In "Miss Sara Sampson" wird die zunehmende Emotionalisierung zum Schlüssel der väterlichen Macht, wobei auch hier die "Wahrnehmungsfähigkeit der filialen Individualität" maßgeblich und entscheidend für die Moral ist. In diesem Zusammenhang definiert Jean-Jacques Rousseau bereits die Familie als einen Ort einer emotionalen Kommunikation. Inwieweit in "Miss Sara Sampson" von einem solchen Familienmodell gesprochen und die Familie als Ideal bedingungsloser Liebe und väterlicher Zärtlichkeit bezeichnet werden kann, darauf wird genauer eingegangen. Im Fokus steht darüber hinaus, inwiefern es dadurch zur Beeinflussung der moralischen Instanz kommt.
Lessing sieht im Mitleid als zentrale sozialisierende Instanz eine Verbindung zwischen Empfindung und Interaktion und zugleich die Gewährleistung der Interpersonalität. Die über den Status bloßer Empfindungen hinausgehende Instanz ermöglicht soziale Interaktionsfähigkeit in Verantwortung vor dem moralischen Gewissen. Demzufolge kann das Mitleid als Bindung der Empfindung am moralischen Gefühl und somit als Ursprung der Moralität, als Kopplung gemischter Empfindung mit der Disposition zu moralischer Interaktion, verstanden werden.
Während des 18. Jahrhunderts setzt sich die Moral immer stärker in sichtbare Emotion um, denn wer "zärtlich fühlt, ahmt die Natur am besten nach" und somit werden Zärtlichkeit und Gefühl als Ruhm der Menschheit, als moralisch relevantes Gefühl verstanden. Es erfolgt auch eine Etablierung der väterlichen Empfindungen mit der Moral, die ein neues Verständnis von Vaterschaft entwickelt: Der Vater herrscht durch Zärtlichkeit. Dies fordert eine sowohl von väterlicher Liebe als auch von Strenge geprägte Erziehung, also eine Liebe im Zeichen einer väterlichen Herrschaft. Funktion dieser ist es, einer speziellen Tugendvorstellung und der Moral zu dienen.
Inhaltsverzeichnis
- ,,Zärtlichkeit und Gefühl als Ruhm der Menschheit“
- Der Vater-Tochter-Konflikt in Lessings Miss Sara Sampson
- Verlassen des Pfads der Tugend
- Der zärtliche Vater
- ,,Wir lieben, weil wir geliebt werden wollen❝
- [Z]u vergeben [...] muss eine Wollust sein“ (MSS 52).
- Restauration des „,ursprünglichen paradiesischen Zustand[s]“³.
- ,,[S]ie ist ein Vermächtnis meiner Tochter“ (MSS 106).........
- „Das Blut allein/ Macht lange noch den Vater nicht!\"4.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert den Vater-Tochter-Konflikt in Lessings Miss Sara Sampson und untersucht, wie der Vater durch seine Handlungen und Emotionen die moralische Entwicklung seiner Tochter beeinflusst. Darüber hinaus wird die Rolle der väterlichen Zärtlichkeit im Kontext der bürgerlichen Moral des 18. Jahrhunderts beleuchtet.
- Die Bedeutung des Mitleids als Grundlage für die moralische Entwicklung
- Der Wandel des Vaterbildes im 18. Jahrhundert
- Die Rolle der väterlichen Strenge und Zärtlichkeit in der Erziehung
- Die Herausforderungen der emotionalen Kommunikation innerhalb der Familie
- Die Verbindung von Gefühl und Moral
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet den Vater-Tochter-Konflikt in Lessings Miss Sara Sampson und untersucht, wie Sara, durch ihre Flucht aus dem väterlichen Haus, den Pfad der Tugend verlässt. Das zweite Kapitel fokussiert auf die Rolle des zärtlichen Vaters und die Verbindung von Liebe und Strenge in der Erziehung. Es wird analysiert, wie Sir William Sampsons Vergebungsbereitschaft sowohl von seiner Liebe zu seiner Tochter, als auch von seinem eigenen Bedürfnis nach Gegenliebe geprägt ist.
Schlüsselwörter
Vater-Tochter-Konflikt, Miss Sara Sampson, Lessing, Zärtlichkeit, Gefühl, Moral, Vaterbild, 18. Jahrhundert, Strenge, Erziehung, Familie, emotionale Kommunikation.
- Arbeit zitieren
- Selina Kreuzer (Autor:in), 2019, Der Vater-Tochter-Konflikt in Lessings Trauerspiel "Miss Sara Sampson". Emotionalisierung als Schlüssel der väterlichen Macht, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1194971