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Hausarbeit, 2022
21 Seiten, Note: 1,3
Psychologie - Klinische Psychologie, Psychopathologie, Prävention
Abkurzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Hauptteil
2.1 Problematik der fruhen Diagnose
2.2 BPS Diagnostik im Kinder- und Jugendalter - Evidenz
2.3 Entwicklung der Diagnostik
3 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die 12-Monatspravalenz fur psychische Storungen liegt bei jungen Menschen bei 20-25% (Crawford, Cohen, Chen, Anglin & Ehrensaft, 2009, S. 1303). Die Definition der World Health Organization (WHO) beinhaltet dabei die Altersspanne von 10 bis 24 Jahre (WHO, 1986, S. 11f). Synonym wird im Weiteren das Kinder- und Jugendalter, sowie der Begriff der Adoleszenz gebraucht.
Junge Menschen verletzen sich haufig selbst und Selbstmord ist eine der haufigsten Todesursachen. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen schlechter psychischer Gesundheit und vielen anderen Gesundheits- und Entwicklungsproblemen im Bereich Bildung, Drogenmissbrauch, Gewalterfahrung, sowie sexueller Gesundheit (Crawford et al., 2009, S. 1302). Das Leiden, die funktionellen Beeintrachtigungen, die Stigmatisierung und Diskriminierung, sowie das erhohte Risiko eines vorzeitigen Todes, welche mit psychischen Storungen bei jungen Menschen verbunden sind, haben eine offensichtliche Bedeutung fur die offentliche Gesundheit (Crawford et al., 2009, S. 1306). Die Beurteilung psychischer Storungen bei Kindern und Jugendlichen kann jedoch eine Herausforderung darstellen, da sich psychische Storungen in diesen Altersgruppen anders manifestieren und die Symptome schwankender und undeutlicher sein konnen (Ramleth, Groholt, Diep, Walby, & Mehlum, 2017, S. 2). Personlichkeitsstorungen als eine von vielen psychischen Storungen haben eine Pravalenz von etwa 10% in der Gesamtbevolkerung (Jeung-Maarse & Herpertz, 2020, S. 846). Es besteht inzwischen allgemeines Einvernehmen daruber, dass Personlichkeitsstorungen ihren Ursprung in der Kindheit und Jugend haben (Ramleth et al., 2017, S. 2).
Die Borderline-Personlichkeitsstorung (BPS) ist die haufigste Personlichkeitsstorung in klinischen Populationen, die mit einer intensiven Inanspruchnahme psychosozialer Dienstleistungen verbunden ist (Wong, Bahji & Khalid-Khan, 2020, S. 2). Die BPS tritt bei Jugendlichen mit einer Pravalenz von 3-18% auf. Leitsymptom der BPS ist selbstverletzendes Verhalten, verbunden mit einer hohen Suizidrate (Kaess, Brunner & Chanen, 2014, S. 782), was zu einer haufigen klinischen Behandlung und zu hohen Kosten fur das Gesundheitssystem fuhrt (Fleischhaker & Schulz, 2010, S. 10). Weitere Symptome, wie zum Beispiel Storungen im Bereich der Emotionsverarbeitung, des Selbstkonzepts und der Interaktion mit Anderen treten mit dem Beginn der Adoleszenz auf (Stoffers- Winterling, Krause-Utz, Lieb & Bohus, 2021, S. 643). Unabhangig vom Vorhandensein einer vollwertigen Storung, konnen die Symptome einer BPS bei Jugendlichen eine erhebliche Belastung widerspiegeln, die ein Eingreifen erfordert (Miller, Muehlenkamp & Jacobson, 2008, S. 979). Mit einer fruhen Diagnosestellung konnte hier eine entsprechend fruhe Behandlung erfolgen, um die Auspragung der Symptome zu verzogern oder zu verhindern und bestehende Symptome zu vermindern. Entsprechende Moglichkeiten sind nach aktuellem Stand vorhanden. So ist die BPS-Diagnose bei jungen Menschen hinreichend zuverlassig und valide.Dennoch stellt das mit der Diagnose einer BPS verbundene Stigma in der taglichen klinischen Praxis immer noch ein Hindernis fur eine fruhzeitige Diagnose dar (Chanen & McCutcheon, 2013, S. 27).
