aufgezeigt. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird dann die Legitimität von symbolischer Politik untersucht. In diesem Kontext wird zunächst auf die Ansätze zur symbolischen Politik von Murray Edelman und Thomas Meyer eingegangen, die eine sehr kritische Haltung zur symbolischen Politik einnehmen und ihr somit auch eine Legitimität im politischen Entscheidungsprozess absprechen. Dem gegenübergestellt werden die Ansätze von Ulrich Sarcinelli, der der symbolischen Politik vier Funktionen zuschreibt, die einen legitimen, demokratiefördernden Effekt haben.
2. Merkmale symbolischer Politik
2.1 Definition von symbolischer Politik
Ausgangspunkt für eine Definition von „symbolischer Politik“ ist der Begriff „Symbol“. Ein Symbol stellt etwas dar, das für etwas anderes steht. Auf komprimierende Weise drückt ein Symbol etwas Verborgenes optisch, sprachlich oder szenisch aus. Symbole erfüllen demnach „immer eine ‚Stellvertreterfunktion’, indem sie einen selbst nicht gegenwärtigen Zusammenhang vergegenwärtigen“4. Symbole spielen auch im Kontext der Politikvermittlung eine bedeutende Rolle.5
Umgangssprachlich wird unter symbolischer Politik oftmals ein Täuschungsversuch politischer Akteure durch geschickte Inszenierung verstanden.6 Die mitunter unpräzise und überwiegend abfällige Verwendung des Begriffs im Alltagsgebrauch spiegelt die weitverbreitete Kritik an der Symbolhaftigkeit der Politik wider. Dabei wird jedoch übersehen, dass es eine Politik „pur“, also ohne Dramaturgie und symbolischen Zusatz, nicht geben kann. Es deutet vieles darauf hin, dass symbolische Politik immer ein zentraler Bestandteil politischer Realität gewesen ist, da sie für politische Entscheidungsträger ein Forum darstellt, sich zu präsentieren, Problemlösungskompetenz zu beweisen sowie politische Werte und Normen zu vermitteln.7
Um symbolische Politik zu charakterisieren, hat Sarcinelli sieben Kriterien identifiziert. Bei diesen Kriterien handelt es sich um Begriffspaare, innerhalb deren sich symbolische Politik bewegen kann. So stellt sich beispielsweise bei der Betrachtung von symbolischer Politik stets die Frage, ob sie nur Unterhaltungsinteressen dient oder ob sie auch informativ ist. Von Relevanz ist insbesondere auch, ob symbolische Politik eine ausschließlich personalisierte Sicht von Politik liefert oder ob sie diese mit einer sachpolitischen Dimension verbindet.8
Tabelle 1: Kriterien für symbolische Politik
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung auf Grundlage von Sarcinelli (2011), S.147
2.2 Akteure symbolischer Politik
Die Akteure, die politische Kommunikation im Allgemeinen und symbolische Politik im Besonderen ausüben, sind die Vertreter des politisch-administrativen Systems. Hierzu gehören Regierungen, Parteien, Ministerialverwaltungen auf allen staatlichen Ebenen sowie politische Interessenvertretungen wie Verbände, Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen oder Bürgerinitiativen. Diese Akteure sind als Absender der politischen Kommunikation aufzufassen. Vertreter des Mediensystems (insbesondere Journalisten) fungieren als Transmitter und selektieren die Informationen und Inszenierungen der politischen Kommunikation nach medienspezifischen Aufmerksamkeitsregeln. Zudem werden die Informationen und Inszenierungen von medialer Seite aufbereitet und interpretiert, womit gleichsam das politische Geschehen beeinflusst wird. Die Adressaten der politischen Kommunikation sind die Öffentlichkeit bzw. die Wähler. Die politischen Akteure wollen die Wähler von ihrer Politik überzeugen. Die Medienmacher wollen dagegen das Publikum gewissermaßen bei der Stange halten, um ihr Medienprodukt erfolgreich absetzen zu können.9
2.3 Politischer Ort der symbolischen Politik
