Werbung stellt eine dominierende Kommunikationsform im Alltag des 21. Jahrhunderts dar und ist als verkaufsförderndes Mittel für Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Täglich sehen sich potenzielle Konsumenten zahlreichen Werbebotschaften in vielfältiger Variation ausgesetzt. Das Zeitalter der Informationsüberflutung stellt dabei besonders Werbetreibende vor neue Herausforderungen und schafft ein zentrales Problem: Wie sichert man sich die Aufmerksamkeit des Konsumenten und sticht gezielt aus der Masse heraus?
Eine mögliche Lösung ist das Entwickeln neuer Werbestrategien, die es erlauben, Werbebotschaften nachhaltig im Gedächtnis des Zuschauenden zu verankern. Dabei hat sich in Japan die Form der Stimmungswerbung als besonders effektiv. In dieser Arbeit soll eben jenes Phänomen der sogenannten Stimmungswerbung betrachtet werden.
Neben der Frage über die Entstehung und die Charakteristika der genannten Werbeform soll untersucht werden, welche kulturspezifischen Merkmale in Stimmungswerbung in Japan auftreten. Als exemplarisches Beispiel soll dabei die Werbeserie Santarô des Mobilfunkunternehmen au herangezogen werden und veranschaulichen, wie sich emotionale Gestaltungselemente konkret in japanischer Werbung äußern.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das Unternehmen au und die Werbeserie Santarö
3. Stimmungswerbung in Japan
3.1 Emotionales Storytelling
3.2 Humor
4. Fazit
5. Literaturverzeichnis
6. Medienverzeichnis
1. Einleitung
Werbung stellt eine dominierende Kommunikationsform im Alltag des 21. Jahrhunderts dar und ist als verkaufsförderndes Mittel für Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Täglich sehen sich potenzielle Konsumenten zahlreichen Werbebotschaften in vielfältiger Variation ausgesetzt. Das Zeitalter der Informationsüberflutung stellt dabei besonders Werbetreibende vor neue Herausforderungen und schafft ein zentrales Problem: Wie sichert man sich die Aufmerksamkeit des Konsumenten und sticht gezielt aus der Masse heraus? Eine mögliche Lösung ist das Entwickeln neuer Werbestrategien, die es erlauben, Werbebotschaften nachhaltig im Gedächtnis des Zuschauenden zu verankern. Dabei hat sich in Japan die Form der Stimmungswerbung als besonders effektiv herausgestellt (vgl. Görtzen 1995: 83; Lanzenauer 1999: 287). In dieser Arbeit soll ebenjenes Phänomen der sogenannten Stimmungswerbung (kansei kokoku genauer betrachtet werden. Neben der Frage über die Entstehung und die Charakteristika der genannten Werbeform, soll untersucht werden, welche kulturspezifischen Merkmale in Stimmungswerbung in Japan auftreten. Als exemplarisches Beispiel soll dabei die Werbeserie Santaro des
Mobilfunkunternehmen au herangezogen werden und veranschaulichen, wie sich emotionale Gestaltungselemente konkret in japanischer Werbung äußern.
Zunächst soll die zu untersuchende Werbeserie Santaro und das Unternehmen au kurz vorgestellt werden. Im darauffolgenden Kapitel wird auf das Phänomen der kansei kokoku ausführlich eingegangen. Im Zuge dessen werden zwei einzelne Aspekte der Stimmungswerbung, Storytelling und Humor, im Anschluss daran aufgegriffen und näher erläutert. Die Untersuchung soll auf Basis einer Literaturrecherche erfolgen und zusätzlich anhand inhaltlicher Analysen ausgewählter Werbespots der Werbeserie Santaro die Argumentation exemplarisch unterstützen.
Werbung dient nicht nur wirtschaftlichen Zwecken der Verkaufsförderung, sondern erfüllt ebenfalls gesellschaftlich und kulturell eine wichtige Aufgabe. Als Instrument der Wirklichkeitskonstruktion spiegelt Werbung auch immer ein aktuelles Bild der Gesellschaft und deren derzeitigen Idealen und Themen wider (vgl. Lanzenauer 1999: 200). Die Auseinandersetzung mit Werbung ist im Alltag allgegenwärtig und nicht nur deshalb Forschungsgegenstand zahlreicher Studien und wissenschaftlicher Publikationen. Werbung stellt daher ein aktuelles und relevantes Thema für den gesellschaftlichen Diskurs dar, dessen Wissen in dieser Arbeit in Hinsicht auf Emotionalität in japanischer Werbung erweitert und vertieft werden soll.
2. Das Unternehmen au und die Werbeserie Santaro
Bei dem Unternehmen au handelt es sich um eine Tochtergesellschaft des Telekommunikationsuntemehmen KDDI Japan, welche sich auf Produkte und Services für Mobilfunkverträge und Smartphones spezialisiert hat. Die KDDI Kooperation ist mit einem nationalen Marktanteil von 31 % im Telekommunikationssektor der derzeit zweitgrößte Mobilfunkbetreiber in Japan (KDDI 2021b).