Hieraus leitet sich folgende Forschungsfrage ab: Was spricht fur eine fruhe Diagnose der BPS und wie kann mitauftauchenden Problematikenoder Bedenken umgegangen werden?
Im Folgenden wird zunachst auf die in der Praxis bestehenden Problematiken einer fruhen Diagnose der BPS im Kinder- und Jugendalter eingegangen. AnschlieBend wird hierzu der aktuelle Stand der Forschung im Bereich der Diagnostik betrachtet, um abschlieBend die aktuelle Entwicklung in den Manuals der American Psychological Association (APA) und des Bundesinstitut fur Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu bewerten.
Die Problematiken der fruhen Diagnose beziehen sich mehrheitlich auf drei Kernthemen. Erstens die Uberschneidung mit normalem Entwicklungsverhalten und anderen Storungsbildern, zweitens die nicht abgeschlossene Personlichkeitsentwicklung, und drittens dem Argument, dass sich die Symptome im Laufe der Entwicklung zuruckbilden.
Warnzeichen einer allgemeinen PS, konnen jedes fur sich gesehen auch auf andere Storungen hinweisen (Fossati, 2015, S. 15f). Fur die BPS im speziellen sind zum Beispiel das chronische Gefuhl der Leere oder des Verlassenseins. Dieses beschreiben Ramleth et al. und hier ergibt sich eine Uberschneidung mit dem klinischen Erscheinungsbilde einer Depression (Ramleth et al., 2017, S. 6). Jugendliche, die sich selbst verletzen, berichten zudem haufig uber ein hohes MaB an depressiven Symptomen, was diese Diagnose naher erscheinen lasst, als die einer BPS (Ramleth et al., 2017, S. 1). Bei der Aufmerksamkeits-Defizit- Hyperaktivitats-Storung (ADHS) wiederum tauchen, wie bei der BPS, die klinischen Merkmale „Impulsivitat“ und „schlechte Selbstregulierung“ auf, wahrend bei der Trotzstorung (Oppositional Defiant Disorder - ODD) eine unangemessene und intensive Wut, sowie zwischenmenschliche Schwierigkeiten ein gemeinsames Merkmal mit der BPS darstellen (De Clercq, Decuyper & De Caluwe, 2014, S. 82). Auch eine Abtrennung der BPS von der Posttraumatischen Belastungsstorung kann schwierig sein, gerade im Hinblick auf das Symptom der Dissoziation (Stoffers-Winterling et al., 2021, S. 646f). Zusammenfassend lasst sich sagen, dass es nach Stoffers-Winterling an einem empirisch gesicherten, atiologischen Konzept zur Borderline-Personlichkeitsstorung fehlt (Stoffers-Winterlinget al., 2021, S. 651).
Eine nicht abgeschlossene Personlichkeitsentwicklung fuhrt in der Kindheit und vor der Pubertat zu einem starken Einfluss auf das Verhalten, durch das soziale und/oder familiare Umfeld (z. B. die elterliche Fuhrung) und kann eine korrekte und zuverlassige Diagnose erschweren. Erst mit dem Ubergang in die Adoleszenz haben Individuen vermehrt die Moglichkeit, ihre eigene Umgebung, ihre Erfahrungen und ihr Verhalten aktiv zu wahlen, was wiederum zu einer verstarkten Auspragung genetischer Veranlagung von Personlichkeitsstorungen gilt (Bornovalova, Hicks, Iacono & McGue, 2009, S. 2).