Im Folgenden soll dargestellt werden, dass symbolische Politik hauptsächlich in der medialen Politikebene, die neben der parlamentarischen und administrativen Ebene zu den drei Arenen des Politikmanagements zählen, anzutreffen ist. Tabelle 2 bildet diese Orte des Politikmanagements ab und skizziert die darin vorherrschenden Handlungslogiken.10
Tabelle 2: Orte des Politikmanagements
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung auf Grundlage von Franzen (2021), S.14
Die parlamentarische Arena bildet zusammen mit der administrativen Arena den Ort, wo sich die politischen Verhandlungsprozesse abspielen und wo die verbindlichen politischen Entscheidungen gefällt werden. Im Rahmen der medialen, öffentlichen Arena werden die politischen Entscheidungen in Abhängigkeit der Erfolgsbedingungen der medialen Öffentlichkeit getroffen. Es erfolgt eine medienadressierte Darstellungspolitik, wobei die Steuerung durch die Beeinflussung und Aktivierung von Stimmungen erfolgt und nicht über Hierarchie, Mehrheit und Konsens. Innerhalb der medialen Arena ist die Zustimmung zu den politischen Akteuren und den von ihnen propagierten Positionen wichtiger als die Lösung von Problemen. In dieser Arena erfolgt zudem die politische Kommunikation zwischen den Bürgern und den politischen Akteuren. Um politische Anliegen durchsetzen zu können, ist es für die politischen Akteure unerlässlich, Zustimmung des Publikums zu erhalten. Diese Zustimmung wird über eine politische Kommunikation sowie über eine politische Mobilisierung angestrebt. Da sich symbolische Politik hauptsächlich auf die mediale Arena beschränkt, sollte ihr Einfluss im gesamten Politikbereich nicht überbewertet werden. So spielt symbolische Politik im riesigen Feld der Routinepolitik praktisch keine Rolle, weil dort vor allem Probleme abgearbeitet werden, die von den Medien kaum wahrgenommen werden.11
2.4 Rolle der Medien in Bezug auf symbolische Politik
In Bezug auf die symbolische Politik sind vor allem die Rolle sowie die Entwicklung der Medien in den letzten Jahren und Jahrzehnten zu untersuchen. Infolge der starken Ökonomisierung der Medien änderte sich deren Rolle im Prozess der politischen Kommunikation. Die Medien, die bis dato die Rolle einer Vermittlungsagentur eingenommen hatten, wurden immer mehr zu einem eigenständigen Akteur. Dieser Rollenwechsel sorgte zu einem Wandel von der Parteien- zur Mediendemokratie. Im Zuge der Mediatisierung kam es zu einer Verlagerung des Ortes der politischen Debatte (Bundesrat, Bundestag) in die Talkshows des Fernsehens. Von Seiten der Medien geht oftmals ein Zwang zum Entertainment aus, der mit dem Verweis auf die Erwartungshaltung des Publikums gerechtfertigt wird. Dabei besteht die Gefahr, dass aufgrund der zunehmenden Unterhaltungsausrichtung der Medien im Bereich der Politikvermittlung eine zunehmende Unernsthaftigkeit der Politik einsetzt. Politiker stehen in einem solchem kommunikativen Umfeld vor der Schwierigkeit, dass ihre politischen Botschaften und Handlungen ein Mindestmaß an Unterhaltung aufweisen müssen, um auf breiter Ebene wahrgenommen zu werden.12
So konzentrieren sich die Medien überwiegend auf massentaugliche Themen, die optimalerweise ein Polarisierungspotenzial enthalten. Es findet vor allem eine Konzentration auf das beobachtbare Verhalten bekannter Parteiakteure statt. Die Medien orientierten sich bei der Auswahl der politischen Themen, über die berichtet wird, in starkem Maße an der Bedeutungseinschätzung der Medienrezipienten. Im „Bericht zur Lage des Fernsehens“, der 1995 für den Bundespräsidenten erstellt wurde, wurde die Entwicklung symbolischer Politik in der (Innen-) Politik der Bundesrepublik thematisiert.
[...]
1 Vgl. Jarzebski (2020), S.42
2 Vgl. Franck (2021), S.95
3 Vgl. Traue (2021), S.70
4 Schicha (2007), S.220
5 Vgl. Schicha (2007), S.220 ff
6 Vgl. Peters (2015), S.58
7 Vgl. Dadalos (2022), o. S.
8 Vgl. Sarcinelli (2011), S.147
9 Vgl. Boehme / Leif (2000), S.2 f
10 Vgl. Franzen (2021), S.14
11 Vgl. Franzen (2021), S. 12 ff
12 Vgl. Grünewald (2005), S.63 ff