Die Werbeserie Santaro von au startete am 01.01.2015 unter der Leitung des Regisseurs Shinji Hamasaki Wfo) und des Kreativdirektors Makoto Shinohara M) und wird dank ihrer Popularität und ihres Erfolges bis heute weiterhin produziert. Ziel der Werbeserie sei das Konzept der „neuen Freiheit” (atarashi jiyu ^LV^ÈÈ) zu vermitteln, so spricht der Kreativdirektor Shinohara in einem Interview vom Durchbrechen alter Gedankenmuster und Schaffung neuer Werte durch die Werbeserie (vgl. Diamond online 2021). Handlung der Werbeserie ist das Alltagsleben und die Freundschaft der drei Hauptcharaktere Momotarö (#^lß), Urashimatarö (WM^ßP) und Kintarö (^^^), deren fortlaufende Geschichte in mehr als 100 Werbespots (KDDI Stand 2019) dem japanischen Publikum präsentiert wird. Die drei Charaktere basieren auf Figuren aus voneinander unabhängigen japanischen Volksmärchen, welche in der Werbeserie fusionieren. Über die Laufzeit hinweg werden stetig weitere Charaktere in die Serie eingeführt, so treten neben den eben genannten Protagonisten auch die Figuren Kaguya-hime (#*<"-^^), Oto-hime (^®), Ori-hime (^®), Oyayubi-hime und Oni-san (Ä^^), ebenfalls ursprüngliche Figuren aus
bekannten Literaturwerken, regelmäßig auf. Innerhalb der Werbeserie stehen alle Charaktere in einem ausgeprägtem Beziehungskomplex zueinander. Über die Laufzeit der Werbeserie verteilt kristallisieren sich sowohl Liebesbeziehungen, als auch freundschaftliche und familiäre Beziehungen unter den Charakteren heraus. Die Werbeserie spielt augenscheinlich in einem altertümlichen Japan, eine genaue Zeit ist unbekannt.
Die Entscheidung für die Werbeserie Santaro als exemplarisches Beispiel wurde durch den langfristigen Erfolg und den hohen Bekanntheitsgrad in der japanischen Bevölkerung getroffen. Zudem ließen sich in den Spots essenzielle Gestaltungselemente und Merkmale finden, deren Erkenntnisse die Beantwortung der Forschungsfragen maßgeblich unterstützen können. Aufgrund der hohen Anzahl der Werbespots soll in der nachfolgenden Analyse lediglich auf für die Argumentation relevante Spots eingegangen werden.
3. Stimmungswerbung in Japan
Die 1980er-Jahre wurden in Japan von gesellschaftlichem Streben nach Individualität und einem gesteigerten Konsumverhalten geprägt (vgl. Görtzen 1995: 82). Eine hohe Kaufkraft der Bevölkerung, stabile Preisentwicklung, neue Finanzierungsmöglichkeiten, wie die Einführung der Kreditkarte, führten zu einer ausgeprägten Konsumgesellschaft, in der hochwertige Produkte Wohlstand und Lebensqualität repräsentierten (vgl. Görtzen 1995: 82). Besonders Frauen strebten nach einem erfüllten und selbstständigen Lebensstil und zeigten ein nach Trends orientiertes, aktives Konsumverhalten (vgl. Görtzen 1995: 83). Der Markt reagierte auf diese Entwicklung mit einer entsprechenden vielfältig erweiterten Produktpalette. Durch die Vielzahl an neuen Produktvariationen ließen sich diese teils nicht mehr merklich in ihren Eigenschaften und ihrer Qualität von anderen konkurrierenden Produkten unterscheiden (vgl. Görtzen 1995: 82-83). Zeitgleich nahm auch die Anzahl der Werbeanzeigen beständig zu. Lanzenauer (vgl. 1999: 99) beschreibt dieses Zusammenspiel an Phänomenen als einen Teufelskreis, der aus stetig steigender Gesamtzahl an Werbeanzeigen und gleichzeitig ansteigender Investition in Werbemedien hervorgerufen wird und kontinuierlich zunimmt. Folglich prägte die Abstumpfung des Konsumenten hinsichtlich der Aufnahmekapazität von Werbebotschaften und das Kontrastieren der eigenen Produkte auf einem überfluteten Markt die Ausgangssituation der 1980er-Jahre in Japan.
Als Reaktion auf diese Herausforderungen entwickelten sich ab den 1980er-Jahren neue Werbeformen, die außerhalb des Stils der klassischen Demonstrationswerbung liegen (vgl. Görtzen 1995: 83). Dazu gehören neben vergleichender Werbung (hikaku kökoku „Slice of Life” Werbung und Nonsense Werbung auch die Form der Stimmungswerbung (kansei kökoku) (vgl. Lanzenauer 1999: 285-293). Dieser Begriff beschreibt alle Werbeappelle, die auf einer atmosphärischen, stimmungsbetonten Basis agieren und kimochi (Gefühle) beim Rezipienten erzeugen sollen (vgl. Görtzen 1995: 83; Lanzenauer 1999: 287). Anstatt mit einem klar formulierten Appell auf Basis logischer Argumente, arbeitet die Stimmungswerbung mit indirekten kontextfremden Inhalten und überlässt dem Zuschauenden selbst die Interpretation der Werbebotschaft (vgl. Lanzenauer 1999: 287). So tritt die direkte Präsentation der Vorteile eines Produktes zugunsten ästhetischer Inszenierungen oder gefühlsbetonter Handlungen in den Hintergrund.
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