Ein Problem, das die Annahme der BPS als akzeptable Storung des Jugendalters verhindert, ist das Argument, dass viele Symptome der BPS in den Bereich des normativen Entwicklungsverhaltens von Jugendlichen fallen konnen (Chanen & Kaess, 2012, S. 976) und dass sich die Personlichkeitsmerkmale wahrend der Adoleszenz zu schnell verandern, um die Identifizierung von psychischen Storungen in dieser Entwicklungsphase zu rechtfertigen (Johnson, Cohen, Kasen, Skodol, Hamagami & Brook, 2000, S. 272). Kennzeichen wie Impulsivitat, Grad der emotionalen Reaktion oder negative Emotionen sind zwar bereits vor der Adoleszenz beobachtbar, Ubersichtsarbeiten fuhren diese aber erst ab etwa 14 Jahren zu einem Syndrom im Sinne der PBS zusammen (Stoffers-Winterling et al., 2021, S. 644). Daher wurden bis zur zweiten Halfte des zwanzigsten Jahrhunderts die Personlichkeitsstorungen als in dieser Altersgruppe nicht diagnostizierbar eingestuft, vor allem da die Personlichkeitsentwicklung noch nicht abgeschlossen ist (Fleischhaker, & Schulz, 2010, S. 4). Einige Studien deuten hier auf eine Variabilitat der Personlichkeitsmerkmale wahrend der Adoleszenz hin und aus den Daten zum Temperament lasst sich ableiten, dass es einige Jugendliche gibt, bei denen die Symptome einer Personlichkeitsstorung nur vorubergehend auftreten (Chanen & Kaess, 2012, S. 976).
Um eine BPS-Diagnose bei Jugendlichen festzustellen und diese auch im Sinne einer angepassten Therapie zu nutzen, muss zunachst festgestellt werden, dass Jugendliche eine Personlichkeit haben, die relativ stabil ist und das Funktionieren im Erwachsenenalter beeinflusst. AuBerdem muss gezeigt werden, dass die BPS in der jugendlichen Bevolkerung weit verbreitet ist, zuverlassig diagnostiziert werden kann und Gultigkeit besitzt (Miller et al., 2008, S. 971). Kinder sollten folglich zumindest das Jugendalter erreichen und die Identitatsbildung abschlieBen, bevor eine Diagnose getroffen wird (Sharp, Vanwoerden, & Wall, 2018, S. 11). In weiteren Arbeiten, wie der von Biskin et al., wird beobachtet, dass die meisten Falle der BPS, die sich in der fruhen Jugend entwickeln, innerhalb von vier Jahren wieder abklingen (Biskin, Paris, Renaud, Raz & Zelkowitz, 2011, S. 168). Im Zusammenhang mit der Therapie zeigt sich, dass die Wirkung der Psychotherapie in Nachbeobachtungsphasen nicht anhalt (Wong et al., 2020, S.9). Es kann also argumentiert werden, dass der naturliche Verlauf von BPS- Merkmalen in der Adoleszenz zur Auflosung neigt und eine Intervention nicht gerechtfertigt ist (Chanen, Jovev, McCutcheon, Jackson & McGorry, 2008, S. 49). Gerade an einem kategorialen Ansatz zur Untersuchung der Psychopathologie im Kindesalter kritisiert Mervielde, dass:
- die Tendenz besteht, Erwachsenen-Symptome als Zielvorgaben zu nutzen und diese fur jungere Altersstufen zu verwenden
- die begrenzten sprachlichen und kognitiven Fahigkeiten von Kindern in der Entwicklungsphase, die Verwendung umfangreicher strukturierter Interviews verbietet und es erforderlich macht, sich auf Eltern und Lehrer als Informanten zu verlassen
- das nicht ausgereifte Verhaltensrepertoire von Kindern zu breiteren oder sich uberschneidenden Kategorien fuhrt
- Entwicklungsveranderungen und insbesondere heterotypische Entwicklungsmuster, die Bedeutung und den Sinn von Verhaltensindikatoren und Symptomen im Laufe der Entwicklung verandern
- es schwierig ist, zwischen stabilen Symptomen von Kleinkindern und vorubergehenden Reaktionen auf Umweltbelastungen zu unterscheiden (Mervielde, De Clercq, De Fruyt & Van Leeuwen, 2005, S. 185).
Viele Kliniker vermeiden daher die Diagnose bei jungen Menschen, um die Betroffenen vor harten und/oder diskriminierenden Praktiken zu schutzen. Die Befurchtung ist, dass junge Menschen in den klinischen Bereich eingeordnet werden, die fruher vielleicht als "bunt" galten (Chanen & McCutcheon, 2013, S. 27). Bedenken uber die potenziell schadlichen Auswirkungen einer vorzeitigen „Etikettierung“, die sich aus der Diagnose von Personlichkeitsstorungen bei Kindern und Jugendlichen ergeben sind haufig (Bornovalova et al., 2009, S. 1).
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